Wiederanlaufschutz realisieren

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Alias
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Wiederanlaufschutz realisieren

Beitrag von Alias »

Moin Forengemeinde,
ich muss und möchte mich an ein mir noch unbekanntes Feld heran wagen.

Gefordert und gewünscht ist die Umsetzung eines Wiederanlaufschutz einer älteren Doppel-Säulenbohrmaschine.
Aktuell ist die Maschine nur mit einen Rot-Gelben Nockenschalter mit Kunststoffgehäuse als Ein und Ausschalter ausgestattet.
Der Wiederanlaufschutz ist somit nicht gegeben. Meine Netzrecherche hat zum Thema Wiederanlaufschutz "nur" diese wenig
hübsch aussehenden EIN/AUS-Schalter mit klappbaren Not-Auspilz ergeben. Diese Lösung scheint mir weinig langlebig zu sein.

Kennt einer eine Möglichkeit der Umsetzung des Wiederanlaufschutzes für diese Maschine (400V mit CEE-Stecker) mit den bekannten Markenherstellern?

Möglicherweise hat jemand schon ähnliches durchgeführt und kann kurz berichten.
Gerne auch per PN falls Marken- oder Produktnamen genannt werden müssen.
Olaf S-H
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Re: Wiederanlaufschutz realisieren

Beitrag von Olaf S-H »

Moin Alias,

ggf. ist es eine gangbare Lösung, ein Schaltgerät mit Unterspannungsauslösung in die Zuleitung zu schalten.

Benötigst Du einen Not-Aus oder einen Not-Halt?

Gruß Olaf
Dies ist keine rechtsverbindliche Auskunft sondern meine Meinung bzw. mein Tipp für den Bereich der Bundesrepublik Deutschland! Die einschlägigen Normen/Vorschriften (z. B. DIN, VDE, TAB, DGUV, TRBS, BekBS, NAV, EN, LBO, LAR, ArbStättV, BetrSichV, ProdSG, ...) sind zu beachten. Ein Rechtsanspruch kann hieraus nicht abgeleitet werden. Die Nennung von Fundstellen in Regelwerken stellt keine Rechtsberatung sondern nur die Sichtweise des Verfassers dar.
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Für elektrotechnische Laien gilt: Dieser Beitrag erläutert die technischen Zusammenhänge. Die Umsetzung obliegt den konzessionierten Fachbetrieben (§13(2)NAV).

"Wer eine Handlung begeht, der übernimmt auch alle daraus folgende Pflichten." §33 I-3 prALR 1794
Alias
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Re: Wiederanlaufschutz realisieren

Beitrag von Alias »

Olaf vielen Dank für die schnelle Rückmeldung...

Die Säulenbohrmaschine verfügt über einen NOT-AUS-Hauptschalter, das habe ich eingangs nicht klar heraus gestellt.
Ein Nothalt ist nicht erforderlich.

Was ich bei den Unterspannungsauslöser nicht nachvollzeihen kann, wird dieser an eine Phase geklemmt oder wird er 3-phasig ausgeführt und überwacht somit alle Phasen?
Olaf S-H
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Re: Wiederanlaufschutz realisieren

Beitrag von Olaf S-H »

Moin Alias,

ich glaube, dass hier ein Missverständnis vorliegt.

Not-Halt MUSS bei einer Maschine sein, kann über ein Schütz realisiert werden, hemmt nur die Bewegung

Not-Aus KANN bei einer Maschine sein, darf nicht über ein Schütz realisiert werden, schaltet die Maschine frei (1. Sicherheitsregel)

Insofern liegt hier die Vermutung nahe, dass ein Not-Halt benötigt wird. Ob auch ein Not-Aus benötigt wird, kann Dir der Hersteller der Maschine (ggf. in der Doku) mitteilen.

Gruß Olaf
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Olaf S-H
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Re: Wiederanlaufschutz realisieren

Beitrag von Olaf S-H »

Moin Alias,

eine Spannungsüberwachung sollte immer allpolig erfolgen.

Gruß Olaf
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Josupei
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Re: Wiederanlaufschutz realisieren

Beitrag von Josupei »

Starttaster mit Selbsthaltung (Schütz) sollte doch funktionieren. Der gelb/rot Nockenschalter schmeißt die Selbsthaltung raus.

Gruß
Josupei
IH-Elektriker
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Re: Wiederanlaufschutz realisieren

Beitrag von IH-Elektriker »

Alias hat geschrieben: Montag 14. Januar 2019, 10:44 Die Säulenbohrmaschine verfügt über einen NOT-AUS-Hauptschalter, das habe ich eingangs nicht klar heraus gestellt.
Ein Nothalt ist nicht erforderlich.
Einen Hauptschalter gibt es im Sinne der EN60204-1 nicht. Es gibt nur eine Netztrenneinrichtung.

Bei vielen via Stecker (CEE od. Schuko) angeschlossenen Geräten wie Ständerbohrmaschinen, Kreissägen, stationären Hobelmaschinen usw. wird als Netztrenneinrichtung gerne der Netzstecker verwendet was auch absolut normkonform und zulässig ist. Das was sich an der Maschine befindet ist der betriebsmäßige Ein-/Ausschalter und kein Hauptschalter im Sinne der Norm.

Nach Maschinenrichtlinie und daraus resultierend ist nach EN60204-1 sowie EN13850 ein Not-Halt an einer Maschine immer erforderlich. Verzichtet werden kann auf einen Not-Halt nur dann wenn durch einen Not-Halt keine Gefährdungen vermieden werden können oder sogar neue Gefährdungen entstehen könnten. Dies wäre über eine Risikoanalyse nach EN ISO 12100 zu klären. Bei einer Säulen- bzw. Ständerbohrmaschine ist das aber sicherlich nicht der Fall, d.h. ein Not-Halt wäre hier zwingend da durch den Not-Halt hier Gefährdungen (drehende Spindel) beseitigt werden können.

Ein Not-Halt muss nicht unbedingt als der bekannte Pilztaster ausgeführt werden, auch Knebelschalter sind ggf. zulässig oder auch entsprechende Seilschalter.

Wichtig ist nur das ein Wiedereinschalten des Not-Halt keinen sofortigen Maschinenanlauf zur Folge haben darf – und das ein Not-Halt- befehlsgerät sich nicht nach Beendigung der Betätigung selbstständig rückstellen darf, sprich in betätigter Weise selbstverriegelnd sein muss.

Um zur Sache zu kommen – man könnte sich hier ggf. eine Schützschaltung mit Selbsthaltung vorstellen. Damit wäre einerseits eine Unterspannungsauslösung bei Netzausfall realisierbar, andererseits könnte man darüber auch die Not-Halt-Abschaltung mittels Pilzdrucktaster realaisieren. Ob das jetzt mit einem einfachen Schütz, einem Not-Halt-Schaltgerät oder einer Kombination aus zwei Schützen o.ä. aufgebaut werden kann ergibt sich einerseist aus der Risikobeurteilung nach EN ISO 12100 sowie auch der Bewertung nach EN13849-1.

Soweit der theoretisch korrekte Weg um so einen Umbau „perfekt“ zu realisieren und alle Normen einzuhalten – der Konstrukteur sitzt einen Tag am Schreibtisch, der Praktiker vor Ort verdrahtet dann zwei Stunden ;)

Da hier aber nur ein Umbau einer bestehenden Maschine ansteht könnte man die ganze Sache mit dem Not-Halt auch außen vor lassen und die bestehende Lösung des Not-Halt so belassen wie es ist. Dieser Schalter wird (seine Eignung als Netztrenneinrichtung vorausgesetzt) zur Netztrenneinrichtung „befördert“ bzw. heraufgestuft und eine einfache Schützschaltung mit Selbsthaltung übernimmt mit zwei entsprechenden Drucktastern den Part des betriebsmäßigen Ein-/Ausschalters.

Aber auch hier gilt – Risikoanalyse usw. sollte durchgeführt und der Umbau dokumentiert werden – und dokumentiert meint jetzt nicht nur einfach Schaltplan zeichnen ;)

Das ist halt einiges an „Bastelarbeit“ da jetzt ein kleiner Steuerstromkreis benötigt wird incl. Absicherung usw. – die einfachste Lösung ist wirklich einer dieser fertigen Schalter welche i.d.R. auch gleich die Absicherung des Motors gegen Überlast (sprich Motorschutz) mit übernehmen.

Eine solche bewährte Lösung erspart viel Dokumentation – denn die wird immer wichtiger wenn es zu einem Unfall kommt.
Alias
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Re: Wiederanlaufschutz realisieren

Beitrag von Alias »

@Olaf
den NOT-Halt hatte ich für mich ausgeschlossen, da die 30-35 Jahre alte Maschine keine Spindelbremse hat, daher hatte ich analog zur Ist-Situation
auf den NOT-AUS geschlossen.
...möglich das ich immer noch nicht den kompletten Durchblick diesbezüglich habe
Vorgestellt hatte ich mir die Schütz-Selbsthalteschaltung auch, die ist aber (so wie ich es verstanden habe) in meiner Situaton ausgeschlossen.

@IH-Elektriker
Danke für deine sehr ausführliche Darstellung.
die Bezeichnung NOT-AUS-Hauptschalter habe ich aus einem Online-Shop, gemeint war der gelb/rote Drehschalter der Marke (hatte früher einen deutschen, nun einen englisch klingenden Namen).
Dein beschriebener Weg mit der Umsetzung durch den "fertigen Schalter" ist wohl die Lösung, die hier angestrebt werden wird, wobei mein "Gewissen" dann an die große Lösung mit Spindelbremse (die ja nicht vorhanden ist) denkt um auch den Nothalt zu realisieren.

Vielen dank euch Dreien, dass ihr mich "Anfänger" in diesem Thema unterstützt habt.
IH-Elektriker
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Re: Wiederanlaufschutz realisieren

Beitrag von IH-Elektriker »

Wie ich gerade feststelle gibt es eine C-Norm für Bohrmaschinen, die EN12717 von 2009. Was darin auch hinsichtlich Spindelbremse o.ä. gefordert ist entzieht sich meiner Kenntnis da ich keinen Zugriff auf diese C-Norm habe.

Eventuell hilft aber auch die Berufsgenossenschaft weiter, vielleicht haben die ja Papiere zur Aufrüstung von älteren Ständerborhmaschinen.
Olaf S-H
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Re: Wiederanlaufschutz realisieren

Beitrag von Olaf S-H »

Alias hat geschrieben: Montag 14. Januar 2019, 14:25 ... die 30-35 Jahre alte Maschine ...
Moin Alias,

upps, da sind grundlegende Arbeitsschutzanforderungen aber mehrmals an der Maschine vorbeigegangen.

Gucken wir mal ins Archiv (AMBV - Arbeitsmittelbenutzungsvorordnung; jetzt BetrSichV)
§ 4 Vorschriften für die Arbeitsmittel hat geschrieben:(3) Sofern die Arbeitsmittel den Beschäftigten bereits bis zum 31. Dezember 1992 erstmalig bereitgestellt worden sind, sind sie unverzüglich, spätestens bis zum 30. Juni 1998, mindestens an die Anforderungen des
Anhangs anzupassen.
Anhang hat geschrieben:2.2 Das Ingangsetzen eines Arbeitsmittels darf nur durch absichtliche Betätigung einer hierfür vorgesehenen
Befehlseinrichtung möglich sein.
Dies gilt auch
· für das Wiederingangsetzen nach einem Stillstand, ungeachtet der Ursache für diesen Stillstand,
· für die Steuerung einer wesentlichen Änderung des Betriebszustandes (z.B. der Geschwindigkeit, des Druckes usw.),
sofern dieses Wiederingangsetzen oder diese Änderung für die Beschäftigten nicht völlig gefahrlos erfolgen
kann.
In Neu heißt es
BetrSichV, § 8 Schutzmaßnahmen bei Gefährdungen durch Energien, Ingangsetzen und Stillsetzen hat geschrieben:(4) Arbeitsmittel dürfen nur absichtlich in Gang gesetzt werden können. ...
Kleine Argumentationshilfe, falls erforderlich.

Gruß Olaf
Dies ist keine rechtsverbindliche Auskunft sondern meine Meinung bzw. mein Tipp für den Bereich der Bundesrepublik Deutschland! Die einschlägigen Normen/Vorschriften (z. B. DIN, VDE, TAB, DGUV, TRBS, BekBS, NAV, EN, LBO, LAR, ArbStättV, BetrSichV, ProdSG, ...) sind zu beachten. Ein Rechtsanspruch kann hieraus nicht abgeleitet werden. Die Nennung von Fundstellen in Regelwerken stellt keine Rechtsberatung sondern nur die Sichtweise des Verfassers dar.
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