Prüflinge ohne Gerätesicherheitskennzeichen sowie Thema Smartboad Schultafeln

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kasperm
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Prüflinge ohne Gerätesicherheitskennzeichen sowie Thema Smartboad Schultafeln

Beitrag von kasperm »

Liebe "elektrische" Kolleginnen und Kollegen,
ich habe zwei Fragen, welche mich seit geraumer Zeit beschäftigen. Es geht um die Interpretation bzw. Auslegung von Sachverhalten
bei der 0701 / 0702 Prüfung.
Folgende Situation:
Als Mitarbeiter einer Verwaltung mit einer eigenen Abteilung für Schul- und Gebäudemanagement prüfe ich derzeit in den höheren Schulen, welche in der Trägerschaft unseres Landkreises sind, die ortsveränderlichen elektr. Arbeits- und Betriebsmittel. Insbesondere in den Bereichen Physik, Chemie, Biologie, Naturwissenschaften finden ich in den sogenannten Sammlungs- und Vorbereitungsräumen Geräte vor, welche teilweise aus den 70er und 80er Jahren stammen. Diese Geräte sind meist alle von den namhaften Herstellern Phywe, Leybold Heraeus und sind alle sehr
solide und sicher gebaut, jedoch tragen diese alten Geräte allesamt keine Gerätesicherheitskennzeichen (TÜV, GS, CE),
manche haben noch nicht einmal mehr ein Typenschild (abgefallen oder was auch immer). GS, CE gab es damals noch nicht oder waren nicht zwingend.
Geräte jüngeren Datum's von den gleichen Herstellern haben alle bzw. einige der üblichen Kennzeichnungen und stellen kein Problem dar. Es gibt auch; wenn auch selten, Eigen- bzw. Umbauten von Geräten. Diese habe ich jedoch gesperrt mit einem entspr. Vermerk an die Schulleitung, weil diese Konstruktionen teilweise sehr abenteuerlich waren.

Nach ausfürlichen Recherchen, wie mit Prüflingen zu verfahren ist, welche weder ein Typenschild noch eines der vorgeschriebenen Prüfzeichen (GS, CE, TÜV usw.) aufweist, wurde ich endlich im Bödecker fündig.
Im Handbuch "Prüfung ortsfester und ortsveränderlicher Geräte", (Klaus Bödecker, Michael Lochthofen),
Verlag HUSS Medien, Berlin, 8. stark erweiterte Auflage,
auf Seite 261 in Tafel 10.4, Abschnitt b steht ein Textmodul, welches eine rechtssichere Formulierung zur Information des Betreibers / Auftraggebers und zur Absicherung des Prüfers verwendet werden kann.
Dieses Textmodul habe ich übernommen und etwas erweitert:
---------------------------------------------------------------------
Dieses von uns geprüfte Gerät (digitale Präzisionswaage, ID=18000052)
weist keine CE-Kennzeichnung und kein Gerätsicherheitszeichen auf, mit dem von einer staatlich anerkannten Prüfstelle die Übereinstimmung mit den Normen- Vorgaben bestätigt wird. Mit unserer Prüfung nach DIN VDE 0702-0701 bestätigen wir, dass sich das Gerät zum Zeitpunkt der Prüfung in einem aus unserer Sicht ordnungsgemäßen Zustand bezüglich Sicherheit und Gebrauchsfähigkeit befindet. Diese Aussage ist kein Ersatz für die fehlende Kennzeichnung mit dem CE und den Gerätesicherheitskennzeichen. Eine Garantie für die richtige und zuverlässige konstruktive Gestaltung durch den Hersteller wird damit von uns ausdrücklich nicht übernommen und jede Art von Haftung und Verantwortung abgelehnt.
Die Verwendung erfolgt auf eigene Gefahr und eigenes Risiko des Betreibers.
Das Gerät ist im Prüfintervall von 12 Monaten wieder prüfpflichtig.
Dieser Hinweis muss bei bzw. an dem Gerät verbleiben.

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Diesen Text drucke ich vor Ort, mit Bezeichnung und ID auf einem Etikett und klebe ihn an das Gerät oder das Kabel.
Zusätzlich kommt noch ein kleines Etikett drauf mit dem Text: "nächste Prüfung: 09.2019"
Jetzt zu meiner kurzen Frage:
MUSS oder KANN ich noch eine übliche Prüfplakette zusätzlich anbringen ?

Jetzt noch zu einer weiteren Frage:
In den Schulen sind zahlreiche Whiteboards und Smartboards in den Unterrichtsräumen installiert.
Die Einheiten sind fest an Wand montiert, die Tafel (das Board) ist jedoch in der Höhe verschiebbar. Dabei werden ein Kabelbaum aus versch. Kabeln (230 V Kaltgeräteleitung für Kurzdistanz- Beamer, NF- Leitung für Lautsprecher, Datenleitung für Beamer) mit bewegt. Hinter den fest montierten Gestellen befindet sich so gut wie nicht zugänglich die ganze Technik wie Mini- PC, übliche Laptop- Netzteile, WLAN Einheit, Steckernetzteile, Mehrfachsteckdosenleisten, Kaltgerätekabel. Alles schön fest montiert und als Kabelbäume verlegt.
Eine Demontage, um die einzelnen Komponenten zu prüfen, würden einen immensen Aufwand bedeuten, der in keinem Verhältnis zum Nutzen steht.
Diese modernen Schultafeln sind nicht ortsveränderlich und sie bewegen sich doch ....

Mobile Smartboards sind ebenfalls vorhanden. Etwas kleiner in den Dimmensionen aber ansonsten gleicher Aufbau wie die fest montierten Einheiten. Dadurch, dass sie auf Rollen laufen und ständig hin und her geschoben werden, sind sie in meinen Augen ortsveränderlich, auch wenn man von den Abmessungen und vom Gewicht her sagen könnte "nicht ortsveränderlich".
Allerdings prüfe ich diese mobilen Einheiten, denn man kommt von hinten an die ganze Technik ran.

Wie sollte man mit den fest montierten Smatboards verfahren ?
Außer Acht lassen mit der Begründung "ist als Ganzes nicht ortsveränderlich und geht mich daher nichts an" ?
Allenfalls könnte man eine Verbundmessung durchführen und im Prüfprotokoll vermerken, weshalb im Verbund gemessen wurde.

Für Rückmeldungen und Meinungen schon mal danke im Voraus.
Beste Grüße
Michael Kasper
Olaf S-H
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Re: Prüflinge ohne Gerätesicherheitskennzeichen sowie Thema Smartboad Schultafeln

Beitrag von Olaf S-H »

kasperm hat geschrieben: Donnerstag 13. September 2018, 15:49 ... für die fehlende Kennzeichnung mit dem CE ...
Moin Michael,

wie kann etwas fehlen, was damals nicht gefordert war?

Bei der Geräteprüfung ist es doch nicht relevant, ob ein "Gerät" ortsfest oder ortsveränderlich ist. Ich kann die VDE 0701-0702 insofern für beide Gerätetypen anwenden. Ein fest angeschlossenes Gerät kann auch nach VDE 0105-100 geprüft werden.

Gruß Olaf
Dies ist keine rechtsverbindliche Auskunft sondern meine Meinung bzw. mein Tipp für den Bereich der Bundesrepublik Deutschland! Die einschlägigen Normen/Vorschriften (z. B. DIN, VDE, TAB, DGUV, TRBS, BekBS, NAV, EN, LBO, LAR, ArbStättV, BetrSichV, ProdSG, ...) sind zu beachten. Ein Rechtsanspruch kann hieraus nicht abgeleitet werden. Die Nennung von Fundstellen in Regelwerken stellt keine Rechtsberatung sondern nur die Sichtweise des Verfassers dar.
vde1
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meisterglücklich
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Re: Prüflinge ohne Gerätesicherheitskennzeichen sowie Thema Smartboad Schultafeln

Beitrag von meisterglücklich »

Eine CE-Kennzeichnung war damals nicht erforderlich, damit braucht auch nicht lange nach dem "Mangel" gesucht werden.
Ein abgefallenes Typenschild ist natürlich nicht so schön, aber wenn z.B. über die selbst vergebene Inventarnummer Hersteller, Spezifikation oder Besonderheiten bekannt und dokumentiert sind, so würde ich mal die Kirche im Dorf lassen, erst recht, weil der Kram nicht billig ist und üblicherweise solide aufgebaut ist.
Ein Gerätesicherheitszeichen ist eine freiwillige Kennzeichnung des Herstellers, der sich gewisse Normeinhaltungen von externen Dienstleistern bestätigen läßt, kann also nicht vom Prüfer eingefordert werden außer das Beschaffungswesen hat sowas verfügt.

Was sagte Herr Bödeker auf einem Vortrag, worauf es insbesondere ankäme: Sichtprüfung und dann Schutzleiter, Schutzleiter Schutzleiter (ist natürlich blöd bei SK2, da muß dann mehr Gehirnschmalz in die Prüfung gesteckt werden...).

Das Smartboard kann, sofern es mit einem Stecker in einer Steckdose steckt, ab dort auch einfach als Verbund geprüft werden, weil nicht davon auszugehen ist, daß einzelne Komponenten separat verwendet werden, hier würden sich Schutzleiterwiderstände ermitteln lassen, Schutzleiter- und Ableit-(Berührungs-)Ströme, die schmerzbefreiten mögen auch eine Isolationsprüfung anstoßen (vielleicht mit verminderter Prüfspannung).
Wenn das Smartboard fest angeschlossen ist, hat Olaf ja schon die notwendige Norm genannt.
DBY656
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Re: Prüflinge ohne Gerätesicherheitskennzeichen sowie Thema Smartboad Schultafeln

Beitrag von DBY656 »

Hallo kasperm,

dafür haben die Gesetzgeber so etwas wie die Gefährdungsbeurteilung erfunden.

Gruß Markus
kasperm
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Re: Prüflinge ohne Gerätesicherheitskennzeichen sowie Thema Smartboad Schultafeln

Beitrag von kasperm »

Sehr geehrter Markus,
nichts für Ungut aber das weiß ich selber. Für eine sinnfreie Auskunft stelle ich keine Fragen in einem Forum sonst wären sämtliche Foren im Internet sinnfrei ;-)
Es ging darum, von Kollegen zu erfahren, wie sie das sehen bzw. handhaben würden bez. zus. Anbringung einer Plakette.
Meine Fragen sind hinreichend durch die anderen Kollegen beantwortet. Dennoch verfahre ich zu meiner eigenen Sicherheit so wie im Bödecker empfohlen, dann bin ich auf der sichern Seite.
Mit freundlichen Grüßen
KasperM
IH-Elektriker
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Re: Prüflinge ohne Gerätesicherheitskennzeichen sowie Thema Smartboad Schultafeln

Beitrag von IH-Elektriker »

kasperm hat geschrieben: Montag 17. September 2018, 09:35 Dennoch verfahre ich zu meiner eigenen Sicherheit so wie im Bödecker empfohlen, dann bin ich auf der sichern Seite.
Sicherlich sind „Hinweisaufkleber bzw. -Zettel am Geräte eine Lösung zur Absicherung des Prüfers. In meinen Augen allerdings nicht unbedingt ausreichend wenn Du für Dich wirklich „totale“ Sicherheit willst.

Wenn Du meinst das so eine Absicherung für Dich nötig ist würde ich die Geräte in einer Liste sammeln so das die Geräte später wieder identifizierbar sind (z.b. mit Inventarnummer o.ä.) und diese Liste dann mit dem Hinweis einer verantwortlichen Person wie dem Schulleiter nach der Prüfung überreichen und bitten den Empfang gegen zu zeichnen bzw. den Empfang Deines Sicherheitshinweises Dir zu bestätigen. Eine Kennzeichnung direkt auf den Geräten kannst Du dann noch zusätzlich durchführen.

Denn wenn Du Pech hast dann stößt Du auf eine Lehrkraft die Deinen „Hinweisaufkleber“ als „Schmarrn“ abtut und vom entsprechenden Gerät runterknibbelt. Um jetzt gedanklich weiter zu „spinnen“ passiert genau mit dem Gerät bei dem jemand den Hinweis runtergeknibbelt hat ein (schwerer/tödlicher) Unfall. Ein Sachverständiger bzw. Staatsanwalt kommt nun auf Dich zu und beschuldigt Dich Du hättest nicht fachgerecht geprüft. Zusätzlich kommt der Schulleiter und sagt aus das er davon ja nichts gewusst hat – hätte er Kenntnis davon bekommen hätte er neue Geräte anschaffen lassen. Eventuell unschön, mit einer gegengezeichneten Liste mit entsprechendem Hinweis (…die Du bei Bedarf aus Deinem „Archiv“ holst) kannst Du Dich zurücklehnen. Wie sagt man so schön: Melden macht frei – und dieses „Melden“ kannst Du nun zweifelsfrei nachweisen !

Wenn Du dann ganz freundlich bist schreibst Du zu Deiner Liste das Du dem Schulleiter empfiehlst bei den Geräten eine gesonderte Gefährdungsbeurteilung zu erstellen bzw. bei der entsprechenden Gefährdungsbeurteilung für den entsprechenden Bereich bzw. Arbeitsplatz diese „Altgeräte“ gesondert zu betrachten – eben weil sie bereits älter sind und ggf. nicht vollständig den aktuellsten Sicherheitsstandards entsprechen könnten… ;)

Ich persönlich wäre allerdings relativ vorsichtig als Prüfer zu behaupten das ein CE-Zeichen GARANTIERT das alle Normen eingehalten wurden und damit ein CE sozusagen zu einer Art „Sicherheitsgarantie“ zu machen – ganz dünnes Eis, ganz ganz dünnes Eis – da CE ja nur eine „Selbstbescheinigung“ des Herstellers ist sagt es absolut nicht aus ob sich der Hersteller wirklich an alle Normen, Vorgaben usw. gehalten hat – es sagt nur aus das er glaubt sich daran gehalten zu haben !

In Deinem Textvorschlag könnte man sowas nämlich eventuell rauslesen bzw. rein interpretieren….daher würde ich hier ggf. den Text noch mal ändern. Was mir immer wieder für Geräte bzw. Maschinen über den Weg laufen die zwar CE haben, aber wo offensichtliche Konstruktionsmängel vorliegen und wo man sieht das diese nicht nach den in den Konformitätserklärungen angegebenen Normen gebaut sein können willst Du nicht wissen….und auch nicht wie oft ich von den Beschaffern dann höre „ja das Teil hat doch CE, dann muss das doch sicher sein, warum finden Sie dann Mängel daran ???“ – erst letzte Woche wieder gehört…. ;)
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