Maschineninstallationen: Steckdosen über RCD?

IH-Elektriker
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Beitrag von IH-Elektriker »

langer hat geschrieben:dann wäre es interessant zu erfahren, auf welchen Grundlagen Dein Wissen basiert.
Kennst Du es nur vom Hörensagen oder kannst Du es anhand von Normen belegen?
Würde mich auch interessieren ;)

Die EN60204-1 kennt nämlich wie von eingen bereits geschrieben keinen RCD - egal für welche Steckdosen, ob Laienbedienbar oder nicht.

Das auch wenn nicht normativ gefordert ein RCD sinnvoll ist - und zwar auch für Steckdosen welche i.d.R. nur für EFK "erreichbar" sind, d.h. Servicesteckdosen in Schaltschränken - das steht außer Frage.
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Strippe-HH
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Beitrag von Strippe-HH »

Es ist aber leider so dass sich in verschlossenen Verteilerschränken befindliche Steckdosen auch zu anderen zwecken ohne weiteres benutzen lassen zum Beispiel ein Hausmeister schließt eine Kabeltrommel an und mäht damit im Vorgarten den Rasen und wo ist der RCD.?
Alles schon dagewesen.
Und mit einem K2-Schlüssel rennt hier ja schon fast jeder Friseur mit herum.
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schneidy
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Beitrag von schneidy »

Vielleicht hilft das hier den einen oder anderen weiter:
DIN VDE 0104-100
Anwendungsbereich:
Die DIN VDE 0100-410 enthält Anforderungen an den Schutz gegen den elektrischen Schlag. Dabei werden der Basisschutz (Schutz gegen direktes Berühren) und der Fehlerschutz (Schutz bei indirektem Berühren) von Personen und Nutztieren betrachtet. Die Norm behandelt die Anwendung und Koordinierung von Schutzmaßnahmen in elektrischen Anlagen und ist damit als Sicherheitsgrundnorm hinsichtlich des Schutzes gegen den elektrischen Schlag zu betrachten.

Schutz gegen elektrischen Schlag

RCDs gefordert:

a) für Steckdosen ≤ 20 A, für die Benutzung durch Laien und zur allgemeinen Verwendung bestimmt

b) für im Außenbereich verwendete tragbare Betriebsmittel ≤ 32 A



Ausnahmen für die Anforderung unter Punkt a)1):

Steckdosen, die ausschließlich durch Elektrofachkräfte oder elektrotechnisch unterwiesene Personen überwacht werden und für die gleichzeitig sichergestellt werden kann, dass Laien diese Steckdosen nicht benutzen

Steckdosen, die zur Benutzung durch Laien und zur allgemeinen Verwendung bestimmt sind, unter der Voraussetzung, dass diese ständig messtechnisch überwacht werden (z.B. RCMs) und dass das rechtzeitige Erkennen und Beheben von Fehlern und Schäden sichergestellt ist. Dies erfordert organisatorische Maßnahmen zur Fehlerbehebung.

Steckdose, die für den Anschluss nur eines bestimmten Betriebsmittels errichtet wird, wenn sichergestellt ist, dass diese Steckdose dauerhaft über die gesamte Nutzungsdauer der Anlage für dieses bestimmte Betriebsmittel genutzt wird.
Weiterhin BetrSichV:
§ 8 Schutzmaßnahmen bei Gefährdungen durch Energien, Ingangsetzen und Stillsetzen
(1) Der Arbeitgeber darf nur solche Arbeits-mittel verwenden lassen, die gegen Gefähr-dungen ausgelegt sind durch
1. die von ihnen ausgehenden oder verwende-ten Energien,
2. direktes oder indirektes Berühren von Tei-len, die unter elektrischer Spannung stehen, oder
3. Störungen ihrer Energieversorgung.
Wenn man alle Normen und Richtlinien zusammenträgt, kommt man zum Schluss:

Ein Arbeitsmittel schließt eine elektrische Anlage ein, eine elektrische Anlage schließt eine Maschine ein.
Wird eine Norm für ein bestimmtes Betriebsmittel konkreter dann gilt die spezifische Norm (vergleiche A-B-C Normen), wenn nicht dann ist die übergeordnete Norm zu beachten.
Über allen steht jedoch das ArbSchG und die BetrSichV, welche besagen das der Arbeitgeber sichere und geprüfte Arbeitsmittel zur Verfügung stellen muss um den Schutz der Arbeitnehmer zu gewährleisten.

Bei Bestandsanlagen ist zu prüfen, ob sie zum Zeitpunkt der Errichtung sicher waren. Werden hier jedoch grundlege Instandhaltungsmaßnahmen durchgeführt so ist mehr als zu empfehlen RCDs nachzurüsten.
omtdr43
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Beitrag von omtdr43 »

schneidy hat geschrieben:...Über allen steht jedoch das ArbSchG und die BetrSichV, welche besagen das der Arbeitgeber sichere und geprüfte Arbeitsmittel zur Verfügung stellen muss um den Schutz der Arbeitnehmer zu gewährleisten.

Bei Bestandsanlagen ist zu prüfen, ob sie zum Zeitpunkt der Errichtung sicher waren. Werden hier jedoch grundlege Instandhaltungsmaßnahmen durchgeführt so ist mehr als zu empfehlen RCDs nachzurüsten.
Steht dort nicht auch geschrieben, das eine Anlage auf dem Stand der Technik zu halten ist?

Stand der Technik ist aber immer der Derzeitige und nicht der von vor "100 Jahren". Somit dürfe es ziemlich schlecht aussehen für Bestandsanlagen!
Staatlich geprüfter Legastheniker!srg1

Die letzte Stimme, die man hört, bevor die Welt explodiert, wird die Stimme eines Experten sein, der sagt: 'Das ist technisch unmöglich!'
(Sir Peter Ustinov)

Gelernter Pessimist!
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langer
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Beitrag von langer »

omtdr43 hat geschrieben:Steht dort nicht auch geschrieben, das eine Anlage auf dem Stand der Technik zu halten ist?

Stand der Technik ist aber immer der Derzeitige und nicht der von vor "100 Jahren". Somit dürfe es ziemlich schlecht aussehen für Bestandsanlagen!
soll das somit heißen, dass man eine eine ältere Anlage nun komplett auf den neusten Stand der Technik bringen muss und somit in unregelmäßigen Abständen Wohnungen einer Kernsanierung unterziehen muss?
Olaf S-H
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Beitrag von Olaf S-H »

schneidy hat geschrieben:Vielleicht hilft das hier den einen oder anderen weiter:
...
Moin Schneidy,

vielleicht hilft es Dir weiter, mal die Beitrage #2 und #4 zu lesen.

Gruß Olaf
Dies ist keine rechtsverbindliche Auskunft sondern meine Meinung bzw. mein Tipp für den Bereich der Bundesrepublik Deutschland! Die einschlägigen Normen/Vorschriften (z. B. DIN, VDE, TAB, DGUV, TRBS, BekBS, NAV, EN, LBO, LAR, ArbStättV, BetrSichV, ProdSG, ...) sind zu beachten. Ein Rechtsanspruch kann hieraus nicht abgeleitet werden. Die Nennung von Fundstellen in Regelwerken stellt keine Rechtsberatung sondern nur die Sichtweise des Verfassers dar.
vde1
Für elektrotechnische Laien gilt: Dieser Beitrag erläutert die technischen Zusammenhänge. Die Umsetzung obliegt den konzessionierten Fachbetrieben (§13(2)NAV).

"Wer eine Handlung begeht, der übernimmt auch alle daraus folgende Pflichten." §33 I-3 prALR 1794
schneidy
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Beitrag von schneidy »

Da steht nicht, dass Altanlagen auf den heutigen Stand der Technik nachzurüsten sind. Sie müssen den Stand der Technik zum Zeitpunkt der Errichtung entsprechen.
Nachzurüsten ist zwingend der Berührungsschutz.
Wichtig ist allerdings eine Gefährdungsbeurteilung. Diese entscheidet ob Handlungsbedarf besteht.
Meiner Meinung (als VEFK) nach, bei einer frei zugänglicher Steckdose ohne RCD zeitnah!
VG
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langer
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Beitrag von langer »

schneidy hat geschrieben: Meiner Meinung (als VEFK) nach, bei einer frei zugänglicher Steckdose ohne RCD zeitnah!
Es ist DEINE Meinung und entspricht nicht den Normen.
Wenn Du das dem Eigentümer der Anlage auch entsprechend erklärst und er darauf eingeht, ist das meiner Meinung nach vollkommen in Ordnung.
HPG
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Beitrag von HPG »

FI nachzurüsten ist meist wegen Kosten nicht so einfach.

Da fahre ich folgende Strategie:

Vor Jahren bauten wir eines unsrer Gebäude zu einem Eventgebäude um, war ca 400 Meter lang, in der Besprechung sagte ich, dass die bestehenden Steckdosen die alle im Bereich der Besucher sind, müssen mit RCD ausgerüstet werden (das war vor der FI-Pflicht).

Der Projektleiter und mein Chef erwiderten mir, das gehe nicht da der Kredit schon aufgebrauch sei.
Ich sagte, ist OK, ich mache jetzt eine Aktennotiz darüber mit euren Namen und wenn es einen Vorfall gibt und wir vor Gericht müssen werde ich diese dem Richter vorlegen.

Es wurden dann überall FI eingebaut.
Olaf S-H
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Beitrag von Olaf S-H »

Moin HPG,

das von Dir beschriebene Verfahren funktionoiert auch in D. Wenn jemand seinen Namen "sieht", dann sieht die Welt meistens ganz anders aus. :D

Gruß Olaf
Dies ist keine rechtsverbindliche Auskunft sondern meine Meinung bzw. mein Tipp für den Bereich der Bundesrepublik Deutschland! Die einschlägigen Normen/Vorschriften (z. B. DIN, VDE, TAB, DGUV, TRBS, BekBS, NAV, EN, LBO, LAR, ArbStättV, BetrSichV, ProdSG, ...) sind zu beachten. Ein Rechtsanspruch kann hieraus nicht abgeleitet werden. Die Nennung von Fundstellen in Regelwerken stellt keine Rechtsberatung sondern nur die Sichtweise des Verfassers dar.
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