Bahnstrom Niederlande

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ThomasR
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Bahnstrom Niederlande

Beitrag von ThomasR »

Nun war ich zum ersten Mal mit der niederländischen Bahn unterwegs und hatte genug Zeit die Stromversorgung anzuschauen. Laut Wiki fahren die einfachen Bahnen (im Unterschied zu Schnellverkehrsstrecken) dort nur mit 1,5kV DC, was auch zu den beobachteten Isolatoren und Abständen paßt. Aber sowohl "IC" als auch "Sprinter" waren recht zügig unterwegs, wie machen die das mit "nur" 1,5kV??

Die Oberleitungen waren meist mit zwei Seilen parallel ausgelegt aber trotzdem: diese Ströme durch zwei "mickrige" Seile? In GB sind das wenigstens massive Schienen neben dem Gleisen.....

Weiß jemand mehr?

Spannend: viele Nahverkehrszüge in NL haben einen erhöhten Führerstand am Triebfahrzeug der kaum 30cm unter dem Fahrdraht zu sein scheint. Diese Züge würden in einem 15kV Netz wohl kaum zum Einsatz kommen können 8o
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Elt-Onkel
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Re: Bahnstrom Niederlande

Beitrag von Elt-Onkel »

Hallo,

es gibt bei den profilierten Fahrdrähten verschiedene Querschnitte.

Je mehr Kupfer man an den Himmel hängt, je mehr Strom kann man transportieren.
Das Tragseil transportiert dann auch noch Strom.
Die Abhänger (16mm² Cu) speisen dann von oben nach.
Also ein Dreileiter-Einphasen-Gleichstromnetz + Schiene.

30cm Abstand zur Fahrleitung sind ja schon üppig.
Bei den Bauzügen der DB (15 kV) beträgt der Mindestabstand 15 cm !


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Jester
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Re: Bahnstrom Niederlande

Beitrag von Jester »

Die machen das mit 4-fach Schleifleisten, dadurch größere Fläche zu Stromübertragung, weniger Erwärmung an den Kontaktflächen und 3000A
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Elt-Onkel
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Re: Bahnstrom Niederlande

Beitrag von Elt-Onkel »

Hallo,
Jester hat geschrieben: Donnerstag 10. Oktober 2024, 06:22 Die machen das mit 4-fach Schleifleisten, dadurch größere Fläche zu Stromübertragung,
weniger Erwärmung an den Kontaktflächen und 3000A.
Achtung: Das betrifft den Stromabnehmer !


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Jester
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Re: Bahnstrom Niederlande

Beitrag von Jester »

ThomasR hat geschrieben: Mittwoch 9. Oktober 2024, 20:28 Nun war ich zum ersten Mal mit der niederländischen Bahn unterwegs und hatte genug Zeit die Stromversorgung anzuschauen. Laut Wiki fahren die einfachen Bahnen (im Unterschied zu Schnellverkehrsstrecken) dort nur mit 1,5kV DC, was auch zu den beobachteten Isolatoren und Abständen paßt. Aber sowohl "IC" als auch "Sprinter" waren recht zügig unterwegs, wie machen die das mit "nur" 1,5kV??

Die Oberleitungen waren meist mit zwei Seilen parallel ausgelegt aber trotzdem: diese Ströme durch zwei "mickrige" Seile? In GB sind das wenigstens massive Schienen neben dem Gleisen.....
Bei den Oberleitungen setzen die auch auf die Kühlung durch die Luft, allerdings werden inzwischen reine Fernverkehrstrecken mit 25KV ausgerüstet. Genauso wie in F, B, I uns ES, wobei Nordfrankreich scghon fast flächendecken mit 25kV ausgestattet ist.
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Elt-Onkel
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Re: Bahnstrom Niederlande

Beitrag von Elt-Onkel »

Hallo,

hinter den 25 kV hängen ja noch mehr Details.

Angefangen mit der Deutschen Oberleitung.
Damals aufgrund von technischer Machbarkeit die 16,7 Hz.
Die Franzosen haben später mit der Elektrifizierung begonnen.
Deswegen dort 50 Hz.
Dann gab es im Rahmen der DDR-Gründung die Forderung, in Ostdeutschland auch 50 Hz einzuführen.
(Die Russen fahren auch mit 50 Hz.)
Ausser einiger winziger Streckenkilometer ist man aber von den 16,7 Hz nicht abgewichen.
Langfristig wird die DB auch auf 25 kV - 50 Hz umrüsten.
Deswegen werden schon seit Jahren bei Neubauten nur noch die langen Isolatoren verbaut,
damit man mal ohne viele Probleme hochrüsten kann.

Die mickrige (Gleich)Spannung in den Niederlanden rührt ja daher,
dass man die DC-Niederspannung voll ausnutzen wollte,
und geglaubt hat auf dem kleinen Territorium der Holzpantinenträger damit auszukommen.
Damals dachte niemand an größeren Grenzüberschreitenden Schienenverkehr.
Und Leistungen beim Anfahren eines ICE mit 600 Ampere x 15 kV = 9'000 kW ist doch schon ein wenig mehr,
als das was ein Nahverkehrstriebwagen so braucht.
Würde man das mit 1,5 kV realisieren wollen, fließen schlappe 6'000 Ampere.
Dann braucht man also eine Oberleitung mit rund 2'000 mm² Kupfer.
Also quasi eine Stromschiene mit 45mm x 45mm.
Wer will das in 5,50 m Höhe aufhängen ?

Mit der Elektronik von heute ist es ziemlich egal, was man oben beim Stromabnehmer in eine E-Lok einfüllt.
Wenn der Strom zu hoch wird, muss man eben (wie oben geschrieben) auf mehrfache Schleifleisten zurückgreifen.
Viel schwieriger ist das Anpassen vom Zugleit- und Sicherungssystem.
Ich erinnere da an den ICE, der bis Paris fährt.
Da hat man vorne ein zusätzlich ein komplettes Abteil für die Franzosen-Technik beschlagnahmen müssen.
Deswegen kommt jetzt sukzessive das neue Europäische System ETCS.
Ob diese digitale Technik dann im Krisenfall tasächlich besser ist, als unser PZB90 lassen wir mal dahingestellt.


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Trumbaschl
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Re: Bahnstrom Niederlande

Beitrag von Trumbaschl »

Ich würde eher meinen der Großteil Europas hat sich ursprünglich für 1,5 und 3 kV Gleichspannung entschieden, jedenfalls die Länder, die in der ersten Phase der Bahn-Elektrifizierung vor dem 1. Weltkrieg mit dabei waren. Hatte den Vorteil recht simpler Lokomotiven, DC-Reihenschlussmotoren, in Serie geschaltet und mit Vorwiderständen angefahren und gebremst. Deutschland, Österreich und die Schweiz (sowie Norwegen und Schweden) waren mit 15 kV AC Ausreißer. Nach dem 1. Weltkrieg gingen dann die Bestrebungen mehr in Richtung simplen und effizienten Netzbau mit weniger Rücksicht auf einfache Fahrzeugausrüstung, und da haben höhere Wechselspannungen natürlich die Nase deutlich vorne. Ungarn hat z.B. gleich mit 25 kV/50 Hz begonnen, war meines Wissens eines der ersten Länder. Die unzähligen Länder mit etablierter Gleichstromfahrleitung haben überwiegend erst im Zusammenhang mit Schnellfahrstrecken (>160 km/h) mit der Umstellung auf 25 kV begonnen.
Mit den Umrichterfahrzeugen ist dann die Versorgung relativ simpel, der Trafo muss nur die entsprechenden Wechselspannungen können und Gleichspannung kommt mehr oder weniger direkt in den Zwischenkreis der Umrichter, so jedenfalls mein Wissensstand.
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Re: Bahnstrom Niederlande

Beitrag von EIB-Nutzer »

Hallo,

die NL fahren aber nicht genau mit 1,5KV, sondern bis 1,8 KV.
Beim Anfahren wird ggf. ein 2er Bügel gehoben.

Dass die DB 25KV Isolatoren einsetzt, hat rein damit zu tun, dass das Massenware ist, und man auf Standard-Marktware gegangen ist, auch um Grenzstrecken zu berücksichtigen. Planungen mit 25KV / 50Hz gibt es aber keine mehr, obwohl Drehstromloks das meist von Haus aus können.

Die Isolationsabstände bei 1,5KV sind deutlich geringer als bei 15KV, siehe Strassenbahnen, die bis 1200V haben.
Die Menschen-Sicherheitsabstände aber nicht, da gilt wohl mindesten 1m

Grüße

Ralf
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Elt-Onkel
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Re: Bahnstrom Niederlande

Beitrag von Elt-Onkel »

Hallo,

die 15 kV - Isolatoren der DB waren auch Massenware.
Sie waren sogar billiger als die jetzt verbauten 25 kV - Isolatoren.

Bei den Abständen zur Fahrleitung kommt es drauf an.
Das reicht von 10 Meter (Wasser vom Feuerwehr-Strahlrohr) bis 15 cm über dem DB-Umbauzug.


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Trumbaschl
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Re: Bahnstrom Niederlande

Beitrag von Trumbaschl »

Und Überschläge gibt es meines Wissens bei trockener Luft bei einem Abstand <1 mm pro kV. Sagt die vage Erinnerung an die Schulung Schaltberechtigung für Schuppen- und Ladegleise vor 20 Jahren (nicht ein einziges Mal praktisch angewendet, war wenn ich mich richtig erinnere die letzte Woche meines Praktikums bei einem EVU, das überwiegend unter 15 kV unterwegs war).
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