Tragischer Unfall "Elektriker stirbt bei Sturz von Dach"

Alles rund um die Arbeitssicherheit.
C_T

Beitrag von C_T »

Olaf S-H hat geschrieben:Moin Christian,

wer abends ögelt, kann morgens auch nicht fliegen. :D

Gruß Olaf
Moin Olaf.

mein Hausarzt Dr. Eckart von Hirschhausen meint, da geht doch was:

Zumindest "auf die Fresse fliegen" ist demnach immer drin.

Und nun gehen wir mal wieder zum Thema:

Wenn ich in der Industrie eine Leiter besteige, um darauf stehend irgendwelche Arbeiten durchzuführen, muss ich mich ab einer bestimmten Höhe angurten. Dauern die Leiter-Arbeiten länger, muss ich ggf. ein Rollgerüst verwenden und mich ebenfalls angurten.

Bei dem hohen, andauernden Fachkräftemangel sollte man doch meinen, dass Fachkräfte vor Ausfall durch Arbeitsunfälle geschützt werden sollen, was ja eine der Hauptaufgaben der Berufsgenossenschaften ist, welche UVVen erlassen, deren Einhaltung überwacht wird.

Arbeiten auf Dächern kommen bei mir nicht so häufig vor - aber auch dort wird man sich laut BG-UVV angurten müssen. Daher würde mich interessieren, wie der Kollege vom Dach stürzen konnte..., leider gibt der Zeitungsartikel dazu nichts her.

Wobei ein Gurt nicht immer vor tödlichen Arbeitsunfällen schützt - wenn ich an den schweren Unfall 2007 auf der Kraftwerksbaustelle Grevenbroich-Neurath II erinnere, wo ein Gerüst über der angegurtet arbeitenden Baustellenbevölkerung einstürzte und Leute erschlug, die dann tagelang tot in luftiger Höhe in ihren Sicherheitsgurten hingen, weil man sie nicht so einfach bergen konnte...
Keytos
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Beitrag von Keytos »

Servus,
anbei ein Foto vom Gebäude. (links von der Gedächtniskirche)
wie schon in meinem Post erwähnt fiel die Reklametafel seit Errichtung häufig aus. Bisher waren Störungen am Antrieb zu bemerken.
Die Anfangsgeschwindigkeit nach Errichtung lag annähernd bei der Drehzahl des Sterns auf dem Europacenter (das rechts neben der Kirche liegt) und knapp unter 1 pro min. Vor kurzem wurde die Drehgeschwindigkeit des Schildes, nach häufigem Stillstand, auf "kaum merklich" drastisch reduziert.
Am Abend vor dem Unfall fiel mir auf daß zur Drehung nun auch die Beleuchtung komplett ausgefallen ist.
Der Arbeitseinsatz des verunfallten Kollegen könnte mit Reparaturarbeiten an dieser Anlage zusammenhängen.

K.

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Max60
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Beitrag von Max60 »

C_T hat geschrieben: Arbeiten auf Dächern kommen bei mir nicht so häufig vor - aber auch dort wird man sich laut BG-UVV angurten müssen.
Für Flachdächer: Vermutlich müsste hier "Sichern durch Rückhalten" angewandt werden. Es muss also verhindert werden, dass man sich der Dachkante näher als bis auf einen Meter nähern kann. Dafür reicht evtl. auch einfach eine Leine, die z.B. per Karabiner am Gürtel (ein entsprechender Gurt ist sicherlich zu bevorzugen) befestigt wird und einen entsprechenden Arbeitsradius ermöglicht.

Jedenfalls habe ich das so von meinen AbStuSi-Schulungen in Erinnerung.

Wie praxistauglich sowas ist, das muss ggf. jeder für sich selbst entscheiden...

Mir wurde übrigens auf der Arbeit, als ich nach einem Gurt fragte, mal gesagt, dass das eine schlechte Idee sei, denn man würde ja sterben, wenn man länger als 15 Minuten im Gurt hängt. Das kann zwar passieren, aber der Absturz aus größerer Höhe (~10m) hätte in dem Fall sicherer schwere Verletzungen nach sich gezogen.

Manchmal frage ich mich wirklich, ob gewisse Leute ihren gesunden Menschenverstand und logisches Denken vor der Arbeit abgeben..
Wobei ein Gurt nicht immer vor tödlichen Arbeitsunfällen schützt - wenn ich an den schweren Unfall 2007 auf der Kraftwerksbaustelle Grevenbroich-Neurath II erinnere, wo ein Gerüst über der angegurtet arbeitenden Baustellenbevölkerung einstürzte und Leute erschlug, die dann tagelang tot in luftiger Höhe in ihren Sicherheitsgurten hingen, weil man sie nicht so einfach bergen konnte...
Wie sagt man so schön.. Das Leben ist lebensgefährlich. Sämtliche Gefahren lassen sich einfach nicht eliminieren..
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Tobi P.
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Beitrag von Tobi P. »

Moin,

grundsätzlich muss bei Arbeiten mit Absturzgefahr ein Rettungskonzept vorhanden sein. Und zwar vor Beginn der Arbeit - es nutzt herzlich wenig wenn ich mir erst dann Gedanken über die Rettungsmöglichkeiten mache wenn der Kollege bereits im Gurt hängt.
Auf der Baustelle Grevenbroich-Neurath war beispielsweise immer ein Höhenretter-Team der Kletterspezialeinheit permanent in Bereitschaft.
Genauso ist es völliger Quatsch zu sagen dass ein Gurt nichts nutzt weil der Verunfallte ja einen orthostatischen Schock erleiden könnte - ich muss mir halt vorher überlegen wie ich ihn in möglichst kurzer Zeit wieder aus dem Gurt raus bekomme -> zweiter Mann ausgerüstet in Bereitschaft für Rettung nach unten und/ober oben (je nach Situation).
Nur erfordert das ja wieder Ausbildungen und Unterweisungen und damit Kosten. Und bestimmte Vorraussetzungen - wer von euch hat beispielsweise eine aktuelle G41? Oder eine Ersthelferausbildung die nicht länger als 24 Monate zurückliegt?


Gruß Tobi der demnächst wieder mit 40kg Ausrüstung auf dem Rücken ein Hochhaus-Treppenhaus stürmen darf um das Gebäude dann auf einem anderen Weg wieder zu verlassen :cool:
Gründer und 1. Vorsitzender des "Vereins der Freunde des 175kVA Bosch"
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kabelmafia
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Beitrag von kabelmafia »

Moin Tobi,
wer von euch hat beispielsweise eine aktuelle G41?
Ich!
Oder eine Ersthelferausbildung die nicht länger als 24 Monate zurückliegt?
Ich!
Nur die Seilzugangstechnik ist verfallen.
Eigentlich sollten diese Vorraussetzungen alle erfüllen, die mit Gurt gesichert sind. Das war schon vor 15 Jahren bei den Windkraftanlagenbastlern üblich. Damals hat man das da ja auch wirklich gebraucht...
Der Strom kann ruhig bunt sein-ohne Kabel nützt das nix.
Bild: NAKBA 3x95/50sm 0,6/1kV VDE U 0250:1936
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C_T

Beitrag von C_T »

Tobi P. hat geschrieben: Genauso ist es völliger Quatsch zu sagen dass ein Gurt nichts nutzt weil ...
War das nicht auch ein Hauptargument der KFZ-Sicherheitsgurtgegner?
Tobi P. hat geschrieben:Moin,

Nur erfordert das ja wieder Ausbildungen und Unterweisungen und damit Kosten. Und bestimmte Vorraussetzungen - wer von euch hat beispielsweise eine aktuelle ... Ersthelferausbildung die nicht länger als 24 Monate zurückliegt?


Die wenigsten derer, die oft auf Ersthelferaushängen benannt sind. Die haben das nämlich irgendwann mal gemacht, für Wiederholungslehrgänge fehlt dann der Wille der Chefs, die Leute da hin zu schicken, weil die ja schon mal auf Lehrgang waren...

Meine Ex-Freundin sollte im Rahmen einer anstehenden ISO-Zertifizierung bei einer "Leihbude" Unterschriften von Mitarbeitern auf Belegen für Arbeitssicherheitsunterweisungen fälschen...

Die Prüfer werden recht oft mit Kaffee und Kuchen sowie Mittagessen gefügig gemacht und blicken einfach nicht / wollen dann einfach nicht blicken, dass Mitarbeiter "Meier" versehentlich mit "Müller" oder "Schulze" unterschrieben hat.

Es gibt sogar renommierte SCC-Zertifizierer, die per Telefax zertifizieren, nachdem man einen Fragebogen ausgefüllt hat, dem ein Zettel mit den anzukreuzenden Antworten beigelegt war.

Und das ist jetzt kein Witz!

Ein Witz sind die ausgestellten Zertifikate... die sind nicht mal den Toner der schlechten Kopie wert...
Max60
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Beitrag von Max60 »

Tobi P. hat geschrieben:Moin,

grundsätzlich muss bei Arbeiten mit Absturzgefahr ein Rettungskonzept vorhanden sein. Und zwar vor Beginn der Arbeit - es nutzt herzlich wenig wenn ich mir erst dann Gedanken über die Rettungsmöglichkeiten mache wenn der Kollege bereits im Gurt hängt.
Berufsfeuerwehr mit Höhenretter und ner Anfahrt von 10 Minuten, d.h. 20 Minuten effektive Rettungsdauer ausreichend?
IH-Elektriker
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Beitrag von IH-Elektriker »

Bei uns in der Firma müssen Kollegen die aktiv öfters im Hochregallager schrauben und reparieren einen entsprechenden Lehrgang zur Höhenrettung besuchen.

Bereits auf Arbeitsbühnen ("fliegender Teppich") muss man sich mit Gurtzeug gegen Herausfallen sichern. Wird auch kontrolliert und wehe ein Kollege steht beim Kabel ziehen ohne Sicherung in so einem Ding....

Es gab zwar keine schweren (Absturz-)Unfälle, aber einige Kllegen meinten sie sind Artisten und haben wirklich zirkusreife Kuststücke aufgeführt. Zu faul um wieder auf den Boden zurückzukehren und die Leiter zu versetzen wird da dann mal auf einem 2" Wasserrohr in schwindelerregender Höhe quer durch die Halle marschiert als wäre man Hochseilartist und solche Dinge - festhalten kann man sich ja an den quer verlaufenden Kabelpritschen oberhlab der Rohre oder an der Dachkonstruktion des Sheddaches.

Oder Turnübungen um ölige Maschinendächer zu erklimmen weil die Leiter ja in der Werkstatt steht und so was....habe selber schon einige Kollegen auf den Boden zurückgeholt wenn ich als Sicherheitskoordinator auf der entsprechenden Baustelle eingeteilt war.

Zum Thema Rettungskonzept - das gehört m.E. nach nicht nur bei Arbeiten mit Absturzgefahr dazu, man muss meiner Meinung nach immer überlegen wie eine mögliche Rettung aussehen kann - sei es weil der Kollege auf einmal einen Herzinfarkt bekommt oder weil es irgendwo brennt.

Fängt schon damit an das man bei der Anfahrt auf die Baustelle nicht irgenwo unüberlegt das Servicefahrzeug parkt, das es Fluchtwege gibt und diese auch bekannt sind, das Feuerlöscher vorhanden sind usw.

Alles Kleinigkeiten, viele Kollegen achten automatisch auf sowas - aber es gibt immer wieder "Spezialisten" die auf solche Dinge überhaupt nicht achten.
C_T

Beitrag von C_T »

IH-Elektriker hat geschrieben:...es gibt immer wieder "Spezialisten" die auf solche Dinge überhaupt nicht achten.


Logisch. Da wird auch mal das Auto in der Feuerwehrzufahrt geparkt, weil man selbst ja im Gebäude auf der anderen Strassenseite ist... und dann lautstark protestiert, wenn ein Abschlepper die Karre am Haken hat.
Keytos
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Beitrag von Keytos »

IH-Elektriker hat geschrieben: ..aber es gibt immer wieder "Spezialisten" die auf solche Dinge überhaupt nicht achten.
Servus,
nach meiner Erfahrung ist das die Mehrheit.
Nur in seltensten Fällen wird weitergedacht.
Ich habe noch nie jemanden anderen erlebt der auf einer Baustelle z.B. ein Brett aus dem ein Nagel heraussteht ungefährlich gemacht hat oder auf der Straße eine Glasscherbe aufgehoben und zum nächsten Mülleimer getragen hat.
Ein Fließenleger zu dem ich gesagt habe daß er doch Knieschützer tragen soll antwortete mir daß er ja 2 Knie hat !!

K
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