NOT-AUS rastend?

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Kreiseli
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NOT-AUS rastend?

Beitrag von Kreiseli »

Hallo,

folgender Fall: An mehreren Standbohrmaschinen befindet sich ein NOT-AUS, es handelt sich um einen Pilztaster, welcher sich klappbar über dem EIN/AUS-Schalter befindet und bei Betätigung mechanisch den AUS-Schalter der Standbohrmaschine betätigt, also selbst keinen eigenen Schaltkontakt hat. Nach Betätigen verriegelt sich der Pilztaster und überdeckt den EIN/AUS-Schalter. Bei einigen Standbohrmaschinen ist diese Verriegelung abgebrochen, die eigentliche NOT-AUS-Funktion funktioniert aber dennoch einwandfrei. Ich habe dies nach der Prüfung nach DIN VDE 0701-0702:2008-06 bemängelt und einen weitere Betrieb zunächst untersagt.

Meine Frage ist nun, ob der NOT-AUS zwingend rastend sein muss?

In der DIN VDE 0100-460:2002-08 habe ich nichts konkretes gefunden, und in der DIN VDE 0113-1 finde ich unter 9.2.5.3.1 folgendes:
"Wenn eine aktive Betätigung eines ... NOT-AUS-Gerätes einen nachfolgenden Steuerbefehl ausgelöst hat, muss die Wirkung dieses Befehls bis zu seiner Rückstellung erhalten bleiben. Diese Rückstellung darf nur durch eine manuelle Handlung an dem Ort möglich sein, wo der Befehl eingeleitet wurde. Die Rückstellung des Befehls darf die Maschine nicht wieder in Gang setzen, sondern nur das Wieder-in-Gang-Setzen ermöglichen".

Ist die mechanische Betätigung des AUS-Schalters mittels dem NOT-AUS-Taster ein Steuerbefehl? Dann wäre es eindeutig, NOT-AUS muss rastend sein. Oder betrifft diese Aussage nur elektrische Befehle?

Viele Grüße
Kreiseli
Alle sagten: "Das geht nicht". Dann kam einer, der wusste das nicht, und hat es gemacht.
Keytos
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Beitrag von Keytos »

Servus Kreiseli,
das kommt sicherlich auf die Arbeitsumgebung an in der der sich der Not Aus Taster befindet. Die Spanne der Anwendungen ist sehr weit.
In einer Schülerwerkstatt z.B. würde ich nur mit rastendem Taster, entriegelbar über Schlüssel, arbeiten und in professioneller Umgebung würde ich keine Schlüsselentriegelung verwenden.
Not Aus bedeutet daß Gefahr für Leib und Leben bestehen könnte. Da muß eine Maschine auch freigefahren werden können ohne daß erst ein Schlüsselbeauftragter aufkreuzt.
Das rasten des NotAus dient dazu zu lokalisieren wo abgeschaltet wurde.
Bei weitverzweigten Systemen ist das sehr sinnvoll. In Werkstätten wo puberdierendes Verhalten den Alltag prägt sicherlich auch. Dann allerdings aus anderen Gründen.

Keytos
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langer
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Beitrag von langer »

Hallo Kreiseli,

sicherlich werden hier auch noch ein paar "Normenpäpste" auftauchen und von dieser Seite Licht ins Dunkele bringen.

Da es sich bei einer Standbohrmaschine nicht grade um eine sehr weitläufige Anlage handelt und diese Maschine nur diesen einen "Not- Aus"- Schalter hat, würde ich die Instandsetzung veranlassen (empfehlen), einen weiteren Betrieb aber nicht untersagen, vorausgesetzt, dass ein sicheres Abschalten gewährleistet ist.
IH-Elektriker
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Beitrag von IH-Elektriker »

Standbohrmaschine => genaz klar eine Maschine nach Maschinenrichtlinie => ganz klar EN60204-1 (VDE0113) zuständig.

Dort wird unter 9.5.4.2.1 ganz klar gefordert das ein Wiederinbetriebsetzen nach einem Not-Halt nur an der Stelle erfolgen darf an welcher auch das Not-Halt-Kommando gegeben wurde was in der Praxis normalerweise nichts anderes bedeutet als das ein Not-Halt-Taster im Normalfall eben nach der Betätigung betätigt bleibt und erst manuell entriegelt werden muss - durch drehen, durch ziehen, eine Schlüssel der entsperrt - wie er veriegelt bleibt ist egal.

Der Hintergrund hinter dieser Vorschrift ist eben das nicht irgendjemand bei einer größeren Anlage einen Not-Halt drückt weil was passiert ist, kurz darauf aber jemand an einer anderen Stelle (Bedienpult) die Anlage wieder einschaltet. Man geht halt davon aus das wenn der betätigte Not-Halt erst entriegelt werden muss der Grund warum der Not-Halt betätigt wird entdeckt wird....
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Klein-Eli
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Beitrag von Klein-Eli »

IH-Elektriker hat geschrieben:Standbohrmaschine => genaz klar eine Maschine nach Maschinenrichtlinie => ganz klar EN60204-1 (VDE0113) zuständig.
Hallo IH-Elektriker,

ist die Definition so einfach?
Bohrmaschine, Küchenmaschine, Kaffeemaschine, Schreibmaschine auch Maschinenrichtlinie :confused:
Schöne Grüße
Klein-Eli dd1
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harmi
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Beitrag von harmi »

Klein-Eli hat geschrieben:Hallo IH-Elektriker,

ist die Definition so einfach?
Bohrmaschine, Küchenmaschine, Kaffeemaschine, Schreibmaschine auch Maschinenrichtlinie :confused:

Nein, nicht ganz :)

In der Begriffsbestimmung der Maschinenrichtlinie heißt es:
„Maschine“
— eine mit einem anderen Antriebssystem als der unmittelbar
eingesetzten menschlichen oder tierischen Kraft ausgestattete
oder dafür vorgesehene Gesamtheit miteinander
verbundener Teile oder Vorrichtungen, von denen
mindestens eines bzw. eine beweglich ist und die für
eine bestimmte Anwendung zusammengefügt sind]

Also auf deutsch: mindestens ein bewegliches Teil ist von elektrischer, pneumatischer, hydraulischer, (etc.) Energie angetrieben.
Gruß, der Harmi

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Olaf S-H
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Beitrag von Olaf S-H »

Moin harmi,

so schnell wird aus einer einfachen Kaffeemaschine ein "Kaffeegerät". :D

Gruß Olaf
Dies ist keine rechtsverbindliche Auskunft sondern meine Meinung bzw. mein Tipp für den Bereich der Bundesrepublik Deutschland! Die einschlägigen Normen/Vorschriften (z. B. DIN, VDE, TAB, DGUV, TRBS, BekBS, NAV, EN, LBO, LAR, ArbStättV, BetrSichV, ProdSG, ...) sind zu beachten. Ein Rechtsanspruch kann hieraus nicht abgeleitet werden. Die Nennung von Fundstellen in Regelwerken stellt keine Rechtsberatung sondern nur die Sichtweise des Verfassers dar.
vde1
Für elektrotechnische Laien gilt: Dieser Beitrag erläutert die technischen Zusammenhänge. Die Umsetzung obliegt den konzessionierten Fachbetrieben (§13(2)NAV).

"Wer eine Handlung begeht, der übernimmt auch alle daraus folgende Pflichten." §33 I-3 prALR 1794
IH-Elektriker
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Beitrag von IH-Elektriker »

harmi hat geschrieben:Also auf deutsch: mindestens ein bewegliches Teil ist von elektrischer, pneumatischer, hydraulischer, (etc.) Energie angetrieben.
Und nicht handgehalten um genau zu sein. Die MRL definiert das recht eindeutig und nicht jede Maschine ist eine Maschine.... ;)
omtdr43
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Beitrag von omtdr43 »

Olaf S-H hat geschrieben:Moin harmi,

so schnell wird aus einer einfachen Kaffeemaschine ein "Kaffeegerät". :D

Gruß Olaf
Und wenn in dem "Kaffeegerät" eine Wasserpumpe ist, ist es wieder eine Maschine...:D
Staatlich geprüfter Legastheniker!srg1

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Willi S
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Beitrag von Willi S »

In einem einfachen "Kaffezubereiter" sitzt ein Rückschlagventil.
Bewegliches Teil: Also Maschine. ;)
Grüße aus Kirchhellen Wetter

Willi
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