Hallo Zusammen,
ein recht kompliziertes und auch noch unerfreuliches Thema derzeit.
Als erstes muss die Frage geklärt sein, auf welcher Rechtsgrundlage du prüfen möchtest/musst.
In Deutschland gibt es ein duales Arbeitsschutzrecht, bestehend aus stattlichem Recht (Arbeitsschutzgesetz nebst Verordnungen) und autonomen Satzungsrecht der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung (gemeinhin Berufsgenossenschaften) bestehend au den Unfallverhütungsvorschriften.
Das staatliche Arbeitsschutzrecht ist vorrangig, die UVV subsidiär. Besteht also eine Pflicht aus dem staatlichen Recht, kann eine UVV diese Pflicht aufheben.
Für die "Elektrogeräte-Prüfung" gibt es zwei Grundlagen:
1.)
Die
Betriebssicherheitsverordnung § 14, Abs. 2 in Verbindung insbesondere mit der TRBS 1111, der TRBS 1201 sowie der TRBS 1203.
Kurzfassung des Falls "Arbeitsmittel mit elektrotechnischen Komponenten":
- Es werden insbesondere "Arbeitsmittel" adressiert. Also Werkzeuge, Geräte, Maschinen oder Anlagen, die für die Arbeit verwendet werden.
(Die rein private Kaffeemaschine die ausschließlich Kaffee für die Pause kocht, ist da erstmal raus.)
- Ohne Gefährdungsbeurteilung (GB) für das konkrete Arbeitsmittel durch den Arbeitgeber brauchst Du gar nicht erst anzufangen zu prüfen. Die GB legt fest, welches Arbeitsmittel wann (Intervall), wie und durch wen zu prüfen ist. Die vEFK und die Fachkraft für Arbeitssicherheit unterstützen den Arbeitgeber mit ihrem Fachwissen.
- EuP's dürfen
nicht prüfen! Sie erfüllen nicht die Anforderungen als "befähigte Person" (bP) nach Nr. 3.1 der TRBS 1203.
- Verweis auf den "Stand der Technik" (Damit muss man mindestens die einschlägige DIN EN 50699 (VDE 0702) : 2021-06 zu Rate ziehen.
2.)
Die
DGUV-V3 (bzw. V4) in Verbindung mit weiteren Dokumenten der BG:
- Adressiert werden "elektrische Anlagen und Betriebsmittel" "Elektrische Betriebsmittel" sind alle Gegenstände, die als Ganzes oder in einzelnen Teilen dem Anwenden elektrischer Energie oder dem Übertragen, Verteilen und Verarbeiten von Informationen dienen. "Elektrische Anlagen" werden durch Zusammenschluss elektrischer Betriebsmittel gebildet.
"Elektrisches Betriebsmittel" sind nicht vollumfänglich synonym zu "Arbeitsmittel mit elektrischen Komponenten!
(Die geduldete rein private Kaffeemaschine oder die vom AG freiwillig ausschließlich für die Pausen und nicht für Besprechungen zur Verfügung gestellte Kaffeemaschine sind interessante Diskussionsfelder.)
- Die DGUV-V3 dümpelt - trotz kleiner redaktioneller Änderung - immer noch auf den Sachstand von 1997 herum. Das sorgt auch bei anderen Themen für Kuriositäten.
- Die EuP als Prüfer wird dort genannt und war auch vor 2000 gängige Praxis, allerdings wird das durch das staatliche Arbeitsschutzrecht weggebügelt, wenn es um Arbeitsmittel geht.
- Die BG'en relativieren - anstelle ihre alte UVV endlich vernünftig zu aktualisieren - mit der DGUV Information 203-071 (Seite 22) aus dem Jahre 2020 die Rolle der EuP.
https://publikationen.dguv.de/widgets/p ... rticle/787
Zum Thema Ableitstrom- bzw. Berührungsstrommessung:
Hier gibt die neue DIN EN 50699 (VDE 0702) wichtige Hinweise. Diese muss der befähigten Person (vollständig) zur Verfügung stehen. Die Kosten von 83,84 € müssen halt vom AG getragen werden. Liegt die Norm nicht vor, kann der Stand der Technik nicht ermittelt werden und die Prüfung eben nicht daran ausgelegt werden. Damit wäre jede Prüfung nichtig.
Dieser Beitrag spiegelt lediglich meine persönliche fachkundliche Meinung wieder und ist allgemeiner Natur. Sie kann nicht ohne fachliche Würdigung der konkreten Bedingungen im Einzelfall übernommen werden. Es gelten die jeweils aktuellen Rechtsvorschriften. Eine Beratung kommt durch diesen Beitrag nicht zu Stande. Er soll ausschließlich zur Berücksichtigung der einschlägigen Vorschriften anregen.
Viele Grüße
Oliver.
