Fremdvergabe von Prüfungsleistungen

MOMA2
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Re: Fremdvergabe von Prüfungsleistungen

Beitrag von MOMA2 »

Praxis:
Ich hatte gestern eine Diskussion mit einem Kollegen bezüglich der Qualifikation eines hier eingesetzten MA zur Prüfung ov el BM
MA = Mechatroniker = EFK ?
MA hat keine Lehrgänge
Laut Meinung meines Kollegen muss ein Prüfer z.B. keine entsprechenden Grenzwerte (auswendig) wissen, die gibt ja das Messgerät sowieso vor usw.
Ich habe dem Kollegen versucht die Sachverhalte zu erklären und wer in Verantwortung steht…

Das zur Thematik Qualifikation, und letztendlich zur Preisfindung.

Wunsch- bzw. Rechtssicherheit.
Aus meiner Sicht führt der Weg nur über eine detailierte Ausschreibung z.B.
Die Firma.... (nachfolgend AG) plant die Vergabe der nach BetrSichV vorgeschriebenen Prüfungen der elektrischen ortsveränderlichen Betriebsmittel nach DIN VDE 0702 an ca. ....... Standorten in .......

Die Prüfungen sind rechtssicher je Betriebsmittel zu dokumentieren.

Der Prüfbericht für die Prüfungen der ortsveränderlichen Betriebsmittel nach DIN VDE 0702 muss mindestens folgende Angaben enthalten
(Wenn möglich oder notwendig):
- Prüfnorm
- verwendete Messgeräte mit Seriennr.
- Standortangaben (Ort, Gebäude, Stockwerk)
- Geräteangaben (Gerätenr., Geräteart, Schutzklasse, Nennspannung, -strom)
- Sichtprüfungen
- Messung Schutzleiterwiderstand mit Messwerten
(!Der Grenzwert muss unter Berücksichtigung der Länge und dem Querschnitt der Anschlussleitung berechnet werden!)
- Messung Isolationswiderstand mit Messwerten
- Messung Schutzleiterstrom mit Messwerten
- Messung Berührungsstrom mit Messwerten
- Messung Funktionsprüfung mit Messwerten
- Messung Sekundärspannung mit Messwerten
- Messung Auslösestrom und -zeit eines RCDs mit Messwerten
- Fehlerbeschreibung
- ausführende Firma
- Prüfername
- Unterschrift des Prüfers
- Prüfungsdatum

Kann ein Prüfschritt nicht durchgeführt werden ist der Grund zu dokumentieren.

Ein Prüfplakette mit folgenden Angeben ist an den Prüflingen anzubringen:
- Geprüft nach DIN VDE 0702
- Gerätenr.
- nächstes Prüfdatum
- Ausführende Firma
- Barcode zur Identifizierung

Die Prüfberichte sind mit der Dokumentationssoftware ........... zu erstellen.
Der ....... "Client" ist täglich mit der Zentraldatenbank ......... des AG zu synchronisieren.

Qualifikation der Messtechiker ("Befähigte Person")
Die eingesetzten Prüfer müssen „Befähigte Personen“ nach TRBS 1203 für elektrische Gefährdungen sein.
Dies entspricht der Forderung aus der VDE 0100-600 wie auch der VDE 0105-100 nach einer Elektrofachkraft,
die für die Aufgabe entsprechend befähigt ist.

Natürlich besteht eine sogeannte Kontroll- Überwachungspflicht durch den AG. inklusive Bewertung der ausgewiesenen Messwerte.

Schnittstelle Einkaufsbereich (Beschaffungsprozess)- Elektroorganisation
Ob die fachlichen Angaben im Angebot den gesetzlichen und normativen Vorgaben entsprechen
(beispielsweise Bezugnahme auf veraltete bzw. falsche Normen und Vorschriften, ob die angeführten Referenzen aussagefähig sind,
ob die (hoffentlich angeforderten) Qualifikationsnachweise die Befähigungsbeurteilung der konkret zum Einsatz Personen ermöglichen.
Dies kann sicherlich ein Kaufmann nicht entscheiden- beurteilen.
Zur Qualifikationsprüfung ist anzumerken, dass die auch in verschiedenen Vorschriften und Regelwerken ausdrücklich angesprochen wird.
-BGB §§ 278 und 831
-DGUV-Information 203-07, Anhang 3 "Hinweise zur Auftragvergabe"
-VDE 0105-100 Anhang NB "Vergabe von Unteraufträgen"
MOMA2
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Re: Fremdvergabe von Prüfungsleistungen

Beitrag von MOMA2 »

Berichtigung:
-DGUV-Information 203-071, Anhang D"Hinweise zur Auftragsvergabe"
Zusatzinfo:
Auszug
Leitlinien zur Betriebssicherheitsverordnung
- Häufig gestellte Fragen und Antworten –
LV 35
A 3.2 zu § 3 Abs. 6 i. V. m. § 2 Absatz 6
„Befähigungsnachweis externer zur Prüfung befähigter Personen“
Frage:
Wie weit hat sich ein Arbeitgeber über die Fähigkeiten von zur Prüfung befähigten Personen zu vergewissern,
wenn externe Personen oder Firmen beauftragt werden?
Genügt die Zusicherung der Personen oder Firmen, dass sie über die erforderlichen Kenntnisse verfügen?
Antwort:
Die Verantwortung für die sachgerechte Prüfung von Arbeitsmitteln trägt der Arbeitgeber,
der das Arbeitsmittel verwenden lässt.
Die Beauftragung externer „zur Prüfung befähigter Personen“ entlastet ihn nicht.
D. h. der Arbeitgeber muss sich (möglichst unter Bezugnahme auf die BetrSichV)
der entsprechenden Voraussetzungen bezüglich der Qualifikation der zur Prüfung befähigten Person im Hinblick auf Prüfinhalt und -umfang versichern.
Für den Nachweis der Qualifikation kann das allgemeine Vertragsrecht genutzt werden.
In der Regel kann der Arbeitgeber bei nachgewiesener Qualifikation erwarten und darauf vertrauen,
dass die Dienstleistung entsprechend den Anforderungen erbracht wird.
Je komplizierter das zu prüfende Arbeitsmittel ist,
desto sorgfältiger sollten bei der Auftragsvergabe bzw. Vertragsgestaltung die erforderlichen Anforderungen,
die von der zur Prüfung befähigten Person zu erfüllen sind, formuliert werden.
Insofern kann es im Einzelfall notwendig sein, sich entsprechende Nachweise vorlegen zu lassen.
Hinweis: Siehe dazu auch TRBS 1203
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Elektromann
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Re: Fremdvergabe von Prüfungsleistungen

Beitrag von Elektromann »

MOMA2 hat geschrieben: Dienstag 30. Mai 2023, 17:14 Berichtigung:
-DGUV-Information 203-071, Anhang D"Hinweise zur Auftragsvergabe"
„Befähigungsnachweis externer zur Prüfung befähigter Personen“
Frage:
Wie weit hat sich ein Arbeitgeber über die Fähigkeiten von zur Prüfung befähigten Personen zu vergewissern,
wenn externe Personen oder Firmen beauftragt werden?
[...]
Hallo MOMA2,

ich zitiere mal aus dem Juraforum, da treibe ich mich auch hin und wieder rum ;-)
Rechtlich handelt es sich um ein Organisationsverschulden...

[Quelle: Juraforum Zitat Anfang]
Organisationsverschulden im Überblick
Das Organisationsverschulden beschreibt eine Haftungskategorie des deutschen Deliktsrechts, nach welcher die Haftung beziehungsweise das Verschulden für einen Schaden, der sich in der Sphäre einer Organisation ereignet, der Organisation zugeordnet wird und nicht der Einzelperson, die den Schaden tatsächlich verursacht hat. Das Organisationsverschulden ist jedoch ein eigenes Verschulden der Organisation wegen Nichterfüllung von Verkehrssicherungspflichten, Verletzung von Organisationspflichten oder Nichterfüllung sonstiger erforderlicher Maßnahmen im Rahmen der betrieblichen Organisation.

Betriebliches Organisationsverschulden
Das betriebliche Organisationsverschulden bezieht sich auf die Haftung von Unternehmen wegen Organisationsverschuldens. Der haftungsbegründende Umstand ist in aller Regel die Verletzung einer Organisationspflicht. Organisationspflichten sind die rechtlichen Anforderungen hinsichtlich des Aufbaus des Betriebs und der Abläufe innerhalb des Unternehmens. Wird zum Beispiel durch einen Mitarbeiter eine Verkehrssicherungspflicht verletzt und es stellt sich heraus, dass der Mitarbeiter für die ihm zugewiesenen Aufgaben und Verantwortungen gar nicht geeignet war, haftet das Unternehmen wegen Organisationsverschuldens. Die Organisation des Unternehmens und der innerbetrieblichen Abläufe obliegt per Gesetz dem Vorstand eines Aktiengesellschaft (AG) beziehungsweise der Geschäftsführung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) (vgl. § §§ 77 ff. Aktiengesetz [AktG]; §§ 6 Absatz 1, 35 Absatz 1 GmbH-Gesetz [GmbHG]).

Die Rechtsfigur des betrieblichen Organisationsverschuldens ist ein Unterfall der unerlaubten Handlung gemäß § 823 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) und wurde von der Rechtsprechung entwickelt.

Im Wesentlichen kann es in drei Fällen zu einer Haftung wegen betrieblichen Organisationsverschuldens kommen:

a) Das Unternehmen delegiert bestimmte Aufgaben und/oder Verantwortung an einen Mitarbeiter {Anmerkung Elektromann: oder eine externe Firma}, der hierfür nicht geeignet oder qualifiziert ist. Das Unternehmen trifft hier ein eigenes Verschulden, da es bei der Auswahl des Mitarbeiters einen Fehler gemacht hat oder zumindest nicht sorgfältig genug war (sogenanntes Selektionsverschulden).

b) Das Unternehmen versäumt es, erforderliche Anweisungen zur Wahrnehmung bestimmter Arbeitsaufgaben zu erteilen oder die Anweisungen sind nicht vollständig oder enthalten Fehler (sogenanntes Anweisungsverschulden).

c) Das Unternehmen überwacht die betrieblichen Abläufe und die Ausführung delegierter Aufgaben und Verantwortung nicht ausreichend oder gar nicht (sogenanntes Überwachungsverschulden).

[Quelle: Juraforum Zitat Ende]

In der Regel leitet sich aus BGB §831dann auch die Haftung für "Verrichtungsgehilfen" ab, das sind die Beispiele bei denen eine Firma haftet, wenn ein Mitarbeiter einer beauftragte Firma zu Schaden kommt; dazu gibt es eine mittlerweile große Anzahl von Urteilen. Auch jenes bei der ein GF verurteilt wurde, weil ein Mitarbeiter einer Fremdfirma durch eine defekte Kabeltrommel der Fremdfirma zu Schaden gekommen ist. Bei BASF darf ich deswegen auch immer alle Kabeltrommeln zeigen :-)
Der Unterschied zwischen Theorie und Praxis, ist in der Theorie geringer als in der Praxis old-man1
MOMA2
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Re: Fremdvergabe von Prüfungsleistungen

Beitrag von MOMA2 »

Danke Elektromann für die detailierte RM.
Zusammenfassend: Literaturauszug "Verantwortung und Haft in der Elektrotechnik" Markus Klar
Organisationsverschulden
Der Betriebsinhaber bzw. seine Organe (§ 31 BGB) sind verpflichtet, den Betrieb derart zu organisieren,
dass eine laufende Überwachung und ständige Kontrolle aller Bediensteten, Betriebsabläufe und Arbeitsabläufe stets gewährleistet ist.
Jede Verletzung dieser Pflicht führt zu einem Organisationsverschulden, welches zu einer Haftung des Betriebsinhabers führt,
ohne dass diesem die Möglichkeit der Entlastung zugebilligt wird.
Ein Organisationsverschulden liegt insbesondere dann vor, wenn die Anzahl fachkundiger Beschäftigter zu gering bemessen wird,
sodass im Einzelfall auch Unerfahrene mitwirken müssen.
Eine weitere bedeutende Vorschrift ist nun § 831 BGB: Bei dieser etwas sonderbar anmutenden Vorschrift könnte man meinen,
hier würde die Haftung für fremdes Handeln geregelt.
Sie mutet tatsächlich wie das deliktsrechtliche Pendant zum § 278 BGB an.
Jedoch stellt § 831 Abs. 1 BGB im Gegensatz dazu eine tatsächliche Anspruchsgrundlage dar
und regelt in Wirklichkeit das eigene Auswahl- und Überwachungsverschulden.
Die Haftung für die vom Verrichtungsgehilfen verursachten Schäden kommt nur zum Tragen, wenn dieser eine rechtswidrige,
unerlaubte Handlung begangen hat und die in Satz 2 beschriebene Entlastungsmöglichkeit nicht greift.
In diesem Fall tritt der Anspruch nach § 831 Abs. 1 Satz 1 BGB neben den nach § 823 BGB, nach dem der eigentliche Verursacher immer haftet.
Für den Geschädigten ergibt sich so die meist vorteilhafte Situation auf zwei Haftpflichtige zugreifen zu können,
von denen der Geschäftsherr häufig der solventere sein dürfte. So stellt § 831 BGB das zivilrechtliche Gegenstück zu § 130 OWiG dar.

Literaturauszug "Rechtssichere Organtsation in der Elektrotechnik" Bernd Landsiedel
Die zivilrechtlichen (= Schadensersatz-)Haftungsregelungen, die gegenüber „jedermann“ gelten, also unabhängig davon,
ob der Geschädigte in einer vertraglichen Beziehung zum Schädiger steht oder ob ein unbeteiligter Dritter geschädigt wurde,
finden sich in den §§ 823 ff. BGB.

Zum Schadensersatz verpflichtet ist, wer schuldhaft eine sogenannte unerlaubte Handlung (man spricht daher auch von einer „deliktischen“ Haftung) begeht und dadurch einen anderen schädigt, § 823 BGB.

Unter „unerlaubter Handlung“ versteht das Gesetz die Schädigung von bestimmten, in § 823 Absatz 1 BGB näher bezeichneten Rechtsgütern.
Nach dieser zentralen Vorschrift des Schadensersatzrechts ist derjenige, der „vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit,
die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt,
dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.“

Nach § 823 Abs. 2 BGB haftet gleichermaßen auf Schadensersatz, wer einem anderen schuldhaft einen Schaden dadurch zufügt,
dass er „gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt.“
Anmerkung:
Um „Schutzgesetze“ in diesem Sinne handelt es sich etwa bei den gesetzlichen Regelungen des Arbeitsschutzes, darunter Arbeitsschutzgesetz, Arbeitszeitgesetz, Betriebssicherheitsverordnung, DGUV-Vorschriften usw.

§ 831 BGB Haftung für den Verrichtungsgehilfen
„(1) Wer einen anderen zu einer Verrichtung bestellt, ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet,
den der andere in Ausführung der Verrichtung einem Dritten widerrechtlich zufügt.
Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Geschäftsherr bei der Auswahl der bestellten Person und, sofern er Vorrichtungen oder Gerätschaften
zu beschaffen oder die Ausführung der Verrichtung zu leiten hat, bei der Beschaffung oder der Leitung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.“
Im Sinne des Gesetzes ist Verrichtungsgehilfe, wer von einem anderen, dem sogenannten Geschäftsherrn,
zu einer Verrichtung (= Tätigkeit) bestellt und mit ihrer Erledigung betraut wurde.
Olaf S-H
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Re: Fremdvergabe von Prüfungsleistungen

Beitrag von Olaf S-H »

Moin MOMA2,
MOMA2 hat geschrieben: Dienstag 30. Mai 2023, 10:32 ...
Ich hatte gestern eine Diskussion mit einem Kollegen bezüglich der Qualifikation eines hier eingesetzten MA zur Prüfung ov el BM
MA = Mechatroniker = EFK ?
...
in der TRBS 1203 steht es im Abschnitt 3.1 (1) etwas anders. :D
MOMA2 hat geschrieben: Dienstag 30. Mai 2023, 10:32 ...Laut Meinung meines Kollegen muss ein Prüfer z.B. keine entsprechenden Grenzwerte (auswendig) wissen, die gibt ja das Messgerät sowieso vor usw. ...
Stimmt. Bei dem hohen Preis des Messgerätes kann ich soetwas erwarten. Das Messgerät erkennt auch falsche Leitungsbauarten, zu geringe Leiterquerschnitte, fehlende K1-K2-Kennzeichnungen, fehlenden Wiederanlaufschutz, ... :D
MOMA2 hat geschrieben: Dienstag 30. Mai 2023, 10:32 ... Ich habe dem Kollegen versucht die Sachverhalte zu erklären und wer in Verantwortung steht…
Schon fertig? Hört sich wie eine geistige Großbaustelle an. :D

Gruß Olaf
Dies ist keine rechtsverbindliche Auskunft sondern meine Meinung bzw. mein Tipp für den Bereich der Bundesrepublik Deutschland! Die einschlägigen Normen/Vorschriften (z. B. DIN, VDE, TAB, DGUV, TRBS, BekBS, NAV, EN, LBO, LAR, ArbStättV, BetrSichV, ProdSG, ...) sind zu beachten. Ein Rechtsanspruch kann hieraus nicht abgeleitet werden. Die Nennung von Fundstellen in Regelwerken stellt keine Rechtsberatung sondern nur die Sichtweise des Verfassers dar.
vde1
Für elektrotechnische Laien gilt: Dieser Beitrag erläutert die technischen Zusammenhänge. Die Umsetzung obliegt den konzessionierten Fachbetrieben (§13(2)NAV).

"Wer eine Handlung begeht, der übernimmt auch alle daraus folgende Pflichten." §33 I-3 prALR 1794
E-Jens
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Re: Fremdvergabe von Prüfungsleistungen

Beitrag von E-Jens »

Hallo,

ich habe hier ein Schreiben vom Bundesministerium für Bildung und Forschung nachdem die Ausbildung und Prüfung des Berufes so zu erfolgen hat, dass Mechatroniker mit bestehen der Prüfung Elektrofachkräfte sind.
https://www.bmbf.de/bmbf/shareddocs/for ... onFile&v=2
verd1
Gruß Jens
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Re: Fremdvergabe von Prüfungsleistungen

Beitrag von MOMA2 »

Geistige Großbaustelle, könnte man provokativ so nennen.
Leider ist die Akzeptanz einer ROE in der Praxis aus unterschiedlichen Gründen nicht immer gegeben.
Im Ereignissfall wie der in der Praxis auch immer ausschaut, kommt dann im schlimmsten Fall vor Gericht der ah-Effekt.

Nur ganz kurz nochmals zur Thematik EfK (Auszüge der Antwort an meinen Kollegen), das erreichen bzw. Erlangung EfK-Status lasse ich aussen vor.

Auszug VDE 1000-10
Eine Elektrofachkraft, die umfassend für alle elektrotechnischen Arbeitsgebiete ausgebildet und qualifiziert ist, gibt es nicht.
So kann nicht ohne weiteres eine Elektrofachkraft für das Arbeitsgebiet Elektromaschinenbau im Arbeitsgebiet von Hochspannungsanlagen
oder eine Fernmeldefachkraft im Arbeitsgebiet der Niederspannungsinstallation tätig werden,
weil dazu andere Kenntnis sie und Erfahrungen erforderlich sind.
Die Qualifikation einer Elektrofachkraft kann auch erlöschen, wenn eine Person längere Zeit in einem berufsfremden Arbeitsgebiet tätig war,
weil durch die Fortschritte in Technik und Normen die aktuellen Kenntnisse und Erfahrungen dann nicht mehr vorliegen.
Die fachliche Ausbildung oder auch neuerliche Erfahrungen ermöglichen es aber, diese wieder zu erwerben.“
Abs.: 3.2.: Anmerkung 2 zum Begriff: Zur Beurteilung der fachlichen Ausbildung kann unter Beachtung der Durchführungsanweisungen zum § 2, Abs. 3 der DGUV Vorschrift 3 und DGUV Vorschrift 4 1 auch eine mehrjährige Tätigkeit auf dem betreffenden Arbeitsgebiet herangezogen werden

Nach dem Ausbildungsprofil arbeiten Mechatroniker in der Montage und Instandhaltung von komplexen Maschinen,
Anlagen und Systemen im Anlagen- und Maschinenbau bzw. bei den Abnehmern und Betreibern dieser mechatronischen Systeme.

Sie üben ihre Tätigkeiten an unterschiedlichen Einsatzorten, vornehmlich auf Montagebaustellen, in Werkstätten oder im Servicebereich
unter Beachtung der einschlägigen Vorschriften und Sicherheitsbestimmungen selbständig nach Unterlagen und Anweisungen aus.
Im Sinne der Unfallverhütungsvorschriften können sie Elektrofachkräfte sein bzw. diesen Status erwerben.
Als Elektrofachkraft im Sinne der Unfallverhütungsvorschrift DGUV 3, „wer auf Grund seiner fachlichen Ausbildung, Kenntnisse und Erfahrungen
sowie Kenntnisse der einschlägigen Bestimmungen die ihm übertragenen Aufgaben beurteilen und mögliche Gefahren erkennen kann"
Dieses ist jedoch unter den üblichen Einschränkungen für diesen Personenkreis zu betrachten, sowie unter anderen die Aussgagen in der VDE 1000-10 bzw. Ausführungen weiter unten im Text.

Schon bei der Betrachtung der drei dem Berufsbild des Mechatronikers zugrunde liegenden Systembereiche wird deutlich,
dass auf dem Gebiet der Elektrotechnik nur auf die Kenntnis von elektronischen Systemen eingeschränkte Lehrinhalte Ausbildungsgegenstand sind. Darüber hinaus auf dem Fachgebiet der Elektrotechnik existierende Lernfelder, insbesondere solche, die zur Planung, Errichtung,
Wartung und Instandhaltung elektrischer Energieanlagen befähigen, waren bei der Berufsbildschaffung nicht
und sind auch heute eindeutig nicht Ausbildungsgegenstand.
Im kausalen Umkehrschluss muss daher die Aussage getroffen werden, dass der Mechatroniker keine Elektrofachkraft im Sinne der DIN VDE 1000-10,
ist und auch nicht aufgrund des auf dem Fachgebiet der Elektrotechnik eingeschränkten Rahmenlehrplans sein kann.
Ein Mechatroniker kann somit nicht ohne weiteres als Betriebselektriker- Prüfer bzw. als befähigte Person nach BetrSiV (TRBS 1203) eingesetzt werden.
In der Praxis wird diese Auswahlverantwortung leider viel zu oft auf die leichte Schulter genommen und dies geht auch erfahrungsgemäß so lange gut, bis es zu einem Unfall kommt.
Letztlich organisiert man sowohl für sich selbst, für den unterstellten Mitarbeiter als auch für die Gerichtsbarkeit.
Aus diesen Betrachtungen ergibt sich die normative Kausalität, dass ein Mechatroniker nur aufgrund der zugrunde liegenden Ausbildung
als Mechatroniker niemals direkt und gleichwertig als Betriebselektriker bzw. Befähigte Person nach TRBS 1203 eingesetzt werden kann und darf.
Das Ausbildungsprofil des Mechatronikers ist klar umrissen;
das Arbeitsgebiet eines „Betriebselektrikers“ – Prüfers bzw. befähigten Person ist darin nicht enthalten.
Dafür müsste das Berufsbild des Mechatronikers für den jeweils vorliegenden Fall entsprechend erweitert werden
bzw. eine zusätzliche Ausbildung für eine spezielle Qualifizierung erfolgen.
Der Mechatroniker ist dem zugrunde liegenden Ausbildungsrahmenlehrplan gemäß maximal eine „eingeschränkte“ Elektrofachkraft hinsichtlich der entsprechend der Ausbildung erlernten Tätigkeiten und Fähigkeiten auf dem Arbeitsgebiet der Elektrotechnik.
Dabei weicht der Ausbildungsrahmenlehrplan des Mechatronikers sowohl in den Ausbildungsinhalten als auch in den Ausbildungszeiten
für verschiedene elektrotechnische Lehrinhalte gegenüber dem Ausbildungsrahmenlehrplan des Betriebselektrikers
(heute: Energieelektroniker Fachrichtung Betriebstechnik)
sehr stark ab und beinhaltet damit auch nicht die notwendigen Lehrinhalte, die für den Einsatz als Betriebselektriker notwendig wären.
Beavis78
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Registriert: Montag 5. Juni 2023, 07:24

Re: Fremdvergabe von Prüfungsleistungen

Beitrag von Beavis78 »

MOMA2 hat geschrieben: Sonntag 4. Juni 2023, 11:41 Geistige Großbaustelle, könnte man provokativ so nennen.
Leider ist die Akzeptanz einer ROE in der Praxis aus unterschiedlichen Gründen nicht immer gegeben.
Im Ereignissfall wie der in der Praxis auch immer ausschaut, kommt dann im schlimmsten Fall vor Gericht der ah-Effekt.

Nur ganz kurz nochmals zur Thematik EfK (Auszüge der Antwort an meinen Kollegen), das erreichen bzw. Erlangung EfK-Status lasse ich aussen vor.

Auszug VDE 1000-10
Eine Elektrofachkraft, die umfassend für alle elektrotechnischen Arbeitsgebiete ausgebildet und qualifiziert ist, gibt es nicht.
So kann nicht ohne weiteres eine Elektrofachkraft für das Arbeitsgebiet Elektromaschinenbau im Arbeitsgebiet von Hochspannungsanlagen
oder eine Fernmeldefachkraft im Arbeitsgebiet der Niederspannungsinstallation tätig werden,
weil dazu andere Kenntnis sie und Erfahrungen erforderlich sind.
Die Qualifikation einer Elektrofachkraft kann auch erlöschen, wenn eine Person längere Zeit in einem berufsfremden Arbeitsgebiet tätig war,
weil durch die Fortschritte in Technik und Normen die aktuellen Kenntnisse und Erfahrungen dann nicht mehr vorliegen.
Die fachliche Ausbildung oder auch neuerliche Erfahrungen ermöglichen es aber, diese wieder zu erwerben.“
Abs.: 3.2.: Anmerkung 2 zum Begriff: Zur Beurteilung der fachlichen Ausbildung kann unter Beachtung der Durchführungsanweisungen zum § 2, Abs. 3 der DGUV Vorschrift 3 und DGUV Vorschrift 4 1 auch eine mehrjährige Tätigkeit auf dem betreffenden Arbeitsgebiet herangezogen werden

Nach dem Ausbildungsprofil arbeiten Mechatroniker in der Montage und Instandhaltung von komplexen Maschinen,
Anlagen und Systemen im Anlagen- und Maschinenbau bzw. bei den Abnehmern und Betreibern dieser mechatronischen Systeme.

Sie üben ihre Tätigkeiten an unterschiedlichen Einsatzorten, vornehmlich auf Montagebaustellen, in Werkstätten oder im Servicebereich
unter Beachtung der einschlägigen Vorschriften und Sicherheitsbestimmungen selbständig nach Unterlagen und Anweisungen aus.
Im Sinne der Unfallverhütungsvorschriften können sie Elektrofachkräfte sein bzw. diesen Status erwerben.
Als Elektrofachkraft im Sinne der Unfallverhütungsvorschrift DGUV 3, „wer auf Grund seiner fachlichen Ausbildung, Kenntnisse und Erfahrungen
sowie Kenntnisse der einschlägigen Bestimmungen die ihm übertragenen Aufgaben beurteilen und mögliche Gefahren erkennen kann"
Dieses ist jedoch unter den üblichen Einschränkungen für diesen Personenkreis zu betrachten, sowie unter anderen die Aussgagen in der VDE 1000-10 bzw. Ausführungen weiter unten im Text.

Schon bei der Betrachtung der drei dem Berufsbild des Mechatronikers zugrunde liegenden Systembereiche wird deutlich,
dass auf dem Gebiet der Elektrotechnik nur auf die Kenntnis von elektronischen Systemen eingeschränkte Lehrinhalte Ausbildungsgegenstand sind. Darüber hinaus auf dem Fachgebiet der Elektrotechnik existierende Lernfelder, insbesondere solche, die zur Planung, Errichtung,
Wartung und Instandhaltung elektrischer Energieanlagen befähigen, waren bei der Berufsbildschaffung nicht
und sind auch heute eindeutig nicht Ausbildungsgegenstand.
Im kausalen Umkehrschluss muss daher die Aussage getroffen werden, dass der Mechatroniker keine Elektrofachkraft im Sinne der DIN VDE 1000-10,
ist und auch nicht aufgrund des auf dem Fachgebiet der Elektrotechnik eingeschränkten Rahmenlehrplans sein kann.
Ein Mechatroniker kann somit nicht ohne weiteres als Betriebselektriker- Prüfer bzw. als befähigte Person nach BetrSiV (TRBS 1203) eingesetzt werden.
In der Praxis wird diese Auswahlverantwortung leider viel zu oft auf die leichte Schulter genommen und dies geht auch erfahrungsgemäß so lange gut, bis es zu einem Unfall kommt.
Letztlich organisiert man sowohl für sich selbst, für den unterstellten Mitarbeiter als auch für die Gerichtsbarkeit.
Aus diesen Betrachtungen ergibt sich die normative Kausalität, dass ein Mechatroniker nur aufgrund der zugrunde liegenden Ausbildung
als Mechatroniker niemals direkt und gleichwertig als Betriebselektriker bzw. Befähigte Person nach TRBS 1203 eingesetzt werden kann und darf.
Das Ausbildungsprofil des Mechatronikers ist klar umrissen;
das Arbeitsgebiet eines „Betriebselektrikers“ – Prüfers bzw. befähigten Person ist darin nicht enthalten.
Dafür müsste das Berufsbild des Mechatronikers für den jeweils vorliegenden Fall entsprechend erweitert werden
bzw. eine zusätzliche Ausbildung für eine spezielle Qualifizierung erfolgen.
Der Mechatroniker ist dem zugrunde liegenden Ausbildungsrahmenlehrplan gemäß maximal eine „eingeschränkte“ Elektrofachkraft hinsichtlich der entsprechend der Ausbildung erlernten Tätigkeiten und Fähigkeiten auf dem Arbeitsgebiet der Elektrotechnik.
Dabei weicht der Ausbildungsrahmenlehrplan des Mechatronikers sowohl in den Ausbildungsinhalten als auch in den Ausbildungszeiten
für verschiedene elektrotechnische Lehrinhalte gegenüber dem Ausbildungsrahmenlehrplan des Betriebselektrikers
(heute: Energieelektroniker Fachrichtung Betriebstechnik)
sehr stark ab und beinhaltet damit auch nicht die notwendigen Lehrinhalte, die für den Einsatz als Betriebselektriker notwendig wären.
Interessante Ausführung...Aber als VEFK ist er tauglich? Eine Weiterbildung als Elektrotechniker (und damit im Sinne von VDE 1000-10) ist ja problemlos möglich.
E-Jens
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Registriert: Freitag 16. Dezember 2016, 21:37
Wohnort: im Norden

Re: Fremdvergabe von Prüfungsleistungen

Beitrag von E-Jens »

Hallo,

wenn hier die Frage, ob ein Mechatroniker als Elektrofachkraft für sein Fachgebiet anzusehen ist, nicht eindeutig bejaht werden kann, ist die Frage nach einer VEFK schon klar beantwortet.
Gruß Jens
MOMA2
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Re: Fremdvergabe von Prüfungsleistungen

Beitrag von MOMA2 »

Das hatten wir alles schon.
Kurz aus einer ROE: Zitat aus der VDE-Schriftenreihe 135
Bei der Beurteilung von im Bereich der Elektrotechnik tätigen Personen muss man deutlich zwischen Berufs- und/oder Schulausbildung
und einer möglichen Qualifikationsstufe im Bereich der Elektrotechnik unterscheiden.
Status EfK hier handelt es sich um mehr als um einen Berufsabschluss.
Während der Berufsabschluss trotz mangelnder persönlicher Eignung nicht verloren gehen kann, ist dies bei einem Status sehr wohl der Fall.
Statuserreichung durch
• fachliche Berufsausbildung,
• Kenntnisse und Erfahrungen im betreffenden Arbeitsgebiet
und
• Kenntnisse einschlägiger Normen und Bestimmungen
• Persönliche Eignung

Fazit: Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer!
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