Iso-Messungen bei IT-Geräten, besonders PCs

Probator
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Re: Iso-Messungen bei IT-Geräten, besonders PCs

Beitrag von Probator »

Tobi P. hat geschrieben: Freitag 10. August 2018, 18:41die Iso-Messung wird heutzutage in vielen Fällen sowieso überschätzt. Sobald ich mit meiner Prüfspannung aufgrund des Geräteaufbaus nicht alle Teile der Schaltung erfassen kann (da reicht schon ein simples Netzschütz aus) sagt eine Isomessung recht wenig über den isolationstechnischen Zustand des Gerätes aus.
Recht weit kommt man mit der Iso-Messung sowieso nicht, denn im handelsüblichen PC kommt ja sofort das Schaltnetzteil. Interessanter ist also die Messung des Schutzleiterstroms (AKTIV!) bei laufendem Gerät.

Aber für gequetschte Kaltgeräte-Leitungen halte ich die Iso-Messung dennoch für sinnvoll und würde sie daher ausschließlich bei jenen PCs entfallen lassen, deren Funktionsfähigkeit elementar wichtig ist.
Ich denke da an Rechner in der Leitstelle einer Feuerwehr, einen industriellen Steuerrechner (für den es seit Jahren keine Ersatzteile mehr gibt) oder ähnliches.
Bei einem normalen Büro-PC (der sein Backup per Netzwerk bekommt) kenne ich keine Gnade. Warum auch, 500V muss er aushalten, sonst hätte er nie verkauft werden dürfen.
Relevant für Consumer-Geräte sind dabei die Tests mit 1-kV-Impulsen - diese müssen die Geräte klaglos überstehen, damit sie hierzulande in den Verkauf gelangen dürfen. Bei einigen Geräten führen wir indes zusätzlich noch Surge-Tests mit 2 kV durch, obwohl diesen Belastungen offiziell nur Geräte im industriellen Umfeld standhalten müssen - schlichtweg um die Reserven der Prüflinge zu ermitteln
Quelle: https://www.heise.de/ct/hotline/Burst-u ... 18946.html
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Tobi P.
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Re: Iso-Messungen bei IT-Geräten, besonders PCs

Beitrag von Tobi P. »

Moin,

bei Verlängerungsleitungen bzw. Anschlussleitungen ist die Isomessung ja auch weiterhin aussagekräftig, da würde ich sie auch nicht entfallen lassen. Ich denke wir müssen ganz allgemein langsam mal weg von "Was muss ich machen" und mehr hin zu "Was ist sinnvoll zu machen". Aber dafür brauchts Fachleute, mit Prüfgerätebedienern und Messwertablesern braucht man solche Überlegungen gar nicht erst anstellen.


Gruß Tobi
ThomasR
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Re: Iso-Messungen bei IT-Geräten, besonders PCs

Beitrag von ThomasR »

In jedem korrekt entwickelten elektrischen Gerät sollte außer Y-Kondensatoren NICHTS zwischen L/N und PE zu messen sein. Warum auch?

Sonderfälle wie Ableitströme bei Heizgeräten asugenommen.

Wenn da bei einer Iso Messung mit 500Volt etwas "kaputt geht", ist das ein Fall für die Garantie/Gewährleistung. Das versteht nur leider der Kunde nicht und macht dich dafür verantwortlich. Nichts anderes geschieht jeden Tag nach einem einfachen Stromausfall mit alten SP Netzteilen. Die ausgetrockneten Kondensatoren lassen das SP einfach nicht wieder anlaufen. "Schuld" ist aber nicht etwa das schlechte Netzteil, sondern der Stromausfall doh1

Beim Testen sind das Problem die immer "billiger "werdenden Y- Kondensatoren.

Weil viele günstige MKP u.ä. in Kondensatornetzteilen schnell ihren Geist aufgeben, habe ich lange Jahre nur "X" oder "Y" Kondensatoren als Ersatzteile verwendet weil die einfach länger lebten (ESR muß passen!). Das war einmal: selbst Y-Kondensatoren, von deren Funktionieren Menschenleben abhängen können, fallen immer häufiger aus (allerdings meistens "offen", also ohne Kapazität = kein Feinschluß). Nach IEC 60384-1 müssen Y-Kondensatoren je nach Isolation des Grundgerätes bis zu 8kV Impulse aushalten. Da sind die 500Volt ein echter Witz, selbst wenn diese minutenlang anliegen würden.

Ich würde die Empfehlung "wenn eine Schädigung zu erwarten ist" anders auslegen: ich sage dem Kunden vorher, daß sein Netzteil/PC etc. durch den Test ausfallen kann, die Gründe dafür aber woanders liegen. ER/SIE soll dann entscheiden, Punkt. joint1
Probator
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Re: Iso-Messungen bei IT-Geräten, besonders PCs

Beitrag von Probator »

Wenn da bei einer Iso Messung mit 500Volt etwas "kaputt geht", ist das ein Fall für die Garantie/Gewährleistung. Das versteht nur leider der Kunde nicht und macht dich dafür verantwortlich. Nichts anderes geschieht jeden Tag nach einem einfachen Stromausfall mit alten SP Netzteilen. Die ausgetrockneten Kondensatoren lassen das SP einfach nicht wieder anlaufen. "Schuld" ist aber nicht etwa das schlechte Netzteil, sondern der Stromausfall
Exakt. Ich bin überzeugt, dass die wenigsten Geräte durch die Iso-Messung kaputt gehen, sondern dass es exakt an diesen "Anlaufkondensatoren" liegt. Das Phänomen lässt sich nach meiner Erfahrung besonders an jenen Geräten beobachten, die sonst niemals vom Stromnetz getrennt werden (dauerlaufende PCs, Sat-Receiver, Telefonanlagen-Netzteile).

Beim nächsten Stromausfall (der mehr als x Sekunden dauert) wäre das Gerät auch nicht mehr hochgekommen. Aber beweise das mal...
Nach IEC 60384-1 müssen Y-Kondensatoren je nach Isolation des Grundgerätes bis zu 8kV Impulse aushalten. Da sind die 500Volt ein echter Witz, selbst wenn diese minutenlang anliegen würden.
Ich hatte dazu mal ein bisschen rumprobiert: viewtopic.php?f=62&t=16252&p=195983&hil ... or#p195983
ThomasR
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Re: Iso-Messungen bei IT-Geräten, besonders PCs

Beitrag von ThomasR »

Wir sprechen aber schon von zwei völlig verschiedenen Bauteilen? Widerstand bzw. Kondensator?

Varistoren sind spannungsabhängige Widerstände und haben daher (bei ortsveränderlichen Geräten) zwischen L/N und PE nichts zu suchen! Da sie auch als Kurzschluß ihr Leben aushauchen können, wäre das lebensgefährlich!

Y-Kondensatoren dürfen durch entsprechende Konstruktion niemals als Kurzschluß sterben. Wenn sie sterben müssen, dann "offen". Daher verlieren viele Kondensatoren dieser Bauarten im Laufe ihres Lebens an Kapazität, weil jeder "Überschlag" zu einem Wegbrennen von Fläche führt = Verlust von Kapazität.

Varistoren sind extrem robust, weil sie im Zweifel sehr hohe Energiemengen absorbieren müssen. Das kommt mit 1mA Prüfstrom NIEMALS zustande.....
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Re: Iso-Messungen bei IT-Geräten, besonders PCs

Beitrag von Probator »

ThomasR hat geschrieben: Mittwoch 15. August 2018, 15:36 Wir sprechen aber schon von zwei völlig verschiedenen Bauteilen? Widerstand bzw. Kondensator?
Korrekt, sieh es als allgemeinen Hinweis zum Thema "Gefährlichkeit von Iso-Messungen".

Bei Kondensatoren liegt es einzig und allein an der Spannungsfestigkeit. Und die müssen das auch aushalten (s.o.).
Strom kann ja keiner fließen, denn bei Gleichstrom werden sich die Kondensatoren einmalig aufladen und dann fließt kein Strom mehr, also kann es auch kein Problem mit der Verlustleistung während der Iso-Messung geben.
Mackie Messer
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Re: Iso-Messungen bei IT-Geräten, besonders PCs

Beitrag von Mackie Messer »

Tobi P. hat geschrieben: Freitag 10. August 2018, 18:55 Moin,
Heinrich hat geschrieben: Freitag 10. August 2018, 13:37 Ist ganz einfach: Ohne Norm kann man nicht nach eben dieser Norm prüfen.
es war einmal ein Prüfgerät. Das wohnte in einem schönen gelben Kunststoffkoffer und hatte dort ein angenehmes Leben denn es wurde nur sehr selten aus seinem Koffer geholt damit es nicht kaputt geht. Damit es nicht so allein ist kam eines Tages ein einlaminiertes A4-Blatt mit in den Koffer. Auf diesem Blatt war eine Tabelle mit Messungen und den zugehörigen Grenzwerten. Jedesmal wenn das Prüfgerät aus seinem Koffer geholt wurde kam auch das A4-Blatt mit raus. Der Prüfgerätebediener schloss dann den Prüfling an das Prüfgerät an, machte schön ordentlich nacheinnander alle auf dem Blatt angegebenen Messungen und verglich die Ergebnisse die das Prüfgerät anzeigte mit den Grenzwerten in der Tabelle. Und wenn alles zusammenpasste bekam der Prüfling einen schönen gelben Aufkleber.

Ich denke mehr muss ich nicht sagen. Das ist auch leider kein neuzeitliches Märchen sondern Realität bei sehr vielen Betrieben die Prüfungen anbieten. Und damit keine kaputten Geräte in der Statistik auftauchen - könnte ja den Kunden abschrecken - werden Mängel bei der Sichtprüfung ignoriert oder erst gar keine SP durchgeführt und bei messtechnischen Mängeln halt "gesunde" Geräte gemessen und unter der ID des defekten Gerätes gespeichert.


Gruß Tobi
Genau.
Ich hab heute dann nochmal nachgehakt (nach ner Woche Urlaubd) wie es denn mit den Normen aussieht.
"Brauchen wir nicht!"
"Dann kann ich nicht messen."
"Ach, wo anders kleben die auch einfach nur die Aufkleber drauf!"

....

Ich hab dann nochmal nachgefragt ob ich einfach nur die Aufkleber draufkleben soll.
Nein, Nein, das hätte er nicht gesagt.

Aber es ist ein schönes Beispiel für meinen Arbeitsplatz:
Es darf nichts kosten, soll schön aussehen und bitte nicht stören...
Olaf S-H
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Re: Iso-Messungen bei IT-Geräten, besonders PCs

Beitrag von Olaf S-H »

Mackie Messer hat geschrieben: Montag 20. August 2018, 09:26 ... "Ach, wo anders kleben die auch einfach nur die Aufkleber drauf!" ...
Moin Mackie Messer,

wer klebt, der haftet fürs kleben.

Wer klebt ohne zu messen, der haftet auch fürs kleben. Leider die Realität im geregelten Deutschland.

Gruß Olaf
Dies ist keine rechtsverbindliche Auskunft sondern meine Meinung bzw. mein Tipp für den Bereich der Bundesrepublik Deutschland! Die einschlägigen Normen/Vorschriften (z. B. DIN, VDE, TAB, DGUV, TRBS, BekBS, NAV, EN, LBO, LAR, ArbStättV, BetrSichV, ProdSG, ...) sind zu beachten. Ein Rechtsanspruch kann hieraus nicht abgeleitet werden. Die Nennung von Fundstellen in Regelwerken stellt keine Rechtsberatung sondern nur die Sichtweise des Verfassers dar.
vde1
Für elektrotechnische Laien gilt: Dieser Beitrag erläutert die technischen Zusammenhänge. Die Umsetzung obliegt den konzessionierten Fachbetrieben (§13(2)NAV).

"Wer eine Handlung begeht, der übernimmt auch alle daraus folgende Pflichten." §33 I-3 prALR 1794
Probator
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Re: Iso-Messungen bei IT-Geräten, besonders PCs

Beitrag von Probator »

Mackie Messer hat geschrieben: Montag 20. August 2018, 09:26Ich hab heute dann nochmal nachgehakt (nach ner Woche Urlaub) wie es denn mit den Normen aussieht.
"Brauchen wir nicht!"
"Dann kann ich nicht messen."
"Ach, wo anders kleben die auch einfach nur die Aufkleber drauf!"
....
Ich hab dann nochmal nachgefragt ob ich einfach nur die Aufkleber draufkleben soll.
Nein, Nein, das hätte er nicht gesagt.
Das wäre mir eine schriftliche Gesprächsnotiz wert, die ich mir zuhause in der Nähe von meinem Arbeitsvertrag deponiere.
Und beim nächsten Gespräch über das gleiche Thema könnte sich der Chef wundern, dass ich seine Aussagen gleich vor Ort mitschreibe. Probiers mal aus! Die Reaktionen auf sowas sind immer sehr interessant anzuschauen. :)
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