Schleifenimpedanz bei Maschinen messen

IH-Elektriker
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Re: Schleifenimpedanz bei Maschinen messen

Beitrag von IH-Elektriker »

SPS hat geschrieben: Sonntag 31. Oktober 2021, 01:43 Besonders Anlagen, die nicht selber installiert wurden und ohne Pläne der Verlegung sind oft zu finden. Sowie vollen Kabelkanälen ... machen eine nachträgliche manuelle Längenbestimmung fast unmöglich.
Ich möchte mal behaupten das bei den meisten Maschinen und Anlagen Leitungslängen nur geschätzt und Pi*Daumen bestimmt werden können. Genaue Längen auf +/- 10cm oder so werden da kaum zu ermitteln sein.

In der EN60204-1 im Teil 18 der die kompletten Messungen an Maschinen erschlägt wird das Thema wie folgt behandelt:
Der gemessene Widerstand muss der erwarteten Größenordnung entsprechen, die sich aus Länge, Quer-
schnitt und Material des(der) relevanten Schutzleiter(s) ergibt.
Damit ist der Pi*Daumen-Faktor bereits in der Norm berücksichtigt - Größenordnung bedeutet ja nur das man bei absolut nicht passenden Werten hellhörig wird und so Dinge wie Übergangswiderstände der Messspitzen zu vernachlässigen sind.

Der EFK die alles mit genauen Messwerten rausmessen will was nicht bei 3 auf den Bäumen ist wird diese Aussage in der Norm natürlich nicht gefallen...

In der Realität wird man sich anschauen welcher Querschnitt verlegt wurde, welche Leitungslänge grob vorhanden ist und dann das rechnerische Ergebnis mit dem Messergebnis vergleichen. Passt der Schutzleiterwiderstand halbwegs von der Größenordnung her ist das ganze in Ordnung, wenn ich aber rechnerisch 0,2Ohm Rpe erhalte und bei der Messung bekomme ich 2 Ohm als Ergebnis dann sollten alle Alarmglocken läuten.

Zumal in der Praxis durch leitfähige Maschinenbauteile der gemessene Wert sicherlich niedriger ausfällt als wenn man rein nur die Leitung misst - man müsste also den Schutzleiter zum zu messenden Betriebsmittel abklemmen um einen "sauberen" Messwert zu bekommen (was in der Praxis zumindest bei Wiederholprüfungen eher selten gemacht wird).
Olaf S-H
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Re: Schleifenimpedanz bei Maschinen messen

Beitrag von Olaf S-H »

IH-Elektriker hat geschrieben: Dienstag 2. November 2021, 16:19 ... In der Realität ...
Moin IH-Elektriker,

in der Realität habe ich ein Prüfprotokoll aus 2021 vorliegen. Das Fachunternehmen hat durch eine zur Prüfung befähigte Person die Maschine nach VDE 0113-1, Abschnitt 19 (NEUNZEHN) geprüft und für gut befunden.

Dem geneigten Leser wir sicherlich aufgefallen sein, dass sich die Prüfung nicht auf die Ausgaben 2019-06 oder 2007-06 sondern auf die Ausgabe 1998-11 bezieht und daher wesentliche Prüfinhalte fehlen. Soviel zum Thema, dass ja überall nur qualifizierte Fachkräfte rumlaufen. Der Prüfer hatte keine Ahnung (Ausfüller des Protokolls), der Fachbetrieb hatte keine Ahnung (Hersteller des Protokollvrdrucks) und dem Betreiber (keine EFK) ist es nicht aufgefallen.

Gruß Olaf
Dies ist keine rechtsverbindliche Auskunft sondern meine Meinung bzw. mein Tipp für den Bereich der Bundesrepublik Deutschland! Die einschlägigen Normen/Vorschriften (z. B. DIN, VDE, TAB, DGUV, TRBS, BekBS, NAV, EN, LBO, LAR, ArbStättV, BetrSichV, ProdSG, ...) sind zu beachten. Ein Rechtsanspruch kann hieraus nicht abgeleitet werden. Die Nennung von Fundstellen in Regelwerken stellt keine Rechtsberatung sondern nur die Sichtweise des Verfassers dar.
vde1
Für elektrotechnische Laien gilt: Dieser Beitrag erläutert die technischen Zusammenhänge. Die Umsetzung obliegt den konzessionierten Fachbetrieben (§13(2)NAV).

"Wer eine Handlung begeht, der übernimmt auch alle daraus folgende Pflichten." §33 I-3 prALR 1794
IH-Elektriker
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Re: Schleifenimpedanz bei Maschinen messen

Beitrag von IH-Elektriker »

Olaf S-H hat geschrieben: Mittwoch 3. November 2021, 08:00
IH-Elektriker hat geschrieben: Dienstag 2. November 2021, 16:19 ... In der Realität ...
in der Realität habe ich ein Prüfprotokoll aus 2021 vorliegen. Das Fachunternehmen hat durch eine zur Prüfung befähigte Person die Maschine nach VDE 0113-1, Abschnitt 19 (NEUNZEHN) geprüft und für gut befunden.
Okay, ich korrigiere: In der idealen Realität...

Es gibt immer wieder Maschinenhersteller bei welchen die aktuellen Normen nicht vorliegen, mein Worstcase-Fall war ein kleines Unternehmen welches überhaupt keine Normen und Vorschriften vorliegen (weder VDE noch andere sicherheitsrelevante DIN/EN-Normen), noch nie eine Risikoanalyse durgeführt hatte und trotzdem munter und lustig Maschinen baute und diese auch mit CE-Aufklebern bestückte...

Das Messungen nicht ordentlich ausgeführt werden kommt auch hin und wieder vor, aber es ist nicht der Regelfall, zumindest meiner Erfahrung nach. Mag vielleicht bei mir auch daran liegen das wir gleich bei der Bestellung den Lieferanten von Maschinen entsprechende Infos geben das wir zur Abnahme dann entsprechende Mess- und Prüfprotokolle sehen wollen.

Was in den letzten Jahren immer mehr zugenommen hat sind kleinere Maschinen welche aus Fernost importiert werden (meist China) und denen fragwürdige CE-Konformitätserklärungen beiliegen und wo auch tatsächlich die Elektrik alles andere als zufriedenstellend und nach EN60204-1 ausgeführt ist. Viele Importeure sind sich gar nicht bewusst was sie da bei uns verkaufen....
Olaf S-H
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Re: Schleifenimpedanz bei Maschinen messen

Beitrag von Olaf S-H »

Moin IH-Elektriker,

sagen wir es doch mal offen: Die Qualität der erbrachten Leistung ist immer vom Engagement der Akteure abhängig.

In der Industrie werden die Fachpersonale eher unterwiesen/geschult als im Handwerksbetrieb. Ich kenne einen Handwerksbetrieb, der legt die BG-Zeitschriften aus und lässt sich von den Mitarbeitern bestätigen, dass sie die Zeitschriften gelesen haben. Der Chef nennt dies Unterweisung. Die Ausbildung zur zum Prüfen befähigten Person erfolgt doch in der Regel so, dass der "neue" Prüfer dem alten Hasen einen halben Tag über die Schulter guckt.

Alle Institutionen (ZVEH, BG, UK, VDE, VDI, Ministerien, ...) träumen in einer Scheinwelt. Der Gesetzgeber haut immer tiefer in die Kerben (Anforderungen an Personal und Strafvorschriften). Die Regelwerke werden immer unkonkreter, umfangreicher und unverständlicher. Aus- und Weiterbildung nehmen nur einen ganz kleinen Teil im Berufsalltag ein. Und dann wundert sich das Volk, dass Theorie und Praxis ganz weit auseinander liegen? Wer kommt denn und baut die Steckdose ein, die Lieschen Müller beim Staubsaugen aus der Wand gerissen hat? Der Hausmeisterservice, der ggf. weit entfernt von DGUV-Regelwerken aggiert, oder die fachkompetente Elektrofachkraft, die auch auf die Abschaltbedingungen nach VDE 0100-430 und die Netzform achtet? Man kann doch manchmal froh sein, wenn der Steckdosenmonteur in der Lage ist, 3 Drähte unfallfrei an der richtigen Stelle anzuschließen. Bei braun, blau, grün-gelb ist es ja noch recht einfach - wenn es dann aber schrwarz, grau und rot ist oder schwarz und grau oder schwarz und grün-gelb, dann geht doch das Malheur los. Achja, mit prüfen war ja auch noch etwas - gestandene Meister behaupten dann, dass die Duspol-Prüfung ausreichend sei. So, ich höre jetzt lieber auf. furios1

Gruß Olaf
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Re: Schleifenimpedanz bei Maschinen messen

Beitrag von E-Jens »

Hallo,

bei solchen Themen kochen regelmäßig die Emotionen hoch. :schimpf:
Normen sind wichtig und richtig. Nur verschaffen einem Normen und normengerechtes Arbeiten keine Aufträge. vde1 Ganz im Gegenteil. Über den günstigen Preis, bekommt der Bastler regelmäßig Aufträge bravo1 und meist merkt der Kunde nicht mal die gravierenden Fehler. schlaf1
Da wundert man sich, dass der Elektriker seine Arbeit "extrem optimiert", damit er in diesem Markt bestehen kann.
Gruß Jens
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Re: Schleifenimpedanz bei Maschinen messen

Beitrag von IH-Elektriker »

Olaf S-H hat geschrieben: Mittwoch 3. November 2021, 19:57 In der Industrie werden die Fachpersonale eher unterwiesen/geschult als im Handwerksbetrieb.
Dem kann ich nur Zustimmen. Ich komme ja aus der Industrie, bei uns sind zumindest intern organisierte Fortbildungen der Regelfall, die Mitarbeiter haben zumindest theoretisch einen Zugriff auf die VDE-Normen.

Auch externe (Fach-)Weiterbildung im Rahmen von Seminaren bei externen Anbietern sind kein Problem, werden je nach Bedarf durchgeführt.
Alle Institutionen (ZVEH, BG, UK, VDE, VDI, Ministerien, ...) träumen in einer Scheinwelt. Der Gesetzgeber haut immer tiefer in die Kerben (Anforderungen an Personal und Strafvorschriften). Die Regelwerke werden immer unkonkreter, umfangreicher und unverständlicher. Aus- und Weiterbildung nehmen nur einen ganz kleinen Teil im Berufsalltag ein. Und dann wundert sich das Volk, dass Theorie und Praxis ganz weit auseinander liegen?
Auch hier absolute Zustimmung!
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