Praxisproblem Schutzleiterwiderstandsmessung

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Gelbschnalbel
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Praxisproblem Schutzleiterwiderstandsmessung

Beitrag von Gelbschnalbel »

Guten Tag!

Beim erarbeiten der Prüfanweisung stehe ich vor folgendem Problem bei der Durchführung der Schutzleiterwiderstandsmessung:

Praxisproblem Schutzleiter II.png

Unsere Maschinenanlagen werden ab jetzt immer mit einer "Kombinierten Potentialausgleichsanlage" (CBN = Common Bonding Network) ausgestattet.

Früher war es üblich, wenn die Leitungslänge des Messgeräts zur Schutzleiterwiderstandsmessung von der Haupt-PE-Klemme im Hauptschaltschrank bis zum dezentralen Schrank nicht ausreichte zwischendrin ein Potentialausgleich zu setzen, und dort den PE des dezentralen Schrankes "durchzuschleifen" - somit hatte man einen Messpunkt den man nutzen konnte. Man maß von Haupschrank-PE - Ausgleichschiene und dort zum dezentralen Schrank, addierte dann beide Messwerte und hatte den Gesamtwiderstand der PE-Leitung.

=> Nachweis der Durchgängigkeit des Schutzleiters nach 60204-1 erfüllt, falls die Summe dem zu erwarteten Wert entsprach.

Nun betrachte man den Fall ohne Potentialausgleichsschiene und den zwei Schränken unter der Distanz von 50 Metern und dem neuen CBN (=direkte Messung):

Der Schutzleiter zwischen Hauptschrank und dezentralem Schrank nicht angeschlossen oder nicht richtig angeschlossen sein - man misst dann trotzdem einen guten Wert.

Letzen Endes heißt das doch man müsste entweder einen Messpunkt zwischendrin setzen um ein Problem (nicht oder nicht richtig angeschlossener PE) messtechnisch erfassen zu können oder ich rechne mir meinen Sollwert (Ohm) "neu":

Parallele Leitungswiderstände.png

Stünde mir noch eine dritte Option offen?

Laut diesem Beitrag (Achtung Produktwerbung verd1 ):
https://www.xing.com/communities/posts/ ... 1014234952

...sollte es möglich sein erst mal die geforderte Messung nach 60204-1 zu machen und danach um sicher zu gehen die Messung mit einer Schleifenwiderstandsmesszange (von welchem Hersteller auch immer) zu "bestätigen".

Des Weiteren meine ich irgendwo in der Fachliteratur mal gelesen zu haben, dass der Schutzleiter bei meiner ersten Beispielskizze im Potentialausgleichsschiene einen besonderen Anschluss beim "Durchschleifen" bedarf. Er müsste komplett am Stück erhalten bleiben und nicht aufgetrennt werden können durch lösen der (Schraub-)Verbindungen. Dort gab es auch eine kleine Zeichnung dazu. Leider finde ich den Abschnitt nicht mehr... jemand anders schon damit zu tun gehabt?


Mit freundlichen Grüßen

Gelbschnabel
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Olaf S-H
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Re: Praxisproblem Schutzleiterwiderstandsmessung

Beitrag von Olaf S-H »

Moin Gelbschnabel,

der Beitrag im Link ist von 2017.
Link hat geschrieben:... Da der induzierte Prüfstrom aber nur 200 mA beträgt, gilt die Zulassung nicht für den Maschinen-/Anlagenbau. ...
In der VDE 0113-1:2007-06 ist die Messung mit 200 mA zulässig.
Link hat geschrieben:... Die Grenzwerte der DGUV V3 Messung liegen bei maximal 2 Ohm. ...
Woher stammt denn dieser "Grenzwert"?

So dolle scheint es mit dem Autor nicht zu sein.

Gruß Olaf
Dies ist keine rechtsverbindliche Auskunft sondern meine Meinung bzw. mein Tipp für den Bereich der Bundesrepublik Deutschland! Die einschlägigen Normen/Vorschriften (z. B. DIN, VDE, TAB, DGUV, TRBS, BekBS, NAV, EN, LBO, LAR, ArbStättV, BetrSichV, ProdSG, ...) sind zu beachten. Ein Rechtsanspruch kann hieraus nicht abgeleitet werden. Die Nennung von Fundstellen in Regelwerken stellt keine Rechtsberatung sondern nur die Sichtweise des Verfassers dar.
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Für elektrotechnische Laien gilt: Dieser Beitrag erläutert die technischen Zusammenhänge. Die Umsetzung obliegt den konzessionierten Fachbetrieben (§13(2)NAV).

"Wer eine Handlung begeht, der übernimmt auch alle daraus folgende Pflichten." §33 I-3 prALR 1794
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SPS
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Re: Praxisproblem Schutzleiterwiderstandsmessung

Beitrag von SPS »

Hallo zusammen,
ich bin nicht der Profi aus der Praxis.
In einem De Beitrag zur Messung nach der VDE 0100-600 wurde das Problem mit dem PA (Vermaschte Schutzleiterpotentiale) bei einem Durchlauferhitzer besprochen.
https://www.fbz-e.de/downloads/info/201 ... MP_A_4.pdf

Hier wurde eine Messung mit einseitigerm Abklemmen des PE und zusätzlicher Messung nach dem wieder anklemmen als Lösung aufgezeigt.

Wenn ich mir das Obere Bild von dir ansehe, sollte das auch auf deine Aufgabenstellung passsen.
Mit freundlichem Gruß sps
Olaf S-H
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Re: Praxisproblem Schutzleiterwiderstandsmessung

Beitrag von Olaf S-H »

Moin SPS,

die von Dir beschriebene Methode ist richtig.

Messtechnische Überprüfung des PE-Leiters.
Sichtprüfung des PE-Anschlusses.
Messtechnische Überprüfung des angeschlossenen PE-Leiters - dieser Wert sollte jetzt geringe ausfallen als bei der ersten Messung.

Gruß Olaf
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Funker
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Re: Praxisproblem Schutzleiterwiderstandsmessung

Beitrag von Funker »

Nach VDE 0100-600 ist der Nachweis der ausreichenden Niederohmigkeit bzw. Durchgängigkeit der Schutzpotentialausgleichsleiter auch mit
Erdungsprüfzange zulässig bzw. mit dem Verfahren mit zwei Zangen beschrieben.
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SPS
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Re: Praxisproblem Schutzleiterwiderstandsmessung

Beitrag von SPS »

Hallo Funker,
zur Erdungsmesszange, da wollte ich auch gerade einen Hinweis zu Schreiben. Da war eine kurze Vorführung auf der Messe in Dortmund.
Leider hatte ich das nur Teilweise mitbekommen. Die hatten da jedoch die 1 Zangen Lösung.
Einschränkung war das die 200 mA nicht eingehalten werden.
Hast du einen Fachbeitrag dazu? Ich hatte gerade schon gesucht und nichts zu Schutzleiterwiderstandsmessung mit Zange gefunden.
Mit freundlichem Gruß sps
Funker
Null-Leiter
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Re: Praxisproblem Schutzleiterwiderstandsmessung

Beitrag von Funker »

Ich mach es als kurz :
VDE0100-600 : 2017 - 06 beschreibt dazu folgendes:
6.4.3.2. Durchgängigkeit der Leiter

Durchgängigkeit der Leiter, Verbindung zu Körpern, fall zutreffend durch Widerstandsmessung,
- Schutzleiter, Körper,

Anmerkung 2 : höchstzulässiger Widerstandswert nicht vorgegeben, übliche Durchgangswiderstände Tabelle A1

6.4.3.7.2. Messung Erdungswiderstand

Anhang C1 beispielhaftes Meßverfahren mit zwei Hilfserdern,
in Städten wo C1 praktisch nicht möglich auch C2 und C3 akzeptabler Näherungswert,

C2 (Impedanz)widerstandsmeßgerät - im einfachsten Fall Durchgangsprüfer
C3 Verfahren mit zwei Stromzangen,

C3 gibt es als Messung direkt mit zwei Stromzangen z.B. MI3105 mit A1019 und A1018 und als zwei Zangen in einer, wie bei der Erdungsprüfzange CA6417.
Ich habe und messe mit beiden Varianten. C1 mache ich nur noch selten, nur bei Messung reiner Erdungsfundamente ohne Elektroanschluß,
C2 Durchgangsmessung nur dann, wenn die Errichter die Erdungs-, Ableiter- oder PE Verbindungen so eng angeordnet haben, daß man mit der
Zange nicht heran kommt - immer schöne Schleifen an den Anschlußpunkten lassen.

C3 Man kann ohne Auftrennen des Schutzleiters im Betrieb messen ohne die Sicherheit der Anlage einzuschränken.
Bei der Erdungsprüfzange wird bei Bedarf gleichzeitig der vorhandene Ableitstrom mit angezeigt und gemessen.
Bei schlechten Durchgangswerten mit Erdungsprüfzange muß man vor oder hinter der Zange eine Kurzschlußverbindung mit Prüfleitung
zu einem bereits als gut festgestellten PE oder Erdungspunkt herstellen, damit man weiß in welche Richtung der Fehler, Ursache für den
schlechten Wert liegt
Bei der zwei Zangen Methode kann man die Zange an Abzweigen auch im Winkel anordnen und sehen wo es paßt oder Probleme gibt.
IH-Elektriker
Null-Leiter
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Registriert: Mittwoch 9. Januar 2013, 11:18

Re: Praxisproblem Schutzleiterwiderstandsmessung

Beitrag von IH-Elektriker »

Funker hat geschrieben: Dienstag 19. Februar 2019, 09:00 Nach VDE 0100-600 ist der Nachweis der ausreichenden Niederohmigkeit bzw. Durchgängigkeit der Schutzpotentialausgleichsleiter auch mit
Erdungsprüfzange zulässig bzw. mit dem Verfahren mit zwei Zangen beschrieben.
Bitte im Geltungsbereich der MRL 2006/42/EG darauf achten die Anforderungen der EN60204-1 zu erfüllen. Und diese heißt nicht nur "Prüfung der Durchgängigkeit des Schutzleiters" sondern es ist auch explizit die Messmethode beschrieben.

Zitat EN60204-1:2006/18.2.2:

Der Widerstand jedes Schutzleitersystems zwischen der PE-Klemme (siehe 5.2 und Bild 3)N3) und relevanten
Punkten, die Teil jedes Schutzleitersystems sind, muss mit einem Strom zwischen mindestens 0,2 A und
ungefähr 10 A gemessen werden. Dieser Strom ist einer elektrisch getrennten Versorgung (z. B. SELV, siehe
IEC 60364-4-41, 413.1) mit einer maximalen Leerlaufspannung von AC 24 V oder DC 24 V zu entnehmen.


Auch wenn andere Messungen genauer oder einfach praktikabler - und daher sinnvoller - sind erfüllt man damit genaugenommen nicht die Forderung aus der Norm, zumindest nicht vollständig.

Man muss manchmal echt zwischen Maschine und sonstigen Installationen unterscheiden - der Strom ist zwar überall gleich (und auch gleich gefährlich), aber Maschinen sind teilweise eine völlig andere Welt.... ;)
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