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Unvollständige Dokumentation

Verfasst: Mittwoch 13. Juni 2018, 16:46
von Snippy30
Ich bin jetzt bei der Wiederholungsprüfung unserer Ortsfesten Maschinen in unserer Schlosserei auf eine Drehmaschine gestoßen, welche keine Stromlaufpläne mehr vorhanden sind. Baujahr 1956. Hersteller gibt es nicht mehr.
Wie handhabt ihr das, wenn es zu Maschinen unzureichende Dokumentation vorliegt?
Normalerweise kann ich keine vernünftige Prüfung durchführen, da ich auch keine Soll- und Ist-Vergleiche z. B. der Überstromschutzeinrichtungen durchführen kann.
Ich selber Werte dies als einen schweren Mangel und würde die Maschine als "nicht bestanden" bewerten.
Wie würdet Ihr das sehen?

Re: Unvollständige Dokumentation

Verfasst: Mittwoch 13. Juni 2018, 17:43
von Probator
Nach meinem Wissensstand waren (und sind bis heute) Maschinenhersteller nicht verpflichtet, detaillierte Schaltpläne zu ihren Maschinen auszuliefern, eine grobe Übersicht der Funktionsbausteine würde genügen.
Wer das haben möchte, müsse es ins Pflichtenheft schreiben und ggf. auch extra bezahlen (Aussage bei TÜV-Seminar FaMaSi).

Bei "ordentlichen" Herstellern ist das natürlich eher Standardumfang.
Ich selber Werte dies als einen schweren Mangel und würde die Maschine als "nicht bestanden" bewerten.
Wenn die fehlende Dokumentation zusätzlich zu deinen Problemen als Prüfer auch zu einer gefährlichen Situation für das Bedien- oder Wartungspersonal führen kann, dann zweifellos.
Normalerweise kann ich keine vernünftige Prüfung durchführen, da ich auch keine Soll- und Ist-Vergleiche z. B. der Überstromschutzeinrichtungen durchführen kann.
Du kannst ohne Schaltplan abschätzen, ob die Absicherung zu Leitungslänge und Querschnitt passt. Unterstützend können Schleifenimpedanzmessungen (wo immer möglich) klären, ob die Kurzschluss-Ströme auch durch alternde Schraubverbindungen noch eingehalten werden. Bei einer sicher recht simplen Sache wie einer alten Drehmaschine sollte das einer Fachkraft nicht schwer fallen.

Ansonsten:
Was willst du machen bei einer Maschine von 1956? Du kannst es ruhig als Mangel aufschreiben, aber wie soll mit dieser Aussage umgegangen werden, wenn der Hersteller nicht mehr existiert? Eine Doku herbeizaubern kann derjenige, der das Protokoll entgegennimmt schließlich auch nicht.
Falls noch nicht geschehen, kann es nicht schaden, dann mal gemeinsam mit Elektrikern und Mechanikern eine Gefährdungsbeurteilung zu machen und zu schauen, ob die alte Kiste noch halbwegs Stand der Technik ist oder als "lebensgefährlich unsicher" sowieso mal zum Alteisen gehört.

Re: Unvollständige Dokumentation

Verfasst: Mittwoch 13. Juni 2018, 18:53
von Elt-Onkel
Hallo,

Drehbank aus 1956 ?

Da kann der Stromlaufplan ja nicht schwierig sein.

Stern/Dreieck-Schalter, Drehstrommotor, Beleuchtung.
Viel mehr dürfte da nicht dran sein.
Ich glaube, da gibt es nicht einmal eine Bremse und keinen Not-Halt.

Man könnte ja eine Dokumentation selbst erstellen ?


Re: Unvollständige Dokumentation

Verfasst: Mittwoch 13. Juni 2018, 19:03
von Olaf S-H
Moin Snippy,

wie wurde denn bisher geprüft?

Gruß Olaf

Re: Unvollständige Dokumentation

Verfasst: Mittwoch 13. Juni 2018, 19:07
von Snippy30
Gar nicht. Das ist ja das traurige. Wie viele andere Maschinen bei uns. Teilweise sind die sowas von versieft. Da verliert man echt die Lust dran.

Re: Unvollständige Dokumentation

Verfasst: Mittwoch 13. Juni 2018, 19:09
von Olaf S-H
Elt-Onkel hat geschrieben: Mittwoch 13. Juni 2018, 18:53 ... Ich glaube, da gibt es nicht einmal eine Bremse und keinen Not-Halt. ...
Moin Elt-Onkel,

da die Drehbank als Arbeitsmittel der BetrSichV unterliegt, muss diese (insbesondere §§ 8 und 9) eingehalten werden.

Manchmal sind Kleinigkeiten schon ein KO-Kriterium.

Gruß Olaf

Re: Unvollständige Dokumentation

Verfasst: Mittwoch 13. Juni 2018, 19:14
von Olaf S-H
Snippy30 hat geschrieben: Mittwoch 13. Juni 2018, 19:07 Gar nicht. ...
Moin Snippy,

das ist ja ein wahrer Idealzustand. Dann kannst Du ja "unbelastet" ein Prüfkonzept erstellen. Also vorab eine kleine Gefährdungsbeurteilung und dann Festlegung der erforderlichen Prüfschritte. Im Vorfeld kann dann auch ein Stromlaufplan erstellt werden. Wenn es eine einfache, alte Maschine ist, dann sollte es - wie Elt-Onkel schon schrieb - recht einfach werden.

Im Vorwege kannst Du ja mal abgleichen, ob die Drehbank der BetrSichV entspricht. Evtl. erübrigt sich dann das Zeichnen eines Stromlaufplanes, weil die Maschine zuvor ertüchtigt werden muss. Dann solltest Du allerdings Hilfe hinzuziehen, da es sich ggf. um eine "wesentliche Veränderung" handeln könnte.

Gruß Olaf

Re: Unvollständige Dokumentation

Verfasst: Mittwoch 13. Juni 2018, 19:35
von Snippy30
Hi Olaf!
Die Erstellung eines Stromlaufplanes dürfte das kleinste Problem sein. Es ist wirklich eine einfache Stern-Dreieck-Schaltung.
In Punkto BetrSichV fangen jetzt schon teilweise die Probleme an. Ich bin Elektromeister und kein Maschinenbauer. Jetzt nicht falsch verstehen. Aber wie soll ich wissen, welche Mindesausstattung bzw. überhaupt, was an so einer Maschine alles dran sein muss?
Ich weiß mittlerweile, das Drehmaschinen alle eine Futterschutzhaube haben müssen. Das ist aber auch schon alles.
Einerseits will man alles richtig machen, andererseits wird man mittlerweile von soviel Vorschriften erschlagen, dass man immer unsicherer wird.

Re: Unvollständige Dokumentation

Verfasst: Mittwoch 13. Juni 2018, 19:39
von Snippy30
Im Vorwege kannst Du ja mal abgleichen, ob die Drehbank der BetrSichV entspricht. Evtl. erübrigt sich dann das Zeichnen eines Stromlaufplanes, weil die Maschine zuvor ertüchtigt werden muss. Dann solltest Du allerdings Hilfe hinzuziehen, da es sich ggf. um eine "wesentliche Veränderung" handeln könnte.
Was meinst du mit ertüchtigt werden muss?

Re: Unvollständige Dokumentation

Verfasst: Mittwoch 13. Juni 2018, 19:51
von Lightyear
Möglicherweise gibt es Nachrüstverpflichtungen von sicherheitsrelevanten Bauteilen, begonnen z.B. Bei einem simplen „Not-Aus“-Schlagtaster...
Es wäre sinnlos, jetzt einen Stromlaufplan zu erstellen, falls derartige Nachrüstungen / Erweiterungen zum Weiterbetrieb notwendig wären.