PE-Ausgleichsströme zwischen verschiedenen Anlagenteilen verstehen

toshi
Null-Leiter
Beiträge: 29
Registriert: Sonntag 1. Mai 2022, 18:38

PE-Ausgleichsströme zwischen verschiedenen Anlagenteilen verstehen

Beitrag von toshi »

Hallo Allerseits!

bei der Prüfung einer Anlage mit 16A CEE Steckvorrichtung und zusätzlichem PE Anschluß über 16mm2 Leitung mit Ringkabelschuh bin ich bei der Schutzleiterstrommessung wie folgt vorgegangen:

1.) Direkte Messung Schutzleiterstrom mit kalibrierter AC Stromzange, Ergebnis rund 10mA AC. Die Anlage steht isoliert auf Gummi-Rollen (Einbau in einem Rittal-Schaltschrank)

2.) Dann direkte Messung mit zusätzlich angeschlossenem PE - Leiter. Schutzleiterstrom an der CE Zuleitung steigt auf ca. 60mA!

3.) Am zusätzlichen PE Anschluß messe ich nun auch fast identische 60mA AC.

Trenne ich den zusätzlichen Anschluß wieder ab, sinkt der Schutzleiterstrom wieder auf den ursprünglichen Wert.

Nach dem Trennen messe ich ein Potential von ca. 6mV zwischen dem zus. PE Anschluß und dem Gehäuse der Anlage, der zus. PE Anschluß geht direkt an die PAS der Halle, Länge ca. 10m, genauso lang wie die CEE Leitung wo ich das Gerät angeschlossen habe.

An einer ähnlichen Anlage habe ich bei Messung mit Anschluß der zus. PE Verbindung eine Halbierung des Schutzleiterstroms festgestellt.

Besteht hier ein "kosmetisches" Problem oder kann das Probleme machen?

Gerade verstehe ich nicht genau, was da vorgeht. Vielleicht kann mir jemand bitte einen Rat geben

Netzform ist TN-C-S.

Danke und Beste Grüße
Stephan
Benutzeravatar
Elt-Onkel
Null-Leiter
Beiträge: 7861
Registriert: Donnerstag 25. März 2004, 01:08
Kontaktdaten:

Re: PE-Ausgleichsströme zwischen verschiedenen Anlagenteilen verstehen

Beitrag von Elt-Onkel »

Hallo,

in welche Richtung sind die 60mA geflossen ?

...
DBY656
Null-Leiter
Beiträge: 976
Registriert: Freitag 28. September 2007, 20:56

Re: PE-Ausgleichsströme zwischen verschiedenen Anlagenteilen verstehen

Beitrag von DBY656 »

Hallo Stephan,

dafür gibt es eine einfache Erklärung: Der Strom nimmt den Weg des geringsten Widerstandes.

Die Verteilung von der die CEE-Steckdose versorgt wird hat auf dem PE keinen unendlich kleinen Widerstand gegen realer Erde. Durch Ableitströme auf dem PE sowie die Netz-Art TN-C-S mit belastetem PEN kommt es zu Potentialunterschieden. Die gemessenen 6mV sind das Resultat daraus.

An welcher Stelle erfolgt die Auftrennung des PEN zu PE und N?
Falls es mehrere Auftrennstellen im Netz gibt, was bei Altbeständen häufig der Fall ist, sind größere Ausgleichsströme über die Erdungsanlage nur schwer vermeidbar.

Gruß Markus
toshi
Null-Leiter
Beiträge: 29
Registriert: Sonntag 1. Mai 2022, 18:38

Re: PE-Ausgleichsströme zwischen verschiedenen Anlagenteilen verstehen

Beitrag von toshi »

Elt-Onkel hat geschrieben: Mittwoch 14. August 2024, 10:51 Hallo,

in welche Richtung sind die 60mA geflossen ?

...
Es sind AC Ströme, die fließen, das ist ja so einfach mit der Zange nicht zu messen.
toshi
Null-Leiter
Beiträge: 29
Registriert: Sonntag 1. Mai 2022, 18:38

Re: PE-Ausgleichsströme zwischen verschiedenen Anlagenteilen verstehen

Beitrag von toshi »

DBY656 hat geschrieben: Mittwoch 14. August 2024, 11:10
An welcher Stelle erfolgt die Auftrennung des PEN zu PE und N?
Falls es mehrere Auftrennstellen im Netz gibt, was bei Altbeständen häufig der Fall ist, sind größere Ausgleichsströme über die Erdungsanlage nur schwer vermeidbar.

Gruß Markus
Danke vielmals.
Meines Wissens nach gibt es nur eine Auftrennstelle. Der Trafo ist direkt vor dem Gebäude, von da geht der PEN in die NSHV, dort ist die einzige "Auftrennstelle".

Welche negativen Effekte muß ich erwarten? ich denke z.B. an geschirmte Meßleitungen und vermute, daß der Schirm, wenn über diesen ein AC Ausgleichsstrom fließt, als Antenne wirken kann und ein 50Hz Störsignal nach innen sendet (wenn Schirm beidseitig aufgelegt.

Ich habe neulich an einer anderen Stelle sogar fast 200mA gemessen zwischen 2 mit Potentialausgleich verbundenen metallischen Teilen in dieser Halle.

Darf ich aus Deiner Anmerkung entnehme, daß es sich hier zumindest aus Sicht der elektrischen Sicherheit um kein Problem handelt?

Gruß
Stephan
Josupei
Null-Leiter
Beiträge: 220
Registriert: Donnerstag 12. Januar 2017, 10:07
Wohnort: Niedersachsen

Re: PE-Ausgleichsströme zwischen verschiedenen Anlagenteilen verstehen

Beitrag von Josupei »

Je nach Höhe der Ströme kann es natürlich zu Erwärmung von zB Kabelabschirmungen kommen (ich hatte mal 5A auf einem Kabelschirm).
Das häufigste sind aber idR EMV Störungen.
Benutzeravatar
Elektromann
Null-Leiter
Beiträge: 374
Registriert: Mittwoch 15. September 2021, 09:40
Wohnort: 32351 Stemwede

Re: PE-Ausgleichsströme zwischen verschiedenen Anlagenteilen verstehen

Beitrag von Elektromann »

Hallo toshi,...
toshi hat geschrieben: Dienstag 13. August 2024, 22:18 [...]
bei der Prüfung einer Anlage mit 16A CEE Steckvorrichtung und zusätzlichem PE Anschluss über 16mm2 Leitung mit Ringkabelschuh [...]
1.) Direkte Messung Schutzleiterstrom mit kalibrierter AC Stromzange, Ergebnis rund 10mA AC. {Anlage steht isoliert}
Ja, prima Schutzleiterstrom direkte Messung...
toshi hat geschrieben: Dienstag 13. August 2024, 22:18
2.) Dann direkte Messung mit zusätzlich angeschlossenem PE - Leiter. Schutzleiterstrom an der CE Zuleitung steigt auf ca. 60mA!
3.) Am zusätzlichen PE Anschluß messe ich nun auch fast identische 60mA AC.
Also, ja klar - Du reduzierst den Widerstand zum PEN erheblich - mehr Strom, weshalb machst Du denn den zusätzlichen PE-Leiter?
toshi hat geschrieben: Dienstag 13. August 2024, 22:18 An einer ähnlichen Anlage habe ich bei Messung mit Anschluß der zus. PE Verbindung eine Halbierung des Schutzleiterstroms festgestellt.
Ok, evtl. wolltest Du die Schutzleiterströme reduzieren..?

Der erste Ansatz ist natürlich zu schauen ob der Strom vom gerät kommt oder eingespeist wird. Netzanalysatoren haben entsprechende Mess-Spulen, die Richtungen erkennen können. Wenn man das nicht zur Verfügung hat, kann man mit einem Widerstand und einem Oszi die Stromrichtung bestimmen. Hab ich ehrlich gesagt auch schon lange nicht mehr gemacht...
Der Unterschied zwischen Theorie und Praxis, ist in der Theorie geringer als in der Praxis old-man1
DBY656
Null-Leiter
Beiträge: 976
Registriert: Freitag 28. September 2007, 20:56

Re: PE-Ausgleichsströme zwischen verschiedenen Anlagenteilen verstehen

Beitrag von DBY656 »

toshi hat geschrieben: Mittwoch 14. August 2024, 22:41 ...
Meines Wissens nach gibt es nur eine Auftrennstelle. Der Trafo ist direkt vor dem Gebäude, von da geht der PEN in die NSHV, dort ist die einzige "Auftrennstelle".
...
Wenn der PEN an Trafo und NSHV jeweils geerdet ist, kann das bereits zu Ausgleichsströmen führen.

Meine Vermutung liegt aber eher darin das ein oder mehrere Verbraucher keine Trennung zwischen PE und N haben und diese den PE als PEN verwenden. Des weiteren können Netzfilter absurd hohe Ableitströme auf den PE ableiten.

Eine zusätzliche Erdung, was bei einigen Geräten wegen des Ableitstroms auch gefordert ist, erhöht bei fachgerechter Ausführung immer die Sicherheit. Die genannten 60mA an Querstrom sind völlig unbedenklich, wären es mehrere Ampere dann bestünde Handlungsbedarf.

Gruß Markus
toshi
Null-Leiter
Beiträge: 29
Registriert: Sonntag 1. Mai 2022, 18:38

Re: PE-Ausgleichsströme zwischen verschiedenen Anlagenteilen verstehen

Beitrag von toshi »

Elektromann hat geschrieben: Donnerstag 15. August 2024, 08:10 Hallo toshi,...

Ja, prima Schutzleiterstrom direkte Messung...

Was spricht denn gegen die direkte Messung, wenn die Anlage gut isoliert aufgestellt ist?

Der zusätzliche PE-Anschluß an der Anlage ist, weil 1.) diese per CEE Steckvorrichtung versorgt wird und 2.) Fremdspannung von außen möglich ist,
Dann wäre die Erdung weg, wenn CEE gezogen.

Gruß
Stephan
Benutzeravatar
Elektromann
Null-Leiter
Beiträge: 374
Registriert: Mittwoch 15. September 2021, 09:40
Wohnort: 32351 Stemwede

Re: PE-Ausgleichsströme zwischen verschiedenen Anlagenteilen verstehen

Beitrag von Elektromann »

toshi hat geschrieben: Donnerstag 15. August 2024, 21:20
Elektromann hat geschrieben: Donnerstag 15. August 2024, 08:10 Ja, prima Schutzleiterstrom direkte Messung...
Was spricht denn gegen die direkte Messung, wenn die Anlage gut isoliert aufgestellt ist?
ja nix ;-) hätte ich auch so gemacht. Das Prima war so gemeint, nicht ironisch...
toshi hat geschrieben: Donnerstag 15. August 2024, 21:20 Der zusätzliche PE-Anschluß an der Anlage ist, weil 1.) diese per CEE Steckvorrichtung versorgt wird und 2.) Fremdspannung von außen möglich ist,
Dann wäre die Erdung weg, wenn CEE gezogen.
Gut dann hab ich das auch verstanden. Wie schon andere Kollegen ausgeführt haben, die 60mA sind in Industrie-Anlagen ziemlich normal. In der Chemischen-Verfahrenstechnik hat man bei den vielen Umrichtern und Heizungen auf den Schutzleitern (hier meist zwei parallel 16mm²) Ströme mit mehreren Ampere. Ich hab gestern noch mal nachgeschaut: Ja Stromrichtung mit Oszi und den hübschen Lissajous Figuren, hier Strom und Spannung - dann kann die Stromrichtung ermittelt werden. Bei mir sagt das freundlicherweise mein Messgerät.

Gruß Günter
Der Unterschied zwischen Theorie und Praxis, ist in der Theorie geringer als in der Praxis old-man1
Antworten