Bewertung der Abschaltbedingungen - Leitungsschutz

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cyclist
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Registriert: Mittwoch 23. November 2005, 21:29
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Bewertung der Abschaltbedingungen - Leitungsschutz

Beitrag von cyclist »

Hallo zusammen,
in Anlehnung an das andere parallele zeitgleiche Thema viewtopic.php?f=60&t=16701 zum thema Abschaltbedingungen, eröffne ich bewusst ein neues Thema.

Gegeben sei mal eine Zuleitung z.B. NYM-J 3x1,5mm², abgesichert mit einem LS-Sch. B 16A, 230V, 50m, TN-S-Netz, kein RCD, Lastbegrenzung durch nachgeschalteten LS B 6A. Gemessen wurden am Ende der Zuleitung 101A Ik (Kurzschlussstrom). Nach Norm her sind ja 80A min. erforderlich, +50% (2/3 Regel, s. Link zum anderen Thema) = 120A --> Bewertung: Nicht erfolgreich.
Nun handelt es sich ja "nur" um eine Zuleitung (nicht um einen Endstromkreis), nachfolgend kommt ein LS-Schalter B 6A, für den die Messwerte (30A bzw. 45A) ja noch ausreichend sind. Selektivität bitte mal unberücksichtigt lassen.
Für LS-Schalter <35A gibt es keine "fertigen" Werte, die im Messgerät oder irgendwo hinterlegt sind, die angeben, wieviel Ik noch nötig sind, um einen ausreichenden Leitungsschutz und eine noch rechtzeitige Abschaltung innerhalb von xx Sekunden zu gewährleisten.
Bei Schmelzsicherungen sind dies ja 5s (TT-Netz 1s).

Welche Faktoren, so das der Leitungsschutz noch ausreichend gewährleistet ist, setzt ihr bei LS-Schaltern bis 32/35A an, wenn es sich um einen Verteilerstromkreis handelt? Sprich, wenn die Werte bereits außerhalb der Abschaltzeiten von 0,4s (0,2s) liegen? Gibt es dazu irgendwo eine Tabelle?
Den Schutz der Leitung über eine Nachrüstung eines RCD lasse ich hier auch mal unberücksichtigt.
Vorsichtshalber: Dieser Beitrag stellt keine, in diesem Forum nicht zulässige, Rechtsberatung dar.
Ciao + Gruss
Markus
Olaf S-H
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Re: Bewertung der Abschaltbedingungen - Leitungsschutz

Beitrag von Olaf S-H »

Moin zusammen,

beim LSS Typ B sind die Abschaltströme für 0,4 s und 5 s identisch.

Gruß Olaf
Dies ist keine rechtsverbindliche Auskunft sondern meine Meinung bzw. mein Tipp für den Bereich der Bundesrepublik Deutschland! Die einschlägigen Normen/Vorschriften (z. B. DIN, VDE, TAB, DGUV, TRBS, BekBS, NAV, EN, LBO, LAR, ArbStättV, BetrSichV, ProdSG, ...) sind zu beachten. Ein Rechtsanspruch kann hieraus nicht abgeleitet werden. Die Nennung von Fundstellen in Regelwerken stellt keine Rechtsberatung sondern nur die Sichtweise des Verfassers dar.
vde1
Für elektrotechnische Laien gilt: Dieser Beitrag erläutert die technischen Zusammenhänge. Die Umsetzung obliegt den konzessionierten Fachbetrieben (§13(2)NAV).

"Wer eine Handlung begeht, der übernimmt auch alle daraus folgende Pflichten." §33 I-3 prALR 1794
Probator
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Re: Bewertung der Abschaltbedingungen - Leitungsschutz

Beitrag von Probator »

Olaf S-H hat geschrieben: Mittwoch 4. April 2018, 21:58 beim LSS Typ B sind die Abschaltströme für 0,4 s und 5 s identisch.
Bei ABB lese ich aus dem Diagramm was anderes raus: LINK
0,4 s: 3-5facher Nennstrom
5s: ca. 2,2facher Nennstrom

Wenn man in den Bereich kommt, wo der magnetische Auslöser wirkt, ist die Zeit aber wirklich identisch. Kommt man da hin, ist es egal, ob der Strom das 5-fache vom Nennstrom beträgt oder noch weit drüber. Die Kurve fällt senkrecht ab, also sofortige Abschaltung.
https://de.wikipedia.org/wiki/Zeit-Strom-Kennlinie

Interessant wird es, wenn man diesen 3 bis 5-fachen Nennstrom nicht mehr schafft! Dann steigt die Zeit!

Die 2/3-Regel in der Norm soll ja Messungenauigkeiten sowie eine erwärmte Leitung abfangen. Mit deinen 101 Ampere liegst du 26% oberhalb des tatsächlich geforderten Wertes, also hast du ein bisschen Sicherheitspuffer.
Wenn es nicht möglich ist, vor den 6A-LS eine Leitung anzuschließen (es da also keine Steckdose gibt), dann hätte ich wenig Probleme, diesem Stromkreis grünes Licht zu geben.
Welche Faktoren, so das der Leitungsschutz noch ausreichend gewährleistet ist, setzt ihr bei LS-Schaltern bis 32/35A an, wenn es sich um einen Verteilerstromkreis handelt? Sprich, wenn die Werte bereits außerhalb der Abschaltzeiten von 0,4s (0,2s) liegen? Gibt es dazu irgendwo eine Tabelle?
Schau mal in DIN VDE 0100-430:2010-10 im Kapitel 434.5.2, dort findest du Tabelle 43A und eine Formel zur Errechnung der Kurzschlussdauer. Hier steht auch der Hinweis darauf, dass diese Näherungen nur bis einschließlich 5 Sekunden gilt. Hinweis genug?
jf27el
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Re: Bewertung der Abschaltbedingungen - Leitungsschutz

Beitrag von jf27el »

Was für ein Mist?

Werden hier nicht Auskünfte die falsch sind wenigstens berichtigt oder hingeschrieben, dass ein Missverständnis vorliegt??
Moin zusammen,

beim LSS Typ B sind die Abschaltströme für 0,4 s und 5 s identisch.

Gruß Olaf
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ist eine Handlung mit einer Expertenauskunft gleichzusetzen, dann müssten wir die Allgemeine Landrechtsordnung bemühen. spassbr1

Gruß
jf27el
Olaf S-H
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Re: Bewertung der Abschaltbedingungen - Leitungsschutz

Beitrag von Olaf S-H »

Probator hat geschrieben: Montag 16. April 2018, 17:59 ... Bei ABB lese ich aus dem Diagramm was anderes raus: ...
Moin Probator,

ich lese dort, dass bis 20 s für eine sichere Abschaltung der 5-fache Bemessungsstrom benötigt wird.

Gruß Olaf
Dies ist keine rechtsverbindliche Auskunft sondern meine Meinung bzw. mein Tipp für den Bereich der Bundesrepublik Deutschland! Die einschlägigen Normen/Vorschriften (z. B. DIN, VDE, TAB, DGUV, TRBS, BekBS, NAV, EN, LBO, LAR, ArbStättV, BetrSichV, ProdSG, ...) sind zu beachten. Ein Rechtsanspruch kann hieraus nicht abgeleitet werden. Die Nennung von Fundstellen in Regelwerken stellt keine Rechtsberatung sondern nur die Sichtweise des Verfassers dar.
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jf27el
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Re: Bewertung der Abschaltbedingungen - Leitungsschutz

Beitrag von jf27el »

Tschuldigung, das scheint an der regionalen Sprachauslegung zu liegen.
ich lese dort, dass bis 20 s für eine sichere Abschaltung der 5-fache Bemessungsstrom benötigt wird.
ich lese dort, dass es 20 s dauern könnte, damit eine sichere Abschaltung bei 5-fachem Bemessungsstrom erfolgt.
Probator
Null-Leiter
Beiträge: 729
Registriert: Montag 19. September 2016, 15:15

Re: Bewertung der Abschaltbedingungen - Leitungsschutz

Beitrag von Probator »

Und ich wurde dank euch auf einen Denkfehler hingewiesen, den ich die ganze Zeit gemacht hatte.
Und zwar hatte ich mich bisher immer an der unteren Linie der "Banane" (thermischer Bereich) orientiert.
Das ist aber der "best case". Der "worst case" ist ja die obere Linie und dann stimmen die 20 Sekunden von Olaf natürlich.

Anders ausgedrückt:
1.
Damit der magnetische Auslöser greift und zur sofortigen Abschaltung führt, braucht es bis zu 5fachen Nennstrom.

2.
Schafft mein Stromkreis die magnetische Auslösung knapp nicht, kann die thermische Abschaltung bis zu 20 Sekunden dauern. Das ist der Punkt, den ich immer falsch interpretiert hatte.

3.
Bleibt der Strom in meinem Stromkreis weit unterhalb des 5fachen Nennstromes, kann es bis quasi ewig dauern bis zur Abschaltung und dann entscheiden Querschnitt und Verlegeart, ob die Leitung abraucht oder nicht.

Zusatzfrage:
Wird die Breite des Bereichs zwischen den Linien eigentlich rein durch Fertigungstoleranzen bestimmt oder wird dort noch was anderes berücksichtigt?
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