Prüfgrundlagen bzw. Prüfspannung MSP-Kabel

MOMA1
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Prüfgrundlagen bzw. Prüfspannung MSP-Kabel

Beitrag von MOMA1 »

Liebe Forummitglieder,
folgender Sachverhalt:

Aufgrund mehrerer Kabel- Leitungsschäden innerhalb kürzester Zeit an der gleichen Kabeltasse stellt sich die Frage ob durch die Prüfspannung nicht eine eventuelle vorhandene Vorschädigung beschleunigt wird.

Folgende Parameter:

Kabel- Leitungstyp: NA2YSY 1x300 RM/25 AL
Betriebsspannung: 20 kV

Durchgeführte Prüfung nach DIN VDE 0276-620:
Prüfspannung 36kV
Prüfdauer 60 min.
Prüfwechselspannung 0,1 Hz.

Welche Prüfgrundlage (VDE-Quelle) ist hier anzuwenden?
Wie kann man den Text der VDE 0276-620 Abs. 3.5 (Empfohlene Prüfungen nach der Verlegung, wenn gefordert) interpretieren?
Liegen wir hier mit der angewanden Prüfspannung und Prüfdauer richtig?
Gibt es eine Vorschrift bzw. Grundlage in der die Prüfung und alle Parameter festgelegt sind?

Danke vorab
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Oberwelle
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Beitrag von Oberwelle »

Moin..

eine VLF Prüfung wird von einigen Versorgern genau wegen den genannten Grunden / Fehlern abgelehnt.
Was da aber genau passiert müsste ich erst erfragen.

OW
.
Ich kann über die Richtigkeit / Vollständigkeit meiner Angaben keine Gewähr übernehmen. Immer alle Vorschriften beachten !
elektro.hell
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Beitrag von elektro.hell »

Moin MOMA1,

nach VDE 0276 wird 60 min lang mit VLF 0,1Hz und 3U0 geprüft.
D.h. bei 20 kV Betriebsspannung mit 36 kV.

Somit passt die Prüfspannung/-dauer zum genannten Kabeltyp.

Gerade mit Windpark- / Solarparkbetreibern hat man manchmal Diskussionen über das "Kaputtprüfen" von Kabeln. Grundsätzlich kann man dazu sagen, daß eine Stelle, die bei der VLF-Prüfung durchschlägt, auch ohne die Prüfung irgendwann zu einem Kabelfehler wird.

Und lieber suche ich einen Kabelfehler in einem Windpark nach einer VLF-Prüfung bei Sonnenschein und Windstille als nach einem Erdschluß im Winter bei Sturm und Regen.hair1

Sinn der VLF-Prüfung ist es ja gerade, vorhandene Vorschädigungen zum Durchschlag zu bringen.

Sind die Fehler denn im Kabel oder in den Muffen aufgetreten ?


Gruß
Dirk
MOMA1
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Registriert: Samstag 18. Dezember 2010, 14:34

Beitrag von MOMA1 »

elektro.hell hat geschrieben:Moin MOMA1,

nach VDE 0276 wird 60 min lang mit VLF 0,1Hz und 3U0 geprüft.
D.h. bei 20 kV Betriebsspannung mit 36 kV.

Somit passt die Prüfspannung/-dauer zum genannten Kabeltyp.

Gerade mit Windpark- / Solarparkbetreibern hat man manchmal Diskussionen über das "Kaputtprüfen" von Kabeln. Grundsätzlich kann man dazu sagen, daß eine Stelle, die bei der VLF-Prüfung durchschlägt, auch ohne die Prüfung irgendwann zu einem Kabelfehler wird.

Und lieber suche ich einen Kabelfehler in einem Windpark nach einer VLF-Prüfung bei Sonnenschein und Windstille als nach einem Erdschluß im Winter bei Sturm und Regen.hair1

Sinn der VLF-Prüfung ist es ja gerade, vorhandene Vorschädigungen zum Durchschlag zu bringen.

Sind die Fehler denn im Kabel oder in den Muffen aufgetreten ?


Gruß
Dirk


Erstmal danke für die Antworten.
Die Fehler sind im Kabel aufgetreten.
Nach der Reparatur des ersten Fehlers (Außenleiter L2) und anschließender Wiederinbetriebnahme trat 5 Tage später in ca. 6m Entfernung von der Schadensstelle am Außenleiter L3 ein Fehler auf.
Lorenz
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Beitrag von Lorenz »

Moin,

die Kabelbezeichnung lässt auf ein älteres kunststoffisoliertes Kabel schliessen, wahrscheinlich ein roter PVC-Aussenmantel?

Das Kabel ist aus den 70'er bzw. 80'er Jahren?

Auf dem Kabel würde ich eine VLF-Prüfung je nach Netzbetriebsart nur mit maximal 1 bis 1,7 x U0 durchführen.

Sinnvoller wäre hier wohl eine schonende Diagnose der Isolierung ;) und auf jeden Fall eine Mantelprüfung um zu sehen ob der Aussenmantel noch unbeschädigt ist...aber nur mit max. 3 KV !

Gruß,
Lorenz
MOMA1
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Beitrag von MOMA1 »

[quote="Lorenz"]Moin,

die Kabelbezeichnung lässt auf ein älteres kunststoffisoliertes Kabel schliessen, wahrscheinlich ein roter PVC-Aussenmantel?

Das Kabel ist aus den 70'er bzw. 80'er Jahren?

Auf dem Kabel würde ich eine VLF-Prüfung je nach Netzbetriebsart nur mit maximal 1 bis 1,7 x U0 durchführen.

Sinnvoller wäre hier wohl eine schonende Diagnose der Isolierung ]

Danke Lorenz für den Link,
ja die Diagnose- Angaben zum Leitungstyp kann ich bestätigen.
MOMA1
Null-Leiter
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Registriert: Samstag 18. Dezember 2010, 14:34

Interpretierung VDE 0276-620 Abs. 3.5

Beitrag von MOMA1 »

Hallo zusammen,
nochmal danke an die Kollegen die mir weitergeholfen haben.

Habe noch eine Bitte, kann mir jemand erläutern wie man den Text "Empfohlene Prüfungen nach der Verlegung, wenn gefordert"
aus der oben genannten VDE in der Praxis verstehen darf bzw. kann?
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kabelmafia
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Beitrag von kabelmafia »

Moin,

naja, es ist als Anleitung zu verstehen wie man eine Prüfung machen sollte, wenn man sie denn machen möchte...
Die Verpflichtung zur Prüfung lässt sich daraus nicht ableiten.
Der Strom kann ruhig bunt sein-ohne Kabel nützt das nix.
Bild: NAKBA 3x95/50sm 0,6/1kV VDE U 0250:1936
Dieser Beitrag wurde mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt und basiert auf fundierten Kenntnissen der elektrotechn. Regelwerke. Er ist eine pers. Interpretation des Autors. Etwaige rechtliche Empfehlungen und Hinweise sind unverbindlich, eine Rechtsberatung findet nicht statt.
Haftungsansprüche gegen den Autor, die durch die Nutzung oder Nichtnutzung der angebotenen Informationen bzw. durch die Nutzung fehlerhafter und unvollständiger Informationen verursacht werden, sind ausgeschlossen.
Willi Blasentang

Beitrag von Willi Blasentang »

Hallo Moma1,

die in den 70er Jahren verlegten Kabel (kunststoffisoliert) meines Wissen aus PU Material bestehend, haben ein Defizit welches sich erst sehr spät zeigte. Die Außenhülle wird porös und es dringt Feuchtigkeit ein. Dies führt früher oder später zu einem Isolationsfehler. Dieser kann logischer Weise auch durch die vorgenannte Prüfung auftreten. Er wird jedoch genau so bei einem Erdschluss auftreten. Da einige Netzbetreiber mehrere 100 km solcher Erdkabel verlegt haben ist dies auch ein Politikum.

Die Frage ist mit welchem Hintergrund du dies hinterfrägst.
MOMA1
Null-Leiter
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Registriert: Samstag 18. Dezember 2010, 14:34

Beitrag von MOMA1 »

Willi Blasentang hat geschrieben:Hallo Moma1,

die in den 70er Jahren verlegten Kabel (kunststoffisoliert) meines Wissen aus PU Material bestehend, haben ein Defizit welches sich erst sehr spät zeigte. Die Außenhülle wird porös und es dringt Feuchtigkeit ein. Dies führt früher oder später zu einem Isolationsfehler. Dieser kann logischer Weise auch durch die vorgenannte Prüfung auftreten. Er wird jedoch genau so bei einem Erdschluss auftreten. Da einige Netzbetreiber mehrere 100 km solcher Erdkabel verlegt haben ist dies auch ein Politikum.

Die Frage ist mit welchem Hintergrund du dies hinterfrägst.
Hallo Willi Blasentang,
eigentlich gings ursprünglich um eine fachgerechte Prüfung nach der Instandsetzung.
Bei uns wurde ja eine instandgesetzte Kabelstrecke nach VDE 0276-620 geprüft und wenige Tage später trat an der gleichen Strecke wiederum ein Fehler auf.
Nun tauchte natürlich die Frage auf ob das angewandte Prüfverfahren so in Ordnung ist oder durch Anwendung dieser Folgeschäden vorprogrammiert sind.

Folgender Sachverhalt/Gegebenheit der Praxis:
• Keine Erstinbetriebnahme
• Starke Alterung
• Bekannte Probleme mit Watertrees
Soll nun wieder eine VLF-Prüfung gem. VDE 0276-620 mit 3xU0 und t=60min vor der Zuschaltung durchgeführt werden?

Ich habe hier super-, belastbare Antworten im Forum erhalten,
danke nochmals hierfür an dieser Stelle.
Natürlich habe ich parallel dazu auch aufgrund der Antworten bei verschiedenen Quellen
z.B. Energieversorgern nach gefragt wie denn diese mit solchen Sachverhalten in der Praxis umgehen.
Es gibt die unterschiedlichsten Antworten
(an dieser Stelle auch danke für die R_M der Energieversorger):
z.B:
das von Ihnen angewendete VLF-Prüfverfahren:
Durchgeführte Prüfung nach DIN VDE 0276-620:
Prüfspannung 36kV
Prüfdauer 60 min.
Prüfwechselspannung 0,1 Hz.
Ist nach Norm so vorgeschrieben und in Ordnung.
Zur näheren Bewertung habe ich Ihnen einen Auszug aus den Schulungsunterlagen der Firma ..... mit angehängt.
Wesentliche Aussagen:
Water Trees wachsen während der 0,1Hz Prüfung nicht weiter.
Prüfdauer von 1 Stunde an alten PE/VPE Kabeln zur Sicherung der Prüfaussage.
¾ der Durchschläge erfolgen jedoch während der ersten 30 Minuten.
Unsere Empfehlung wäre eine TE-Messung des Kabels um den Allgemeinzustand (Vorschädigungen) des Kabels bewerten zu können.
Dies ist durch eine VLF-Prüfung nicht möglich.
Auf Grund dieser Messung könnten Sie dann entscheiden,
ob eine Sanierung des PE-Kabels oder eine Auswechslung sinnvoll wäre.
Ein anderer wir empfehlen bei gealterten Kabeln eine Prüfspannung
von max. 24 kV.
Der nächste, die VLF-Prüfung der defekten MSPG-Strecke abweichend
von Empfehlungen mit 28kV und 30min. prüfen zu lassen.
Damit soll sichergestellt sein dass die neu gesetzte Kabelmuffe in Ordnung ist.
Persönliches Fazit meinerseits:
Es gibt in der Praxis kein Patentrezept, Normen sind bekanntlich Empfehlungen es liegt letztendlich im Ermessen des Betreibers wie er mit den Sachverhalt umgeht.
Jedenfalls scheint die Prüfempfehlung des Anhangs in der VDE 0276-620 aus welchen Gründen auch immer in der Praxis nicht so sehr Anwendung zu finden.

Viele Grüße
MOMA1
Antworten