Brückenbau für Anfänger

Hier kommt alles rein, was nicht erst gemeint ist.
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Elt-Onkel
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Re: Brückenbau für Anfänger

Beitrag von Elt-Onkel »

Hallo,
Lightyear hat geschrieben: Sonntag 18. März 2018, 17:16
...
Hierbei wurde möglicherweise übersehen, dass sich die Spannstähle mit Nichten gelockert, sondern auf Grund der Überlastung beim Transport gedehnt (überdehnt) haben.
Das würde voraussetzen, daß Spannstähle duktil sind.

Dem ist aber nicht so.

Ein Spannstahl fließt bei Überbelastung nicht.
Er reißt einfach ohne Vorwarnung ab.

Ein 'Nachspannen' von fertig vorgespannten Bauteilen gibt es nicht.
Derjenige, der so etwas anordnet, hat von nichts eine Ahnung.

An der (hydraulischen)Spannpresse befindet sich ein Manometer.
Da kann man sehr genau ablesen (und dann umrechnen), welche Kraft sich in welchem Moment auf der Spannlitze befindet.
Bei dem o.g. 'Nachspannen' hätte der Mann am Manometer sofort erkennen müssen,
daß er sich außerhalb jeglicher Vorgaben der Spannanweisung befindet.
Also war auch hier 'eine Niete' am Werk.

Ich habe an der Uni zwar nur zwei Vorlesungen über Spannbeton beigewohnt,
und es ist auch nicht mein Spezialgebiet, aber die Fehler, die hier gemacht worden sind,
sind doch schon sehr erstaunlich.

Da haben alle 'geschlafen' - vom Lehrling bis zum Bauleiter.


...
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Elt-Onkel
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Re: Brückenbau für Anfänger

Beitrag von Elt-Onkel »

Hallo,

nun das Video von einer Dashcam:

https://www.youtube.com/watch?v=nKTlXLheAqE

Man sieht ganz eindeutig (bei Sekunde 08), daß die linke (schräge) Druckstrebe versagt.
Diese Strebe ist (aufgrund der weggebauten Rüstung) eine Druckstrebe.
Die Streben im Fachwerk sind Momentenfrei.
Man kann also mit einem 'Nachspannen' gar nichts bewirken.
Außer einem: Dem Zerstören der Druckstrebe durch übermäßiges Spannen der Litze im Inneren.

Es kommt also noch ein Fehler hinzu:

G) Unzulässige Überbeanspruchung der Druckstrebe durch übermäßiges Spannen.

Der Rest folgt dann.

Die Druckstrebe hätte nicht versagt, wenn man vorher die Schrägseile eingehängt hätte,
oder eben, wenn man die Rüstung nicht weggebaut hätte.

Hätte, hätte, Fahrradkette.


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Re: Brückenbau für Anfänger

Beitrag von Elt-Onkel »

Hallo,

um es einzuordnen:

Es ist ungefähr so, als wenn man einen SF6-Schalter einer 20 kV-Anlage mit Knallgas (H + O2) füllt,
und sich nach dem ersten Schaltvorgang wundert.


...
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Lightyear
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Re: Brückenbau für Anfänger

Beitrag von Lightyear »

Na dann bin ich ja beruhigt, die Welt ist wieder heil, alle Anderen sind einfach nur zu dumm, und der Ami ja grundsätzlich sowieso. Wurde ja im ersten Beitrag schon enorm sachlich und voller faktenreicher Detailkenntnis klargestellt, dass diese Anfänger nicht in der Lage sind, Brücken zu bauen.

Wie töricht also von mir, zu denken, wir könnten hier einmal kurz sachlich(!) über mögliche Ursachen sprechen. Vielmehr bewegen wir uns aber zielsicher weiterhin auf niedrigstem Stammtischniveau mit Äußerungen wie:
"hirnloser Mensch",
"hat von nichts eine Ahnung",
"'Niete' am Werk" und
"die haben alle 'geschlafen'".

Das bezeugt leider nur einmal mehr, welche Qualität dieses Forum mittlerweile (leider in vielerlei Hinsicht) hat.
Und ja, ich weiss natürlich, in welcher Rubrik wir uns hier befinden, aber dennoch erlaubt die Wortwahl und die Beharrlichkeit der hanebüchen unsachlichen "Argumentation" im mehrfachen Wiederholungsfall doch einen sehr tiefen Einblick in wesentliche Bereiche.
Echt sehr schade drum.

Sehr belustigt hat mich dann aber doch die Zusammenfassung in #10, die ich ja in der überwiegenden Mehrzahl der angeführten Punkte bereits in Beitrag #2 und #3 dargestellt habe und die noch in Beitrag #4 mit der höchst sachlichen Bewertung "Das kann nicht sein" abgetan wurden...

Das Leben kann so herrlich einfach sein, man muss nur genug Chuzpe haben, dann wird alles gut... NICHT!

So, ich bin hier nun erstmal 'raus. :rolleyes:
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Re: Brückenbau für Anfänger

Beitrag von ThomasR »

Ich war auch erstaunt ob der anfangs recht sachlichen und fachkundigen Diskussion dd1

Nach meinem Verständnis kann man sehr wohl einen Spannstahl bis über die Dehngrenze bringen und hat dann in einem schmalen Bereich eine abfallende Zugkraft, die durch Bruch igendwann ganz abfällt. Normaler Baustahl hat bei niedrigen Kräften eine sehr lange Dehnzone, bei Spannstahl sind die Kräfte erheblich höher, dafür kommt aber nach der elastischen Verformung sehr schnell der Bruch. Vermutlich trifft ja alles zu, was ihr hier diskutiert habt?

Das Auflegen geschah ohne richtige Unterstützung/falsche Punkte, so daß die Spannstähle damit bereits geschädigt waren. Das scheint ja bemerkt worden zu sein (der berühmte Anruf des Ingenieurs) mußte aber geprüft werden. Bei diesem Prüfversuch (nur das Manometer würde das zeigen) brach der (in duktilem Zustand befindliche) Spannstahl und zog die Kettenreaktion nach sich.

Damit wäre auch zu erklären, warum diese Brücke noch einen Pylon und Schrägseile bekommen sollte: ohne war sie vermutlich gar nicht in der Lage, VIEL mehr als ihre Eigenlast zu tragen. Auch in den USA wird man Brücken nicht mit einfacher Sicherheit rechnen richt1

Auslöser war also vermutlich der unsachgemäße Einbau des ganzen Trägers durch falsche Kraftangriffspunkte 8o

Nur hat irgend jemand die Gefahr durch vorgeschädigte Spannstähle unterschätzt, sonst hätte man wohl die Straße gesperrt :confused:
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Elt-Onkel
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Re: Brückenbau für Anfänger

Beitrag von Elt-Onkel »

Hallo,

bei Betonbrücken ist das Eigengewicht immer größer als die Verkehrslast.
(Das ist nur bei Stahlbrücken anders.)

Wir reden hier von einer Füßgängerbrücke mit 950 to auf ca. 50 Meter.

Also hat der Überbau eine Quadratmetereigenlast von: 950 / 50 / 5 = 3,8 to.
Dazu kommen der Pylon und die Schrägseile.

Die Verkehrslast (nach DIN) beträgt 0,5 to für 10 Meter Stützweite.
Bei größeren Stützweiten kann die Verkehrslast verringert werden.

Bei der 50 Meter Brücke können also 0,4 to angesetzt werden.

Also berechnet sich der Faktor zu 3,8 / 0,4 = 9,5

Das Eigengewicht ist also 9,5 - fach größer als die Verkehrslast.

Der Sicherheitsfaktor bei Beton im Biegezustand beträgt 1,75.
Selbst wenn man KEINEN Sicherheitsfaktor für die Statik ansetzt (Gamma 1,0),
trägt die Brücke 3,8 x 1,75 = 6,65 to je m².

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Re: Brückenbau für Anfänger

Beitrag von Elt-Onkel »

Hallo,
ThomasR hat geschrieben: Montag 19. März 2018, 09:17
Nach meinem Verständnis kann man sehr wohl einen Spannstahl bis über die Dehngrenze bringen und hat dann in einem schmalen Bereich eine abfallende Zugkraft, die durch Bruch igendwann ganz abfällt.

Nur hat irgend jemand die Gefahr durch vorgeschädigte Spannstähle unterschätzt, sonst hätte man wohl die Straße gesperrt :confused:
Um etwas in die Tiefe zu gehen:

Bei einem 'normalen' Betonstahl (B 500 S) zeigt das Kraft-Verformungsprogramm am Anfang eine schräge Linie,
dann scheinbar eine Verfestigung und zum Schluß einen ausgeprägten 'Sichelhaken'.

Bei Spannstahl folgt auf die schräge Linie sofort ein (sehr kleiner) 'Sichelhaken'.

Bei Spannstahl reden wir von einen kleinen, einstelligen Prozentbereich des 'Sichelhakens'.

Wir sprechen daher von einer 0,2 % - Dehngrenze.

Ingenieurmäßig ist immer eine Rechenungenauigkeit von 3 bis 5 % drin.
Genau in dieser Toleranz liegt der 'Sichelhaken' beim Spannstahl.

Man macht also keinen Fehler, wenn man von einem schlagartigen Versagen eines Spannstahls bei Überlast spricht.

Es gibt also keine 'vorgeschädigten Spannstähle'.
Es gibt nur 'heile' oder 'kaputt'.


...
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Re: Brückenbau für Anfänger

Beitrag von Olaf S-H »

Elt-Onkel hat geschrieben: Montag 19. März 2018, 16:19 ... Es gibt nur 'heile' oder 'kaputt'. ...
Moin Elt-Onkel,

das nennt man dann "digitaler Betonbau". :D

Gruß Olaf
Dies ist keine rechtsverbindliche Auskunft sondern meine Meinung bzw. mein Tipp für den Bereich der Bundesrepublik Deutschland! Die einschlägigen Normen/Vorschriften (z. B. DIN, VDE, TAB, DGUV, TRBS, BekBS, NAV, EN, LBO, LAR, ArbStättV, BetrSichV, ProdSG, ...) sind zu beachten. Ein Rechtsanspruch kann hieraus nicht abgeleitet werden. Die Nennung von Fundstellen in Regelwerken stellt keine Rechtsberatung sondern nur die Sichtweise des Verfassers dar.
vde1
Für elektrotechnische Laien gilt: Dieser Beitrag erläutert die technischen Zusammenhänge. Die Umsetzung obliegt den konzessionierten Fachbetrieben (§13(2)NAV).

"Wer eine Handlung begeht, der übernimmt auch alle daraus folgende Pflichten." §33 I-3 prALR 1794
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Elt-Onkel
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Re: Brückenbau für Anfänger

Beitrag von Elt-Onkel »

Hallo,
ThomasR hat geschrieben: Montag 19. März 2018, 09:17

... Das scheint ja bemerkt worden zu sein (der berühmte Anruf des Ingenieurs) mußte aber geprüft werden.
Bei diesem Prüfversuch (nur das Manometer würde das zeigen) brach der (in duktilem Zustand befindliche) Spannstahl
und zog die Kettenreaktion nach sich.
Ablesegenauigkeit:

Übliche Manometer haben eine Genauigkeit von 1,5 %.
Übliche Hydraulikanlagen arbeiten mit 200 bar.
1,5 % von 200 bar sind 3 bar.

Beim Spannstahl reden wir über eine 0,2 % Dehngrenze am Ende der Belastbarkeit.
0,2 % von 200 bar sind 0,4 bar.

Jetzt wird klar, daß man mit einem Gerät, was eine Ungenauigkeit von 3 bar hat, keine Drücke von 0,4 bar messen kann.


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Re: Brückenbau für Anfänger

Beitrag von Elt-Onkel »

Hallo Männer,

nun kann ich meine Version beweisen.

Der Überbau war ohne die Schrägseile nicht standsicher.

Ich habe ein wenig gerechnet.

Die Diagonale, die zu Bruch gegangen ist hatte etwa ein Gamma von 2,0.
Als Druckstütze wäre nach DIN 2,1 erforderlich gewesen.
Das passt also, kann man als Rechenungenauigkeit buchen.

Am Querschnitt der Stütze kann es also nicht gelegen haben.

Warum ist die Druckstrebe trotzdem zu Bruch gegangen ?

Nach Durchsicht alles verfügbaren Video-Materials bin ich auf ein aussagekräftiges Einzelfoto gestoßen.

Der Fußpunkt der Druckstrebe ist schuld.

Warum ?

Na, weil er in großen Teilen nicht vorhanden ist.

Man kann auf dem Foto das hellblaue Werbeplakat an der Außenseite der Diagonalen sehen.
(Sweetwater FIU + Resttext.)
Zur Befestigung Gummibänder oder Kabelbinder.
Die drittletzte Befestigung beim 'I', die vorletzte hinter dem 'U', und die letzte einen Fuß weiter unten.
Danach gibt es keine mehr, weil ja auch oben kein Beton da ist.
Wenn man die Oberfläche der Diagonalen von oben nach unten verfolgt,
sieht man am unteren Ende, daß der Beton in seinem vollen Querschnitt nicht bis zum unteren Knotenpunkt reicht.
Der Vollquerschnitt endet etwa 2 Zoll hinter dem letzten Gummiband, aber 2 Fuß vor dem Knotenpunkt.
In der Diagonalen ist im Bauzustand (ohne Rüstung) eine Druckkraft von ca. 9'500 kN.
Das ist die Stelle des Überbaus mit der höchsten Beanspruchung, wenn keine Schrägseile vorhanden sind.
(Wenn Schrägseile vorhanden sind, ist die Kraft dort fast Null.)
Der kleine (Rest)Querschitt hat (vorübergehend) den Druck ausgehalten.
Als dann die Mannen oben die Spannpresse angesetzt haben,
ist der Restquerschnitt zerplatzt.

Dann nahm das Unglück seinen Lauf.

Wäre bei eingebauten Schrägseilen nicht passiert.


...
Miami.Brücke8.jpg
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