Brückenbau für Anfänger

Hier kommt alles rein, was nicht erst gemeint ist.
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Elt-Onkel
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Re: Brückenbau für Anfänger

Beitrag von Elt-Onkel »

Hallo,
Olaf S-H hat geschrieben: Montag 19. März 2018, 16:33
Elt-Onkel hat geschrieben: Montag 19. März 2018, 16:19 ... Es gibt nur 'heile' oder 'kaputt'. ...
Moin Elt-Onkel,

das nennt man dann "digitaler Betonbau". :D

Gruß Olaf
Es ist ja fürchterlich im Tragwerksbau.

Ein 'Ottonormalverbraucher' denkt, man kann Material für alles unendlich beanspruchen.

Elektrotechniker kennen zumindest Spannungsobergrenzen für die Dicken von Isolationswerkstoffen.

Bei Gamma 1,0 gibt es eben einen Durchschlag.

Das ist auch Digital.

Entweder es klappt, oder es klappt nicht.

Deswegen hat der liebe Gott das Vorhaltemaß erfunden.



...
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Lightyear
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Re: Brückenbau für Anfänger

Beitrag von Lightyear »

Elt-Onkel hat geschrieben: Dienstag 20. März 2018, 02:18 Hallo Männer,

nun kann ich meine Version beweisen.

Der Überbau war ohne die Schrägseile nicht standsicher.

Ich habe ein wenig gerechnet.

Die Diagonale, die zu Bruch gegangen ist hatte etwa ein Gamma von 2,0.
Als Druckstütze wäre nach DIN 2,1 erforderlich gewesen.
Das passt also, kann man als Rechenungenauigkeit buchen.

Am Querschnitt der Stütze kann es also nicht gelegen haben.

Warum ist die Druckstrebe trotzdem zu Bruch gegangen ?

Nach Durchsicht alles verfügbaren Video-Materials bin ich auf ein aussagekräftiges Einzelfoto gestoßen.

Der Fußpunkt der Druckstrebe ist schuld.

Warum ?

Na, weil er in großen Teilen nicht vorhanden ist.

Man kann auf dem Foto das hellblaue Werbeplakat an der Außenseite der Diagonalen sehen.
(Sweetwater FIU + Resttext.)
Zur Befestigung Gummibänder oder Kabelbinder.
Die drittletzte Befestigung beim 'I', die vorletzte hinter dem 'U', und die letzte einen Fuß weiter unten.
Danach gibt es keine mehr, weil ja auch oben kein Beton da ist.
Wenn man die Oberfläche der Diagonalen von oben nach unten verfolgt,
sieht man am unteren Ende, daß der Beton in seinem vollen Querschnitt nicht bis zum unteren Knotenpunkt reicht.
Der Vollquerschnitt endet etwa 2 Zoll hinter dem letzten Gummiband, aber 2 Fuß vor dem Knotenpunkt.
In der Diagonalen ist im Bauzustand (ohne Rüstung) eine Druckkraft von ca. 9'500 kN.
Das ist die Stelle des Überbaus mit der höchsten Beanspruchung, wenn keine Schrägseile vorhanden sind.
(Wenn Schrägseile vorhanden sind, ist die Kraft dort fast Null.)
Der kleine (Rest)Querschitt hat (vorübergehend) den Druck ausgehalten.
Als dann die Mannen oben die Spannpresse angesetzt haben,
ist der Restquerschnitt zerplatzt.

Dann nahm das Unglück seinen Lauf.

Wäre bei eingebauten Schrägseilen nicht passiert.


...

Miami.Brücke8.jpg
Nun, die Theorien werden immer haarsträubender, nur um die Richtigkeit der ideologisch gefärbten Vorurteile ("zu dumm, eine Brücke zu bauen") um jeden Preis, auch um Den des eigenen Rufes, zu "beweisen" - ich hol' mir mal Popcorn.

Edit: Dass die fragliche Diagonale eine große Rolle beim Einsturz spielt (was anfänglich ja auch rundweg durch den TO abgestritten wurde) und auch dass der Fußpunkt eine Kernkomponente ist, zweifle ich übrigens nicht an, sehr wohl aber die restlichen "Beweise" die hier angeführt werden.
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Elt-Onkel
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Re: Brückenbau für Anfänger

Beitrag von Elt-Onkel »

Hallo,
Lightyear hat geschrieben: Sonntag 18. März 2018, 17:16
Nach den mir bekannten Quellen, sollten sowohl der Pylon, als auch die Seile primär optischen Gründen genügen, eine, die Stabilität der Gesamtkontruktion maßgeblich beeinflussende, statische Funktion, wird den Seilen seitens der Konstrukteure (mindestens für die Bauphase) nicht zugesprochen.
Man könnte noch über eine art "Rückfallebene" sprechen, welche die Schrägseile übernehmen sollten, falls das Gesamtkonstrukt tatsächlich instabil würde, ...
Leider falsch.

Aus der (englischen) Beschreibung geht hervor, daß die Schrägseile sehrwohl zu dem Tragsystem gehörten.
Sie sollten zusätzlich auch noch die dynamischen Kräfte ableiten.
(Also auch solche, die durch den unsachgemäßen Gebrauch einer Spannpresse entstehen.)

Die Annahme, daß Tragelemente 'primär zur Optik' da sind, haben hier bei allen Fachleuten nur Kopfschütteln verursacht.

...
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Elt-Onkel
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Re: Brückenbau für Anfänger

Beitrag von Elt-Onkel »

Hallo,

das Video vom Einsturz fördert noch ein Detail zu Tage.

Die fragliche Diagolalstütze, ist im Zuges des Brückeneinsturzes für ein paar Millisekunden nach dem Versagen zum Biegeträger geworden.

Man kann den oberen Einspannpunkt hinter dem Kranarm erahnen.
Man kann die Winkeltreue der oberen Einspannung erkennen.
Im unteren Knotenpunkt gibt es keine wirksame Einspannung.

Die Verformungsfigur der Diagonalstütze ist ein Kreisabschnitt.

Wäre die untere Einspannung intakt gewesen, hätte die Verformungsfigur ein S-Bogen seien müssen.

Die Diagonalstütze hat also nicht im Kernquerschnitt, sonderm im Fußpunkt versagt.
(Wie zuvor schon ausgeführt.)
Das ist der Punkt mit der höchsten Belastung der Gesamtkonstruktion ohne Rüstung und ohne Schrägseile.


...
Miami.Brücke9.jpg
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Re: Brückenbau für Anfänger

Beitrag von ThomasR »

Ist das Bild aus dem Video, das den reduzierten Querschnitt der Diagonale zeigen soll, wirklich verlässlich? Das Werbeplakat geht doch auch vor der "fehlenden" Strebe weiter......

Sollte da wirklich eine solche Reduzierung eingebaut worden sein, wäre Elt-Onkels Szenario durchaus denkbar. Dann hätten die Ingenieure eine Schrägseilbrücke richtig gerechnet aber sich beim Einbau auf die Festigkeit eines durchgehenden Gitterträgers verlassen. Diese konnte aber nicht vorhanden sein, weil sie eben gar nicht als Gitterbrücke gerechnet war......

Daher vermute ich, daß die Brücke durch unsachgemäßes Auflegen vorgeschädigt war (weil sie dafür nicht gerechnet war) und beim Versuch des Nachspannens dann plötzlich versagte.
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Lightyear
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Re: Brückenbau für Anfänger

Beitrag von Lightyear »

ThomasR hat geschrieben: Mittwoch 21. März 2018, 09:29 Ist das Bild aus dem Video, das den reduzierten Querschnitt der Diagonale zeigen soll, wirklich verlässlich?
Das Bild ist sicherlich verlässlich, nur der Schluß daraus nicht.

Ich denke, Deine Schlüsse, Thomas, gehen in die richtige Richtung.
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Elt-Onkel
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Re: Brückenbau für Anfänger

Beitrag von Elt-Onkel »

Hallo,

also Männer.

Statik erstes Semester.

Der Überbau hat außen jeweils eine Diagonale.
Fachwerkdiagonalen haben (außer kleinere Nebenmomente) nur Normalkräfte.

Die zerstörte Diagonale macht in ihrem 'Leben' bei der vorliegenden Konstruktion alle 3 möglichen Lastfälle durch.

A) Produktion: Keine Spannung.
B) Vorspannen: Druckkraft.
C) Überbau auf Rüstung legen und verfahren: Zugkraft.
D) Ablegen des Überbaus auf den Auflagern: Druckkraft.
E) Endzustand bei eingehängten Schrägseilen: Keine Spannung.

Die Diagonale der nicht zerstörten Seite hat eine flachere Neigung, und hat auch bei (D) größere Kräfte,
sie hat im Endzustand aber Zugkräfte.

Die zu Bruch gegangene Diagonale hatte nach Entfernen der Rüstung bei (D) eine Druckkraft von etwa 9'500 kN,
bei etwa dem doppelt so großen Querschnitt wie erforderlich (Gamma = 2,0).

Beide äußeren Diagonalen haben auf der Oberseite der Knoten eine Öffnung.
Im Schadbild schaut aus der Öffnung der abgerissene Spannstahl hervor.
Warum man dieses Hüllrohr nicht verpresst hat, wissen wir nicht.

Die Belastbarkeit von Druckstützen kann man durch Vorspannen nicht erhöhen.
Es ist sogar kontraproduktiv.

Warum man an dem aufgelegten Überbau (ohne Sicherung) hantiert hat, wissen wir nicht.

In Phase (C) übernimmt der Spannstahl die Zugkräfte.
Der Beton übernimmt (planmäßig) nur Druckkräfte.
Beim Verfahren braucht der Spannstahl nur das Kragende des Überbaus halten.
Daher ist nur ein dünner Stahl erforderlich.
Hier geschätzt etwa 35 mm Durchmesser.

Kräfte in dem Spannstahl:
Etwa 15 % von 950 to = 143 to = 1'430 kN
Tragfähigkeit des Spannstahls etwa 1'550 N / mm² = 1,55 kN / mm²
Erforderlicher Querschnitt: 1'430 / 1,55 = 923 mm²
Vorhandener Querschnitt: etwa 962 mm²

Es gibt bei einem Spannbetonbauwerk kein 'Nachspannen'.
Es gibt eine Anweisung zum Vorspannen, und fertig.
Es kann sehr gut sein, daß der abgerissene Spannstahl im Zustand (D) 'lose' war.
Das ist aber völlig in Ordnung.
Seine Aufgabe war ja erfüllt.
Hätte man ausbauen können, und in einem anderen Bauwerk weiter verwenden können.

In der Phase (D) den Spannstahl der äußeren Druckstrebe über das Maß des errechneten Wertes in der Vorspannanweisung
hinaus zu erhöhen, ist absolut hirnlos.

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Elt-Onkel
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Re: Brückenbau für Anfänger

Beitrag von Elt-Onkel »

Hallo,

die Zahlen im vorherigen Beitrag zeigen noch etwas.

Die zerstörte Diagonale hatte etwa eine Druckfestigkeit von 19'000 kN.

Das Spannglied trug etwa 1,55 x 962 = 1'490 kN.
Versagt hat es spätestens bei 1'900 kN.

Da liegt der Faktor 10 dazwischen !

Es ist also ausgeschlossen, daß man mit dem Spannstahl den Kernquerschnitt der Diagonalstrebe 'zerdrücken' kann.

Die Schadfotos zeigen einen intakten oberen Knoten.

Also liegt der Fehler im unteren Knoten.

Entweder war er nur in Fragmenten vorhanden,
oder der Beton an der Stelle bestand nur aus Gartenerde,
oder das Durchstanzen durch die untere Fahrbahnplatte war nicht gerechnet,
oder man hat die Durchstanzbewehrung weggelassen.

Bei dem unzulässigen 'Nachspannen' ist die Litze gerissen.
(Der Stahl schaut ja ca. 2 Meter aus dem oberen Knoten heraus.)
Das gab einen Impuls auf das Bauwerk.

Durch diesen Impuls ist der Überbau verreckt.

Hätte er aber nicht dürfen, wenn, ja wenn der Überbau in sich allein standsicher gewesen wäre,
denn der abgerissene Spannstahl trug ja nichts zur Standsicherheit bei.


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Re: Brückenbau für Anfänger

Beitrag von Elt-Onkel »

Hallo,

in einigen Beiträgen im WWW wird von einem 'Stresstest' geschrieben.
Das hört sich wie 'Probebelastung' an.

Das ist falsch.

Es ist eine falsche Übersetzung des englischen Wortes 'stress' für Deutsch 'ziehen'.

'Stressing' muß man hier übersetzen mit 'Anspannen der Spannlitze'.


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ThomasR
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Re: Brückenbau für Anfänger

Beitrag von ThomasR »

Hallo Elt-Onkel,

laß gut sein und wir warten auf die weiteren Untersuchungsergebnisse. Sonst zeichne ich dir noch den Cremonaplan für das Ding NN1
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