Energiebegrenzungsklasse

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Hadde
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Energiebegrenzungsklasse

Beitrag von Hadde »

Hallo Leute,

ich hab mich vor etwas längerer Zeit nach der Energiebegrenzungsklasse erkundigt.

Bitte verbessert mich falls etwas nicht stimmt.
Hier ist mein Stand der Dinge:


Die Anforderungen an die Kurzschlussstrombegrenzung von LS-Schaltern ist nach EN60898 bzw. VDE0641 in drei Klassen eingeteilt, die durch die maximal zulässigen I²t-Werte definiert sind :

Energiebegrenzungsklasse 1 - keine Anforderungen
Energiebegrenzungsklasse 2 - mittlere Anforderungen
Energiebegrenzungsklasse 3 - hohe Anforderungen

Klasse 3 ist dabei die Klasse mit der höchsten Energiebegrenzung, also den niedrigsten Durchlassenergiewerten.
Konkret bedeutet dies z.B. für einen LS-Schalter 16A, Charakteristik B, Bemessungsschaltvermögen 6kA einen I²t-Wert von max. 35.000A²s. Die exakten Werte sind im Anhang oben genannter Norm enthalten.

Die Strombegrenzungsklasse wird auch Selektivitätsklasse genannt. Diese bewirkt eine starke Strombegrenzung. Somit besitzt sie die größte Kurzschlussstrombegrenzung. Nun kann aber ein Schalter einen Strom nicht begrenzen. Er kann aber an der Anstiegsflanke der ersten Kurzschlussstrom-Halbwelle abschalten. Das heißt, dass der zu erwartende, unbeeinflusste Kurzschlussstrom so schnell wie möglich unterbrochen wird, sodass er seinen Scheitelwert nicht erreichen kann (Siehe Bild Anhang).

Soweit ich das jetzt mitbekommen habe, gibt es jetzt auch eine Klasse 4.
Diese hat dann 10 000kA.

Soweit ist das alles Klar.

Jetzt würde ich gerne noch genau wissen, was es mit den Durchlasswerten auf sich hat.

Beispiel: 16A I²t-Wert von max. 35.000A²s
Dateianhänge

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MFG

Hadde

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Jeff1
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Beitrag von Jeff1 »

Schöner Beitrag. Ergänzend dazu füge ich noch einen älteren Beitrag aus einem anderen Forum hinzu.

Gruß Jeff1
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Jeff1
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Beitrag von Jeff1 »

Als 2. Ergänzung möchte ich auf die Durchlasskennlinie von Schmelzsicherungen hinweisen. In diesem Link (ganz links unten) ist eine Durchlasskennlinie gezeigt und beschrieben. Diese wird u. a. benötigt um Selektivität einer Schmelzsicherung zu einem vorgeschalteten Leistungsschalter nachzuweisen.

Selektivität ist dann gegeben, wenn der Durchlaßstrom der Sicherung den Ansprechstrom des magnetischen Schnellauslösers des Leistungsschalters nicht erreicht. In der Praxis wird sogar noch ein Sicherheitsfaktor von 0,8 eingerechnet.

Wichtig dabei ist auch, dass man die Ströme auf der gleichen Basis vergleicht (z. B. bei sinusförmigen Größen nur Scheitelwerte zueinander oder nur Effektivwerte zueinander; je nachdem was man für Angaben bekommt).

Gruß Jeff1
ohoyer
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Beitrag von ohoyer »

Sinnbildlich gesprochen (man verzeihe mir die ggf etwas laienhafte Ausdrucksweise):

Jedes Schutzorgan (ob Automat oder Schmelzsicherung) braucht ja eine gewisse Zeit zum Ansprechen, also bis überhaupt ein Vorgang erfolgen kann.

Das bedeutet, dass dann in dieser Zeit in dem gesamten Stromkreis (wo ja noch andere meist übergeordnete Sicherungen etc. drin sind, dieser Strom fliessen wird. Selektivität erreicht man dann, wenn das Ansprechintegral der übergeordneten Sicherung grösser ist als das Ausschaltintegral der dem Kurzschluss näherliegenden Sicherung.

Dh. es muss erst eine gewisse Menge Energie in das Sicherungsorgan gesteckt werden, damit einentsprechender Schaltvorgang stattfinden kann, dieser Wert ist recht konstant. Der Parameter, der sich ändert, ist die Stromstärke, da die Spannung als halbwegs konstant angesehen werden kann. (Ja, wenn mans wirklich ordentlich berechnet, ist die Spannung natürlich gewissen Veränderungen unterworfen, gehen wir hier einfach mal vom simpelsten Fall aus)

Ich habe hier gerade mal nur die Kennlinien von NH-Sicherungen zur Hand, bei Automaten sehen Teile der Kennlinie etwas anders aus, aber sinngemäss sind die Grundlagen gleich:
(Man muss dazu sagen, dass Schmelzsicherungen bei 4ms erst ansprechen)

SIBA NH-Sicherung, gG, 16A hat ein Ansprechintegral von 400 A^2s (Achtung, grafisch abgelesen), und 500 A^2s Ausschaltintegral bei 254V

Dh. es können für 10ms knapp 200A fliessen, und die Sicherung löst nicht aus. Wenn der Strom aber viel zu gross wird (z.B. wenn man hinter einer solchen Sicherung grosse Querschnitte hat, und wenig Länge bis zum Kurzschlusspunkt) dann kann die Sicherung meist viel zuwenig Energie aufnehmen, indem sie reagiert und einiges an Energie in Lichtbogen umsetzt- dann sprechen auch die übergeordneten Sicherungen an.


Aus diesem Grunde, weil auch die Zeit-Strom-Kennlinien von Automaten anders verlaufen, sind auch bei Sicherungen, die einem LS übergeordnet sind, grosse Abstände zu halten (ich meine aus dem Gedächtnis, 16A LS mit 63 A gG/gL drüber, ist dann auch noch abhängig vom zu erwartenden Kurzschlussstrom, einige Hersteller wie ABB haben hier auch gute Tabellen für ihre Produkte)
HPG
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Beitrag von HPG »

Ich hab das so gelernt:

Energiebegrenzungsklasse 1:
Ist ein LS der den Überlast- oder Kurzschlusstrom nur im Nulldurchgang ausschalten kann. Wir nennen den "Nullpunktlöscher", dass waren billig LS in den Jahren 1960/70er. Diese Automaten werden heute bei uns nicht mehr gefertigt, sie sind überholt.

Energiebegrenzungsklasse 2:
Entspricht den Motorschutzschalter.

Energiebegrenzungsklasse 3:
Ist Stand der Technik, daher die heutigen LS.
Hadde hat mit seiner Ausführung recht.

von der Klasse 4 hab ich bis jetzt nichts gehört, muss mich kundig machen.

Guss HPG
E_Schlumpf
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Beitrag von E_Schlumpf »

Moin zusammen,

ich weiß eigentlich hätte ich jetzt die goldene Schaufel verdient, aber das Thema haben wir gerade in der Berufsschule. Die Lehrer wissen auch nichts dadrüber. Deswegen meine Frage, kann mir jemand dieses Thema mit anderen Worten erklären, ich habe es nicht verstanden.

Viele Grüße

E_Schlumpf
mm:1 Dies ist nur meine persönliche Meinung. Für Richtigkeit besteht keine Garantie.
verd1 Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft Geesthachter Eisenbahn e. V.
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Jeff1
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Beitrag von Jeff1 »

E_Schlumpf hat geschrieben:Moin zusammen,

ich weiß eigentlich hätte ich jetzt die goldene Schaufel verdient, ...

E_Schlumpf
Nein! Leider gibts die goldene Schaufel erst bei Beiträgen, welche > 10 Jahre zurück liegen.
(Ein Scherz! Du kriegst sie natürlich!!!)

Meine Meinung:
Lies mal den ersten Beitrag von Hadde.
Der erklärt es eigentlich schon ganz gut.

Auch den Beitrag von ohoyer trifft es gut - auch mit anderen Worten.

Auch mein verlinkter Beitrag aus dem anderen Forum kann vielleicht helfen.
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