Blitzschutz / ÜSS im EFH

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lagerregal
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Re: Blitzschutz / ÜSS im EFH

Beitrag von lagerregal »

Wie ist denn das überhaupt, "helfen" Blitzstrom-/Überspannungsableiter in der Praxis wirklich?
Für mich ist das eher n Tool, das man einsetzt, damit man einerseits keinen Planungsfehler begeht und andererseits die Versicherung bezahlt, wenn mal n Blitz reingerauscht ist. Ich kann mir nicht wirklich vorstellen, das son kleines Plastikdinges (aka Kombiableiter) nen satten 100 kA Blitz unschädlich macht.. Aber lasse mich da natürlich gerne eines Besseren belehren
Dipol
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Re: Blitzschutz / ÜSS im EFH

Beitrag von Dipol »

lagerregal hat geschrieben: Samstag 24. August 2024, 23:58 Wie ist denn das überhaupt, "helfen" Blitzstrom-/Überspannungsableiter in der Praxis wirklich?
Wenn ÜSE nutzlos wären, würden sich die Energieversorger oder Mobilfunkbetreiber solche Bauteile sparen, machen sie aber alle nicht.
lagerregal hat geschrieben: Samstag 24. August 2024, 23:58 Für mich ist das eher n Tool, das man einsetzt, damit man einerseits keinen Planungsfehler begeht und andererseits die Versicherung bezahlt, wenn mal n Blitz reingerauscht ist.
Wie man daran erkennen kann, sind auch Meinungen zu einer Materie möglich, mit der man sich zu wenig oder auch nicht befasst hat. :)
lagerregal hat geschrieben: Samstag 24. August 2024, 23:58Ich kann mir nicht wirklich vorstellen, das son kleines Plastikdinges (aka Kombiableiter) nen satten 100 kA Blitz unschädlich macht.. Aber lasse mich da natürlich gerne eines Besseren belehren
  1. Seit dem Spitzenjahr 2007 hat die im globalen Vergleich schon niedrige Blitzdichte in D wellenförmig stark abgenommen.
  2. ist Blitz nicht gleich Blitz und ein galvanisch eingekoppelter LEMP mit 100 kA bereits sehr selten (durchschnittliche Medianblitze haben bei uns um 25 kA, in Österreich nicht einmal die Hälfte).
  3. sind mittelbare Überspannungsschäden aus induktiven Einkopplungen und Schalthandlungen mit für SPD 2 Überspannungsableiter beherrschbarer Impulsform 8/20 µs viel häufiger und
  4. kommt es auch auf das wo und wie von Schutzmaßnahmen an.
Wo alle Kabel auf bzw. unter Erdniveau nach dem Single-Entry-Point-Prinzip eingespeist werden ist der Schutz mit ÜSG viel einfach und wirkungsvoller umzusetzen als bei Freileitungseinspeisung oder weiteren Blitz-Bypässen von Dachantennen, PV-Anlagen, Wetterstationen usw. deren Kabel und Erdungs- sowie Potentialausgleichsleiter gewöhnlich nicht außen ohne gefährliche Näherungen abgeführt und erst auf Erdniveau in die Gebäude eingeführt werden.

Bei Gebäuden mit Freileitungsanschluss und Zählerschrank im UG kann die Wirkung von Blitz- und Überspannungsschutz im Zahlerschrank "perfekt" entwertet werden, indem die Stromleitungen ohne ausreichend isolierende Trennungsabstände in gleichen Schacht parallel zu den Leitungen vom Dachständer wieder nach oben verlegt werden.

Ein SPD am Dachständer mit einem zusätzlich innen verlegten Potentialausgleichsleiter wie im Bild 3 des ZVEH-Flyers empfohlen bewirkt zwar eine Blitzstromaufteilung, aber bei hohen Blitzstromladungen keinen Vollkaskoschutz, weil auch die aufgeteilten Blitzströme noch von allen Leitern induktiv auf andere Leiter eingekoppelt oder wort-case auch als Lichtbogen überspringen können.
laut&hell
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Re: Blitzschutz / ÜSS im EFH

Beitrag von laut&hell »

Dipol hat geschrieben: Sonntag 25. August 2024, 14:36 Bei Gebäuden mit Freileitungsanschluss und Zählerschrank im UG kann die Wirkung von Blitz- und Überspannungsschutz im Zahlerschrank "perfekt" entwertet werden, indem die Stromleitungen ohne ausreichend isolierende Trennungsabstände in gleichen Schacht parallel zu den Leitungen vom Dachständer wieder nach oben verlegt werden.
Das wäre bei innen verlegten Ableiter vom SPD hier leider der Fall - auch wenn es sich dabei dann nicht direkt um die Leitung vom Dachständer handelt, sondern um die Ableitung vom SPD zum Erder, der aber ja das gleiche Gefährdungspotential beinhaltet für Überschläge. Das entsprechende Spannungspotential dürfte hier ja noch vorhanden sein, die kürzeste Strecke als Gesamtlänge vom Dachständer zum Erder dürfte auf diesem Weg bei rund 30m liegen. Oder kann ein SPD Typ 2 in < 10m Abstand hier die potentiell eingekoppelten Spannungen ausreichend abbauen?
Dipol hat geschrieben: Sonntag 25. August 2024, 14:36 Ein SPD am Dachständer mit einem zusätzlich innen verlegten Potentialausgleichsleiter wie im Bild 3 des ZVEH-Flyers empfohlen bewirkt zwar eine Blitzstromaufteilung, aber bei hohen Blitzstromladungen keinen Vollkaskoschutz, weil auch die aufgeteilten Blitzströme noch von allen Leitern induktiv auf andere Leiter eingekoppelt oder wort-case auch als Lichtbogen überspringen können.
... Das leuchtet ein, bringt die angedachte Außenableitung (selbstverständlich unter äquivalenter Vermeidung von Näherungen zu im Gebäude vorhandenen leitfähigen Bauteilen oder Leitungen) direkt hinter dem Dachständer zum Erder hier aber die gewünschten Vorteile bzw. eine Verringerung des Schadens?
Dipol
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Re: Blitzschutz / ÜSS im EFH

Beitrag von Dipol »

laut&hell hat geschrieben: Sonntag 25. August 2024, 17:21 ... Das leuchtet ein, bringt die angedachte Außenableitung (selbstverständlich unter äquivalenter Vermeidung von Näherungen zu im Gebäude vorhandenen leitfähigen Bauteilen oder Leitungen) direkt hinter dem Dachständer zum Erder hier aber die gewünschten Vorteile bzw. eine Verringerung des Schadens?
Jede Medaille hat zwei Seiten.

Dem Vorteil von Außenableitungen ohne Näherungen steht entgegen, dass damit eine flächengrößere Schleife gebildet wird, welche aus Naheinschlägen mehr Potential aufnehmen kann. Blitzströme teilen sich auf die Leiter weitgehend querschnittsunabhängig auf. Aber wie bei Antennenerdungen ergibt sich bei Außenableitung ein längerer Leitungsweg und folglich ein höherer induktiver Widerstand der sich zwangsläufig nach Kirchhoff auch auf die Blitzstromverteilung zwischen den verschiedenen Leitern auswirkt.
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