Wiedereinschalten seitens EVU

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Tobi P.
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Re: Wiedereinschalten seitens EVU

Beitrag von Tobi P. »

Moin,

hier mal zwei Bilder aus dem Einsatzgebiet. Nummer 1 zeigt die provisorische Versorgung eines Gebäudes über Anschlusspeitsche und Netzersatzanlage (die in diesem Fall über eine weitere Anschlusspeitsche noch eine Wohneinheit mit intakter Elektroanlage sowie im Aussenbereich .eine Verteilerstrecke zur eigenverantwortlichen Nutzung durch die Anwohner versorgt hat.
Einspeisung_NEA.jpg


Nummer 2 zeigt was partiell passierte nachdem der Netzbetreiber bis zum HAK wieder zugeschaltet hat. An diversen Punkten wurden die in Betrieb befindlichen HAKen zur Einspeisung von Baustromverteilern - teils im jeweiligen Gebäude, teils auf der Straße für die Nutzung durch angrenzende Haushalte - genutzt sofern die Anlagenbetreiber das wünschten. Für die VDE-Fraggles hier mag das kaum vorstellbar sein aber das ist tatsächlich ein real in Betrieb befindlicher Aufbau. Man muss dabei immer daran denken dass es sich um ein Katastrophengebiet handelt, mit herkömmlichen Maßstäben kann man da nicht rangehen (nichtsdestotrotz existiert für jeden der von uns montierten Baustromverteiler natürlich auch ein Messprotokoll und ja, es wurde auch tatsächlich gemessen und nicht gewürfelt). Wer sich jetzt fragt wo der Zähler abgeblieben ist - es gibt schlicht und ergreifend keinen. In den anderen Baustromverteilern auch nicht und in den Zähleranlagen die überlebt haben auch nicht. Der VNB verzichtet zur Zeit ganz einfach drauf :)

Baustrom.jpg
IH-Elektriker
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Re: Wiedereinschalten seitens EVU

Beitrag von IH-Elektriker »

Tobi P. hat geschrieben: Mittwoch 4. August 2021, 13:56 Für die VDE-Fraggles hier mag das kaum vorstellbar sein aber das ist tatsächlich ein real in Betrieb befindlicher Aufbau. Man muss dabei immer daran denken dass es sich um ein Katastrophengebiet handelt, mit herkömmlichen Maßstäben kann man da nicht rangehen (nichtsdestotrotz existiert für jeden der von uns montierten Baustromverteiler natürlich auch ein Messprotokoll und ja, es wurde auch tatsächlich gemessen und nicht gewürfelt). Wer sich jetzt fragt wo der Zähler abgeblieben ist - es gibt schlicht und ergreifend keinen. In den anderen Baustromverteilern auch nicht und in den Zähleranlagen die überlebt haben auch nicht. Der VNB verzichtet zur Zeit ganz einfach drauf :)
Exakt so sieht das aus. Es ist eine Notversorgung im Katastrophengebiet welche einfach zum funktionieren gebracht werden muss. Normen und Anschlussbedingungen sind da jetzt erst mal Nebensachen, es muss funktionieren und insofern sicher sein das niemand einen elektrischen Schlag bekommt oder das ganze Konstrukt sofort abfackelt - aber ob da alles bis zur letzten Klemme jetzt Normkonform ist - uninteressant.

Bis in den Katastrophengebieten wieder alles normal läuft und alles repariert ist dürfte es noch eine ganze Weile dauern. Provisorien und Behelfslösungen werden die Bewohner dort noch eine relativ lange Zeit begleiten - vielleicht sogar jahrelang....

Für das was da viele freiwillige Helfer von Feuerwehr, THW und Rettungsdienst, aber auch die vielen sonstigen Helfer dort leisten kann man denen gar nicht oft genug danken.

Von uns aus der Gegend (N.-Bayern) war/ist wohl auch eine Fachgruppe Stromversorgung des THW vor Ort um zu helfen - und auch vom BRK und anderen Hilfsorganisationen sind und waren Helfer vor Ort um wenigstens eine Grundversorgung sicher zu stellen und zu helfen.

bravo1
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Tobi P.
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Re: Wiedereinschalten seitens EVU

Beitrag von Tobi P. »

Moin,
IH-Elektriker hat geschrieben: Mittwoch 4. August 2021, 16:46 Von uns aus der Gegend (N.-Bayern) war/ist wohl auch eine Fachgruppe Stromversorgung des THW vor Ort um zu helfen
das ist sehr gut möglich. Wir hatten für unseren Einsatzabschnitt eine eigene Einsatzabschnittleitung (EAL) Elektroversorgung in Euskirchen aufgebaut und allein dort zeitweise bis zu elf Fachgruppen Elektroversorgung koordiniert. Und das war ja nicht der einzige Einsatzabschnitt, da schwirrte (und schwirrt) an Fachgruppen aus dem Bereich der Elektroversorgung und Infrastruktur also noch viel mehr rum. Unsere Einsatzaufträge umfassten dabei allerdings nicht nur Notversorgung und provisorische Instandsetzungen sondern auch Erkundung der Netzabschnitte im Auftrag des Netzbetreibers um Schäden festzustellen. Hier auch noch mal ein herzliches Danke an Westnetz die uns dafür unter anderem ein Ipad und einen Zugang zum internen Geo-Informationssystem zur Verfügung gestellt hat dank1 Ach ja - und nen Mitarbeiter, ebenfalls THWler :)


Gruß Tobi
IH-Elektriker
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Re: Wiedereinschalten seitens EVU

Beitrag von IH-Elektriker »

Was mich mal interessieren würde: die ganzen Fachgruppen haben ihr Material mitgebracht und aufgestellt, vom Moppel bis zum Verteiler, Leitungen usw. - das wird ja denke ich auch noch etwas länger (Wochen bzw. Monate....) dort stehen bleiben müssen bis eben eine "normale" Versorgung aufgebaut wurde.

Sollte es jetzt kurzfristig nochmals zu einem ähnlichen Ereignis irgendwo in Deutschland kommen (tagtäglich gibt es ja Warnungen vom DWD vor Unwettern in diesem Sommer) - gäbe es dann noch genügend Materialreserve ?

Manpower dürfte sich leichter abziehen und umverteilen lassen, zumal ja im laufenden Betrieb sicherlich weniger Kameraden benötigt werden als während der "heißen" Aufbauphase....

Gibt es da noch genügend Reserven - oder wäre das dann der Zeitpunkt wo quasi nichts mehr ginge - von einer zweiten Hochwasserwelle im gleichen Gebiet, daran will ich nicht mal denken (...wenn dann in den braunen Fluten blaue THW-Aggregate treiben und so...) - das wäre der Supergau, ganz klar.

Ich finde es auf jeden Fall richtig gut was da alles auf die Beine gestellt wurde durch die Hilfsorganisationen die ja größtenteils mit ehrenamtlichen Helfern arbeiten, auch wenn viele Stimmen sagen das da etliches nicht gut gelaufen sei und es massenhaft Probleme gab. Das ist doch logisch, so etwas, so ein Großeinsatz hat immer am Anfang eine absolut chaotische Phase wo man quasi im absoluten Augenblick versucht nicht abzusaufen (wortwörtlich), das da nicht alles sofort und super klappt sollte eigentlich klar sein....
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Elt-Onkel
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Re: Wiedereinschalten seitens EVU

Beitrag von Elt-Onkel »

Hallo,

das THW hat Material für zwei Großschadenlagen in Deutschland.

Danach ist Schluß mit Lustig.

Jetzt also z.B. noch eine Stumflut der Nordsee in der Deutschen Bucht,
(3 Bundesländer) dann bleibt für die restlichen 11 Bundesländer
nur noch: Hilf dir selbst, sonst hilft dir keiner.


...
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Tobi P.
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Re: Wiedereinschalten seitens EVU

Beitrag von Tobi P. »

Moin,

irgendwann ist Ende im Gelände. Dass man große Gebiete in Deutschland über längere Zeit flächendeckend mittels NEAen und mobiler Infrastruktur versorgen kann ist allenfalls Wunschdenken politischer Akteure die von Elektrotechnik so viel Schimmer haben wie ich von Astrophysik.
Aber ich kann dir zumindest sagen dass die von der EAL Elektroversorgung Euskirchen koordinierten E-Gruppen ihr Material zu fast 100% wieder mitgenommen haben als sie abgerückt sind.

Wir haben im Prinzip in unserem Einsatzabschnitt so lange über unsere Aggregate und Verteilermaterial versorgt bis der VNB sein Netz wieder am Laufen hatte. Anschliessend haben wir dann begonnen unseren Kram zurückzubauen und Baustromverteiler aufzubauen. Die kamen aber nicht von uns sondern zum einen von Westnetz und zum anderen von privaten Verleihern. Dazu kommt noch dass viele Anwohner sich auch bereits in Eigenregie über ihre Elektriker mit Baustromverteilern oder teilweise auch bereits neuen Hauptverteilungen versorgt haben. Momentan flitzen da oben jede Menge Elis rum um die Kundenanlagen instand zu setzen oder zumindest provisorisch ans laufen zu bekommen.

Damit stehen wir mit unserem Material jetzt wieder für neue Einsatzaufträge zur Verfügung.


Gruß Tobi
IH-Elektriker
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Re: Wiedereinschalten seitens EVU

Beitrag von IH-Elektriker »

Besten Dank für den Einblick in die "elektrische" Bewältigung des Hochwassers. dank1
froebel88
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Re: Wiedereinschalten seitens EVU

Beitrag von froebel88 »

Zur Not gibs ja auch noch die Bundeswehr. Die dürften auch nennenswerte Mengen an Elektrogedöns rumliegen haben, würde ich mal vermuten.. (Allein das Elektromaterial was für den Betrieb eines Feldlagers in z.B. Afghanistan gebraucht wird ist ja schon nicht unerheblich..)
Corioliskraft
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Re: Wiedereinschalten seitens EVU

Beitrag von Corioliskraft »

Gutes Beispiel Afghanistan.

Es würde doch alles dort gelassen, oder nicht?
IH-Elektriker
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Re: Wiedereinschalten seitens EVU

Beitrag von IH-Elektriker »

froebel88 hat geschrieben: Donnerstag 19. August 2021, 03:10 (Allein das Elektromaterial was für den Betrieb eines Feldlagers in z.B. Afghanistan gebraucht wird ist ja schon nicht unerheblich..)
Also wenn ich das richtig auf Bundeswehr-TV in Youtube gesehen habe dann haben die fast ausschließlich das militärische Material nach Deutschland zurückverlegt. So Dinge wie Schreibtische, Möbel oder andere mehr oder weniger "zivile" Dinge sind wohl im Land verblieben und wurden unter den "Locals" versteigert bzw. teilweise auch vor Ort verschrottet.

Es lohnt wohl der Heimtransport nach Deutschland nicht, eine Neubeschaffung bei erneutem Bedarf ist wohl kostengünstiger.
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