Unterverteilung im Neubau - ist das wirklich okay so?

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Jtb
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Unterverteilung im Neubau - ist das wirklich okay so?

Beitrag von Jtb »

Wir ziehen demnächst in ein neues Büro und hatten die Gelegenheit auf die noch nicht fertiggestellte Stromverteilung einen Blick zu werfen...

Da ich nur Strom nur verwende, um Bits&Bytes zu verarbeiten, weiß ich nun nicht, ob ich das ganze richtig verstehe... Da im Netzwerkbereich so einiges im Argen war (z.B. keine Erdung des Patchpanels, welches an die Wand gedübelt wurde), habe ich mir mal eine UV angeguckt...


In dem Stockwerk (also an dem UV) sind:
* Zwei Durchlauferhitzer
* Ein Herdanschluss
* Eine Klimaanlage als Splitgerät mit drei Phasen
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IMG_20200331_125438.png
Meine Fragen:
  • Gibt es Gründe, das ganze als Aufputz zu machen?
  • Müssten es nicht mehr RCDs sein? Da sind immerhin 2*8 + 12 -> 28 LS-Schalter. Ein RCD hat 12 und der andere 16 hinter sich
  • Brauchen Drei-Phasen Verbraucher (Herd, Klimaanlage, Durchlauferhitzer) nicht einen all-phasigen LS-Schalter?
  • Ist es normal Wagos in der UV zu verwenden? (Ich tippe auf Kreuzschaltung)?
  • Ist die Dimensionierung okay?
  • Ist es okay, die Phasenschiene so auf den RCD zu setzen (N -> L1, aber scheinbar ist hier einfach die Klemme an der Schiene entfernt)
  • Ist eine längere Abisolierung okay so? Blaue Neutralleiter und
  • Fehlt da nicht eine Zugentlastung (die Zuleitung ist hinter den anderen Kabeln versteckt, vielleicht ist sie ja fest...)?
  • Gibt es einen Grund (außer nicht fertig), dass ein LS-Schalter gar nicht verwendet wird und andere, abisolierte Leitungen nirgends angeschlossen sind - siehe mittlere Reihe rechts?
  • Kann die Erstprüfung noch vorgenommen werden, wenn schon Geräte angeschlossen wurden?
Vielen Dank an alle Antworter :)
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Elt-Onkel
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Re: Unterverteilung im Neubau - ist das wirklich okay so?

Beitrag von Elt-Onkel »

Hallo,

für den Anfang ja ganz schön.

Immerhin Kappen auf den Schienen.
Das sieht man selten.

Stören würden mich die blanken Adern.
Das ist nicht fingersicher.

Für Wagos gibt es extra Halter für 35mm-Schienen.
Kann man nachrüsten.

Ganz schön viele NYM-Kabel gebündelt.
Dann alles mit B16 abgesichert.
Vermutlich 3 x 1,5 mm².
Wer hat die Wärmebelastung ausgerechnet ?

Bitte mal das Prüfprotokoll abfotografieren.


mega_ohm
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Re: Unterverteilung im Neubau - ist das wirklich okay so?

Beitrag von mega_ohm »

Hallo,
ich gehe mal davon aus (hoffe es ), dass diese UV keine Elektrofirma "gebastelt" hat.
- Wago- Klemmen, aus welchem Grund auch immer, haben in einer Verteilung nicht zu suchen. Wenn mich nicht alles täuscht, muß jede Klemmstelle
zu einem Stromkreis zuordnungsbar sein (z. Bsp auch im E- Plan als -X?? ). Ausserdem ist eine Verteilung keine Abzweig-/ Klemmdose.
- blanke Adern oder "frei fliegende Drähte" !!! :schimpf: - geht überhaupt nicht
- wie die Adern auf die Betriebsmittel aufgelegt wurden … jede Fingersicherheit wurde da ignoriert.
Soviel zur "Schönheit" … und die Verlegung / Verdrahtung ist auch "saumäßig" - mein Lehrmeister hätte mich dafür verdroschen. Eine UV ist immer
auch ein Aushängeschild der Installations- Firma. Bei diesem Drahthaufen will ich die Firma gar nicht kennen.

Ob die Installation nun Aufputz ausgeführt wurde, liegt sehr wahrscheinlich am Auftrag. Eine saubere AP- Installation (LF- / BR- Kanal ) in einem Büro
kann sehr schön aussehen und ist zudem noch praktisch, weil nachrüstbar.(wenn Reserven mit kalkuliert wurden )

Die Zugentlastung sehen wir nur nicht, die ist im Kanal ausgeführt worden bzw. ist der Kanal nur 20cm hochgeführt und die Kabel liegen eigentlich
in Schutzrohr waagerecht im Fußboden :)

Heute gibt es so tolle LS/FI's - dass da (ein E- Plan liegt mir nicht vor, deswegen kann ich nur vermuten ) so viele Stromkreise einem FI zugeordnet werden, geht für mich auch überhaupt nicht. Ein PC- Netzteil "spinnt" und die halbe Etage sitzt danach im Dunklen.
Zu dem würde mich mal die Vorsicherung vor den FI's und die Selektivität interessieren.

Die Erst- Prüfung kann schon funktionieren, wenn z. Bsp. N- Trenn- Klemmen verbaut wurden.

Eigentlich sehe ich nur "dünne Drähte" --> wo ist denn eigentlich der Durchlauferhitzer aufgelegt und welche Leistung hat der ?

Mfg mega_ohm
froebel88
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Re: Unterverteilung im Neubau - ist das wirklich okay so?

Beitrag von froebel88 »

Auf den ersten Blick..

- Reihenklemmen fehlen
- Verteilung ist zu voll (30% Reserve)
- kein Überspannnungsschutz
- Zu viele Automaten pro FI
- Lose Klemmen in der Verteilung

Im Neubau geht das gar nicht
Olaf S-H
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Re: Unterverteilung im Neubau - ist das wirklich okay so?

Beitrag von Olaf S-H »

mega_ohm hat geschrieben: Donnerstag 2. April 2020, 01:55 ... wie die Adern auf die Betriebsmittel aufgelegt wurden … jede Fingersicherheit wurde da ignoriert. ...
Moin mega_ohm,

die Fingersicherheit wird beim Bedienen, nicht aber beim Arbeiten benötigt. Insofern ist es in Ordnung, da die Fingersicherheit durch das Gehäuse besteht.

Gruß Olaf
Dies ist keine rechtsverbindliche Auskunft sondern meine Meinung bzw. mein Tipp für den Bereich der Bundesrepublik Deutschland! Die einschlägigen Normen/Vorschriften (z. B. DIN, VDE, TAB, DGUV, TRBS, BekBS, NAV, EN, LBO, LAR, ArbStättV, BetrSichV, ProdSG, ...) sind zu beachten. Ein Rechtsanspruch kann hieraus nicht abgeleitet werden. Die Nennung von Fundstellen in Regelwerken stellt keine Rechtsberatung sondern nur die Sichtweise des Verfassers dar.
vde1
Für elektrotechnische Laien gilt: Dieser Beitrag erläutert die technischen Zusammenhänge. Die Umsetzung obliegt den konzessionierten Fachbetrieben (§13(2)NAV).

"Wer eine Handlung begeht, der übernimmt auch alle daraus folgende Pflichten." §33 I-3 prALR 1794
Olaf S-H
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Re: Unterverteilung im Neubau - ist das wirklich okay so?

Beitrag von Olaf S-H »

Moin Jtb,

für einen Neubau ist das Ding "nicht schön". Was wurde denn Bestellt bzw. ausgeschrieben. Im Nachgang zu meckern ist immer sehr einfach.

Ich sehe es auch so, dass man die Anzahl der LSS hinter einem RCD stark begrenzen muss. Auch ein Überspannungsschutz ist erforderlich. Wenn es sich um eine gewerbliche Nutzung handelt, dann sind Neutralleiter-Trennklemmen erforderlich.

Wago-Klemmen haben dort nichts zu suchen - normativ aber sehr schwer zu greifen (es ist eine Schaltgerätekombination und keine Abzweigdose). Dreipolige LSS sind immer dann erforderlich, wenn aus einem Drehstromkreis Wechselstromkreise gebildet werden oder der Ausfahl eines Außenleiters eine Gefährdung hervorruft.

Auch ein Dauerthema: EU-Konformitätserklärung zur Verteilung und die zugehörige CE-Kennzeichnung.

Gruß Olaf
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Wulff
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Re: Unterverteilung im Neubau - ist das wirklich okay so?

Beitrag von Wulff »

Ergänzend zum vorgesagten:

Sieht nach Quick&Dirty aus, wenn du schon weitere Fehler (Erdung Panel) gefunden hast, eher sehr Dirty neben dem Qick.

Existieren denn Beschriftungen der Geräte, Legende und Meßprotokolle (Strom, Daten) (Vom Stromlaufplan ganz zu schweigen ? Das Foto ohne Verteilungsabdeckung zeigt dann nicht alles. Auch sind leider die Beschriftungen der Einbaugeräte (B16/32, RCD) aufgrund der Auflösung nicht zu erkennen...

Wo ist eigentlich der Hauptschalter?
Trumbaschl
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Re: Unterverteilung im Neubau - ist das wirklich okay so?

Beitrag von Trumbaschl »

Mir wurde letztes Jahr glaubwürdig versichert, dass in irgendeiner VDE-Norm mittlerweile eine Maximal-Anzahl von sechs LSS pro 4-poligem FI gefordert wurde, um den Summen-Ableitstrom in Grenzen zu halten. Stimmt das? Wenn ja, müssen wir hier ja gar nicht mehr weiter diskutieren. In meiner Planungszeit hätten wir in einer gewerblichen Anlage sowieso nie mehr als das verbaut, allerdings auch im Hinblick auf Reserve! Da war die Faustregel ein FI pro Reihe und maximal 6 LSS (1+N in 2 TE Breite), dazu die 30% Reserve gleichmäßig auf die Reihen aufgeteilt.
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Tobi P.
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Re: Unterverteilung im Neubau - ist das wirklich okay so?

Beitrag von Tobi P. »

Moin,

ja, das wurde auch an mich herangetragen. Ich hab aber in keiner irgendwie damit zu tun habenden VDE eine genau festgelegte Anzahl an LSS pro FI finden können. Gibts nämlich auch nicht. Der Herantragende begründete seine Meinung mit der Summe der sich aus DIN VDE 0701-0702 ergebenden max. Ableitströme von 3,5mA pro Gerät. Wie der dabei auf genau sechs LSS kam ist mir aber zwischenzeitlich wieder entfallen. Der ratlose Gesichtsausdruck als ich auf Geräte mit bauartbedingt erhöhtem Ableitstrom im Hinblick auf diese Konstruktion hinwies allerdings nicht, den hab ich noch genau im Kopf :D
Eine weitere diesbezügliche Meinung vom Dozenten an der Meisterschule: Bei mehr als drei LSS pro Aussenleiter wird der Nennstrom des FI um 1A überschritten (er bezog sich auf einen 63A-FI und 16A LSS) => nicht zulässig. Mein Einwand dass genau dafür die Gruppenvorsicherung da ist wurde abgeschmettert. Mein weiterer Einwand dass zb bei Eaton bestimmte FI-Baureihen überhaupt nicht mit Nennstrom vorgesichert werden dürfen wurde ebenfalls abgeschmettert und nach einem Blick ins entsprechende Datenblatt mit "Muss ein Druckfehler sein" abgetan doh1


Gruß Tobi
karo1170
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Re: Unterverteilung im Neubau - ist das wirklich okay so?

Beitrag von karo1170 »

Tobi P. hat geschrieben: Donnerstag 2. April 2020, 14:19Der Herantragende begründete seine Meinung mit der Summe der sich aus DIN VDE 0701-0702 ergebenden max. Ableitströme von 3,5mA pro Gerät. Wie der dabei auf genau sechs LSS kam ist mir aber zwischenzeitlich wieder entfallen.
Vermutlich hat er sich auf die hier beschriebenen Änderungen (Reduktion Ableitströme) der 0100-410 und 0100-530 bezogen...

https://elektrohelden.rexel.de/de-de/fo ... -6-sind-da
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