Frequenzumrichter absichern (Bohrmaschine / 3phasig an 1 phasig)

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The EYE
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Frequenzumrichter absichern (Bohrmaschine / 3phasig an 1 phasig)

Beitrag von The EYE »

Moin,

nach längerer Zeit mal wieder ein Beitrag von mir. Diesmal auch direkt mit Frage.

Ich habe eine alte IXION BT13 (Standbohrmaschine) in meinem Keller. Noch unrestauriert. Leider habe ich in meinem Kellerraum keinen Drehstrom (die Maschine ist auch zu schwer, um sie regelmäßig durch den Kellerflur in die Tiefgarage zu schleppen, um dort das Garagentor seiner 32A-Steckdose zu entreißen :rolleyes: ). Aufbereitung ist geplant aber Prioritäten sind gerade anders - daher soll sie endlich mal für mich nutzbar werden. Habe ansonsten nämlich keine Standbohrmaschine.

Ich möchte die Maschine über einen Frequenzumrichter (FU) betreiben. Dazu liegt schon ein SIEMENS Micromaster Vector 6SE3213-6CA40 / Gerätetyp MMV75/2 bereit. Laut Bedienungsanleitung (Auszug angehängt, vollständig hier zu finden: https://cache.industry.siemens.com/dl/f ... U530-E.pdf) ist hier eine Vorsicherung von 16 A vorgesehen. Bzgl. des Nennstroms finden sich dort folgende Angaben:
Eingangsstrom (I rms)(1AC/3AC): 8.2/4.7A
Die zukünftige Zuleitung für den FU (Schuko-Steckdose) ist mit 16 A abgesichert (Sicherung sitzt im Verteiler der Wohnung ein Stockwerk höher). Der FU soll in einem Verteilerkasten neben der Bohrmaschine landen. Ich würde gerne in diesem Kasten noch eine Vorsicherung setzen. Um die Selektivität zu wahren, würden 10 A passen. Bei den Angaben für die Eingangsströme sehe ich auch keinen Grund dies nicht zu tun.

Nur zur eigentlichen Frage: Übersehe ich etwas? Oder gibt Siemens hier die 16 A nur an, da diese günstiger zu bekommen sind und "auch passen"?

Viele Grüße
Max
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1751-U530-E_TechnischeDaten.pdf
Auszug aus Bedienungsanleitung für FU
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Unabhängig meines Beitrages sind alle relevanten Vorschriften immer zu beachten!
melange
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Re: Frequenzumrichter absichern (Bohrmaschine / 3phasig an 1 phasig)

Beitrag von melange »

4 Dinge fallen mir ein.

1. Der FU wird an seinem Ausgang auch nur maximal 230V liefern können. Die Bohrmaschine hat eine Nennspannung von 400V.
Wenn nun der Motor der Bohrmaschine im Stern angeschlossen ist, könntest du auf Dreieck umklemmen.
Schau mal in den Klemmenkasten, ob das so ist bzw möglich ist.

2. Wegen der internen Filterkondensatoren ist mit höheren Ableitströmen, auch höherfrequent, auf dem PE zu rechnen.
Was sagt ein evtl. vorgeschalteter RCD dazu.

3. Bei Einbau des FU in einen Kasten unbedingt auf ausreichende Lüftung achten. Die Verlustwärme muss irgendwo hin.

4. Siemens schlägt eine NH-Schmelzsicherung vor. Also 16A LSS vor 10A Schmelzsicherung. Selektivität beachtet ?

Gruß
melange
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The EYE
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Re: Frequenzumrichter absichern (Bohrmaschine / 3phasig an 1 phasig)

Beitrag von The EYE »

Vielen Dank für die guten Hinweise und Rückfragen.

1. Stern- / Dreieckschaltung
Versorgung mit 3x 230V habe ich vor. Motor kann auf Dreiecksschaltung umgeklemmt werden. Ich kann bei Bedarf gerne Bilder von Anschlussklemmen und Typenschild machen. Dann ist auch genau klar wovon hier die Rede ist :)

2. FU + FI
Habe noch einmal in der Anleitung nachgeschlagen:
1.3.2 Einsatz von FI-Schutzschaltern
Unter folgende Bedingungen, ist ein Betrieb von Umrichtern an FI- Schutzschaltern möglich:
· 1-phasig:
FI- Schutzschalter mit 300mA (Typ A) zulässig
· 3-phasig:
Es müssen Allstromsensitive FI- Schutzschalter mit 300mA (Typ B) vorgesehen werden.
· An einem FI- Schutzschalter darf nur ein Umrichter betrieben werden.
· Der Nulleiter des Versorgungsnetzes muß geerdet sein.
· Die Motorleitungen dürfen nicht länger als 50m geschirmt oder 100m ungeschirmt sein
· Die Pulsfrequenz (P076) darf max. 4kHz betragen
Auslösecharakteristik habe ich geprüft - für dieses Modell ist der verbaute Typ A zulässig. Allerdings ist von 300 mA die Rede. Der FI hier hat "natürlich" 30 mA. Bei einer kurzen Recherche kam heraus, dass es mit FUs (anderer Hersteller und auch von Siemens) keine Probleme mit 30 mA FIs gab (in den gefundenen Beispielen), wenn die FUs keine zusätzlichen Filter enthielten. Siemens schreibt z.B. hier: https://support.industry.siemens.com/cs ... 0&lc=de-WW
[...] Die Höhe des Ableitstroms hängt von vielen Faktoren ab, wie z.B. von der Kabeltype, dem Kabelaufbau und der Länge des Motorkabels, von der Umrichter Pulsfrequenz, der Ausgangsfrequenz des Umrichters sowie von der Verdrahtung und dem Aufbau des Umrichterschranks.

Besonders bei kleineren Umrichterbaugrößen (frame size) wie FS A soll gelegendlich ein 30mA FI-Schalter anstelle eines 300mA FI-Schalters einsetzt werden, es kann jedoch nicht garantiert werden, dass dies funktioniert.

Üblicherweise löst der FI-Schalter beim Einschalten des Umrichters aus, wenn der FI-Schalter zu klein gewählt wurde.

Insbesondere bei gefilterten Umrichtern (230V als auch 400V Umrichter) wird daher die Verwendung von sog. kurzzeitverzögerten FI-Schaltern empfohlen, um unnötige Auslösungen zu vermeiden. [...]
Nach aktuellem Kenntnisstand bin ich bereit den Betrieb an dem bestehenden FI zu testen. Zumal ich nicht vor habe den FU regelmäßig vom Netz zu nehmen. Sollte sich das als nicht praktikabel erweisen, muss man weitersehen. Einen kurzzeitverzögerten FI schließe ich aus Kostengründen aus. Für den Kellerbereich könnte man ggf. auch auf 300 mA umbauen und dann dort vorhandene Steckdosen über einen 30 mA FI absichern. Aber hier würde ich erst weiterdenken wollen, wenn es so nicht klappt.

3. Temperatur im Schaltschrank
Danke für den Hinweis. Ich könnte dem Kasten auch noch einen Lüfter spendieren. Am Besten gekoppelt an die Umgebungstemperatur im Kasten. Ich glaube der FU hat auch einen eigenen Lüfter. Vllt. reichen ihm daher schon Lüftungsschlitze? Es ist auch sehr unwahrscheinlich, dass die Bohrmaschine stundenlang am Stück laufen wird. Im Zweifel halte ich das Ausprobieren bei gleichzeitiger Überwachung der Temperatur im Schaltschrank für sinnvoll.

4. Selektivität
Guter Hinweis bzgl. Kennlinien Schmelzsicherungen zu Leitungsschutzschaltern doh1 Beim Einsatz von Siemens Produkten wäre eine Selektivität gegeben. Werden Hersteller gemischt, kann hiervon mMn. nicht ausgegangen werden. Darüber, dass die 16 A aber etwas hoch gegriffen sind, sind wir uns einig oder?

Viele Grüße
Max
Probator
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Re: Frequenzumrichter absichern (Bohrmaschine / 3phasig an 1 phasig)

Beitrag von Probator »

Für so kleine Leistungen sind sehr wohl Umrichter erhältlich, die an einem 30mA-FI keine Probleme machen. Das sind halt nicht die ganz billigen von Ebay.

Bei einer ganz alten Maschine würde ich auch auf einen ordentlichen Motor-Filter achten (vorzugsweise eingebaut im FU), damit die alte Wicklung nicht so stark belastet wird.
Wenn der FU einen eingebauten Bremschopper hat, kannst du auch schön einen Notaus mit anbauen, der die Maschine sogar noch schneller bremst als im Original.

Bei der Installation auf einen richtig ordentlichen Schutzleiter achten!
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The EYE
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Re: Frequenzumrichter absichern (Bohrmaschine / 3phasig an 1 phasig)

Beitrag von The EYE »

Erst jetzt gesehen, vielen Dank für die Rückmeldung sowie die guten Hinweise!
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