RCD Maschine mit Netzfilter

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Snippy30
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RCD Maschine mit Netzfilter

Beitrag von Snippy30 »

In unserer Schlosserei wurde ein neuer Stromschienenkanal installiert. Das alte System lief über einen 0,5mA RCD. Im neuen System sind jetzt Abgangskästen mit CEE 32A oder 16A für jede Maschine einzeln einsteckbar montiert. Alle Abzweigkästen haben einen 30mA FI-Schutzschalter vorgeschaltet. Leider gibt es bei zwei Maschinen das Problem, das diese den 30mA RCD wegen eingebauten Netzfiltern oder Frequenzumrichter zum Auslösen bringen. Ich habe jetzt vor bei beiden einen 300mA B+ RCD vorzuschalten.

Meine Fragen sind nun:

Die Maschine mit dem CEE16A würde ich nach Einbau direkt im Abgangskasten als Festanschluss mit einem 300mA B+ RCD anschließen.

Bei der Maschine mit dem 32A CEE Anschluss würde ich nur den RCD austauschen (300mA B+).

Dies müsste doch dann nach Norm sein?
Funker
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Re: RCD Maschine mit Netzfilter

Beitrag von Funker »

Hallo Snippy,

ich würde folgendes in Erwägung ziehen,

1. erstes einmal Ableitstrom, Differenzstrom vor Netzfilter (aus Richtung Störquelle, d.h. in Richtung Maschine) und nach Netzfilter (in Richtung Netz) messen.
2. Mit Maschinenhersteller besprechen ob der vermutliche 3 phasige Netzfilter gegen einen vierphasigen ableitstromarmen Netzfilter gewechselt werden kann.
Fehler liegt beim Maschinenhersteller, hätte das von vorn herein optional / alternativ mit anbieten müssen.
Kosten dann dafür nur Mehrkosten dreiphasig zu vierphasig, dann sollte das auch ein 30 mA RCD Typ B schaffen.
3. Prüfen ob Maschine in der Umgebung ohne Netzfilter betrieben werden kann, siehe auch VdS 3501.
4. Wenn das alles nicht geht, bei 32 A hat die Maschine um die 25 kW, dann geht auch Betrieb über einen zwischen geschalteten separaten Trafo als IT
Netz.
Olaf S-H
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Re: RCD Maschine mit Netzfilter

Beitrag von Olaf S-H »

Moin Snippy,

es ist auf alle Fälle eine Anfrage beim Hersteller hinsichtlich der hohen Ableitströme erforderlich.

Einfach einen anderen RCD einzubauen ist nicht die Lösung.

Gruß Olaf
Dies ist keine rechtsverbindliche Auskunft sondern meine Meinung bzw. mein Tipp für den Bereich der Bundesrepublik Deutschland! Die einschlägigen Normen/Vorschriften (z. B. DIN, VDE, TAB, DGUV, TRBS, BekBS, NAV, EN, LBO, LAR, ArbStättV, BetrSichV, ProdSG, ...) sind zu beachten. Ein Rechtsanspruch kann hieraus nicht abgeleitet werden. Die Nennung von Fundstellen in Regelwerken stellt keine Rechtsberatung sondern nur die Sichtweise des Verfassers dar.
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Für elektrotechnische Laien gilt: Dieser Beitrag erläutert die technischen Zusammenhänge. Die Umsetzung obliegt den konzessionierten Fachbetrieben (§13(2)NAV).

"Wer eine Handlung begeht, der übernimmt auch alle daraus folgende Pflichten." §33 I-3 prALR 1794
IH-Elektriker
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Re: RCD Maschine mit Netzfilter

Beitrag von IH-Elektriker »

Wie eine Maschine mit einem Ableitstrom größer 10mA ist ganz klar in der EN60204-1 unter 8.2.8 geregelt - entweder Schutzleiter mit mind. 10mm² Kupfer über die gesamte Länge oder einen zweiten Schutzleiter mit mindestens dem selben Querschnitt wie der erste Schutzleiter bis zu dem Punkt wo der Schutzleiter mehr wie 10mm² hat oder eine automatische Abschaltung der Versorgung bei Verlust der Durchgängigkeit des Schutzleiters.

Von einem RCD (mit 300mA) ist hier nirgends die Rede

Die EN60204-1 kennt in der aktuellen Ausgabe den RCD nur als alternative Methode und fordert keinen verpflichtenden Einsatz eines RCD - siehe auch EN60204-1/6.3.3 - theoretisch kann sogar eine Schukosteckdose in einer Maschine komplett ohne RCD ausgeführt werden - und das völlig normgerecht !

So die knallharte Normenlage im Bereich von Maschinen nach Maschinenrichtlinie. Das ein RCD sinnvoll ist steht auf einem anderen Blatt das aktuell eben nicht in der EN60204-1 enthalten ist.... ;)
2. Mit Maschinenhersteller besprechen ob der vermutliche 3 phasige Netzfilter gegen einen vierphasigen ableitstromarmen Netzfilter gewechselt werden kann.
Fehler liegt beim Maschinenhersteller, hätte das von vorn herein optional / alternativ mit anbieten müssen.
Kein Fehler vom Hersteller - er baut eine normgerechte Maschine !

Dazu kommt das von vielen Herstellern von Antriebssystemen bzw. Umrichtern ganz bestimmte Netzfilter für ihre Umrichter gefordert werden. Hier kann der Hersteller der Maschine nicht einfach einen anderen Netzfilter verbauten oder den Netzfilter weglassen. Und viele Antriebshersteller bieten eben nur 3-Polige Netzfilter an bzw. integriert diese in ihre Antriebssysteme.

Trotzdem würde ich den Hersteller konsultieren und ihn darum bitten eine nach der EN60204-1 aufgebaute Maschine zu liefern - vermutlich wirst Du bei den beiden Maschinen keinen zusätzlichen Anschluss für einen zweiten Schutzleiter finden oder eine der anderen Maßnahmen nach EN60204-1/8.2.8 - viele Hersteller wissen selbst nicht mal was sie eigentlich tun müssten, geschweige denn dass das deren Kunden wissen ;)
ThomasR
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Re: RCD Maschine mit Netzfilter

Beitrag von ThomasR »

Ich will hier um Gottes Willen keine Reklame machen aber Produkte dieser Firma haben uns geholfen: EPA.de

Dabei bieten die sowohl (zusätzliche) Filter als auch einen Ableitstromkompensator an, je nach Anwendungsfall. Damit war Ruhe.
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Snippy30
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Re: RCD Maschine mit Netzfilter

Beitrag von Snippy30 »

@Olaf S-H
Einfach einen anderen RCD einzubauen ist nicht die Lösung.
Die Maschine (Fräsmaschine) war vorher in der alten Stromschiene fest angeschlossen. Die Versorgung der Stromschiene lief über einen 500mA RCD, Typ A, In: 120A. Da ist es doch schon mal eine Verbesserung der Sicherheit, das Ganze über einen 300mA RCD laufen zu lassen, als wie über gar keinen.
Einen RCD würde ich aus brandschutztechnichen Gründen setzen.

@IH-Elektriker
Beide Maschinen haben wegen der hohen Ableitströme eine extra gelegten Schutzleiter von sogar 16A.
Funker
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Re: RCD Maschine mit Netzfilter

Beitrag von Funker »

Re: RCD Maschine mit Netzfilter
Zitat IH-Elektriker
 von IH-Elektriker » 26 Okt 2018 11:51

Fehler liegt beim Maschinenhersteller, hätte das von vorn herein optional / alternativ mit anbieten müssen.
Kein Fehler vom Hersteller - er baut eine normgerechte Maschine !
Normgerecht schon - aber nicht Gesetzeskonform, damit wären wir wieder bei der Gültigkeit der Normen als allgemein anerkannte Regeln der
Technik

EMV Richtlinie und EMV Gesetz
RICHTLINIE 2014/30/EU DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 26. Februar 2014
Gesetz über die elektromagnetische Verträglichkeit von Betriebsmitteln (Elektromagnetische-Verträglichkeit-Gesetz – EMVG 14.12.2016

fordern folgendes :

EMV – Definition - Elektromagnetische Verträglichkeit (E M V) ist die Fähigkeit einer Einrichtung oder eines Systems, in ihrer / seiner elektromagnetischen Umgebung zufriedenstellend zu funktionieren, ohne in diese Umgebung, zu der auch andere Einrichtungen gehören, unzulässige elektromagnetische Störgrößen einzubringen - IEC 60050 Teil 161

Das ist offensichtlich nicht gegeben.

EMV Gesetz führt dazu aus

EMVG Ausfertigungsdatum: 14.12.2016 - RICHTLINIE 2014/30/EU

(14) Hersteller von Betriebsmitteln, die zum Anschluss an Netze bestimmt sind, sollten diese so konstruieren, dass unter normalen Betriebsbedingungen eine unzumutbare Beeinträchtigung der Dienste von Netzen vermieden wird. Betreiber von Netzen sollten diese so aufbauen, dass Hersteller von Betriebsmitteln, die zum Anschluss an Netze bestimmt sind, keinen unverhältnismäßig großen Aufwand treiben müssen, um unzumutbaren Beeinträchtigungen der Dienste von Netzen vorzubeugen. Die europäischen Normungsgremien sollten dieser Zielsetzung (einschließlich der kumulativen Wirkung bestimmter elektromagnetischer Erscheinungen) bei der Ausarbeitung harmonisierter Normen auf angemessene Weise Rechnung tragen.

(15) Zum Schutz gegen elektromagnetische Störungen müssen den verschiedenen Wirtschaftsakteuren Pflichten auferlegt werden. Diese Pflichten sollten gerecht verteilt und so gestaltet sein, dass dieser Schutz erreicht wird.

Offensichtlich sind die derzeitigen Normenanforderungen und die Ausführungen der Antriebshersteller nicht dazu geeignet das zu Erreichen.

Fazit der schwarze Peter liegt beim Maschinen und Antriebshersteller.
Es braucht dazu aber einen guten Anwalt und Stehvermögen.
DBY656
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Re: RCD Maschine mit Netzfilter

Beitrag von DBY656 »

Hallo Snippy,

bei Festanschluß ist für die beiden Fräsmaschinen rein nach Norm gar kein RCD erforderlich.

Um einen "passenden" RCD einzubauen wäre eine Messung des vorhandenen Ableitstrom sehr sinnvoll. Dabei ist zu beachten das auch Störquellen von aussen ihren EMV-Müll in Richtung des Netzfilters der Maschinen schicken können. So ein Dyson-Händetrockner hat mir z.B. bei Messungen an einem Drehstromgerät am anderen Ende der Halle mal eben 1 mA Ableitrom (3 statt 2 mA) verursacht.

Gruß Markus
Olaf S-H
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Re: RCD Maschine mit Netzfilter

Beitrag von Olaf S-H »

Moin zusammen,

für mich ist immer noch die Frage offen, was der Hersteller vorgibt bzw. dazu sagt.

Gruß Olaf
Dies ist keine rechtsverbindliche Auskunft sondern meine Meinung bzw. mein Tipp für den Bereich der Bundesrepublik Deutschland! Die einschlägigen Normen/Vorschriften (z. B. DIN, VDE, TAB, DGUV, TRBS, BekBS, NAV, EN, LBO, LAR, ArbStättV, BetrSichV, ProdSG, ...) sind zu beachten. Ein Rechtsanspruch kann hieraus nicht abgeleitet werden. Die Nennung von Fundstellen in Regelwerken stellt keine Rechtsberatung sondern nur die Sichtweise des Verfassers dar.
vde1
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"Wer eine Handlung begeht, der übernimmt auch alle daraus folgende Pflichten." §33 I-3 prALR 1794
ThomasR
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Re: RCD Maschine mit Netzfilter

Beitrag von ThomasR »

Zumindest bei der Maschine mit FU wirst du möglicherweise ohne zusätzliche/alternative Filter in die "B-Falle" laufen. Die für FU's neuerdings vorgeschriebenen "B" RCD's erfassen nun einmal auch Ableitströme in einem höheren Frequenzbereich bis 2kHz. Gerade diese können sich so aufsummieren, dass ein 30mA "B" RCD unweigerlich anspricht.

Ein Typ "A" RCD mit 30mA hätte vorher möglicherweise gehalten, weil dieser den hohen Frequenzanteil gar nicht "gesehen" hätte. Dem 500mA alt-RCD war das weder genug Strom noch hat er diese Frequenzen überhaupt gesehen.

Hersteller um passende Filter fragen. Dieser könnte aber ablehnen, weil die Maschine zum Zeitpunkt der Entstehung normgerecht war. Also bleibt nur:

- Filter so tauschen, dass Ableitströme unter die jeweiligen Schwellen fallen
- Ableitstromkompensation einbauen

So haben wir das bewältigt.....
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