Aluleitungen

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dodo07
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Aluleitungen

Beitrag von dodo07 »

Hallo,

in einem Teil meiner Wohnung (Altbau, Ostberlin) sind noch Aluleitungen verlegt.

Der Übergang Kupfer-Aluminium dürfte ok sein (gepresst). Was mir aber Sorgen bereitet, ist, ob man bei Aluleitungen nicht spezielle Steckdosen bräuchte.
Heute war ein vom Vermieter geschickter Elektriker da, der sagte, alles sei in Ordnung, normale Steckdosen seien ok. Ich habe nun aber noch ein bisschen gegoogelt und mir scheint das so nicht zu stimmen. Was ich auch seltsam finde, dass ich im Alubereich meiner Wohnung beim Stecker einstecken (bei Netzgeräten, aber manchmal auch bei einer ausgeschalteten Steckerleiste), viel öfter und viel intensivere Lichtbögen produziere als im Kupferbereich.

Was meint Ihr?

Vielen Dank im Voraus!
HPG
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Beitrag von HPG »

Alu fliesst under Druck, desshalb müssen bei grossen Querschnitten besondere Klemmen benützt werden, bei kleinen hat man etwas das wie Drahtfedern aussieht über die Drähte geschoben.

Nur Alu unter die Klemme und nach einiger Zeit ist die Klemmung lose weil eben wie gesagt Alu unter druck fliesst.

Gruss HPG
dodo07
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Beitrag von dodo07 »

Gibt es denn spezielle Steckdosen für Aluleitungen? Sehen die irgendwie anders aus als die "normalen" Steckdosen? Hier bei mir sind jedenfalls überall dieselben Steckdosen verbaut - im Alu- und im Kuperbereich meiner Wohnung (Küche und Bad liegen übrigens im Kupferbereich, nur im Wohnzimmer und Arbeitszimmer sind Alukabel verbaut).

Und ist nur das Fließen des Aluminiums ein Problem - oder gibt es auch ein Korrosionsproblem bei Alukabeln und "normalen Steckdosen?

Ich habe jetzt mal schnell in drei Steckdosen reingeschaut (also bloß die Blende abgenommen, ich bin ja, wie ich gerade in meinem Profil gesehen habe, nur ein "Null-Leiter") und noch was Interessantes entdeckt: Bei einer Steckdose sind beide Kabel Aluminium (Schutzleiter gibt es ja sowieso keinen). In den beiden anderen Steckdosen steckt ein graues Kabel mit Alu und ein blaues Kabel mit Kupfer! Hatten die da in der DDR gerade mal ein bisschen Kupfer und haben daher gemischt?
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cyclist
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Beitrag von cyclist »

Moin nach Berlin!
In der ehemaligen DDR wurden standardmäßig Alu-Leitungen verwendet, da Kupfer als Rohstoff zu teuer war.
Bei großen Aderquerschnitten ist es auch heute immer noch üblich, Alu-Leitungen / -Kabel zu verwenden. Z.B. bei den Netzbetreibern (Leitungen in der Straße).

In deiner Wohnung wurde vermutlich mal nach der Wende irgendwann teilweise die Installation renoviert / erneuert. Und da wurde halt mit Kupfer installiert, wie auch vermutlich 3-adrig, statt 2-adrig.

Sind die Steckdosen mit den 2-adrigen Alu-Leitungen neueren oder älteren Datums?

Wie hat denn der Elektriker geprüft? Nur mal die Steckdosen aufgemacht und gekuckt? Oder mit einem richtigen Messgerät gemessen? Mit Messgerät meine ich nicht, das er mit einem sogenannten Duspol (einem zweipoligen Spannungsprüfer) geprüft hat, ob Spannung an den Kontakten anliegt.
Nur mit einem solchen Messgerät (z.B. sowas wie hier abgebildet z.B.) lässt sich richtig feststellen, ob die erforderlichen Mindestwerte gegeben sind.

Die älteren Steckdosen haben vermutlich alle nur Schraubanschlüsse (heutzutage praktisch nur noch Steckanschlüsse, die dauerhaft "guten" Kontakt gewährleisten sollen), hier besteht nach Jahren die Gefahr, bei Alu mehr, bei Kupfer nicht so sehr, dass das Material nachgibt, nicht mehr der erforderliche Kontaktdruck gegeben ist und dadurch bedingt es Übergangswiderstände gibt.
Hier könnte es beim Anschluss eines leistungsstärkeren Geräts es zu einer (erhöhten) Wärmeentwicklung kommen. Und wenn es zu warm wird, wirds u.U. heiß und wenns zu heiß wird, fängt es irgendwann an zu brennen oder schmoren...

Das die alten Leitungen nur 2-adrig sind, war früher (bis ca. Ende der 60er / Anfang der 70er) - hier wie drüben - die übliche Installationsart. Nannte sich klassische Nullung. Mittlerweile ist 3-adrig üblich und vorgeschrieben, sowie das alle Steckdosen im Wohnungsbereich über einen RCD (FI-Schutzschalter) abgesichert werden.
Eine Umrüstung wäre zwar durchaus sinnvoll, aber leider nicht zwingend gefordert - so denn die Installation damals nach den zu der Zeit geltenden Regeln / Normen ausgeführt wurde und danach keine Änderungen gemacht wurden, die eine "Aufrüstung" nötig gemacht hätten und wenn die erforderlichen Messwerte weiterhin ausreichend sind.
Stichworte hierzu sind u.a. "Bestandsschutz" u. klassische Nullung.

Der Schutzleiter ist bei einer 2-adrigen Installation im PEN (= PE Schutzleiter + N Neutralleiter) in einer der beiden Adern enthalten. Vom Schutzleiteranschluss in der Steckdose zu einen der Steckkontakte muss eine Brücke vorhanden sein.
Ansonsten darf die Steckdose so nicht verwendet werden!
Vorsichtshalber: Dieser Beitrag stellt keine, in diesem Forum nicht zulässige, Rechtsberatung dar.
Ciao + Gruss
Markus
dodo07
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Beitrag von dodo07 »

Danke für die ausführliche Antwort.

Der Elektriker hat nichts gemessen, sondern im Wesentlichen nur den Kopf über mich geschüttelt und die eine Steckdose, die mir am verdächtigsten vorkommt, weil die Steckerkontakte da immer besonders stark angegriffen werden, ausgetauscht gegen eine andere, gebrauchte Steckdose, die er halt so dabei hatte. Aber ich hatte den Eindruck, das war eine Alibihandlung.

Eine Brücke war an dieser Steckdose vorhanden, ich denke, das ist bei den anderen auch so.

Die Steckdosen sind nicht uralt und haben auch keine Schraubanschlüsse, sondern Steckanschlüsse.

Aber meine ursprünglichen Fragen bleiben: in anderen Foren habe ich gelesen, dass man bei Aluleitungen besondere Steckdosen bräuchte und dass Kontaktpaste verwendet werden sollte. Ist das so? Oder können Alukabel auch völlig gefahrlos in normalen Steckdosen sitzen? Soll ich was unternehmen oder nicht?

Und was mich, wie beschrieben, auch wunderte: in jedenfalls zwei der 2-adrigen Steckdosen (ich nehme an, in anderen auch, aber ich habe nicht alle angeschaut) ist eine Ader Alu und eine Ader Kupfer! Ich nehme an, das ist eher eine Kuriosität. Mich würde bloß interessieren, wie es dazu kommt. Und noch mehr, ob das an sich irgendwie gefährlich ist.
meisterglücklich
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Beitrag von meisterglücklich »

Steckdosen müssen für die Verwendung mit Aluminiumadern vom Hersteller zugelassen sein, bzw. dafür von diesem freigegeben sein.
Ein Klemmanschluß alleine sagt noch nichts über die Eignung aus, Stichwort ist hier die Kerbwirkung in den Leiter, was zum Abbrechen führen kann.
Von bestimmten Herstellern gibt es deshalb noch Steckdosen mit Schraubanschlüssen, weil die ihren Steckklemmen offenbar nicht trauen, andere sagen: Tut ein bischen Alupaste von WAGO rein und dann geben wir unser OK.
Ansonsten kleiner Tip für die Fachkräfte (außer ihr seid wirklich richtig alte Hasen mit Ostbiografie): Außer Schrauben gefühlvoll nachziehen, Finger weg von dem Gelump, keine Erweiterungen, keine Abzweige, Generalsanierung in Erwägung ziehen!
meisterglücklich
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Beitrag von meisterglücklich »

dodo07 hat geschrieben: Und was mich, wie beschrieben, auch wunderte: in jedenfalls zwei der 2-adrigen Steckdosen (ich nehme an, in anderen auch, aber ich habe nicht alle angeschaut) ist eine Ader Alu und eine Ader Kupfer! Ich nehme an, das ist eher eine Kuriosität. Mich würde bloß interessieren, wie es dazu kommt. Und noch mehr, ob das an sich irgendwie gefährlich ist.
Kleiner Exkurs in die Geschichte, für alle die nicht dabei waren (Opa erzählt vom Krieg...):

Wegen des Rohstoffmangels in der DDR wurde standardmäßig auf Aluminium zurückgegriffen, Alu war ohne Devisen problemlos zu besorgen und konnte leicht verarbeitet werden, deshalb wurde sogar das Geld aus Alu hergestellt.
Kupfer konnte man zwar aus befreundeten sozialistischen (auch afrikanischen) Staaten bekommen, aber erstens nicht so richtig billig und zweitens haben die Afrikaner selbst lieber in den Westen gegen hartes Geld ihr Kupfer verkauft.

Meines Wissens schlug sich die Bevorzugung von Aluminium sogar in den TGL-Vorschriften der DDR nieder, sinngemäß: es ist verboten, in Privathaushalten Kupfer zu installieren, Kupferadern durften nur im gewerblichen Bereich verbaut werden.
Durch die Mangelwirtschaft ist aber nicht auszuschließen, daß der eine oder andere Querschnitt oder die eine oder andere benötigte Farbe des notwendigen Leitermaterials nicht verfügbar war, da war dann Improvisieren gefragt.

Und wenn man eine vollständig zu damaliger Zeit in Kupfer installierte Wohnung vorfindet, kann man zu 100% sicher sein, daß die Anlage damals als Schwarzarbeit errrichte wurde...

Kleine Spezialität, mit der man immer noch die Fachkräfte verwirrt bekommt, sogenannte AlCu-Leitung, da sind die Leiter zwar aus Aluminium, aber mit einer dünnen Kupferschicht überzogen, Zweck der Sache war, die Übergangswiderstände der Verbindungen von Gammel freizuhalten, ansonsten hatte das Zeug natürlich alle negativen Eigenschaften von Alu beibehalten...
dodo07
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Beitrag von dodo07 »

ist ja äußerst lehrreich, dieses Thema!

Die Steckdosen sind von Elso, ich habe da jetzt angerufen, die sagen, dass nur Steckdosen mit Schraubklemmen für Alu geeignet sind, die mit Steckklemmen aber nicht.

Also, meine Lage: Ich habe somit im Arbeitszimmer und im Wohnzimmer, wo keine riesigen Verbraucher im Einsatz sind, Aluleitungen an ungeeigneten Steckdosen. Soll ich jetzt meinen Vermieter irgendwie dazu bringen, diese Steckdosen austauschen zu lassen? Der Elektriker des Vermieters sagt ja (ohne irgendwas geprüft zu haben): alles ok, ich soll mal nicht so panisch sein.

Ich denk mir, da beim Austausch der Steckdosen ja viel an den Kabeln rumgebogen wird und das für die Alukabel ja auch nicht so ideal ist, vielleicht wäre es doch besser alles so zu lassen, wie es ist? Was meint Ihr?
Trumbaschl
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Beitrag von Trumbaschl »

Kleine Info am Rande: Alu in Haushaltsquerschnitten gab es auch in erzkapitalistischen Ländern ohne Devisenprobleme - die USA hatten in den 60ern und 70ern eine große Alu-Phase mit erheblichem Ärger. Gegen Ende gab es dort auch AlCu-Leitungen.

In heute allgemein als westlich geltenden Regionen Mitteleuropas gab es Alu in kleinen Querschnitten nur zur NS-Zeit, alle heiligen Zeiten findet man noch Reste von dem Zeug. Bei uns im Haus waren z.B. neben Kupfer-Einzelader 1 mm2 auch zwei kurze Stücke Rohrdraht 2x2,5 mm2 Al verbaut. Belastung je eine Glühlampe 25 W, daher keine Probleme, trotz verzwirbelter und mit Isolierband umwickelter Verbindungen im Freien.
meisterglücklich
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Beitrag von meisterglücklich »

Nun ja bis ca. 1986 waren in der VDE0298 auch Tabellen für die Strombelastbarkeit von Aluleitern niedrigen Querschnitts verzeichnet, obwohl ich sowas als Azubi nie gesehen hatte und keine Fachkraft was dazu erzählen konnte, ich nehme mal an, daß es ein Überbleibsel aus früherer Deutsch-Deutscher Normenarbeit war, denn auch nach dem Mauerbau soll es noch Koordinationsgespräche der Normungsgremien beider Seiten gegeben haben, vielleicht hilft und bei diesem Exkurs KlausBö weiter...

Was aber den eigentlichen Fadeneröffner betrifft:
Rauchmelder anschaffen kann nicht falsch sein...

Aber im Ernst, ich halte das Risiko bei kleiner Belastung für beherrschbar, wobei die klassische Nullung natürlich sowieso ein Risiko darstellt.
Prinzipiell wird sich ein Hauseigentümer natürlich auf die Aussage der von ihm beauftragten Fachkraft verlassen müssen, hat also das in seiner Macht stehende getan.
Anschluß von Waschmaschine o.ä. an offensichtlich ungeeignete Steckdosen wären mir (und den Adern...) dann aber doch zu heiß...
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