Angaben auf Vorschaltgeräten - Gesamt oder NUR VG?

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Frank12NR
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Angaben auf Vorschaltgeräten - Gesamt oder NUR VG?

Beitrag von Frank12NR »

Aloah,
ich pack mich mal ins Azubi-Forum. Es geht um eine meiner Meinung nach fast unlösbare ehemalige Prüfungsfrage, bei der - ebenfalls meiner Meinung nach - die Musterlösung von falschen Voraussetzungen ausgeht.

Thema war Kompensation induktiver Blindleistungen in der klassischen Starterschaltung mit konventionellem Vorschaltgerät.

Die Frage gibt vor: Leistung des Leuchtmittels sowie Nennstrom und cos Phi des Vorschaltgeräts. (EDIT: Und noch einige andere Größen, die aber hier nicht von Belang sind)

Die Musterlösung macht nun folgendes:
Sie geht davon aus, der Nennstrom sei der Strom, der tatsächlich in der Schaltung fließt. Außerdem wird der cos Phi des Vorschaltgeräts als der cos Phi der gesamten Schaltung gerechnet. DAMIT ist die Lösung (C berechnen, um cos Phi auf einen höheren Wert zu steigern) einfach.

Ich seh das anders, bzw. hier kommt die Frage:
Ist der cos Phi nicht eigentlich NUR der vom Vorschaltgerät, das ja ebenfalls einen Wirk- und einen Blindwiderstand hat? Und wieso sollte der Nennstrom des Vorschaltgeräts der Strom sein, der in der Schaltung fließt? Letzterer sollte ja wohl noch vom Widerstand der Röhre abhängen.
Sollte ich Recht haben, war die Aufgabe in der Prüfung quasi unlösbar. Die Jungs hätten zuerst mal den Gesamt-cos-Phi bzw. den echten Strom ausrechnen müssen und damit dann weiter. Darauf ist damals (ist schon ein paar Prüfungen her) keiner gekommen. Das überfordert die in der kurzen Zeit, die für eine Aufgabe zur Verfügung steht völlig.

Oder - und da braucht's wohl eine Antwort von einem Praktiker - seh ich's tatsächlich falsch, und die Hersteller geben auf dem VG bereits die Daten für die komplette Schaltung an?

Kurz: Wer hat Recht? Prüfung oder ich?

Gruß,
Frank

EDIT: Nachtrag: Dass in der Prüfung definitiv Fehler waren merkte man schon daher, dass der Strom in der Zuleitung nach Kompensation angeblich deutlich größer war als vorher.
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kabelmafia
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Re: Angaben auf Vorschaltgeräten - Gesamt oder NUR VG?

Beitrag von kabelmafia »

Moin Frank,

ich hab mal etwas gewühlt. In der EN 60921 (Vorschaltgeräte für röhrenförmige Leuchtstofflampen - Anforderungen an die Arbeitsweise) findet sich der Abschnitt 9 Leistungsfaktor der Schaltung:
Der ermittelte Leistungsfaktor darf nicht mehr als 0,05 von dem in der Aufschrift angegebenen Wert abweichen,
wenn das Vorschaltgerät mit einer oder mehreren Referenzlampen und die gesamte Schaltung an
Bemessungsspannung mit Bemessungsfrequenz betrieben wird. Wenn für ein kompensiertes Vorschaltgerät
ein Mindestwert des Leistungsfaktors gefordert wird, so muss dieser unter den oben genannten Bedingungen
0,85 betragen. Für diese Vorschaltgeräte mit hohem Leistungsfaktor darf der gemessene Wert auf keinen
Fall kleiner als 0,85 sein.
und der Abschnitt 10 befasst sich mit dem Verorgungsstrom. Auch danach darf der Versorgungsstrom des Vorschaltgerätes bei Betrieb mit der Referenzlampe nicht mehr als 10 % von der Aufschrift des Vorschaltgerätes abweichen.

...aber eigentlich sollte sich die Thematik ja jetzt dank der EU-Energieeffizienz-Richtlinie erledigt haben.
Ich hab jetzt auch nur die Ausgabe von Oktober 2007 bei mir gefunden, eine neuere ist irgendwie nicht da.
jf27el
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Re: Angaben auf Vorschaltgeräten - Gesamt oder NUR VG?

Beitrag von jf27el »

Typisch Prüfungsfrage:
Ich hab da mal ne Lösung, nur die Frage passt nicht dazu.

IMPO:
Die Aufgabe ist mit diesen Angaben nicht lösbar.

a) der Widerstand der Röhre ist ein nicht linearer (am ehesten vergleichbar mit einer Z-Diode (evt. Triac)
wobei dies von der Länge und der Emmision von Elektronen an den Elektroden abhängt.
=> Die Röhre ist nicht mit einem Widerstand berechenbar/vergleichbar.
==>Es entsteht ein nicht sinusförmiger Strom in der Schaltung (oder ein Strom der nur mit hohem Oberwellenanteil vergleichbar ist.
===> unter der Annahme,dass an der Röhre ein Konstantspannung abfällt könnte natürlich (auch) eine Berechnung erfolgen.
====> auch das ist nur für den Arbeitspunkt von Gleichspannungsröhren (Verstärker) gültig. << 120-180V>>
Die Zündspannung ist anders als die Haltespannung!

spätestens durch das Flackern der Lampe hätte man auch ohne komplexe Berechnung der Schaltung auch darauf kommen können.

Ohne Kurve der Röhre geht IMPO da gar nichts.
----Dann nur mit sehr komplexer Berechnung der Schaltung
Sie geht davon aus, der Nennstrom sei der Strom, der tatsächlich in der Schaltung fließt. Außerdem wird der cos Phi des Vorschaltgeräts als der cos Phi der gesamten Schaltung gerechnet. DAMIT ist die Lösung (C berechnen, um cos Phi auf einen höheren Wert zu steigern) einfach.
Das ist eine übliche Vereinfachung, die die eigentlichen Vorgänge des eingespeisten Sinus verharmlost. (Es wird ein Sinusförmiger Strom erwartet den es nicht gibt!)
Wie weit in einer Aufgabe die Schaltung als Blackbox betrachtet werden könnte << und dabei natürlich falsche Schein- und Blindleistungen gemessen und berechnet werden>> kann nur als Gesamtbetrachtung stattfinden.
die Hersteller geben auf dem VG bereits die Daten für die komplette Schaltung an?

Kurz: ....Wer hat Recht? Prüfung oder ich?
IMPO Keiner!

Die Ersatzschaltung geht
entweder von einem Linearen Widerstand für die Röhre aus <<dann stimmen die Berechnungen mit unserer nicht komplexen Berechnung über sinusförmige Ströme und Spannungen überein

oder von einer Konstantspannung der Röhre. << Dann könnte man noch so tun als ob der Effektivwert der Spannungen sinusförmig wäre>>
und somit an der Röhre ca 160V und am Vorwiderstand 70V stehen würden. Was für Gleichspannung richtig wäre.

Beides sind Ersatzschaltungen (Ersatzvorstellungen) um überhaupt irgendetwas zu berechnen. Man muss sich nur entsprechend weit von der Wirklichkeit (oder was erkannt werden kann) trennen.

Die Intuition von Prüfungsaufgabenerstellern ist eine andere. Man hat eine Lösung oder einen Weg den man erwartet und sucht dazu ein <<möglichst praxisnahes bzw.für den Prüfling gewohntes>> Beispiel.
<<<was eben in vielen Fällen in die Hose geht oder gehen muss>>>

Kannst du die Aufgabe komplett einstellen?


Gruß
jf27el
Etrick
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Re: Angaben auf Vorschaltgeräten - Gesamt oder NUR VG?

Beitrag von Etrick »

Im Mathebuch ist die Frage geschickter gestellt. Dort ist die Typenbezeichnung einer Leuchte mit P nenn 70W und I nenn 0.67A gegeben. Schwierig für nicht so gute Azubis: sie müssen erkennen, dass I nicht zu P passt und drauf kommen, dass es also um eine RL Reihenschaltung geht.
Selbst mit der Fragestellung "Kompensation" dafür kommen viele nicht darauf...
Frank12NR
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Re: Angaben auf Vorschaltgeräten - Gesamt oder NUR VG?

Beitrag von Frank12NR »

Erstmal danke soweit für die Antworten.

Ich versuchs mal strukturiert zurückzuantworten:

@Etrick: Zufällig das grün-weiße "OMEGA"-Buch?

@Kabelmafia: Danke für's wühlen. Heißt, dass es praktisch nicht so genau sein muss (das dachte ich mir fast), löst aber leider nicht die Frage(n)

@jf:
- Komplett einstellen geht nicht, der Prüfungserstellungsausschuss bzw die Kammer haben da ein Copyright drauf. Deshalb habe ich hier auch nur die paar Angaben gemacht, die für meine Fragen relevant sind. Dass Prüfungsfragen konstruiert sind - geschenkt. Dass eine Aufgabe dann aber DERMAßEN falsch ist (im Vorliegenden Fall warauch noch ein Gesamtstrom gegeben, der nicht zu den anderen Angaben passte), habe ich in den paar Jahren, in denen ich die "Freude" habe, die zu korrigieren, noch nicht erlebt.

- Dass die Nichtlinearität und die komplexen Betrachtungen vernachlässigt werden, ist richtig. Aber bitte nicht vergessen: Das ist Berufsschul-Abschlussniveau, keine Meisterprüfung (hätte ich vielleicht dazu schreiben sollen).

- Was mir noch wichtig wäre: Verstehe ich das richtig, dass die Vereinfachung "cos Phi des Vorschaltgeräts = cos Phi der gesamten Schaltung" tatsächlich in der Praxis so gemacht wird?
DAS würde nämlich einige Probleme dieser Aufgabe lösen, wenn der Ersteller es einfach mal dazu geschrieben hätte.

Tatsächlich habe ich die Aufgabe jetzt für meinen Unterricht ordentlich umgebaut und angepasst und unter anderem reingeschrieben "der GESAMTE Wirkleistungsfaktor beträgt..."

Gruß,
Frank
jf27el
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Re: Angaben auf Vorschaltgeräten - Gesamt oder NUR VG?

Beitrag von jf27el »

- Was mir noch wichtig wäre: Verstehe ich das richtig, dass die Vereinfachung "cos Phi des Vorschaltgeräts = cos Phi der gesamten Schaltung" tatsächlich in der Praxis so gemacht wird?
meine Fachbücher geben hauptsächlich Tabellen mit Kondensatoren vor.
"Kratzke Nagel Elektrotechnische Schaltungen" tut sich etwas schwer mit seinem Zeigerdiagramm, in dem er aus der Drossel einen reinen induktiven Widerstand macht.
Heinrich
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Re: Angaben auf Vorschaltgeräten - Gesamt oder NUR VG?

Beitrag von Heinrich »

Frank12NR hat geschrieben: Dienstag 24. Oktober 2017, 16:43 - Was mir noch wichtig wäre: Verstehe ich das richtig, dass die Vereinfachung "cos Phi des Vorschaltgeräts = cos Phi der gesamten Schaltung" tatsächlich in der Praxis so gemacht wird?
DAS würde nämlich einige Probleme dieser Aufgabe lösen, wenn der Ersteller es einfach mal dazu geschrieben hätte.
Hilfreich wäre es natürlich wenn Du die genauen Zahlen schreiben würdest.

Üblicherweise wird auf den Vorschaltgeräten der Cos Phi der gesamten Schaltung angegeben, das erkennt man auch daran das für Vorschaltgeräte die für mehrere LT-Lampen geeignet sind, auch mehrere Cos Phi angegben werden.

Die übliche Vereinfachung in solchen Aufgaben ist das der Ohmsche Widerstand der Vorschaltgeräte mit 0 Ohm angenommen wird.

mfg
Frank12NR
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Re: Angaben auf Vorschaltgeräten - Gesamt oder NUR VG?

Beitrag von Frank12NR »

Heinrich hat geschrieben: Donnerstag 9. November 2017, 08:13

Üblicherweise wird auf den Vorschaltgeräten der Cos Phi der gesamten Schaltung angegeben, das erkennt man auch daran das für Vorschaltgeräte die für mehrere LT-Lampen geeignet sind, auch mehrere Cos Phi angegben werden.
Dankeschön, DAS hilft mir. Dann war zumindest diese Angabe in der Aufgabe richtig. Sie war dann nur noch aus anderen Gründe nicht lösbar :-)

Gruß,
Frank
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