Wacht der deutsche Endverbraucher endlich auf?

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Momo
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Wacht der deutsche Endverbraucher endlich auf?

Beitrag von Momo »

Aus der Rhein-Zeitung am 24.07.07:
"Warnung vor unsicherer Billig-Elektronik aus Fernost"

Offenbach - Vor billigen und ungeprüften Elektroartikeln aus Asien hat das Prüfinstitut des Verbandes der Elektrotechnik (VDE) gewarnt.
Ungeeignetes Material und schlechte Sicherheitstechnik seien die gefährlichsten Schwachpunkte, wie das Institut am Montag in Offenbach berichtete.

„Schnäppchenjagd kostet Sicherheit” , erklärte der Geschäftsführer Wilfried Jäger. Sorge macht den Fachleuten, dass aus China verstärkt Elektroartikel mit gefälschtem VDE-Zertifikat auf den hiesigen Markt kämen. Die Zahl der Missbrauchsfälle habe sich verdreifacht, berichtete das Institut. Es will unter anderem mit dem Aufbau einer Qualitätskontrolle für Hersteller in China gegensteuern.

Die Prüfer bemängelten vor allem ungeprüfte Wasserkocher, Bügeleisen, Kaffeemaschinen und Toaster, die sämtlich im Handel erhältlich sind. Auch im Auftrag von Warenhäusern und Herstellern getestete Geräte entsprachen häufig nicht den Anforderungen. Im ersten Anlauf fielen die Hälfte der 100 000 Produkte durch. Im Vergleich zu 2005 blieben die Zahlen unverändert.

Nach den deutschen stellen chinesische Unternehmen die größte Gruppe der insgesamt 7000 Kunden des Instituts weltweit. Das Institut beschäftigt rund 500 Mitarbeiter. Rund 400 in der Zentrale in Offenbach und 100 in Asien.
1. Ein kurzes Nein zur rechten Zeit spart lange Dir Verdrießlichkeit. (Weinhold Schoppenhauer)
2. Für gewöhnlich wird derjenige, der auf den Schmutz hinweist, als viel schlimmer angesehen als der, der den Schmutz verursacht. (Kurt Tucholsky)
Zitteraal
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Beitrag von Zitteraal »

Der Artikel ist auch direkt auf der VDE-Homepage zu finden. Im Übrigen werden nicht nur in Fernost VDE- bzw. andere Prüfzeichen gefälscht, das scheint zwischenzeitlich ubiquitär geworden zu sein....
Liebe Grüße, Bernd
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bettmann
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Beitrag von bettmann »

Zitteraal hat geschrieben:...ubiquitär...
Ich hole gleich das kleine "Latinum" :D !
Ubiquitär = lat. ubique = überall, überall verbreitet.

bettmann
Yo, wir schaffen das !!! (Bob der Baumeister)
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Momo
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Beitrag von Momo »

Ja, der Zitteraal ist eben ein alter Latriner, ähh Lateiner.....

-duck und weg-
:)
1. Ein kurzes Nein zur rechten Zeit spart lange Dir Verdrießlichkeit. (Weinhold Schoppenhauer)
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Zitteraal
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Beitrag von Zitteraal »

bettmann hat geschrieben:Ich hole gleich das kleine "Latinum" :D !
Ich hab kein kleines Latrinum, nicht mal ein grosses......., immer gleich mit solch schlimmen Dingen drohen...:D

Macht aber immer wieder was her, wenn man drei Fremdworte kennt, vor allem wenn sie wenig bekannt sind.

Alles weiter können wir ja, falls wir uns mal treffen bei einem "Excursio perpotationis" besprechen....:D
Liebe Grüße, Bernd
HPG
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Beitrag von HPG »

Heute muss man Aufpassen, ganz klar.

Früher, so war es bei uns, durfte kein Niederspannungserzeugnis ohne das SEV-Sicherheitszeichen in Verkehr gebracht werden. Im Zuge der vielgerühmten Liberalisierung wurde das gekippt und heute kommt die Produkthaftung zum Tragen.

Heute brauchen nur noch spezielle Apparate, wie z.B. Medizintechnische Elektroapparate oder Ex-Apparate das Sicherheitszeichen.

Heute ist der Inverkehrbringer von Elektrischen Erzeugnissen in Pflicht.
Er muss die "Einhaltung der anerkannten Regeln der Technik" erfüllen.

Als anerkannte Regeln der Technik gelten insbesondere die international harmonisierten Normen von IEC und CENELEC , und wo solche fehlen, schweizerische Normen.

Interessant ist Art. 7 der NEV (Niederspannungs Erzeugnis-Verordnung):

Werden Niederspannungserzeugnisse nach den technischen Normen nach Artikel 5 hergestellt, so wird vermutet, dass die grundlegenden Anforderungen erfüllt sind.

Der einzige Verordnungsartikel, den ich kenne, der von einer Vermutung ausgeht!

Weiter wird ja die Konformitätserklärung verlangt

Wer ein Niederspannungserzeugnis in Verkehr bringt, muss eine Konformitätserklärung vorlegen können, aus welcher hervorgeht, dass das Niederspannungserzeugnis den grundlegenden Anforderungen entspricht.

Was noch wichtig ist:

Der Hersteller, sein in der Schweiz niedergelassener Vertreter oder der inländische Inverkehrbringer muss durch Angaben auf dem Niederspannungserzeugnis, der Verpackung oder den dazugehörigen Dokumenten einfach und unverwechselbar identifiziert werden können.

Aber all dies ist natürlich keine Garantie, dass die Geräte den Normen entsprechen, deshalb:

Art. 19 Grundsatz
1 Die Kontrollstelle kontrolliert, ob in Verkehr gebrachte Niederspannungserzeugnisse den Vorschriften dieser Verordnung entsprechen.

2 Sie führt zu diesem Zweck Stichproben durch und verfolgt begründete Hinweise, wonach ein Niederspannungserzeugnis den Vorschriften nicht entspricht.

3 Sie kann von der Zollverwaltung für eine festgesetzte Dauer Meldungen über die Einfuhr genau bezeichneter Niederspannungserzeugnisse verlangen.

Art. 20 Befugnisse der Kontrollstelle
1 Im Rahmen der nachträglichen Kontrolle ist die Kontrollstelle befugt, die für den Nachweis der Konformität erforderlichen Unterlagen und Informationen zu verlangen, Muster zu erheben und Prüfungen zu veranlassen sowie während der üblichen Geschäftszeiten die Geschäftsräume zu betreten.

2 Bringt der Inverkehrbringer die verlangten Unterlagen innerhalb der von der Kontrollstelle festgesetzten Frist nicht oder nicht vollständig bei, so kann diese eine sicherheitstechnische Überprüfung anordnen. Der Inverkehrbringer trägt die Kosten.

3 Die Kontrollstelle kann eine Überprüfung anordnen, wenn:
a. aus dem Nachweis nach Artikel 6 oder 10 nicht hinreichend hervorgeht, dass ein Niederspannungserzeugnis den Anforderungen entspricht;
b. Zweifel bestehen, ob ein Niederspannungserzeugnis mit den eingereichten
Unterlagen übereinstimmt.

4 Ergibt die Überprüfung nach Absatz 3, dass das Niederspannungserzeugnis den
Anforderungen nicht entspricht, so trägt der Inverkehrbringer die Kosten der Überprüfung.

5 Vor der Anordnung einer Überprüfung gibt die Kontrollstelle dem Inverkehrbringer Gelegenheit zur Stellungnahme. Für die Überprüfung ist der Kontrollstelle ein Niederspannungserzeugnis ihrer Wahl entschädigungslos zur Verfügung zu stellen.

Weiter:
Ist es zum Schutz der Sicherheit erforderlich, kann die Kontrollstelle das weitere
Inverkehrbringen verbieten, den Rückruf, die Beschlagnahme oder die Einziehung verfügen sowie die von ihr getroffenen Massnahmen veröffentlichen.

Dass alles ist natürlich noch keine Garantie, auch bei uns wird es solche gefährliche Apparate geben.

Ich hab vor etwa 5 Jahren im Media-Markt eine kleine Kaffeemaschine erworben, der Stecker war nicht verschweisst, sondern angeschraubt. Mein Sohn, im 1.Jahr seiner Elektrikerlehre überprüfte den Anschluss im Stecker, und prompt war PE und N vertauscht angeschlossen.

Wir müssen uns im klaren sein, dass heute nicht mehr die Sicherheit der Verbraucher oder Gesellschaft das Ziel ist, sondern wir gleichen uns hier in Europa leider immer mehr der amerikanischen Ideologie an. Dort wird die ganze Angelegenheit auf die juristische Ebene gehoben.

Und für die Juristen wird es ja erst interessant und lukrativ, wenn ein Ereigniss eintritt. Deshalb muss der Inverkehrbringer peindlich darauf achten, dass er nicht in diese Mühle gerät und der Jurist hofft immer auf möglichst viele Ereignisse mit möglichst viel Schaden um die Verantwortlichen auszupressen.

So läuft leider die heutige Welt.

Gruss HPG
Olaf S-H
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Registriert: Montag 10. Januar 2005, 23:57

Beitrag von Olaf S-H »

Zitteraal hat geschrieben:... kleines Latrinum ...
Moinmoin Zitteraal,

mein Bruder hat das große Latrinum (Gas-Wasser-Scheiße-Meister). :D

Gruß Olaf, der nur ein Not-Abitur hat
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vde1
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"Wer eine Handlung begeht, der übernimmt auch alle daraus folgende Pflichten." §33 I-3 prALR 1794
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