VDE 0100- 410 - neue Erlaeuterungen

Hier geht es um neue Normen/Vorschriften und Änderungen
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Olaf S-H
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Re: VDE 0100- 410 - neue Erlaeuterungen

Beitrag von Olaf S-H »

mikmik hat geschrieben: Sonntag 26. April 2020, 15:31 ... e) DIN EN 12101-6:2005-09 definiert Wohnung als "Unterbringung, bei der jede Wohnung für sich einen Brandabschnitt darstellt, z. B. Appartements oder zweistöckige Wohnungen". ...
Moin mikmik,

eine Wohnung als Brandabschnitt zu sehen, bedeutet Baurechtlich ja eine erhebliche Herausforderung. Nutzungseinheit wäre hier der treffende Begriff.

Die Wohnung ist nach Art, 14 (1) GG geschützt. Ich würde dazu tendieren, den Keller auch dazugehörig zu betrachten.

Es gibt sicherlich viele Betrachtungsweisen.

Gruß Olaf
Dies ist keine rechtsverbindliche Auskunft sondern meine Meinung bzw. mein Tipp für den Bereich der Bundesrepublik Deutschland! Die einschlägigen Normen/Vorschriften (z. B. DIN, VDE, TAB, DGUV, TRBS, BekBS, NAV, EN, LBO, LAR, ArbStättV, BetrSichV, ProdSG, ...) sind zu beachten. Ein Rechtsanspruch kann hieraus nicht abgeleitet werden. Die Nennung von Fundstellen in Regelwerken stellt keine Rechtsberatung sondern nur die Sichtweise des Verfassers dar.
vde1
Für elektrotechnische Laien gilt: Dieser Beitrag erläutert die technischen Zusammenhänge. Die Umsetzung obliegt den konzessionierten Fachbetrieben (§13(2)NAV).

"Wer eine Handlung begeht, der übernimmt auch alle daraus folgende Pflichten." §33 I-3 prALR 1794
ego11
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Re: VDE 0100- 410 - neue Erlaeuterungen

Beitrag von ego11 »

In der Praxis ist diese Diskussion aber hinfällig, da der der Wohnung zugehörige Kellerraum am gleichen Stromkreis auch eine Steckdose erhält.
Funker
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Re: VDE 0100- 410 - neue Erlaeuterungen

Beitrag von Funker »

Hallo zusammen,

noch ein paar Bemerkungen zu den bereits gestellten Fragen, soweit aus meiner Erinnerung und Aufzeichnungen ersichtlich,
da ich bei der Erstellung des Papieres zu großen Teilen mit dabei war, wenn auch nicht immer.

RCD 30 mA in Beleuchtungsstromkreisen.
Dazu gibt es zwei Hintergründe -
Erster Hintergrund ist der FI Bericht der KAN von 2003, den ich noch einmal mit beilege.
Damit wird nun eine weitere Forderung erfüllt.
Zweiter Hintergrund ist, der Fakt, daß in letzter Zeit durch den Einsatz von LED Leuchten,
die in Unmassen im Baumarkt angeboten werden damit gerechnet werden muß, daß diese vielfach trotz anders lautender
Produktbeschreibung durch elektrotechnische Laien montiert werden und sich das häufen wird, siehe im Papier den Satz .

Zusätzlicher Schutz (Abschnitt 415)
In der Sicherheitsgrundnorm für den Schutz gegen elektrischen Schlag bei Anlagen und Betriebsmitteln sind unter bestimmten Voraussetzungen Maßnahmen zu einem zusätzlichen Schutz vorgesehen.
Anforderungen an diesen zusätzlichen Schutz können zusammen mit den Schutzmaßnahmen unter bestimmten Bedingungen von äußeren Einflüssen und in speziellen Bereichen – beispielsweise in der Gruppe 700 der Reihe DIN VDE 0100 (VDE 0100) – festgelegt sein.
Maßnahmen zum zusätzlichen Schutz sind:
■ Der Einsatz von Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen (RCDs) mit IΔn ≤ 30 mA
Im Falle des Versagens von Vorkehrungen für den Basisschutz und/oder von Vorkehrungen für den Fehlerschutz, oder wenn mit der Sorglosigkeit durch Benutzer gerechnet werden muss,

Aus diesem Grunde ist die Forderung mit den Leuchten in Wohnungen abgeleitet.
Daher bezieht sich das auch auf alle Leuchten in Nebenräumen insbesondere in kleinen Mietobjekten, wo damit gerechnet werden muß,
daß der Hausmeister keine EFK ist.

Der englische Text der zugehörigen IEC 60364 41 an entsprechender Stelle lautet
411.3.4 Additional requirements for circuits with luminaires in TN- and TT-systems
In premises designed to accommodate a single household, additional protection by a residual
current protective device (RCD) with a rated residual operating current not exceeding 30 mA
shall be provided for a.c. final circuits supplying luminaires.

Beim Bild 7 bin ich nach wie vor der Auffassung, daß das eine ungünstige Darstellung ist.
Ich hatte versucht hier eine fortschrittlichere Darstellung entsprechend VDE 0100 - 540 Bild 54.1b Beispiel 2 zur erreichen.
Eine Diskussion dazu wurde jedoch durch den Obmann des K221 jedesmal sofort abgewürgt und die jetzt
enthaltenen Bilder von diesem eigenständig eingefügt.

Wenn weitere Frage auftreten würde ich die Ende Mai in die nächste TELKO des K221.1.2. mitnehmen und versuchen zu stellen.
Funker
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Re: VDE 0100- 410 - neue Erlaeuterungen

Beitrag von Funker »

Im Anhang noch den versprochen FI Bericht der KAN von 2003
Dateianhänge
KAN_Ueberlegungen.pdf
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mikmik
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Re: VDE 0100- 410 - neue Erlaeuterungen

Beitrag von mikmik »

Ich danke Funker sehr für den Beitrag. Ich habe ohnehin nie verstanden, was der Geiz sollte, Beleuchtungsstromkreise nicht mit einer Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD) auszustatten.

Anschluss: Ich würde mal behaupten, dass die meisten Elektrounfälle aus Verstößen gegen die fünf Sicherheitsregeln resultieren und EFK betreffen. Bei der Leuchtenmontage befinden sich elektrotechnische Laien und EFK nicht selten auf Augenhöhe: Mal eben schnell eine Leuchte bei ausgeschaltetem Lichtschalter montieren, Spannungsfreiheit hat man zwar noch festgestellt, aber natürlich aus Bequemlichkeit den Stromkreis nicht freigeschaltet und, ... prompt kommt jemand in den Raum und schaltet noch während der Leuchtenmontage reflexartig den Lichtschalter an. Wie oft habe ich das schon gesehen. Deswegen muss immer mit der Sorglosigkeit aufgrund von Schlecht-Practice gerechnet werden, zumal für den Anschluss einer einzelnen Leuchte selten ein Elektro-Fachbetrieb ausrückt, sondern andere Gewerke günstigstenfalls im Rahmen einer EFKffT-Schulung tätig werden.

Kellerräume: Diese haben für gewöhnlich eine niedrigere Deckenhöhe, sodass die Leuchte mit Kopf und Hand gut erreicht werden kann. Die Kellerleuchte ist nicht selten nur eine Baufassung mit Lampe ("Birne am Draht"). Darüber hinaus werden in vielen engen Kellerverschlägen bis an die Decke Kartons gestapelt. Solche Konstruktionen kippen auch mal um oder haben sonstwie physische Feindkontakt mit Konstrukt "Birne am Draht" und zerdeppern diese - offene Drähte sind die Folge. Daraus leite ich neben Fragen des Berührungsschutzes zudem eine potenzielle Brandgefahr ab, wenn vergessen wird, die Kellerleuchte auszuschalten. Das passiert relativ häufig, solche Leuchten sind dann mitunter tagelang unbeaufsichtigt in Betrieb.

Wohnräume: Die gute alte "Birne am Draht" findet sich durchaus auch im Wohnbereich. Ich habe mal die Serie "Schlimmer Wohnen" nachgespielt und eine (natürlich frei erfundene) aber realistische Situation nachgestellt, bei der aufgrund der Möblierung eine gefährliche Nähe zu offenen Klemmen gegeben ist. Wenn der kleine Protagonist das Gleichgewicht verliert, würde er sich reflexartig an der Fassung oder den Lüsterklemmen festhalten oder gegen diese Schlagen, siehe Bild:
Birne_am_Draht.jpg

Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen (RCDs) in Beleuchtungsstromkreisen sind nach alledem eine gute Sache, in Kinderzimmern und im Bad sollten diese durchaus einen Bemessungsdifferenzstrom von 10 mA aufweisen.
Funker
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Re: VDE 0100- 410 - neue Erlaeuterungen

Beitrag von Funker »

Hallo Mikmik,

das hast Du schön optisch dargestellt. Genau um solche Dinge geht es und deswegen ist das nun auch in der Norm, um den "Geiz" etwas auszubremsen.
Nebenbei tut man auch etwas für den Brandschutz.
Das hat zwar von 2003 bis 2017 IEC bzw. 2018 gedauert, weil man international nicht mehr so einfach vorpreschen darf und die anderen Länder erst
"überzeugt" werden mußten.

Die Sicherheitskette hat nun noch zwei Löcher,
einmal den Altbestand, da alles nur für neue Anlagen gilt und es bei 1 % Baurate theoretisch 100 Jahre dauert und
zweitens, was genauso gefährlich ist die Strecke von der Steckdose oder Lampenanschlußstelle bis in die Lampe oder bis in das Gerät.
Ich hatte selber erst kürzlich bei mir in einer üblichen Haushaltkabelrolle innen einen durchgescheuerten Mantel festgestellt.
Das wird ein Laie kaum sehen und merken, bevor nicht auch eine Ader defekt ist.
Wenn das dann der Schutzleiter wäre könnte das gefährlich werden.
Der Grundsatz in jeder Leitung muß der PE mitgeführt werden,
wird leider bei SK2 Geräten ab Steckdose und bei vielen Leuchten unterbrochen,
weil das den Produktherstellern nicht konkret so vorgegeben wird.
Das halte ich aber auch bei SK2 aus Brandschutzgründen für wichtig und werde da weiter bohren.
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SPS
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Re: VDE 0100- 410 - neue Erlaeuterungen

Beitrag von SPS »

Olaf S-H hat geschrieben: Sonntag 26. April 2020, 13:30 um die 0,2 s im TT einzuhalten, muss der Fehlerstrom am RCD den 2-fachen Bemessungsdifferenzstrom betragen (kommt aus der Produktnorm). Folglich wird die Abschaltzeit nur erreicht, wenn für die Berechnung des maximalen Erdungswiderstandes nicht mit 30 mA sondern mit 60 mA gerechnet wird.

UB
------ = RA
2xId
Hallo Olaf, war das nicht nur bei Selektiven RCD oder auch bei KV Typen. Normale Typ A lösen doch meisten bis 50 ms aus.
Oder Zählen die Zulässigen max. 300 ms nach Norm und nicht der Praxiswert?

Wenn ich doch den Üblichkeitswert < 50 ms bei 1fachen Bemessungsdifferenzstrom erreiche ist doch alles Ok
Oder muss ich Alterung ... mit berücksichtigen?
Mit freundlichem Gruß sps
Olaf S-H
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Re: VDE 0100- 410 - neue Erlaeuterungen

Beitrag von Olaf S-H »

Moin SPS,

nicht die Üblichkeitswerte sondern die Normwerte müssen in die Betrachtung einfließen. Und die RCD-Norm sagt, dass beim 2-fachen Bemessungsdifferenzstrom die Abschaltung innerhalb von 150 ms (also weniger als die 200 ms der VDE 0100-410) erfolgen muss.

Gruß Olaf
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SPS
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Re: VDE 0100- 410 - neue Erlaeuterungen

Beitrag von SPS »

Hallo Olaf, dank1

da gibt es glaube ich ein Missverständnis

Wenn doch die <200 ms bei 1-fachen Bemessungsdifferenzstrom nicht nur den Üblichkeitswerten entsprechen, sondern im Konkreten Fall auch erreichen. Ist doch alles OK. So kann doch dann auch der Erderwiderstand mit zum Beispiel 1* 30 mA berechnet werden.

Die Norm gibt auch Werte für 5 mal Bemessungsdifferenzstrom an.
Dieser Wert wird auch oft zum Prüfen empfohlen. Bei alleiniger Prüfung mit diesem Wert muss dann auch der Erderwiderstand mit 5*30 mA berechnet werden.
Mit freundlichem Gruß sps
Olaf S-H
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Re: VDE 0100- 410 - neue Erlaeuterungen

Beitrag von Olaf S-H »

Moin SPS,

wenn wir die Schutzmaßnahme nach VDE 0100-410 mit einem LSS betrachten, dann muss die zugehörige Schleifenimpedanz so klein sein, dass mindestens der 5-fach Bemessungstrom des LSS zum Fließen kommt. Für den RCD muss die "Schleifenimpedanz" im TN-System so klein sein, dass mindestens der 1-fach Bemessungsdifferenzstrom geführt wird (0,4 s aus VDE 0100-410 und 300 ms aus der Produktnorm). Im TT-System werden die 0,2 s durch den RCD erst "sicher" erfüllt, wenn der 2-fach Bemessungsdifferenzstrom fließt. Dann schaltet er in max. 0,15 s ab. Erfahrungsgemäß fließen größere Ströme und die Abschaltung erfolgt schneller. Es geht hier aber um die Berechnung des maximalen Erdungswiderstandes - also eine Grenzwertbetrachtung.

Gruß Olaf
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