Seite 1 von 11

Verlautbarung zu DIN VDE 0100-420 (VDE 0100-420):2016-02

Verfasst: Donnerstag 4. August 2016, 23:33
von Epileptriker
Verlautbarung zu DIN VDE 0100-420 (VDE 0100-420):2016-02
Abschnitt 421.7 zu „Besonderen Maßnahmen zum Schutz gegen die Auswirkungen von Lichtbögen in Endstromkreisen“
03.08.2016

Das für die Norm DIN VDE 0100-420 (VDE 0100-420):2016-02 „Errichten von Niederspannungsanlagen – Teil 4-42: Schutzmaßnahmen – Schutz gegen thermische Auswirkungen (IEC 60364-4-42:2010, modifiziert + A1:2014); Deutsche Übernahme HD 60364-4-42:2011 + A1:2015“ zuständige DKE/UK 221.2 „Schutz gegen thermische Auswirkungen/Sachschutz“ gibt als Hilfe für die Anwendung folgende Hinweise zur Norm.

DIN VDE 0100-420 (VDE 0100-420):2016-02 ist gültig für Neuanlagen und bei Erweiterung oder Änderung von bestehenden Anlagen. Die Vorgängerausgabe DIN VDE 0100-420 (VDE 0100-420):2013-02 ist mit dem Erscheinen der Neuausgabe zurückgezogen worden; auf Grund der festgelegten Übergangsfrist bleibt sie aber bis 18.12.2017 anwendbar. Somit können für elektrische Anlagen, die bis zum 18.12.2017 errichtet werden, beide Normen herangezogen werden.
Ab dem 19.12.2017 ist allein DIN VDE 0100-420 (VDE 0100-420):2016-02 anwendbar. Eine Anlage, die sich in Planung/im Bau befindet, aber erst nach dem 18.12.2017 fertig gestellt sein wird, muss somit den Anforderungen der Ausgabe 2016-02 entsprechen.
Mit der Neuausgabe von DIN VDE 0100-420 (VDE 0100-420):2016-02 ist keine Anpassung unveränderter bestehender Anlagen an die neu aufgenommenen Anforderungen an den Schutz gegen die Auswirkungen von Lichtbögen in Endstromkreisen mit Fehlerlichtbogen-Schutzeinrichtungen (AFDDs) verbunden.
Fehlerlichtbogen-Schutzeinrichtungen (Arc Fault Detection Devices, kurz AFDD) werden nach DIN EN 62606 (VDE 0665-10):2014-08 nach folgenden Ausführungsformen unterschieden:
AFDD als kompakte Einrichtung bestehend aus einer AFD-Erfassungseinheit und
einer Ausschaltvorrichtung, oder
einer Überstrom- und/oder Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD);
AFD-Erfassungseinheit, die vor Ort nach Herstellerangaben mit einer Schutzeinrichtung zusammengebaut wird.
Umgangssprachlich werden Fehlerlichtbogen-Schutzeinrichtungen (AFDDs) als „Brandschutzschalter“ bezeichnet.

Für Abschnitt 421.7, Aufzählungspunkt a) gilt:
Bei der Planung bzw. Errichtung einer elektrischen Anlage ist nach den Regeln von DIN VDE 0100-100 (VDE 0100-100) Abschnitt 131.3 (Schutz gegen thermische Auswirkungen) in jedem Einzelfall zu prüfen, ob und in welchem Umfang Anlagenteile auf Grund der baulichen Gegebenheiten in den Geltungsbereich der Abschnitte 422.3, 422.4 oder 422.6 fallen.
Ist dies gegeben, sind die Anforderungen der zutreffenden Abschnitte anzuwenden und Endstromkreise in einphasigen Wechselspannungssystemen mit einem Betriebsstrom nicht größer als 16 A zusätzlich nach 421.7 mit Fehlerlichtbogen-Schutzeinrichtungen (AFDDs) auszustatten.
Endstromkreise in einphasigen Wechselspannungssystemen mit einem Betriebsstrom nicht größer als 16 A, die elektrische Betriebsmittel in den angesprochenen Bereichen versorgen oder diese Bereiche durchqueren, sind nach 421.7 mit Fehlerlichtbogen-Schutzeinrichtungen (AFDDs) zu versehen. Hiervon ausgenommen sind durchquerende, nicht unterbrochene Kabel-/Leitungsführungen, wenn diese zusätzlich gegen mechanische Beschädigungen geschützt sind und somit das Risiko von Fehlerlichtbögen reduziert ist.
Der Einsatz von AFDDs zum Schutz von dreiphasigen Wechselspannungssystemen (Drehstromkreise) wird nach der Norm nicht gefordert.
In den Geltungsbereich von Abschnitt 421.7 a) fallen Räume oder Orte mit Gefährdungen für unersetzbare Güter. Dies sind Bereiche, die Kulturgüter beinhalten, die nach einer Zerstörung unwiederbringlich verloren sind oder die einen besonders hohen Wert darstellen, wie z. B.
Museen,
Galerien,
Archive,
Baudenkmäler, die gesetzlich geschützt und in Denkmalbüchern/Denkmallisten eingetragen sind, sowie
andere, nicht offiziell erfasste Gebäude, an deren Erhaltung und Nutzung ein öffentliches Interesse besteht. Dies ist immer dann gegeben, wenn für die Erhaltung und Nutzung von Gebäuden geschichtliche, künstlerische, wissenschaftliche, technische, volkskundliche oder städtebauliche Gründe vorliegen.
Für die Durchführung von Erst‐ und Wiederkehrenden Prüfungen von elektrischen Anlagen, die mit Fehlerlichtbogen‐Schutzeinrichtungen (AFDDs) ausgestattet sind, sind die entsprechenden Angaben der Hersteller der Fehlerlichtbogen‐Schutzeinrichtungen (AFDDs) zu beachten.
Für Fehlerlichtbogen‐Schutzeinrichtungen (AFDDs) ist in der Produktnorm eine Selbstüberwachung vorgesehen.
Das zuständige DKE-Normungsgremium behält sich vor, nach Bedarf weitere Interpretationshilfen zu veröffentlichen.

http://www.dke.de/de/Service/Installati ... 16-02.aspx

Verfasst: Freitag 5. August 2016, 07:31
von kabelmafia
Moin,

ich frag mal ganz ketzerisch:
und wo ist der konkretisierende oder erklärende Nährwert dieser DKE-Mitteilung? Es ist immer noch nicht klar ob auch Krankenhäuser z.B. zu den Anlagen gehören für die AFDD verwendet werden sollen.

Verfasst: Freitag 5. August 2016, 09:14
von Funker
kabelmafia hat geschrieben:Moin,

ich frag mal ganz ketzerisch:
und wo ist der konkretisierende oder erklärende Nährwert dieser DKE-Mitteilung? Es ist immer noch nicht klar ob auch Krankenhäuser z.B. zu den Anlagen gehören für die AFDD verwendet werden sollen.
Erst einmal Danke an den Epileptiker für den aufmerksamen Hinweis.
ich hatte ja schon im Juni angekündigt das da was kommt.

http://www.diesteckdose.net/forum/showt ... 271&page=4

#35

Vielleicht sollte die Administration die Themen zusammenführen.

Die Frage mit den Krankenhäusern oder auch allen anderen benannten Objekten nun doch klar.

Man mache eine Gefährdungsbeurteilung baue dann darauf beruhend die AFDD ein oder nicht ein, wobei Satz 3 von N4 noch interessant ist.
Wenn nichts passiert ist alles gut.
Wenn ein kleiner Lichtbogen vorkommt und nichts passiert ist auch alles gut.

Wenn ein kleiner Lichtbogen vorkommt und es daraus zu Schäden an Personen und Sachwerten kommt hat neben denen die Geschädigte sind
derjenige der die GB erstellt hat und der der diese umgesetzt hat ein großes Problem.

Verfasst: Freitag 5. August 2016, 12:26
von IH-Elektriker
Funker hat geschrieben: Man mache eine Gefährdungsbeurteilung baue dann darauf beruhend die AFDD ein oder nicht ein, wobei Satz 3 von N4 noch interessant ist.

Wenn nichts passiert ist alles gut.

Wenn ein kleiner Lichtbogen vorkommt und nichts passiert ist auch alles gut.

Wenn ein kleiner Lichtbogen vorkommt und es daraus zu Schäden an Personen und Sachwerten kommt hat neben denen die Geschädigte sind
derjenige der die GB erstellt hat und der der diese umgesetzt hat ein großes Problem.
Gut erkannt !

Ich sehe halt das Problem das wenn es zu einem Schadensereignis mit größeren Auswirkungen (hoher Brand-/Löschwasserschaden oder Folgeschäden o.ä.) kommt und die Brandfahnder bzw. Gutachter/Sacherständigen zu dem Entschluss kommen das da wohl die Elektrik der Brandauslöser war ganz schnell die Versicherung behaupten wird das mit AFDD der brand nicht passiert wäre und nicht zahlen will.

Versicherungen sind ja wenn es um's nicht zahlen müssen geht immer sehr kreativ was Ausreden und Gründe angeht ;)


Bei uns in der Firma wird der AFDD aktuell auch sehr kontrovers diskutiert. Meine persönliche Meinung ist das der flächendeckende Einsatz von AFDDs die Brandstatistik erst mal die nächsten Jahre (Jahrzehnte?) nicht signifikant verändern wird.

Wenn er bei neu errichteten Anlagen verbaut wird verhindert er ggf. den einen oder anderen Brand der durch offensichtlich fachlichen "Pfusch" entstehen würde. Was aber erst in etlichen Jahren greifen wird ist die Alterung der Installationen mit welcher das Brandrisiko meiner Meinung nach zunimmt - schadhaft werdende Isolationen, sich lockernde Verbindungen usw. die eben erst nach etlichen Jahren Betrieb auftreten.

Eine Nachrüstpflicht von AFDDs in Altanlagen würde sicherlich mehr Sinn machen wie das Ausrüsten von neu errichteten Anlagen mit den Dingern - wenn so ein AFDD überhaupt Sinn macht, denn nicht nur Lichtbögen sorgen ja für Brände ;)

Verfasst: Freitag 5. August 2016, 15:03
von didy
Ich hätte mir eine Themenüberschrift à la "AFDD werden (teilweise) Pflicht" gewünscht, dann weiß man gleich, worum es geht.

Wenn ich es richtig lese, ändert sich für die Elektroinstallation in Privathaushalten und "normalen" Gewerbebetrieben erstmal nichts - solange diese nicht zufällig in einem denkmalgeschützten Haus sind?

Verfasst: Freitag 5. August 2016, 16:10
von Olaf S-H
kabelmafia hat geschrieben:... und wo ist der konkretisierende oder erklärende Nährwert dieser DKE-Mitteilung? ...
Moin Kabelmafia,

die Verlautbarung ist noch nicht "endgültig". Es wurde dort noch viele offene Fragen nicht berücksichtigt. Nach meinen Infos (von DB aus F) wird sie demnächst noch überarbeitet.

Konkrete Festlegungen in den Normen werden immer schwammiger. Auch die DKE scheint diesem Trend zu folgen.

Gruß Olaf

Verfasst: Freitag 5. August 2016, 17:20
von Lightyear
didy hat geschrieben: (...) Wenn ich es richtig lese, ändert sich für die Elektroinstallation in Privathaushalten und "normalen" Gewerbebetrieben erstmal nichts(...)
Mir wurde gesagt, dass z.B. ein Raum in einem ausgebauten Dachgeschoß eines Wohnhauses, welches über einen hölzernen Dachstuhl verfügt, unbedingt mit einem AFDD geschützt werden muss, da die Norm die Installation auch in Räumen aus brennbaren Baustoffen fordert...

Gut, es war ein ADM vom großen S, aber seine Herleitung war klar:
Wenn's brennt wird der Installateur gefragt werden, warum er keinen AFDD verwendet hat, obwohl der Dachstuhl doch aus brennbaren BAustoffen gefertigt sei...

Verfasst: Freitag 5. August 2016, 18:31
von karo1170
Lightyear hat geschrieben:Mir wurde gesagt, dass z.B. ein Raum in einem ausgebauten Dachgeschoß eines Wohnhauses, welches über einen hölzernen Dachstuhl verfügt, unbedingt mit einem AFDD geschützt werden muss, da die Norm die Installation auch in Räumen aus brennbaren Baustoffen fordert...

Gut, es war ein ADM vom großen S, aber seine Herleitung war klar:
Wenn's brennt wird der Installateur gefragt werden, warum er keinen AFDD verwendet hat, obwohl der Dachstuhl doch aus brennbaren BAustoffen gefertigt sei...
Wenn der Installateur clever ist, verweist er auf seinen Fachplaner.
Und dieser verweist darauf, das er das im Baurecht gesetzlich geforderte Schutzziel (Personenschutz) abweichend von der Norm durch andere technische Möglichkeiten (BMA, HAA, Rauchwarnmelder z.B.) erreicht. Viel besser als ein Brandschutzschalter, da dieser nur einen ganz speziellen Fehlerfall erkennen kann.

Verfasst: Samstag 6. August 2016, 10:16
von IH-Elektriker
Ich habe erst am Donnerstag mit einem Fachplaner für Gebäude über dieses Thema geredet.

Im gewerblichen Bereich ist die Formulierung auch nicht so "Safe" und abgegrenzt wie man annehmen könnte - es geht um das Thema "Lagerung und Verarbeitung von brennbaren Materialien" - jeder denkt da sofort an eine Schreinerei o.a.

Die Frage ist ob nicht bereits ein Lager in welchem viele Waren in Kunststoffkästen die ja aktuell als Mehrwegverpackung in der Industrie stark im kommen sind stehen nicht auch schon als "brennbares Material" zählen - oder wenn ich z.b ein Kartonagenlager habe - oder Arbeitsplätze wo Produkte in Kartonagen verpackt werden ?

Oder wenn z.b. Schmierstoffe und Öle gelagert werden.....

Wenn man den Begriff "brennbare Materialien" etwas weiter fasst wie meinetwegen die Holzverrbeitung dann trifft es auf einmal auch die Autowerkstatt, einen metallvearbeitenden Industriebetrieb und viele andere Bereiche - außen vor ist dann fast nur noch der Steinmetz.... ;)

Im Wohnbaubereich ist das Beispiel mit dem Dachstuhl sehr gut. Jede Mansardenwohnung benötigt demnach einen AFDD da ja hier zumindest Gebäudeteile aus brennbarem Material bestehen.

Es gibt vieles was noch unklar ist......

Verfasst: Samstag 6. August 2016, 15:29
von sn00py603
Da kommt mir doch die Frage nicht aus dem Kopf: Was ist denn mit Heizungsanlagen? Die sind ja Gas- oder Ölbetrieben. Muss da in Zukunft, bzw. jetzt schon ein AFDD eingebaut werden? Wenn ja, für welche Anlagenteile?