Verlautbarung zu DIN VDE 0100-420 (VDE 0100-420):2016-02

Hier geht es um neue Normen/Vorschriften und Änderungen
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IH-Elektriker
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Beitrag von IH-Elektriker »

NZ-Tafel hat geschrieben: 80% der Kunden reagieren mit "Wieso denn? Das war die letzten 40 Jahre sicher, es ist nie etwas passiert.
Logisch. Für den Laien bedeutet „sicher“ schlichtweg das er bisher immer Strom und keine Todesfälle hatte…. ] Außerdem habe ich von schlimmen Fehlauslösungen Grund XYZ gehört[/QUOTE]

Die alte Mär das ein FI dann nach jedem (!) Gewitter auslöst und der Tiefkühler abtaut und ähnliche Geschichten. Und selbst wenn – ein normaler Tiefkühler kann durchaus mal 10 oder 12 Stunden ohne Spannungsversorgung sein – wenn er nicht geöffnet wird taut er nicht sofort ab. Und ein normalsterblicher Mensch wird ja i.d.R. seltenst länger wie 24h außer Haus sein, kommt i.d.R. nach 10 bis 12 Stunden heim. Und bemerkt dann den gefallenen FI, drückt ihn wieder rein und gut ist’s – und die paar Mal wo er länger weg ist – wenn das dann da passiert, das ist dann wirklich als „Pech“ zu bezeichnen….
NZ-Tafel hat geschrieben: 3 Leute haben mal den Bock abgeschossen und wollten uns einen Betrugsversuch anhängen.
Auf solche Kunden kann man dann aber auch gerne verzichten ]Du diskutierst, argumentierst, machst Spezialangebote und am Ende bist du meistens der Arsch. Die Elektrik ist immer etwas anderes, als ein Design Waschbecken oder eine teure Armatur. Du verkaufst eher teure Design-Schalter in einer Anlage der 50er - 70er Jahre, anstatt einen RCD oder AFFD in einer 70er - 2006er Jahre Anlage.

Für 80% - 90% der Privatkunden muss die Elektrik einfach funktionieren und gut aussehen, der Rest ist egal und gilt für die meisten als "Geldschneiderei". Das Geld wird bei den Gewerbekunden und bei gut kalkuliertem Zweckbau gemacht.[/QUOTE]

Ist doch logisch, teure Design-Steckdosen sieht der Kunde jeden Tag. Den RCD oder AFDD (oder was sonst auch immer) sieht er nur wenn er mal den Verteiler öffnet, ansonsten verrichten diese still und leise ihren Dienst….und so lange Strom aus den Steckdosen kommt stimmt doch alles hinter der Steckdose – also warum dann in so teuren „Luxus“ wie RCD oder AFDD investieren wenn damit genau der gleiche Strom aus der Steckdose kommt….? Das ist wohl das was sich viele Kunden denken !


(Irgendwie bin ich froh das ich mein Geld in der Industrie verdiene – wenn ich sage „muss sein“ dann wird das meist anstandslos geschluckt)
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Strippe-HH
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Beitrag von Strippe-HH »

didy hat geschrieben:Wobei der Nutzen von RCDs ja wohl unumstritten ist, die Nebenwirkungen/Fehlauslösungen gering, und der Preis auch sehr gering.
Ich habe bei mir nur einen RCD für das Bad und für den Balkon, alles andere an der Anlage hat keinen. Dazu ist diese in den Zeitraum der seinerzeit gängigen Normen errichtet und vor 11 Jahren verändert worden und da war es mit dem RCD in Steckdosenstromkreise noch keine Pflicht gewesen.
Und was daran ändern, fast neue UP-UV wegen einer größer benötigten rausreißen und neue einbauen das würde ich genau so wenig machen wie andere auch dessen Wohnung/Haus über 10 Jahre alt ist und die Anlage zu den damaligen Normen zum Zeitpunkt der Errichtung erstellt wurde.
Da könnte man auch Wohnungsgenossenschaften schwer von überzeugen ihren Bestand von etlichen Tausenden von Wohnungen umrüsten zu lassen.
Immer das Beste draus machen
Funker
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Beitrag von Funker »

Strippe-HH hat geschrieben:Ich habe bei mir nur einen RCD für das Bad und für den Balkon, alles andere an der Anlage hat keinen. Dazu ist diese in den Zeitraum der seinerzeit gängigen Normen errichtet und vor 11 Jahren verändert worden und da war es mit dem RCD in Steckdosenstromkreise noch keine Pflicht gewesen.
Und was daran ändern, fast neue UP-UV wegen einer größer benötigten rausreißen und neue einbauen das würde ich genau so wenig machen wie andere auch dessen Wohnung/Haus über 10 Jahre alt ist und die Anlage zu den damaligen Normen zum Zeitpunkt der Errichtung erstellt wurde.
Da könnte man auch Wohnungsgenossenschaften schwer von überzeugen ihren Bestand von etlichen Tausenden von Wohnungen umrüsten zu lassen.

Claus ich und noch 229 andere Kollegen haben am Dienstag 08.11.2016 in Dresden gehört, daß es nun zur 420 und zum AFDD noch eine neue Verlautbarung geben wird, da die erste vom August nicht so schön war.

Unabhängig davon habe ich einmal eine Argumentation aufgeschrieben, warum es vielfach auch ein FI macht.

Durch die Forderungen zum zwingenden Einsatz der AFDD in bestimmten Bereichen werden vorherige Schutzkonzepte völlig in Frage gestellt.
In einschlägigen Vorschriften VDE 0100-482 (zurückgezogen) VDE 0100-420, VDE 0100-430,VdS und BG Schriften wurde und wird der RCD 300 mA als Schutzeinrichtung z.B. für feuergefährdete Betriebsstätten als Brandschutzmaßnahme vorgegeben.
Das Problem sind bei Bränden, wenn überhaupt meist nicht unter Putz liegende Endstromkreise, da diese oft zusätzlich mit RCD 30 mA geschützt sind und damit geringere Auslöseschwellen als ein AFDD haben, sondern Drehstromhauptstromkreise.
Das Konzept bei RCD als Brandschutzmaßnahme besteht nur zu einem geringen Teil aus den mit dem Personenschutz vergleichbaren Anforderungen aus VDE 0100-410, insbesondere der, daß an der Fehlerstelle eine sichere PE Verbindung vorhanden ist, mit der die zulässige Spannung begrenzt wird und dann eine schnelle Abschaltung erfolgt.
Beim Brandschutz ist offensichtlich ein anderes Konzept die Grundlage. Auslöser ist ein Fehler in der Leitung oder auch an einer Klemmstelle.
Man muß also davon ausgehen, daß in jedem Fall die Leitung oder Klemmstelle wegen der Isolationsbeschädigung zur endgültigen Fehlerbeseitigung immer ganz oder teilweise ersetzt werden muß.
Daher ist es dann auch unerheblich ob der Fehler nur in einer Phase, zwischen zwei Phasen oder mehreren Adern auftritt.
Die Abfolge beim kleinen Fehlerlichtbogen der den AFDD auslöst ist einschlägig gut beschrieben. Es fehlt aber immer dabei die Beschreibung der Auswirkung auf andere Adern. Schon im Stadium der Überhitzung einer mechanisch vorgeschädigten Fehlerstelle wird es neben der Schädigung der Isolation der betroffen Ader bei üblichen Kabeln und Leitungen auch zur Schädigung der Isolation anderer Adern führen. Wenn das Stadium der Verkohlung ausreichend fortgeschritten ist, bilden sich dann dort bereits Kriechströme auch zum PE aus, die dann bei Vorhandensein eines RCD auch schon zur Abschaltung führen, wenn die zur Auslösung des AFDD notwendigen Ströme und Zeiten noch nicht erreicht sind und vielleicht noch nicht einmal ein Lichtbogen existiert.
Dieses gilt natürlich auch für dreiadrige, einphasige Stromkreise. Somit ist zwar der RCD nicht in der Lage einen einphasigen seriellen Lichtbogen zur detektieren, da aber aus diesem meist sogar in einer Vorstufe eine leitfähige Phase PE Verbindung spätestens dann hervorgeht, wenn der Lichtbogen sich nach allen Richtungen ausbreitend den Mantel der Leitung durchdringt ist der RCD praktisch auch für den Brandschutz gut geeignet und sicher ausreichend.
Bei den für den AFDD vorgeschriebenen Anwendungen muß man dessen Kennlinie nicht nur mit einem LS vergleichen, sondern insbesondere auch mit einem RCD 30 mA in einem Fehlerbereich unter 0,5 A.
Für diesen Bereich fehlen meist Angaben zum AFDD. Der Vorteil des RCD liegt darin, daß ich damit auch dreiphasige Objekte und mehrere SK nachträglich schützen kann und dafür meist Platz vorhanden ist.
Bei einem AFDD ist man auf einen SK beschränkt und braucht daher bei dem Gedanken der Nachrüstung erheblich mehr Verteilerplatz, weshalb die
Nachrüstung auch für Objekte wo es notwendig wäre und Verteilerdose mit
Schraubklemmen existieren nicht gefordert ist.
Bei neuen Objekten sind allgemein bereits zusätzlich Brandschutzmaßnahmen wie schwer entflammbares Schutzrohr, Verlegung unter Putz, RCD oder weitere Brandschutz unterstützende Maßnahmen vorhanden. Somit ist die Werbung, wie sie teilweise erfolgt als auch die daraus resultierende Anwendungswirkung sicher stark übertrieben.
chris11
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Beitrag von chris11 »

AFDD gibts nur für 16A. Also für die Brandenstehung eher gefährdeten UV Zuleitungen gerade nicht. 16A Endstromkreise können prima mit 30mA RCD abgesichert werden. UV Zuleitungen mit 300mA RCD diverser Auslösecharakteristiken. Also ist es technisch fragwürdig, Kunden in den Endstromkreisen zu AFDD zu zwingen, wenn 30mA RCD dort einen besseren Schutz bieten.

Mit freundlichen Grüßen
Christian
villus
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Beitrag von villus »

Hallo,
chris11 hat geschrieben:AFDD gibts nur für 16A. Also für die Brandenstehung eher gefährdeten UV Zuleitungen gerade nicht.
hast Du dafür irgendwelche Literatur, in unserem Altbau ist jetzt zwar jeder Steckdosenstromkreis mit RCD versehen, hab aber dazu noch >5 UV ohne Brandschutz RCD. Ein Link wäre Super.

Gruß

villus
Funker
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Beitrag von Funker »

villus hat geschrieben:Hallo,



hast Du dafür irgendwelche Literatur, in unserem Altbau ist jetzt zwar jeder Steckdosenstromkreis mit RCD versehen, hab aber dazu noch >5 UV ohne Brandschutz RCD. Ein Link wäre Super.

Gruß

villus
Also erst einmal den Link zu Büchlein mit RCD Erläuterungen.

http://w3app.siemens.com/mcms/infocente ... tpi_de.pdf

Der Vollständigkeit halber gibt es ähnliche Schriften auch von Döpke, Schupa
ABB und anderen.

Interessant sind dabei die Kurven auf Seite 9.
Die kann man auf übliche logarithmische Diagramme von Leitungsschutzschaltern und auch von AFDD legen, wobei ich beim letzteren
keine Kurven für Werte und 1 A kenne.

Aussagen zum Brandschutzschalter mit Auslösekurve Stand 2013 gibt es hier.

http://www.vsek.ch/sites/default/files/ ... 13_WEB.pdf

Dazu gibt es von SIEMENS auch eine Technikfibel.

http://w3.siemens.com/powerdistribution ... alter.aspx

dort unter Dokumente und dann als Download verfügbar.

Interessant ist dabei z.B. S 25 wo Versuche beschrieben wurden, wenn es beim Strom und Lichtbogen zum Brand kommt.
Dabei fängt die Kurve auch wieder erst bei 1 A an und zeigt auf, daß bei dieser Einwirkung egal ob zwischen 5 ms oder 500 ms nur noch ein Risiko
des Brandausbruchs von 10 % besteht.

In diesem unteren Bereich wird auch der RCD aktiv.
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-Claus-
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Beitrag von -Claus- »

Funker hat geschrieben:.....Dabei fängt die Kurve auch wieder erst bei 1 A an und zeigt auf, daß bei dieser Einwirkung egal ob zwischen 5 ms oder 500 ms nur noch ein Risiko des Brandausbruchs von 10 % besteht......
In der Technikfibel Brandschutzschalter von Siemens ist zu lesen:
"Im unteren Bereich (unter 3 A) ist die gesamte elektrische Energie, die an der Fehlerstelle hauptsächlich in Form von Hitze und Strahlung umgesetzt wird und für das Erscheinen der signifikanten Flamme aufgewendet werden muss, zwei- bis dreimal höher als die durch den Lichtbogen freigesetzte Energie. Diese Energiedifferenz ist durch Glühen verursacht. Unterhalb von 2 A hat selbst ein stabiler Lichtbogen kaum die nötige Leistung, um das Kabel zu entzünden, wodurch die Wahrscheinlichkeit einer Entzündung stark abnimmt."
Die Entzündung wird aber nicht ausgeschlossen und das sollte zu denken geben.

Ich hab mal den Versuch einer seriellen Auslösung durchgeführt. Dafür hab ich den AFD unit 5SM6011-1 mit einem LS B16 5SY6016-6 in die Anschlussleitung eines Tischverteilers mit Kindersicherung eingebaut. Als Verbraucher hab ich meinen Laptop mit Netzteil Asus (Input: 100-240V; 1,5A - Output: 19V 3,42A) angehängt.
Den Überschlag beim Einstecken (war sehr gut hörbar) hat der AFD locker weggesteckt. Dann hab ich den L vom AFD-Ausgang gelockert und mehrfach den Lichtbogen provoziert.
Ergebnis: Nach ca. einer halben Minute und einen "kräftigen" Lichtbogen hat er dann endlich im 2. Probelauf ausgelöst. Im 1. Probelauf hatte sich nichts getan und ich würde behaupten, dass mit einer Messung Netzinnenwiderstand die aufkommende Leiterstörung erkennbar wäre.
Gruß
Claus
Dateianhänge
AFDD_Test1-1.jpg
AFDD_Test1-1.jpg (138.06 KiB) 3871 mal betrachtet
villus
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Beitrag von villus »

Hallo,

dank für die schnelle Antwort, ich meinte einen Link, der die
"eher gefährdeten UV-Zuleitungen" referenziert - gibt's da Zahlen der Versicherer?
Ich müsste dann eigentlich einen (zu dem dutzend schon verbauter
Schutzschalter) selektiven 300ma 63A B+ einbauen - finanziell gesehen kein "Späßle".

Gruß

villus
chris11
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Beitrag von chris11 »

villus hat geschrieben: Ich müsste dann eigentlich einen (zu dem dutzend schon verbauter
Schutzschalter) selektiven 300ma 63A B+ einbauen - finanziell gesehen kein "Späßle".

Gruß

villus
Auch wieder so ein Nachteil von Normierung. Die FUs downstream werden ihren RCD Typ B haben.

Für den Brandschutz in einer 63A Zuleitung täte es auch ein RCD 63A Typ A selbst wenn dahinter Typ B liegen.

Das die Leitung brennt, gleichzeitig ein Gleichfehler im FU vorliegt und der zugehörige RCD Typ B nicht auslöst ist extrem unwahrscheinlich. Dreifachfehler werden in der Funktionalen Sicherheit daher nicht betrachtet.

Hier führt die Normung zu einem Zustand, der unsicherer ist, als er sein müsste.

Mit freundlichen Grüßen
Christian
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SPS
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Beitrag von SPS »

chris11 hat geschrieben:
Für den Brandschutz in einer 63A Zuleitung täte es auch ein RCD 63A Typ A selbst wenn dahinter Typ B liegen.

Christian
Verbraucher die an dem B RCD Angeschlossen sind, können Gleichfehlerströme erzeugen. Diese Fehlerströme fließen auch über den Vorgeschalteten A RCD.
Der A kann dann Angeschlossene Verbraucher nicht mehr richtig abschalten.
Da der Fehlerstrom den Typ A beteuben könnte.
Mit freundlichem Gruß sps
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