Wiederkehrende Prüfung von Zuleitungen

Hier geht es um allgemeine Normen der Elektrotechnik, Auslegungen und deren Anwendung
Mail Mayer
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Re: Wiederkehrende Prüfung von Zuleitungen

Beitrag von Mail Mayer »

Da drängt sich mir doch die Frage auf. Welche Aussagekraft hat eine Differenzstrommessung an einer Haupt Zuleitung?
Dazu müssten ja zumindest auch alle Verbraucher weggeschaltet werden.



Gruß Maik
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SPS
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Re: Wiederkehrende Prüfung von Zuleitungen

Beitrag von SPS »

Mail Mayer hat geschrieben: Donnerstag 7. Mai 2020, 19:32 Da drängt sich mir doch die Frage auf. Welche Aussagekraft hat eine Differenzstrommessung an einer Haupt Zuleitung?
Dazu müssten ja zumindest auch alle Verbraucher weggeschaltet werden.
Hallo Maik, wieso Verbraucher Abschalten? Es ist doch eine Differenzstrommessung so wie ei einem RCD auch.
Du hast dann den Differenzstrom der ganzen Anlage. Kommt eben auf die größe an, ob noch weitere in Unterverteiler oder Verbraucherabzeigen kommen sollten.
Mit freundlichem Gruß sps
Funker
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Re: Wiederkehrende Prüfung von Zuleitungen

Beitrag von Funker »

Frage Wert der Differenzstrommessung,

Im Normalen Ortsnetz wäre für die Leitung Trafo zum Verbraucher das EVU zuständig,
da gibt es viele Ausnahmen.
Das geht mit der Leitungskennzeichnung los z.B. Kennzeichnung des PEN mit zusätzlicher blauer Markierung,
("ist ja alles einfach und sind immer hochqualifiziert Fachkräfte vor Ort")
Ich habe noch nie gesehen, das das EVU die HAK`s öffnet und die Leitung bis zum Tafo mißt.
Das wird betrieben bis der PEN Leitung weggerostet ist, schon erlebt und begutachtet.

Im Industrienetz ist das etwas anders. Trafo gehört vielfach dem Unternehmen und steht meist unmittelbar neben der NSHV.
Auf Grund der Leistungen sind das dann meist Einleiterkabel.
Da kann man Riso zwar kaum messen aber optisch bewerten oder Überlast mit Thermografie feststellen.
Mit entsprechen großer Stromzange, Rogowski-Spule (gib es wohl auch mit 3 m Durchmesser bei einem Bekannten), könnte man auch dort
gleich nach dem Trafo messen oder die Zuleitungen der NSHV vor der Trafosicherung, wenn Sternpunkt nicht geerdet ist.
Ab der NSHV kann man dann die Hauptabgänge messen.
Ich habe da in letzter Zeit bei Lasten über 300 A z.B. PVA Anlage PE Ströme unter 200 mA gemessen.
Wenn man die Anlage EMV - gerecht aufbaut kann man viel machen.
Bei Anlagen mit FU kann man beispielsweise darauf achten, daß wenn Entstörung notwendig ist FU mit angebauten externen 4 Leiter-L-C-Filter
verwendet und dann die meist nur aus C bestehenden internen Filter der FU deaktiviert, Software, Jumper, Klemmbrücken je nach Hersteller.

Je nach Messwert kann man den gleich als Bewertung verwenden, z.B. wenn unter 300 mA ( Brandschutz),
oder bei höheren Werten relativ bis ca. 1 A, d.h. Anlage ist neu, vor Inbetriebnahme alle Rsio mit gut gemessen nach Einschalten der Anlage
z.B. bei 150 A Differenzstrom 800 mA.
Dann ist das für die Anlage auch wenn recht hoch der normale Bertrieswert. Bei Brandschutzfehler z.B. um 300 mA gäbe es dann eine
Abweichung auf 1,2 A, das sollte man messen und automatisch detektieren können.
Ansonsten kann man auch wie beschrieben die Anlage EMV optimieren oder dehnt die Id Messung auf alle Abgänge der Anlage aus.
Dann sollte summarisch die 800 mA zusammenkommen aber die Einzelabgänge darunter liegen.
Aus Brandschutzgründen bin ich zufrieden wenn Meßwerte unter 150 mA liegen, da ab da ein RCD 300 mA auslösen würde.
Ich nehme immer das vorherige Protokoll ziehe mir den Abschnitt mit der vorherigen Anlagenprüfung hoch und trage die neuen Werte ein.
Da merkt man sofort wenn es irgendwo große nicht erklärbare Abweichungen gibt z.B. Last abhängig, Lastströme und N Ströme messe ich immer
mit.
Wenn man regelmäßig mißt, kann man die Werte gut vergleichen und dann an der Stelle gezielt die Abschaltung verlangen und
dann nur dort auch Riso messen.
Da habe ich dann im Betrieb mehr Informationen als aus einer Iso - Messung aller vier Jahren, ohne Last mit abgeschalteten elektronischen Verbrauchern die ich nicht machen kann, weil gerade nicht abgeschaltet werden darf.
Die Aussage in SD 52 der BGFE aus 2007 "zusätzliche" Informationen war auch deshalb nur so gewählt, damit man nicht sofort mit der ganzen
Welt im Klinsch liegt. Es ist ja keine Aussage ob dies zusätzlichen Informationen im Betrieb nicht sogar besser sind als der eine Wert aus der Riso
Messung.
Theoretisch könnte man eine Differenzstrommessung bei soviel Werten die elektronische Zähler messen sollen, um die Waschmaschine anzusteuern,
auch in jeden Haushaltszähler implementieren, bei Meßwerten über 30 mA erhält der Kunde von EVU die automatisch generierte Aufforderung die Anlage vom Installateuer untersuchen zu lassen mit Fristsetzung und Androhung der Abschaltung. Mit Rsio wäre das nicht möglich.
Für Sicherheit kann man, wenn man will noch viel machen.
Mail Mayer
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Re: Wiederkehrende Prüfung von Zuleitungen

Beitrag von Mail Mayer »

SPS hat geschrieben: Donnerstag 7. Mai 2020, 21:50 Hallo Maik, wieso Verbraucher Abschalten? Es ist doch eine Differenzstrommessung so wie ei einem RCD auch.
Du hast dann den Differenzstrom der ganzen Anlage. Kommt eben auf die größe an, ob noch weitere in Unterverteiler oder Verbraucherabzeigen kommen sollten.
Ich denke die Bewertung dürfte nicht ganz einfach sein. Es gibt ja einphasige zweiphasige und symmetrische Fehler. Fehlerströme können sich ja in der Differenz auch bis zu 0 addieren. Bei ausgedehnten Anlagen dürfte es auch schwer sein einen erhöhten Differenzstrom einer isolationsgeschädigten Zuleitung zuzuordnen.
Oder anders gefragt, was denkst du könnte die Ursache des erhöhten Differenzstromes sein.

Gruß Maik
Olaf S-H
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Re: Wiederkehrende Prüfung von Zuleitungen

Beitrag von Olaf S-H »

Mail Mayer hat geschrieben: Donnerstag 7. Mai 2020, 19:32 ... Welche Aussagekraft hat eine Differenzstrommessung an einer Haupt Zuleitung? ...
Moin Maik,

es geht hierbei manchmal auch um das Erkennen von Tendenzen.

Wir haben früher gerne ein Messgerät in den ZEP gehängt. Wenn der Wert recht konstant ist, dann hat sich in der Anlage nichts verändert. Steigende Werte lassen auf Iso-Fehler schließen.

Manchmal kommt es nicht auf den Messwert als solches sondern eher auf seine Dynamik an.

Gruß Olaf
ZEP - Fehlerstrom.JPG
Dies ist keine rechtsverbindliche Auskunft sondern meine Meinung bzw. mein Tipp für den Bereich der Bundesrepublik Deutschland! Die einschlägigen Normen/Vorschriften (z. B. DIN, VDE, TAB, DGUV, TRBS, BekBS, NAV, EN, LBO, LAR, ArbStättV, BetrSichV, ProdSG, ...) sind zu beachten. Ein Rechtsanspruch kann hieraus nicht abgeleitet werden. Die Nennung von Fundstellen in Regelwerken stellt keine Rechtsberatung sondern nur die Sichtweise des Verfassers dar.
vde1
Für elektrotechnische Laien gilt: Dieser Beitrag erläutert die technischen Zusammenhänge. Die Umsetzung obliegt den konzessionierten Fachbetrieben (§13(2)NAV).

"Wer eine Handlung begeht, der übernimmt auch alle daraus folgende Pflichten." §33 I-3 prALR 1794
froebel88
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Re: Wiederkehrende Prüfung von Zuleitungen

Beitrag von froebel88 »

Moin,

in dem Kontext mal ne Frage zur Differenzstrommessung:

https://www.gmc-instruments.de/media/10 ... height=320

Gemäß diesem Schema sollte sowohl der Differenz- als auch der Schutzleiterstrom gemessen werden. Warum? Zur indirekten Messung der Berührungsspannung? Weil der Schutzleiterstrom ergibt sich ja eigt aus dem Differenzstrom..

Mfg
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SPS
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Re: Wiederkehrende Prüfung von Zuleitungen

Beitrag von SPS »

Schutzleiterstrom kann auch zum Teil von weiteren Anlagenteilen kommen ... !?
Mit freundlichem Gruß sps
E-Jens
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Re: Wiederkehrende Prüfung von Zuleitungen

Beitrag von E-Jens »

Hallo,

wen du den Messaufbau nutzt, bekommst du die Information wie viel Strom über parallele Erdverbindungen läuft. z.B. über den Anlagenerder oder den Potentialausgleich. Man kann dann indirekt auch diese parallele Verbindung Erdverbindung mit überwachen.
Gruß Jens
Olaf S-H
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Re: Wiederkehrende Prüfung von Zuleitungen

Beitrag von Olaf S-H »

SPS hat geschrieben: Samstag 9. Mai 2020, 06:09 Schutzleiterstrom kann auch zum Teil von weiteren Anlagenteilen kommen ... !?
Moin zusammen,

so ist es. Über den Schutzleiter können Ströme des Potentialausgleichs fließen. Es können aber auch Ströme "hinter dem FU" sein. Diese würden in der Zuleitung nicht erfasst werden.

Man kann auch den Strom "auswerten", also nach Gleichstromanteilen, Netzharmonischen, ... zerlegen.

Gruß Olaf
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froebel88
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Re: Wiederkehrende Prüfung von Zuleitungen

Beitrag von froebel88 »

Ok, danke.

Angenommen, ihr würdet heutzutage ne Neuanlage planen und nicht jeden Cent 2-mal umdrehen müssen. Wie würdet ihr da das Thema Differenzstrommessung angehen (trotzdem sollen die Kosten natürlich im Verhältnis stehen zum Mehrwert)? Messung des Differenzstromes für jeden Abgang der Hauptverteilung? Zusätzlich den ZEP-Strom? Aufschaltung auf die GLT mit Störmeldung bei Überschreitung?

Bei welchen Anlagen macht das eurer Meinung nach Sinn?

- Bei allen
- Bei Versammlungs- und Beherbergungsstätten?
- Bei Anlagen mit erhöhter Verfügbarkeit (Produktionsgebäude..)
- Bei Anlagen mit Hochverfügbarkeit (Rechenzentren, Krankenhäuser..?)?

Dann wurde mir gesagt, dass es üblich sei, die "Alarmschwelle" für den Differenzstrom in Abhängigkeit von der Höhe des Nennstromes für den Abgang festzulegen. Bei 0,1% wären das bei 100A z.B. 100 mA. Gibt es da einen genormten Wert oder einen Erfahrungswert der sinnvoll ist?

Werden solche festen Differenzstrommessungen von Versicherungen honoriert?
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