Errichtung Prüfanlage - Schutztrennung

Hier geht es um allgemeine Normen der Elektrotechnik, Auslegungen und deren Anwendung
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Gelbschnalbel
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Errichtung Prüfanlage - Schutztrennung

Beitrag von Gelbschnalbel »

Guten Tag!

Um den Prüfaufwand bei einer Probebetriebsanlage (Prüfanlage mit Parametrierung durch SPSler und Funktionsprobe) nicht ausarten zu lassen,
soll diese anstatt der üblichen Schutzmaßnahme "Schutz durch automatische Abschaltung" mit "Schutz durch Schutztrennung" betrieben werden.

Das Problem:

Da man sich noch im Probebetrieb befindet, werden meiner Ansicht nach zwar keine entsprechenden Normen direkt gefordert - indirekt über die Betriebssicherheitsverordnung (Gefährdungsbeurteilung: Gefahr der Körperdurchströmung im Fehlerfall) schon.

Da an den Endstromkreisen sehr oft umbauarbeiten stattfinden sollen (unter Zeitdruck so wie beengten Verhältnissen) müsste nach meinem Verständnis jedes mal wenn der kleinste Antrieb angeschlossen wird:
- eine Messung der Durchgängigkeit des Schutzleiters
- eine nachfolgende Prüfung, ob die Abschaltzeiten eingehalten werden können (Prüfung der Kenn- bzw. Einstellwerte der Schutzeinrichtungen mit Berechnung bzw. Messung der Schleifenimpedanz)
erfolgen.

Aufgrund der abgeschätzen Anzahl sehr sehr viel Arbeit.

Meine vorhergenden Überlegungen als Alternative zu den Prüfungen waren:
- Absperrungen (da nur EFKs Zutritt haben) Nachteil: Es müssen Abläufe an der Maschine beobachtet werden können
- Isoliermatten. Nachteile: Umstand, erfordert "Arbeitsdisziplin"

Aus diesen Gründen heraus wäre mein Vorschlag, dass man den Schutz über die Schutztrennung (mehrere Verbraucher mit Schutzklasse I) umsetzt.

Nun habe ich diesen Fachbeitrag gefunden:
https://www.bender.de/fachwissen/applik ... omerzeuger

Darunter ist diese Lösungsmöglichkeit:
https://www.bender.de/fachwissen/applik ... bschaltung
Schutztrennung mit Isolationsüberwachungseinrichtung (IMD) und automatischer Abschaltung
D.h. man könnte die Anlage mit entsprechend dimensionierten Trenntransformator errichten und die Prüfungen würden sich darauf beschränken die Isolationsüberwachungseinrichtung in vom Prüfer nach der Errichtung bestimmten Prüfintervallen prüfen zu lassen.
Die restlichen Abschaltzeiten HINTER der IMD wären für das Sicherheitsniveau nicht mehr ausschlaggebend, ist das korrekt?
Da in diesem Fall bereits bei einem ersten Isolationsfehler abgeschaltet wird, ist eine Begrenzung der Netzausdehnung und das schnelle Abschalten (Kurzschluss-/Überstromschutz muss bestehen bleiben) bei einem zweiten Fehler nicht erforderlich.
Zitat aus dem obig genannten Artikel.

Zusätzlich muss - da ja eine anschließende Durchgängigkeitsprüfung entfällt - eine sorgfältige Sichtprüfung des Schutzleiteranschlusses der diversen Verbraucher an den Schutzpotentialausgleich erfolgen.

Nun ist der obige Artikel aber von 2007 (DIN VDE 0100-410 (VDE 0100-410):2007-06), aktuell ist aber DIN VDE 0100-410:2018-10
Errichten von Niederspannungsanlagen - Schutz gegen elektrischen Schlag.

Diese liegt mir vor ich kann allerdings nicht nachvollziehen wie man im Kapitel 213 (Schutztrennung) und im entsprechenden Anhang auf diese Art der Ausführung kommen soll. Übersehe ich etwas?

Mit freundlichen Grüßen

Gelbschnabel
Die fünf Sicherheitsregeln:
0.0 Traue niemandem, am wenigsten dir selbst.
0.1. Ausnahmen sind dauerhaft ausverkauft.
0.2. Glauben tut man in der Kirche.
0.3. Spekuliert wird an der Börse.

1. Freischalten
2. Gegen Wiedereinschalten sichern.
3. Spannungsfreiheit feststellen
4. Erden und danach Kurzschließen
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Mail Mayer
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Re: Errichtung Prüfanlage - Schutztrennung

Beitrag von Mail Mayer »

Durchgängigkeit Schutzleiter ist ja eine Vorprüfung:
In dem Artikel geht es ja um das Einhalten der Abschaltzeit.
Das ist soweit in Ordnung.
Damit die Isolationsüberwachung funktioniert musst du ja trotzdem die Durchgängigkeit Schutzleiter prüfen, sonst bleibt ja auch Fehler 1 unerkannt.
Probator
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Re: Errichtung Prüfanlage - Schutztrennung

Beitrag von Probator »

Beim ersten Fehler (= jemand packt an eine Phase) bist du mit Trenntrafo sicherer.

Für den Fall, dass jemand mit den Pfoten an zwei Außenleiter (N ist auch ein Außenleiter!) kommt, ist das übliche TN-Netz mit RCD aber besser,
denn mit dem Trenntrafo setzt du jeglichen RCD völlig außer Kraft.
Da an den Endstromkreisen sehr oft umbauarbeiten stattfinden sollen (unter Zeitdruck so wie beengten Verhältnissen) müsste nach meinem Verständnis jedes mal wenn der kleinste Antrieb angeschlossen wird:
- eine Messung der Durchgängigkeit des Schutzleiters
- eine nachfolgende Prüfung, ob die Abschaltzeiten eingehalten werden können (Prüfung der Kenn- bzw. Einstellwerte der Schutzeinrichtungen mit Berechnung bzw. Messung der Schleifenimpedanz)
erfolgen.
Die Norm erlaubt auch eine Berechnung der Schleifenimpedanzen. Wird dies für den Worst-Case (längstes Kabel, größte Anzahl an Klemmstellen) in eurer Anwendung durchgeführt und ihr seid immer noch locker im grünen Bereich, könnte man ggf. auf eine Messung verzichten.

Und die Durchgängigkeit des Schutzleiters muss geprüft werden, nicht zwingend gemessen. Wird der Schutzleiter also von einer Elektrofachkraft angeschlossen, darf diese ggf. auch nur eine Sichtprüfung vornehmen.
Selbstverständlich sind (gerade unter Zeitdruck) Messung und Vieraugenprinzip immer vorzuziehen.

Das schutzgetrennte Netz mit Isowächter wird dir übrigens auch nichts bringen, wenn kein Schutzleiter angeschlossen wird. Da wäre ein TN-Netz mit FI-Schutzschalter wieder sicherer - sofern die Maschine nicht so hohe Ableitströme erzeugt, dass kein 30mA-FI mehr hält.

Ist eine Lösung denkbar, bei dem die Antriebe über "idiotensichere" Steckverbinder an- und abgeschlossen werden könnten? Wenn keine Aderverwechslung möglich ist und der Schutzkontakt zwingend und voreilend über den Steckverbinder angeschlossen ist, könnte vielleicht auch auf eine Messung verzichtet werden.
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