AFDD - Ermittlung des Bundeskartellamtes

Hier geht es um allgemeine Normen der Elektrotechnik, Auslegungen und deren Anwendung
Elo-Ocho
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AFDD - Ermittlung des Bundeskartellamtes

Beitrag von Elo-Ocho »

Moinsen,

im Expertenforum Bau bin ich eben auf folgenden Link gestoßen:

https://www.bi-medien.de/artikel-23821- ... chalter.bi

Gruß,

Ocho
Immer wenn ich Langweile habe, dann melde ich mich in einem Eltern-Forum an und Frage, wie weit man den Schimmel im Pausenbrot der Kinder wegschneiden sollte...
E-Jens
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Re: AFDD - Ermittlung des Bundeskartellamtes

Beitrag von E-Jens »

Es war schon interessant als plötzlich RCDs eingebaut werden sollten.
Die Einen sagten:
Es ging immer ohne. - Die Menschen sind auch nicht jeden Tag am Stromschlag gestorben.- Es geht nicht ständig ein Haus wegen Leitungsschäden in Flammen auf. - Und erst die Massen an Fehlauslösungen. Der RCD wartet nur bis man das Haus verlässt und wenn man abends nach hause kommt ist das Eisfach aufgetaut. - Alles Geldschneiderei.
Die Anderen sagten:
Das ist ein riesiger Sicherheitsgewinn - Keine Toten und Verletzten durch Stromschlag. - Keine Kabelbrände mehr. - Fehlauslösungen zeigen Fehler in der Anlage. - Der Sicherheitsgewinn ist wertvoller wie die Kosten.
Und heute ist es normal das RCDs in Neuanlagen eingebaut werden. Häufig werden sogar Altanlagen auf Kundenwunsch nachgerüstet.
Rauchmelder war und ist auch so ein Thema.
Mal sehen was aus dem AfDD wird.
Wenn er verhindert das Fernseher, Musikanlagen oder Ladegeräte abbrennen ist das meiner Meinung nach super. Er soll ja auch solche Fehler erkennen können. Ich weiß nicht ob es so ist. Aber was passiert, wenn der AfDD auslöst und nicht wieder einzuschalten geht? Dann wird die V-Leitung genommen und der Strom wird von dort gehohlt wo der "neumodische Kram" nicht verbaut ist. Und siehe da es geht doch. Zumindest bis es richtig qualmt.
Gruß Jens
Trumbaschl
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Re: AFDD - Ermittlung des Bundeskartellamtes

Beitrag von Trumbaschl »

Die Funktionsfähigkeit eines RCDs kann halt jeder von uns mit einem Schutzmaßnahmenprüfgerät nachweisen und die Wirkungsweise ist recht simpel zu verstehen. Ein AFDD ist hauptsächlich eine black box. Außerdem war der RCD seit Jahrzehnten bekannt als er für alle Steckdosenstromkreise verpflichtend wurde.
Elo-Ocho
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Re: AFDD - Ermittlung des Bundeskartellamtes

Beitrag von Elo-Ocho »

Moinsen,

ich habe kein Problem damit, das ich nicht bis ins letzte verstehe, wie der AFDD funktioniert. Den FI verstehe ich auch nur theoretisch.

Wie man eine Differenz von < 30mA bei Strömen von 40 A (Standart-FI) messen kann erstaunt mich, ehrlich.

Mein Problem mit dem Ding ist die Inkonsequenz der Normung. Ein 6 A Steckdosenstromkreis, sagen wir für eine Hygienespülarmatur, der einen FI zu haben hat, muss geschützt werden, wenn ein entsprechender Raum versorgt wird. Der 35 A Anschluss daneben C40 Automat, kein FI nicht?
Mal im Ernst, damit habe ich ein Problem.

Entweder, das Ding ist notwendig, dann ohne wenn und aber, oder es ist nicht notwendig, dann auch nicht für den "normalen" Steckdosenstromkreis.

Ocho
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Funker
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Re: AFDD - Ermittlung des Bundeskartellamtes

Beitrag von Funker »

Hallo Ocho und die anderen,

diese Inkonsequenz der Normung ist es ebenfalls, die mit nicht gefällt.
Eine Chance hat man da aber nur wenn man aktiv mit mischt entweder durch entsprechend fachlichen Einsprüche auf Normenentwürfe, was aber meist schon zu spät ist oder in dem man versucht in einen AK oder UK hineinzukommen. Die Einladung dazu ist da.

https://www.dke.de/de/mitmachen

Einige hier vom Forum machen das ja oder haben das gemacht.

Zum konkreten Fall hier wurde offensichtlich in den USA bei der Einführung des AFDD nicht alles beachtet was notwendig war.
Um sicher zu gehen hat man gleich von Anfang an immer eine RCD 30 mA mit eingebaut.

Der erhoffte Riesenerfolg ist bisher ausgeblieben. Der Anteil der AFDD Technologie am Schadenverlauf ist bisher auch hier nicht konkret nachgewiesen.
Die Abnahme der Brände beruht nachweislich mehrheitlich auf den Eigenschaften des RCD 30 mA oder auch 300 mA.

Siehe auch
ctif_report22_world_fire_statistics_2017.pdf oder vorhergehende Angaben
oder
Electrical Fires March 2017 Richard Campbell © March 2017 National Fire Protection Association

Daher ist der AFDD zwar eine relativ neue Technologie unter mehreren aber die geforderte Anwendung in VDE 0100-420 421.7 ist mit den dort benannten Zielrichtungen völlig überzogen.
Ich hoffe genug Material gesammelt zu haben um diesen Absatz wieder auf die international vereinbarten Aussagen zurückzufahren.

Der immer wieder in der Theorie beschworene serielle Fehler wurde erst im letzten EP durch einen Artikel des IFS Kiel über Brände wieder ad Absurdum geführt. Der Autor schreibt dort :

"Im Wechselstromnetz wird der Stromkreis aus einem Außenleiter und dem Neutralleiter gebildet.
Bei einer Neutralleiterunterbrechung wird der Stromkreis aufgetrennt, sodass kein Stromfluss mehr möglich ist. Bei einer sonst
fachgerechten Installation kommt es außer zum Ausfall des betroffenen Stromkreises zu keinen weiteren Problemen. Eine Brandverursachung
ist durch diesen Fehler jedenfalls nicht möglich."

In alten Netzen mit klassischer Nullung bin ich da anderer Auffassung, aber offensichtlich gibt es unter den seit 2006 erfaßten
14 529 Brandursachenermittlungen keine adäquaten praktischen Fälle.
Ich habe aus anderer Quelle bezogen auf Kindertagesstätten an anderer Stelle hier im Forum eine ähnliche Aussage getroffen.

Ein Dokument der CPSC - Consumer Production Safty Commission , daß den AFDD analysiert enthält folgende Einschätzung

„An AFCI also uses a ground current sensor (typically 30 mA) for “pre-arcing” detection and protection. This sensor
allows the AFCI to detect slowly-developing insulation breakdown that typically precedes line-to-ground and line-toneutral
arc faults.
Additionally, lower level series arcing may become a fault to ground in three wire systems or systems that are
grounded. The ground current sensor output is amplified and fed into the logic circuit. If the logic determines that
the magnitude and duration of the ground fault is hazardous, the solenoid will open the circuit breaker contacts.
„Ein AFCI enthält ebenfalls einen Erdfehlerüberwachung (typisch 30 mA) zum Schutz vor Lichtbogenfehler vor
dessen Ausbruch und zum Schutz vor diesem
. Dieser Sensor gestattet es dem AFCI langsam verlaufenden Verlust
des Isolationsvermögens, wie es sich typisch bei der Entwicklung von Phase zu Schutzleiter / Erde und Phase zu
Neutralleiter Fehlerlichtbogenereignissen entwickelt, zu erkennen
.
Weiterhin, können serielle Fehlerlichtbögen in dreiadrigen Leitungen oder genullten Systemen in Lichtbögen gegen
Erde übergehen. Die Ausgabe des GFC Sensor wird verstärkt und fließt in die logische Struktur des AFCI ein.
Wenn die Logik feststellt, daß Höhe und Zeit des Erdfehlers gefährlich ist, werden die Schalterkontakte geöffnet.“

Wenn man sich das durchliest entspricht das der Bildlichen Darstellung, die gern von den Herstellern verwendet wird um darzustellen wie der Fehlerlichtbogen entsteht, nur daß dabei immer die anderen beiden Adern und deren Isolation vergessen werden und sich das alle im leeren Raum abspielt. Erst wenn der Lichtbogen aus der doppelten Isolierung austritt ist auf einmal alles darum leicht entzündlich - April, April.

Ich habe Bilder von solchen Leitungen, es sind immer alle beteiligten Adern angegriffen, d.h. typischer RCD Fall, zumal schon im Brand
ungefährlichen Bereich 30 mA bis 300 mA erkennbar und nicht erst bei 1,5 A.

Da sollten die Hersteller einmal schnell an einem unabhängigen Institut Versuche machen lassen, wie oft beschrieben, um nachzuweisen, daß nicht auch der RCD in sagen wir mal 90 % der Fälle das gleiche bewirkt wie der AFDD.
ThomasR
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Re: AFDD - Ermittlung des Bundeskartellamtes

Beitrag von ThomasR »

Die Funktionsweise eines AFDD erfordert im Gegensatz zu einem "A" RCD eine Auswerteelektronik. Diese macht den AFDD zwingend teurer als einen einfachen RCD. Da wir wegen der zunehmenden Gefahren durch Gleichfehlerströme aber immer mehr über den RCD Typ "B" sprechen, der ebenfalls zwingend eine Auswerteelektronik benötigt, wird das irgendwann zusammenlaufen und wir werden RCD Typ B und AFDD in einem Block zu einem vernünftigen Preis bekommen. Spätestens dann fragt keiner mehr nach den jeweiligen Beiträgen welches Schutzmechanismus idee1
Elo-Ocho
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Re: AFDD - Ermittlung des Bundeskartellamtes

Beitrag von Elo-Ocho »

Hallo Thomas,
ThomasR hat geschrieben: Donnerstag 5. April 2018, 13:46 Die Funktionsweise eines AFDD erfordert im Gegensatz zu einem "A" RCD eine Auswerteelektronik. Diese macht den AFDD zwingend teurer als einen einfachen RCD. Da wir wegen der zunehmenden Gefahren durch Gleichfehlerströme aber immer mehr über den RCD Typ "B" sprechen, der ebenfalls zwingend eine Auswerteelektronik benötigt, wird das irgendwann zusammenlaufen und wir werden RCD Typ B und AFDD in einem Block zu einem vernünftigen Preis bekommen. Spätestens dann fragt keiner mehr nach den jeweiligen Beiträgen welches Schutzmechanismus idee1
so wie sich das bisher darstellt wird Dein Plan, der mit gut gefällt, nicht aufgehen.

Es gibt bereits die Kombi FI (Typ A) LS (div.) AFDD in einem Gerät. Habe ich mal über einen Installateurbetrieb anfragen lassen, 113 €/netto beim Großhändler. Das ist aber nur für einen Stromkreis. Und, ich glaube, 2 TE. Damit wäre für SK, die eh über einen FI/LS verfügen sollen, der Mehraufwand überschaubar.

Leider gibt es den AFDD nur für einzelne Wechselstromkreise, nicht, wie Du (und ich auch) es gerne hättest. Ein 4 poliges Gerät für vor die LS wie der FI ist nicht verfügbar, und soll, hab ich mal bei Simens gelesen, vorläufig auch nicht kommen, weil das einfach zu kompliziert ist.

Wenn das Gerät, wie von dir beschrieben, in der Norm gefordert wäre, hätte ich da auch deutlich weniger Probleme mit. Die selektive Forderung für diesen speziellen Anwendungsfall, für den es das Gerät schon gibt, erweckt in mir den Anschein von Geldschneiderei.

Gruß,

Ocho
Immer wenn ich Langweile habe, dann melde ich mich in einem Eltern-Forum an und Frage, wie weit man den Schimmel im Pausenbrot der Kinder wegschneiden sollte...
Trumbaschl
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Re: AFDD - Ermittlung des Bundeskartellamtes

Beitrag von Trumbaschl »

Weiterhin, können serielle Fehlerlichtbögen in dreiadrigen Leitungen oder genullten Systemen in Lichtbögen gegen
Erde übergehen. Die Ausgabe des GFC Sensor wird verstärkt und fließt in die logische Struktur des AFCI ein.
Wenn die Logik feststellt, daß Höhe und Zeit des Erdfehlers gefährlich ist, werden die Schalterkontakte geöffnet.“
Ich würde den US-Text in Details anders übersetzen. Ein Three wire system ist mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit das US-typische Einphasen-Dreileiternetz mit geerdetem Mittelpunkt, das teilweise auch in Haushalten ähnlich aufgeteilten Drehstromkreisen verwendet wird. Grounded systems ist mir selbst etwas unklar, "genullte Netze" gibt im amerikanischen Kontext aber nicht sehr viel Sinn, da mit wenigen Ausnahmen TN-C-S-Installationen vorliegen. Diese einzigen Ausnahmen sind TN-C-Stromkreise für Großgeräte wie Wäschetrockner und Herde im Haushalt (gruseligerweise mit PEN-Aufteilung im Gerät und 3-adriger steckbarer flexibler Zuleitung!). TT-Netze sind völlig unbekannt. Möglicherweise meint der Urheber Sondernetze wie "high leg delta", Dreiecksnetze mit einem geerdeten Wicklungs-Mittelpunkt, jedenfalls allgemein Netze mit betriebsmäßiger Erdung eines Leiters auf der Niederspannungsseite.

Im Hinblick auf den Brandschutz gebe ich zu bedenken, dass in den USA - wie in vielen Ländern mit ausschließlich TN-Niederspannungsnetzen - FI-Schutzschalter nur sehr eingeschränkt Verwendung finden. Steckdosen in besonderen Räumen müssen seit einigen Jahrzehnten verbesserten Schutz gegen indirektes Berühren aufweisen, das wird normalerweise mit DI-Schaltern (GFCI receptacle) in Steckdosen mit 5 mA Nennfehlerstrom sichergestellt, selten mit DI/LS im Verteiler mit dem selben Nennfehlerstrom. Elektromechanische FI-Schalter sind völlig unbekannt.

Insofern könnte es durchaus sein, dass man mit dem pauschalen Ersatz der dort gängigen Haupt-LSS im Verteiler durch einen FI/LS 200/3/0,1 oder gar 0,03 auf eine vergleichbare Verringerung der elektrisch gezündeten Brände käme.
Funker
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Re: AFDD - Ermittlung des Bundeskartellamtes

Beitrag von Funker »

von Trumbaschl » 05 Apr 2018 13:08
"Insofern könnte es durchaus sein, dass man mit dem pauschalen Ersatz der dort gängigen Haupt-LSS im Verteiler durch einen FI/LS 200/3/0,1 oder gar 0,03 auf eine vergleichbare Verringerung der elektrisch gezündeten Brände käme."

Genau das läßt sich aus den Zahlen der NFPA, die an anderer Stelle veröffentlicht sind nachweisen, da es bis 1999 keine AFDD (AFCI) gab und hinterher keine bedeutsamen Änderungen der Kurven.

Daher würde es also zureichen, die vorhandenen FI in Form von Gruppen FI mit möglichst kleinem Idn auf alle Stromkreise, wo diese bisher nicht
aus Gründen des elektrischen Schlages gefordert sind auszuweiten, was ja schon viele glücklicherweise machen.
Weiterhin die durchgängige Ausführung aller Anschlußleitungen auch von SK 2 Geräten mit PE, was es ebenfalls schon bei einigen gibt.
Das sind alles Forderungen, die die KAN schon 2003 aufgemacht hat und die in der Normung verschlafen wurden.

Soweit zu Konsequenz und Inkonsequenz weiter oben.
Funker
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Re: AFDD - Ermittlung des Bundeskartellamtes

Beitrag von Funker »

Es gibt im am 28.03.2018 erschienenen Magazin Feuertrutz gibt es eine weitere interessante Stellungnahme aus der dem Bauministerium NRW,
daß ebenfalls davon ausgeht, daß der AFDD und die VDE 0100 - 420 : 2016 - 02 nicht als anerkannter Stand der Technik anzusehen sind.

http://medien.feuertrutz.de/#doc/33454/5

http://medien.feuertrutz.de/#doc/33454/4
Antworten