Neue Verteilung und VDE 100-105

Hier geht es um allgemeine Normen der Elektrotechnik, Auslegungen und deren Anwendung
Meister_Stefan
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Neue Verteilung und VDE 100-105

Beitrag von Meister_Stefan »

Hi,

wenn eine Verteilung erneuert wird, muss ich dann die Prüfung nach VDE 0100-105 durchführen?
Die Anlage wurde vor 2Jahrwn geprüft.
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cyclist
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Re: Neue Verteilung und VDE 100-105

Beitrag von cyclist »

Hallo Stefan,
du hast ja eine neue Verteilung installiert. Also handelt es sich hierbei um eine Teil-Neuanlage. Demnach ist dann nicht die DIN VDE 0105-100 (nicht 100-105!) sondern die DIN VDE 0100-600 zuständig --> Erstinbetriebnahmeprüfung.
Da sich bei dem Einbau der UV ja theoretisch auch Fehler eingeschlichen haben können (z.B. PE oder N der Stromkreiszuleitung vertauscht oder nicht richtig angeschlossen) sollte zumindest die Anlage auch noch mal erneut nach DIN VDE 0105-100 geprüft werden (Wiederholungsprüfung). Wenn sich da aber durch die neue Verteilung auch Änderungen ergeben haben (z.B. ehemals LS-Schalter H 16A nun B 16A) so wurde ja auch die Anlage geändert. Demnach gilt dann auch hier wiederum die DIN 0100-600 --> Erstinbetriebnahmeprüfung.

Am einfachsten ist es sicherlich bei der UV incl. der Anlage eine Erstinbetriebnahmeprüfung durchzuführen. Wenn noch Stromkreise mit klassischer Nullung vorhanden sind und diese wirklich zum Zeitpunkt der damaligen Errichtung, normgerecht errichtet wurden, es auch sonst keine Notwendigkeit der Anpassung gegeben ist (--> Gefährdungsbeurteilung...), dann im Prüfprotokoll entsprechend darauf hinweisen.
Vorsichtshalber: Dieser Beitrag stellt keine, in diesem Forum nicht zulässige, Rechtsberatung dar.
Ciao + Gruss
Markus
Trumbaschl
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Re: Neue Verteilung und VDE 100-105

Beitrag von Trumbaschl »

Beim von Cyclist angemerkten Sonderfall sind wir bei einer schönen Diskussion, die auf Facebook in einer Elektro-Gruppe regelmäßig geführt wird. WIe definiert sich nach VDE eine wesentliche Änderung, die Nachrüstpflichten für die gesamte restliche Anlage schlagend werden lässt?

Diverse VDE-Dozenten definieren das anscheinend als "mehr als 10% der Gesamtanlage", was schnell erreicht ist. Hier im Forum wurden einmal etwa zwei Drittel des betroffenen Anlagenteils genannt, was ganz erheblich entspannter wäre. Gibt es dazu irgendwo offizielle Stellungnahmen? Der ÖVE beispielsweise hat das in einer Fachmeinung öffentlich klargestellt.
Elo-Ocho
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Re: Neue Verteilung und VDE 100-105

Beitrag von Elo-Ocho »

Moinsen,

die Beschreibung der Situation ist sehr dürftig, Stefan.

Wenn ich eine UV tausche, dann lasse ich (normalerweise) die dahinter liegende Anlage vollständig prüfen.
Sollten sich dann Erkenntnisse ergeben, dass weitere Dinge im Argen liegen, wird halt mehr gemacht.
Ich würde wahrscheinlich auch nach 0100-600 prüfen lassen, weil die alten Prüfunterlagen in großen Teilen wertlos geworden sind.
(z.B. kann man ja nicht die Abschaltzeiten eines neuen mit einem alten FI vergleichen um Abweichungen fest zu stellen.)

Warum wurde die alte Verteilung getauscht? Wie groß ist die Verteilung, a) absolut, b) im Vergleich zur Gesamtanlage.
Eventuell nutze ich die Gelegenheit, gleich alles nochmal zu prüfen...

Ich sehe das im großen und ganzen wie Markus, zumindest für die Teilanlage muss die Frage mit wohl mit nein beantwortet werden.

Gruß,

Ocho

Edit hat noch Tippfehler gefunden, und meint, ich solle die Vorschau gründlicher nutzen...
Immer wenn ich Langweile habe, dann melde ich mich in einem Eltern-Forum an und Frage, wie weit man den Schimmel im Pausenbrot der Kinder wegschneiden sollte...
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Wulff
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Re: Neue Verteilung und VDE 100-105

Beitrag von Wulff »

Ich sehe es genauso wie cyclist es beschrieben hat und so setzen wir es auch immer um.

Stärkstes Argument:

Wie will ich denn meine eigene Arbeit prüfen, wenn nicht durch eine Prüfung, wie in der 0100-600 beschrieben....

Wie schon aufgezählt: PE falsch abgeklemmt, usw. Wie will ich sonst verdeckte Fehler bekommen, die z.B. vorher nicht da waren, Fi-Fehler, vertauschter N/PE in der Steckdose etc.
Meister_Stefan
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Re: Neue Verteilung und VDE 100-105

Beitrag von Meister_Stefan »

Hallo,

es ist eine kleine Verteilung für ein Ladengeschäft.
Nichts weltbewegendes, vielleicht 3xRCD und 36 Automaten.
Darum meine Frage, bin ich dazu verpflichtet die dahinter liegenden Elektroinstallation zu prüfen.
Das ich prüfen sollte weiß ich, aber bin ich dazu verpflichtet das ist die Frage?
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cyclist
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Re: Neue Verteilung und VDE 100-105

Beitrag von cyclist »

Hallo Stefan!
Das ich prüfen sollte weiß ich, aber bin ich dazu verpflichtet das ist die Frage?
Du musst nicht zwingend persönlich die Anlage prüfen, wenn du nicht dazu befähigt bist (s. TRBS 1203, DGUV 203-072, DGUV Vorschrift 3 viewtopic.php?f=28&t=16530, DIN VDE 0105-100 u.a.), dann musst du halt jemanden, der die Anforderungen erfüllt, damit (intern o. extern) beauftragen.

Die Grundlage der von dir ausgeführten Arbeiten sind ja (neben den vertragsrechtlichen Dingen) u.a. die VDE-Normen. U.a. in der DIN VDE 0100-600 u. 0105-100 steht geschrieben, das nach Änderung = Teilneuanlage geprüft werden muss, so das entstandene Fehler aufdeckt werden können. Wie umfänglich, das muss der Prüfer selber entscheiden. Siehe u.a.: https://www.elektrofachkraft.de/pruefun ... en-anlagen

Wenn du natürlich zu 100% (!) ausschließen kannst, das durch die von dir ausgeführten Arbeiten kein Fehler entstanden ist, dann bräuchtest du nur deine ausgeführte Arbeit prüfen. Da das nur durch "Hand auflegen" nicht geht, kommst du also ums Prüfen der hinter der UV liegenden Anlage nicht herum.

Eine UV mit 3 RCD und insgesamt 36 LS-Schaltern ist schon keine Kleinigkeit mehr. Da ist die Prüfung nicht gerade mal eben in einer halben Stunde erledigt. Um die Kosten für den Auftraggeber klein zu halten, wird die erforderliche Prüfung meist im Leistungsverzeichnis nicht gesondert aufgeführt ("vergessen"), trotzdem ist man als Auftraggeber dazu verpflichtet, sie durchzuführen und entsprechend zu dokumentieren (si oben genannte Normen u.a.).
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Ciao + Gruss
Markus
Olaf S-H
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Re: Neue Verteilung und VDE 100-105

Beitrag von Olaf S-H »

Moin Meister Stefan,

wie gewünscht hier die Herleitung:

ArbStättV § 3a (1) i. V. m. § 49 EnWG und VDE 0100-600:2017-06, Abschnitt 6.4.1.5
"Bei einer Erweiterung oder Änderung einer bestehenden Anlage muss nachgewiesen werden, dass die Änderung oder Erweiterung der Normen der Reihe DIN VDE 0100 (VDE 0100) entspricht und die Sicherheit der neuen Anlage nicht durch die bestehende Anlage beeinträchtigt ist."

Gruß Olaf
Dies ist keine rechtsverbindliche Auskunft sondern meine Meinung bzw. mein Tipp für den Bereich der Bundesrepublik Deutschland! Die einschlägigen Normen/Vorschriften (z. B. DIN, VDE, TAB, DGUV, TRBS, BekBS, NAV, EN, LBO, LAR, ArbStättV, BetrSichV, ProdSG, ...) sind zu beachten. Ein Rechtsanspruch kann hieraus nicht abgeleitet werden. Die Nennung von Fundstellen in Regelwerken stellt keine Rechtsberatung sondern nur die Sichtweise des Verfassers dar.
vde1
Für elektrotechnische Laien gilt: Dieser Beitrag erläutert die technischen Zusammenhänge. Die Umsetzung obliegt den konzessionierten Fachbetrieben (§13(2)NAV).

"Wer eine Handlung begeht, der übernimmt auch alle daraus folgende Pflichten." §33 I-3 prALR 1794
Meister_Stefan
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Re: Neue Verteilung und VDE 100-105

Beitrag von Meister_Stefan »

Hi,

das hilft mir schonmsl weiter.
Ich Prüfe nicht selber, Sonderen ein Mitarbeiter.
Die UV wurde auch nicht von uns erstellt, wir führen nur die Prüfungen durch.
Komplizierte Geschichte.
Jetzt ist die Frage aufgetaucht, muss die Anlage geprüft werden oder nicht. Da die Anlage alle 4 Jahre von einer Fremdfirma ( nicht wir ) geprüft wird.
Olaf S-H
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Re: Neue Verteilung und VDE 100-105

Beitrag von Olaf S-H »

Moin Meister Stefan,

aus meiner Sicht ist die Frage doch beantwortet.

Die Sicherheit der Anlage muss nachgewiesen werden. Dies kann nur durch eine Prüfung der an die UV angeschlossenen Leitungsanlage erfolgen. Ob man hier ein Voll- oder Teilprüfung durchführt, muss der Betreiber bzw. der Prüfer entscheiden.

Waren zuvor RCD und LLS Typ B verbaut und sind es jetzt wieder, kann man über die Prüfung eines Betriebsmittels mit Schutzleiter die Sicherheit des Stromkreises nachweisen, wenn die Messwerte ähnlich der der letzten Prüfung sind. Im Zweifelsfall oder bei Bauchschmerzen würde ich eine Vollprüfung bevorzugen. Dies kann aber nur beantwortet werden, wenn man die Anlage kennt.

Hast Du ein Problem, Dich beim Kunden durchzusetzten?

Gruß Olaf
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