Prüfdienstleister - Alles Lug und Betrug? Oder Unfähigkeit?

Hier geht es um allgemeine Normen der Elektrotechnik, Auslegungen und deren Anwendung
ohoyer
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Beitrag von ohoyer »

Also ne typische Büroetage mit viel PCs und sonstigen einfachen Betriebsmitteln wie Schreibtischlampen und Verlängerungskabeln etc. sind das realistische Werte, wenn Rechnergestützt geprüft wird (und wo einige Dinge im Vorfeld vorbereitet sind)- ideal ist hier ein Helfer, der ab/aufbaut, wenn Geräte wie PCs geprüft werden müssen.
„Wer mit Ungeheuern kämpft, mag zusehn, dass er nicht dabei zum Ungeheuer wird. Und wenn du lange in einen Abgrund blickst, blickt der Abgrund auch in dich hinein.“

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Meister_Stefan
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Beitrag von Meister_Stefan »

Ich habe beim Kunden gesehen das die für die Prüfung 2,99€ Zahlen sollten.
Wir machen die Prüfungen jetzt im Stundennachweiss und fahren nicht schlecht dabei :D
zebra-ma
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Beitrag von zebra-ma »

Hallo Stefan,

es gibt durchaus Kunden, da macht das auf Grund der Umstände und Gegebenheiten durchaus Sinn.
Meister_Stefan hat geschrieben:Ich habe beim Kunden gesehen das die für die Prüfung 2,99€ Zahlen sollten.
Wir machen die Prüfungen jetzt im Stundennachweiss und fahren nicht schlecht dabei :D
Wir betreuen einen größeren Kunden, bei dem wir diese Messungen jährlich durchführen. Dies erfolgt im Stundenlohn, da es sich nicht nur um das reine Messen handelt, sondern auch die Geräte in den Einrichtungen aus den Räumen gesammelt werden müssen und dann auch wieder verteilt werden.

Es gab dort ein Alternativangebot, welches bei einem Festpreis je Gerät lag. Es wäre den Kunden vermutlich günstiger gekommen. Nur war da nicht geregelt, wie das mit dem Zusammentragen der Prüflinge läuft und deshalb hat man sich gegen den festen Betrag je Prüfling entschieden.

Gruß
Floriani
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Beitrag von Floriani »

Spannungsfall hat geschrieben:Hallo,

es sind längst nicht alle Prüfdienstleister "unseriös"!

Ich bin seit 2004 als Prüfdienstleister im Einsatz. Seit 2008 arbeiten wir mit der Software ELEKTROManager und kommen so auf ca. 100 -150 Messungen am Tag. Allerdings wird das Messgerät von der Software gesteuert (es kann für jeden Arbeitsmitteltyp ein spezieller Prüfablauf hinterlegt werden) und wir betrachten abnehmbare Anschlussleitungen als separaten Prüfling (ca. 80% der festgestellten Fehler werden an der Anschlussleitung festgestellt)!

Wenn ich zu einem Neukunden komme, höre ich nicht selten: "Sie sind ja in 2 Wochen fertig." Solange hat mein Vorgänger gebraucht. Für ca. 2000 Arbeitsmittel.

Wenn ich dann aber schon den 1. Blick auf die Prüfdokumentation werfe, fallen immer wieder die gleichen Prüfschritte auf: SichtPSI, Isolationswiderstand, Ersatzableitstrom. Auch bei SK I Geräten!!!

Beispiel: Ich messe ein Rührwerk. Eindeutig SK I. Stelle einen Rsl von 0,379Ohm, bei 10A AC und Leitung H05VV-F 3G0,75 1,4m fest. Auch nach Reinigung der PE Kontakte am Stecker.
Dann schaue ich in den Bericht meines Vorgängers: Er hat natürlich nur SichtPSI, Isolationswiderstand, Ersatzableitstrom gemessen!!!

Und zur Haftungsfrage: Ich denke, dass auch der Unternehmer, der eine Prüfung für 1,00€ - 2,50€ pro Messung beauftragt, zur Rechenschaft gezogen werden kann. Für diesen Preis ist einfach keine ordentliche Prüfung zu bekommen! Wenn´s hoch kommt kann ich in dieser Zeit die Plaketten kleben...

Unsere Prüfberichte sind elektronisch unterschrieben. Heisst, ich melde mich mit Benutzername und Passwort an der Software an, und die Momentaufnahmen (Kunde, Kostenstelle, Standort, etc.) der Prüfung werden dauerhaft gespeichert!

Wenn Interesse geweckt wurde: http://www.rfaservice.de (Wir suchen auch Aussendienstmitarbeiter)
Hallo

ich habe zu Prüfdienstleistern eine gespaltene Meinung. Das hängt leider damit zusammen, das diese Firmen (wenn es anders sein sollte, lasse ich mich gern belehren), nur nach Stückpreis anbieten und abrechnen. Das bedeutet im Klartext, das bei mehr Prüfungen auch mehr verdient wird. Und genau das ist mehr als kontraproduktiv.
Sogar in unserer Firma (wir sind FM-Dienstleister) wurden schon Prüfungen an einen Kunden für 2,55 Euro angeboten. Für mich ist das totaler Schwachsinn.
Zur Zeit prüfe ich allein ein großes Bürogebäude einer Bank (ca. 5000+ Prüflinge). Unterlagen des letzten Prüfdienstleisters über vorhergehende Prüfungen liegen nur teilweise vor bzw. sind veraltet ( z.B. nächste Prüfung 2011. Das auch Probleme mit der Beauftragung dazukamen ist noch eine andere Geschichte.
Die Prüfungen werden mit EM8 und gesteuertem Meßgerät durchgeführt. Ich muß aber die Prüflinge selbst demontieren und nach der Prüfung wieder montieren. Es wird mit Sicherheit kein Mitarbeiter einer Bank o.ä. Firmen seinen Schreibtisch selbst zerpflücken. Nach Abschluß der Arbeiten muß der Arbeitsplatz wieder funktionsbereit sein.
Unter diesen Bedingen komme ich am Tag im Schnitt auf etwa 40 bis 50 geprüfte Geräte. Da dürfen aber keine anderen Arbeiten (z.B. Störungen) dazwischen kommen.
Durch die hohe Anzahl von Umzügen innerhalb der Bank ist es zwingend notwendig, alle Komponenten separat zu prüfen. Es werden viele Zuleitungen mit Wieland-Stecksystem verwendet und es kann nicht garantiert werden, das z.B. eine Zuleitung und eine Steckdosenleiste immer zusammen bleiben.
Eine Prüfung ohne Demontage der Prüflinge ist zumindest hier nicht möglich. Der Unterschied zwischen Erst- und Wiederholungsprüfungen ist von Zeitaufwand daher relativ gering.
Ich denke also, das realistische Preise für Prüfungen an ortsveränderlichen Geräten bei etwa 10 Euro oder mehr pro Stück liegen dürften. Dabei muß wie gesagt, die Lage vor Ort berücksichtigt werden.
Leider versuchen die Prüfdienstleister zur Zeit sich preislich gegenseitig zu unterbieten um an Aufträge zu kommen.
Andererseits sind die Kunden ja rechtlich gezwungen, die Prüfungen durchzuführen oder durchführen zu lassen. Hier fehlen aber klare gesetzliche Zwänge, vergleichbar dem TÜV beim Auto. Wenn eine Firma die Prüfungen nicht, fehlerhaft oder verspätet durchführt, drohen Konsequenzen erst im Schadensfall. Hat ein Auto keinen gültigen TÜV mehr, steht nach kurzer Zeit jemand auf der Matte und holt die Kennzeichen ab.
Was die BGV A3 Prüfungen betrifft, ist noch sehr viel Aufklärungsarbeit notwendig. Die meisten Leute wissen gar nicht, welche Zeitbomben sie manchmal in ihrem Besitz haben.
Wenn hier in der Bank eine Tür quietscht oder ein Aufzug Geräusche macht, kommt sofort eine Störmeldung. Wenn aber durch falsche Belegung eines Fußbodentanks Leitungen beschädigt werden und bereits die blanken Adern sichtbar sind, interessiert das keinen. Es muß wohl wirklich erst zu einem Schaden kommen, ehe die Leute reagieren. Der Hammer ist dann noch, wenn man einen Mitarbeiter auf den Mangel anspricht, kommt zur Antwort: "Ach das funktioniert schon lange so."
Ich könnt da sehr viele Geschichten dazu erzählen.

Gruß
Ronald
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denizjustin
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Beitrag von denizjustin »

Hallo Ronald,
Du hast die Realität sehr schön geschildert.dd1
Gruß dj
Ich helfe gerne, und jedem weiter. Was daraus gemacht wird liegt nicht in meinem ermessen.
Strom ist gefährlich.richt1
Ich gehe grundsätzlich davon aus, das jeder weiß was er tut, und Ahnung davon hat, wie er das hier erfahrene
umsetzt.
IH-Elektriker
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Beitrag von IH-Elektriker »

Naja, beim abgelaufenen TÜV kommt normal niemand von alleine – da muss das schon eine Polizeistreife sehen damit man ein „Knöllchen“ bekommt… ;)

Wenn Dein Auto völlig abgefahrene Reifen hat erkennt das wohl fast jeder als Gefährdung – auch wenn er kein KFZ-Spezialist ist - und wird diese i.d.R. recht flott beheben (lassen), durchgescheuerte Isolation an Elektroleitungen werden akzeptiert so lange das angeschlossene Gerät noch funktioniert. Da kann der Elektrofachmann noch so sehr auf die Gefahr hinweisen, er wird nicht ernst genommen – denn Meinungen wie „mit Strom passiert doch nix!“ und „Naja, da bekommt man halt einen kleinen Schlag und das wars dann!“ sind bei Laien oft an der Tagesordnung.

Leider tropft Strom nicht wie wasser – eine undichte Wasserleitung lässt auch ein Laie beheben und er erkennt ebenfalls einen tropfenden Wasserhahn. Da wird repariert bevor kein Wasser mehr aus dem hahn kommt oder er andauernd läuft anstelle zu tropfen. Bei Wasserinstallationen versteht jeder Laie das Rohre verkalken und verstopfen oder durchrosten können und nach einer gewissen zeit einfach ausgetauscht gehören. Im E-Bereich käme niemand auf die Idee – so lange da noch Strom aus der Dose kommt passt das doch noch….

Einzig die Kombination „Elektrogerät und Wasser“ ist inzwischen in vielen Köpfen angekommen, da haben fast alle kapiert das das nicht zusammen passt. Und trotzdem gibt es immer wieder Leute die den Föhn in die Badewanne werfen und sich eigentlich nicht umbringen wollten ;)

Böse gesagt sollte man sowas wie Sicherungen oder RCDs abschaffen. Denn wenn jemand anstelle nur einen „Schlag“ zu bekommen weil bevor ihm was passiert der RCD auslöst auf einmal einen tödlichen Stromunfall hätte – oder das Haus abbrennen würde aufgrund eines Isolationsfehlers oder Kurzschlusses anstelle „nur“ die Sicherung auszulösen – dann würden die Menschen die Gefahren des elektrischen Stromes begreifen.

Es müssten also viel viel mehr schwere Elektrounfälle passieren damit „Otto Normalverbraucher“ erkennt wie gefährlich Strom sein kann. Es müssten die Tageszeitungen voll von Berichten über durch elektrische Defekte ausgelöste Brände sein, jeder müsste jemanden kennen der wegen eines Stromunfalles um’s Leben gekommen ist. Erst dann würden die Leute begreifen wie wichtig eine regelmäßige Überprüfung von Elektrogeräten ist und das diese Prüfungen nicht für 1,50 oder 2,00€ pro Gerät sauber durchführbar sind !

Ich weiss, das klingt hart – ist aber wohl so. Es passiert einfach viel zu wenig, darum wird Strom als harmlos und ungefährlich angesehen…..und bei ungefährlichen Dingen kann man ja mal großzügiger sein….
Floriani
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Beitrag von Floriani »

[quote="IH-Elektriker"]Naja, beim abgelaufenen TÜV kommt normal niemand von alleine – da muss das schon eine Polizeistreife sehen damit man ein „Knöllchen“ bekommt… ]

Probier es aus und überzieh deinen TÜV. Die Termine sind mittlerweile alle in den Zulassungsstellen gespeichert. Es dauert nicht lange und dann steht ein Offizieller vor deiner Tür und verlangt deine Kennzeichen. Und ohne Kennzeichen sollte man sein Auto schnell aus dem öffentlichen Verkehrsraum entfernen. Ziegelsteine gibts an jeder Ecke und das ist sicher erst der Anfang.
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IH-Elektriker
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Beitrag von IH-Elektriker »

Floriani hat geschrieben:Probier es aus und überzieh deinen TÜV. Die Termine sind mittlerweile alle in den Zulassungsstellen gespeichert. Es dauert nicht lange und dann steht ein Offizieller vor deiner Tür und verlangt deine Kennzeichen.
Nö. Definitiv nicht. Es findet kein Datenabgleich zwischen Zulassungsstelle und Prüfstelle statt. Darum musst Du ja auch bei einer Neuzulassung den Prüfbericht vorlegen. Ohne gültige HU gibt es keine Zulassung und keine Kennzeichen....

Anders sieht es aus wenn Du Deine Versicherung und/oder KFZ-Steuer nicht bezahlst. Bei der Steuer kommt das Finanzamt schneller als Du schauen kannst auf die Idee der Lohnpfändung - und wenn die KFZ-Versicherung bei der Zulassungsstelle meldet dass das Fahrzeug (aus welchem Grund auch immer) nicht mehr versichert ist - dann geht das schnell, da steht innerhalb von wenigen Tagen die Polizei vor der Tür und entstempelt die Kennzeichen....

Aber normal abgelaufener TÜV wird i.d.R. nicht bemerkt - es gibt Leute die haben beispielsweise ein Motorrad jahrelang angemeldet rumstehen mit abgelaufenem TÜV. Und keiner kommt und meckert !

Was allerdings passiert ist das die hauptuntersuchung teurer ist wenn man seit neuestem um 2 Monate überzieht....
Bödeker, Klaus
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Beitrag von Bödeker, Klaus »

IH-Elektriker hat geschrieben:Es müssten also viel viel mehr schwere Elektrounfälle passieren damit „Otto Normalverbraucher“ erkennt wie gefährlich Strom sein kann. Es müssten die Tageszeitungen voll von Berichten über durch elektrische Defekte ausgelöste Brände sein, jeder müsste jemanden kennen der wegen eines Stromunfalles um’s Leben gekommen ist. Erst dann würden die Leute begreifen wie wichtig eine regelmäßige Überprüfung von Elektrogeräten ist und das diese Prüfungen nicht für 1,50 oder 2,00€ pro Gerät sauber durchführbar sind !

Ich weiss, das klingt hart – ist aber wohl so. Es passiert einfach viel zu wenig, darum wird Strom als harmlos und ungefährlich angesehen…..und bei ungefährlichen Dingen kann man ja mal großzügiger sein….
Es ist etwas unlogisch, was Du da vorschlägst.
Der jetzige Zustand - zu wenig Brände - wurde ja auch durch Prüfungen erreicht.
Wir müssten also schlechter/weniger prüfen, damit es öfter brennt.
Dann kommen die Leute angstschlotternd und lassen mehr prüfen.
Dann brennt es wieder weniger und wir müssten wieder schlechter prüfen damit sie wieder schlottern...........

Das ist sicher eine schöne Arbeitsbeschaffung für Prüfer..
Gruß KlausBÖ
Tierfreund
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Beitrag von Tierfreund »

[quote="IH-Elektriker"] Und trotzdem gibt es immer wieder Leute die den Föhn in die Badewanne werfen und sich eigentlich nicht umbringen wollten ]

und warum ?? Der Föhn wird auch nich besser davon. :confused:
Ein kluger Mensch kommt nicht auf die Idee mir Schuld zu geben



cu Tierfreund
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