Prüfdienstleister - Alles Lug und Betrug? Oder Unfähigkeit?

Hier geht es um allgemeine Normen der Elektrotechnik, Auslegungen und deren Anwendung
Antworten
Benutzeravatar
e-man
Beiträge: 85
Registriert: Mittwoch 13. Oktober 2004, 20:10
Wohnort: Esslingen
Kontaktdaten:

Beitrag von e-man »

Nicht vergessen das die rechtlich höchste Vorgabe die Betriebssichereitsverordnung ist. Die BGV ist da eigendlich nur noch nebensächlich.

Verantwortlich ist prinzipiell der Arbeitgeber:

BetrSichV §10 Prüfungen der Arbeitsmittel
....Der Arbeitgeber hat sicherzustellen, das die Arbeitsmittel,
deren Sicherheit von den Montagebedingungen abhängt,
nach der Montage und vor der ersten Inbetriebnahme sowie nach
jeder Montage auf einer neuen Baustelle oder an einem
neuen Standort geprüft werden.

Die Prüfung hat den Zweck, sich von der ordnungsgemäßen
Montage und der sicheren Funktion dieser Arbeitsmittel zu
überzeugen.
Die Prüfung darf nur von hierzu befähigten Personen
durchgeführt werden
......

Das bedeutet das der Arbeitgeber dafürzu sorgen hat, dass nur eine befähigte Person prüft. Er muss bei einer externen Vergabe ebenfalls den Nachweis verlangen.

Wer ist eine befähigte Person?

Befähigte Person: nach TRBS 1203

....2.3 Zeitnahe berufliche Tätigkeit
Die befähigte Person muss über Kenntnisse zum Stand der Technik hinsichtlich des zu prüfenden Arbeitsmittels und der zu betrachtenden Gefährdungen verfügen und diese aufrechterhalten. Sie muss mit der Betriebssicherheitsverordnung und deren technischem Regelwerk sowie mit weiteren staatlichen Arbeitsschutzvorschriften für den betrieblichen Arbeitsschutz (z. B. ArbSchG, GefStoffV) und deren technischen Regelwerken sowie Vorschriften mit Anforderungen an die Beschaffenheit (z. B.GPSG, einschlägige GPSGV), mit Regelungen der Unfallversicherungsträger und anderen Regelungen (z. B. Normen, anerkannte Prüfgrundsätze) soweit vertraut sein, dass sie den sicheren Zustand des Arbeitsmittels beurteilen kann......

Wenn es um die Prüfung elektrischer Geräte geht, dann gilt auch folgendes:

......3.3 Berufsausbildung
Ergänzend zu Abschnitt 2.1 muss die befähigte Person für die Prüfungen zum Schutz vor elektrischen Gefährdungen eine elektrotechnische Berufsausbildung (Elektroniker der Fachrichtungen Energie- und Gebäudetechnik, Automatisierungstechnik oder Informations- und Telekommunikationstechnik, Systemelektroniker, Informationselektroniker Schwerpunkt Bürosystemtechnik oder Geräte- und Systemtechnik, Elektroniker für Maschinen und Antriebstechnik sowie vergleichbare industrielle Ausbildungen) abgeschlossen haben, ein abgeschlossenes Studium derElektrotechnik oder eine andere für die vorgesehenen Prüfaufgaben ausreichende elektrotechnische Qualifikation besitzen. .....

.......3.3 Berufserfahrung
Bezogen auf ihre Berufserfahrung muss ergänzend zu Abschnitt 2.2 die befähigte Person für die Prüfungen zum Schutz vor elektrischen Gefährdungen eine mindestens einjährige Erfahrung mit der Errichtung, dem Zusammenbau oder der Instandhaltung von elektrischen Arbeitsmitteln oder Anlagen besitzen.
Personen mit der o. g. elektrotechnischen Berufsausbildung verfügen in der Regel über die erforderliche Berufserfahrung für befähigte Personen für die Prüfungen zum Schutz vor elektrischen Gefährdungen im jeweiligen Tätigkeitsfeld. ......


.....3.3 Zeitnahe berufliche Tätigkeit
Die befähigte Person für die Prüfungen zum Schutz vor elektrischen Gefährdungen muss ihre Kenntnisse der Elektrotechnik aktualisieren, z. B. durch Teilnahme an Schulungen oder an einem einschlägigen Erfahrungsaustausch. .....


BetrSichV: Der Unternehmer mus die befähigte Person bestellen

Bestellung zur befähigten Person: nach BetrSichV

§ 3 Gefährdungsbeurteilung
(3) ........Ferner hat der Arbeitgeber die notwendigen Voraussetzungen zu ermitteln und festzulegen, welche die Personen erfüllen müssen, die von ihm mit der Prüfung oder Erprobung von Arbeitsmitteln zu beauftragen sind



Abgesehen davon muss der Unternehmer die Prüffristen anhand einer Gefährdungsbeurteilung festzulegen.

§ 3 Gefährdungsbeurteilung
.....(3) Für Arbeitsmittel sind insbesondere Art, Umfang und Fristen erforderlicher Prüfungen zu ermitteln. ......


Ausserdem sollte bei solchen billigpreisen dem verantwortlichen Unternehmer klar sein, dass zu diesem Preis keine fachgerechte Prüfung durchgeführt weren kann. Der Unternhmer würde damit auch gegen seine Sorgfaltspflicht verstoßen.


Dieses sollte nur einen kleinen Einblick geben, der zeigen soll, dass alles nicht so einfach ist.
Vorallem ist es nicht möglich die Verantwortung an einen externen billigheimer auszulagern.
Ich würde so etwas schon fast als Vorsatz bewerten.

Aber ich bin natürlich kein Anwalt.

Kann ein Buch empfehlen: VDE Band 120 bzw. 121
Autor ist Thorsten Neumann. Er ist Sachverständiger für BetrSichV und Gefährdungsbeutreilung. Schreibt sehr gut zu lesenende Bücher
Hat auch einen Blog: http://www.thorsten-neumann.de

Ich hoffe es hilft weiter.
Benutzeravatar
Epileptriker
Beiträge: 1154
Registriert: Sonntag 6. Dezember 2009, 16:20
Wohnort: Zwischen Köln, Trier, Frankfurt

Beitrag von Epileptriker »

e-man hat geschrieben:Autor ist Thorsten Neumann. Er ist Sachverständiger für BetrSichV und Gefährdungsbeutreilung. Schreibt sehr gut zu lesenende Bücher
Und schreibt auch hier im Forum mit. Und einige seiner Mitarbeiter auch. :D
Aber das nur am Rande. :cool:
Ohne die segensreiche Wirkung des Forums mit seiner messiastischen Verkündigung froher Botschaften wären die Döspaddel "draußen" selbstverständlich mehrheitlich noch gar nicht auf dies oder jenes gekommen.
Bild
Sicherheit ist mitnichten eine Frage des Geldes, sondern viel mehr eine Frage des Sachverstandes desjenigen, der sie implementiert.
Benutzeravatar
e-man
Beiträge: 85
Registriert: Mittwoch 13. Oktober 2004, 20:10
Wohnort: Esslingen
Kontaktdaten:

Beitrag von e-man »

Epileptriker hat geschrieben: Aber das nur am Rande. :cool:
Danke für die Info! Kann leider nicht jeden hier im Forum kennen.
Aber es ist doch immer wieder schön, wen man hier so alles treffen kann. dd1
arnim
Null-Leiter
Beiträge: 491
Registriert: Donnerstag 2. September 2010, 09:48
Wohnort: Saarland

Beitrag von arnim »

Hallo E-man.
e-man hat geschrieben:....Kann ein Buch empfehlen: VDE Band 120 bzw. 121
Autor ist Thorsten Neumann. Er ist Sachverständiger für BetrSichV und Gefährdungsbeutreilung. .....
Danke für den Hinweis.
Habe es gestern mal bestellt und gebe mal Rückmeldung dazu, wenn ich es mit meinem "Halbwissen" gelesene habe.
Bin gespannt auf wieviele mir derzeit unbekannte Fragen ich dann wieder eine Antwort bekomme.
Never too old to rock! (Homer Simpson):)
Benutzeravatar
Epileptriker
Beiträge: 1154
Registriert: Sonntag 6. Dezember 2009, 16:20
Wohnort: Zwischen Köln, Trier, Frankfurt

Beitrag von Epileptriker »

arnim hat geschrieben:Bin gespannt auf wieviele mir derzeit unbekannte Fragen ich dann wieder eine Antwort bekomme.
Deine Fragen werden definitiv zunehmen. :D Aber erwarte nicht auf alle eine Antwort. :cool:
Ohne die segensreiche Wirkung des Forums mit seiner messiastischen Verkündigung froher Botschaften wären die Döspaddel "draußen" selbstverständlich mehrheitlich noch gar nicht auf dies oder jenes gekommen.
Bild
Sicherheit ist mitnichten eine Frage des Geldes, sondern viel mehr eine Frage des Sachverstandes desjenigen, der sie implementiert.
Benutzeravatar
e-man
Beiträge: 85
Registriert: Mittwoch 13. Oktober 2004, 20:10
Wohnort: Esslingen
Kontaktdaten:

Beitrag von e-man »

arnim hat geschrieben:Hallo E-man.


Danke für den Hinweis.
Habe es gestern mal bestellt und gebe mal Rückmeldung dazu, wenn ich es mit meinem "Halbwissen" gelesene habe.
Bin gespannt auf wieviele mir derzeit unbekannte Fragen ich dann wieder eine Antwort bekomme.

Kann auch noch seinen Blog empfehlen.
Dort ist immer wieder was interessantes dabei.

http://thorsten-neumann.de/
Beavis78
Null-Leiter
Beiträge: 28
Registriert: Montag 5. Juni 2023, 07:24

Re: Prüfdienstleister - Alles Lug und Betrug? Oder Unfähigkeit?

Beitrag von Beavis78 »

Der Thread ist ja älter, aber besser ist es anscheinend nicht überall geworden.
Wir prüfen intern, checken aber altersbedingt die Auslagerung.
Das Problem ist, wir haben ca 35.000 Messungen pro Jahr bei 55.000 Prüflingen.
Viele sind verbaut und nicht direkt zugänglich.

Ich habe jetzt ein Angebot von einem Dienstleister aus den alten Bundesländern...3,90€ pro Stück + 0,35€ für einen Barcode. Daraufhin habe ich ein paar Fragen gestellt.

1) Wie wäre die Nettoarbeitszeit bei uns vor Ort?
Unsere Mitarbeiter haben eine Nettoarbeitszeit von 10 Stunden/Tag und arbeiten von Montag bis Donnerstag. Den Freitag arbeiten Sie sich raus und haben dann entsprechend Freitag, Samstag und Sonntag frei.

2) Wie sind ihre Erfahrung mit der Stückzahl pro Stunde?
Pro Stunde lässt sich das Ganze schlecht kalkulieren. Unser Techniker sind im 2-Mann Team unterwegs und ein Techniker schafft ca. 650 Messungen/Woche  1 Team = 1.300 Messungen/Woche

3) Wie ist der kalkulierte Stundenlohn für Ihre Mitarbeiter? Wie wird Mehraufwand berechnet und wie wird entscheiden, ob es Mehraufwand ist?
Sie bezahlen bei uns nicht nach Zeit, sondern nach Leistung, daher rechnen wir nicht nach Stunden ab, sondern nach Geräten. Als serviceorientierter Dienstleister arbeiten wir mit unseren Kunden auf Augenhöhe. Einen Mehraufwand in dem Sinne für Rüstzeiten oder ähnliches gibt es nicht. Unsere Techniker sind es gewohnt sich auf Baustelle so zu organisieren das es zu keinen größeren Wartezeiten kommt.

4) Wo haben Ihre Mitarbeiter die Befähigung gemäß TRBS 1203 erhalten und wo und wie häufig wird es aufgefrischt?
Wir setzten bei der Prüfung ortsveränderlicher Geräte ausschließlich auf Elektorfachkräfte für festgelegte Tätigkeiten, nicht auf EuP´s. Diese durchlaufen eine 80-stündige Theorieausbildung mit anschließender Prüfung, sowie eine jährliche Auffrischung des Wissens. Das Ganze wird durch unsere Schwesterfirma „***-Arbeitssicherheit-***“ gewährleistet.

5) Die mitgeschickte Exceltabelle entspricht dem Standortformat für die Prüfungen? (unabhängig von den ausgefüllten Beispielwerten) oder gibt es auch richtige Protokolle?
Das Standartformat unserer Protokolle ist das Format PDF. Die Exceltabelle wird dem Kunden zusätzlich zur Verfügung gestellt, sofern er dies wünscht. Ich hänge Ihnen nochmal eine PDF-Datei mit dran.

6) Entstehen Zusatzkosten für die Erstaufnahme?
Nein. Da die Geräteanzahl unserer Erfahrung nach von Prüfung zu Prüfung schwankt nehmen wir immer den aktuellen Ist-Zustand zum Zeitpunkt der Prüfung auf. Extrakosten entstehen Ihnen hierbei nicht.

Ich denke, dass "Protokoll", der Preis und die Antworten sprechen für sich......
Dateianhänge
SKM_C360i23092607510.pdf
(252.48 KiB) 135-mal heruntergeladen
Olaf S-H
Beiträge: 13786
Registriert: Montag 10. Januar 2005, 23:57

Re: Prüfdienstleister - Alles Lug und Betrug? Oder Unfähigkeit?

Beitrag von Olaf S-H »

Moin Beavis,

eine EFKffT ist bei 80 Stunden Ausbildung noch lange keine zur Prüfung befähigte Person.

Wie lange benötigst Du für die vernünftige Prüfung eines Geräte - mit Auseinanderbauen des Schreibtisches? Da kommt man auf ca. 50 - 60 Stück pro Tag. Wenn die Prüfkeule nun 650 Stück in einer Woche schafft, dann sind es 130 Stück pro 8-Stunden-Tag. Da muss aber schon alles sauber nebeneinander liegen und des dürfen nur Verlängerungen bis 4,99 m sein. :D

Gucke Dir die Prüfungen an. Stelle einige Fachfragen bei der Prüfkeule. Gucke mal, wie er einen Schleifbock ohne Unterspannungsauslöser prüft. Frage ihn, ob er gem. DGUV Vorschrift 3 oder BetrSichV prüft (der Wiederanlaufschutz kommt aus der BetrSichV). Ich habe für solche Fragestunden immer einige "besondere" Prüflinge. Das Leben macht Spaß, wenn man weiß, wie man es genießen kann.

Gruß Olaf, des auch schon sehr angenehm durch einen Prüfdienstleister überrascht wurde
Dies ist keine rechtsverbindliche Auskunft sondern meine Meinung bzw. mein Tipp für den Bereich der Bundesrepublik Deutschland! Die einschlägigen Normen/Vorschriften (z. B. DIN, VDE, TAB, DGUV, TRBS, BekBS, NAV, EN, LBO, LAR, ArbStättV, BetrSichV, ProdSG, ...) sind zu beachten. Ein Rechtsanspruch kann hieraus nicht abgeleitet werden. Die Nennung von Fundstellen in Regelwerken stellt keine Rechtsberatung sondern nur die Sichtweise des Verfassers dar.
vde1
Für elektrotechnische Laien gilt: Dieser Beitrag erläutert die technischen Zusammenhänge. Die Umsetzung obliegt den konzessionierten Fachbetrieben (§13(2)NAV).

"Wer eine Handlung begeht, der übernimmt auch alle daraus folgende Pflichten." §33 I-3 prALR 1794
Beavis78
Null-Leiter
Beiträge: 28
Registriert: Montag 5. Juni 2023, 07:24

Re: Prüfdienstleister - Alles Lug und Betrug? Oder Unfähigkeit?

Beitrag von Beavis78 »

Hi Olaf,

Ich habe den Anbieter natürlich als mahnendes Beispiel zur Seite gelegt.
Er ist weder fachlich kompetent und dazu nicht realistisch.
Ich kenne die Bedingungen bei uns. Da liegt nichts bereit.
Heute hatte ich wieder so ein Beispiel im Haus.
Klimakammer mit eigener Unterverteilung...gemessen wurde nur riso und rlo.
Riso war teilweise unter 1Mohm und rlow hatte ich werte mit glatt null. Protokoll sagt ok. Kurzschlussströme wurden auch nicht ermittelt.
Nach einem Gespräch mit dem Prüfer kam raus, er wusste nicht, wie er letzteres ermittelt.
Was läuft schief bei den Prüfern?
Ich habe hier auch TüV Protokolle zur Prüfung an Maschinen, komplett ohne irgendwelche Messwerte...
P.s. was ist messtechnisch bei dem Schleifbock ohne Unterspannungauslösung anders? Das es nicht zulässig ist, weiß ich. Wir rüsten im Moment prcds nach.
E-Jens
Null-Leiter
Beiträge: 710
Registriert: Freitag 16. Dezember 2016, 21:37
Wohnort: im Norden

Re: Prüfdienstleister - Alles Lug und Betrug? Oder Unfähigkeit?

Beitrag von E-Jens »

Hallo,

einige Prüfdienstleister nutzen den Geiz und die Unwissenheit der Kunden aus und verdienen damit Geld.
So lange man glaubt, dass der Billigste die beste Arbeit abliefert, bekommt man „Prüfer“ die keine sind, die eine Arbeit abliefern die nichts wert ist.
Gruß Jens
Antworten