Prüfung ortsveränderlicher BM: Fristen und mehr

Hier geht es um allgemeine Normen der Elektrotechnik, Auslegungen und deren Anwendung
Benutzeravatar
Bender
Beiträge: 96
Registriert: Montag 7. Juli 2014, 17:21
Wohnort: Sachsen

Prüfung ortsveränderlicher BM: Fristen und mehr

Beitrag von Bender »

Servus,

es geht um die Überprüfung der ortsveränderlichen Betriebsmittel in einer Schule (später auch der ortsfesten Anlage), mein erster größerer Auftrag in dieser Richtung.

Mein bisheriger Stand der Erkenntnis bezüglich der Prüffristen: in Unterrichtsräumen mindestens alle 12 Monate, in "normalen" Büroräumen der Lehrer mindestens alle 24 Monate für die ortsveränderlichen BM.

Was ich bislang noch nicht wirklich in Erfahrung bringen konnte:
1. Ich würde gern eine Gefährdungsbeurteilung erstellen (ist ja offenbar sogar notwendig?), habe sowas jedoch noch nie gemacht, dies war auch weder in meinem bisherigen Betrieb noch im Studium oder der Meisterausbildung Thema gewesen. Gibt es hier einen empfehlenswerten Leitfaden o.ä.?
2. Wäre in dieser Beurteilung beispielsweise eine Verlängerung der Fristen (z.B. auf 24 Monate für alle Geräte, oder zumindest bestimmte Geräteklassen) möglich, sofern ich als Fachkraft sowie die Schulleitung dieser Beurteilung zustimmen oder dürfen die Werte der DGUV Vorschrift 4 (und/oder anderer?) nicht unterwandert werden?
3. Ich habe noch immer Schwierigkeiten mit der Definition eines "ortsveränderlichen" BM. Klar ist: Lötkolben, Heißklebepistole und Bügeleisen gehören geprüft, ebenso der Overhead-Projektor und die Ständerbohrmaschine, deren Stecker regelmäßig ein- und ausgesteckt wird.
Aber ist der PC im Computerkabinett ortsveränderlich? Der PC im Sekretariat? Die Mini-Stereoanlage im Speisesaal, deren Zuleitung hinter einem Möbelstück völlig unzugänglich hängt? Der Flatscreen im Klassenzimmer, dessen Zuleitung gar größtenteils im Kanal verlegt wurde?
4. Was ist mit Geräten, die nach der Prüfung neu angeschafft werden, müssen diese vor erster Benutzung geprüft werden oder ist hier erstmal der Hersteller/Verkäufer in der Pflicht?

Fragen über Fragen, aber da ich nun einmal hier im Forum Mitglied bin und fleißig mitlese, will ich auch anfangen, die Dinge ein wenig besser und gewissenhafter zu machen, als ich es gelernt und bislang getan habe.
Benutzeravatar
SPS
Beiträge: 6019
Registriert: Freitag 16. Juli 2004, 20:27
Kontaktdaten:

Re: Prüfung ortsveränderlicher BM: Fristen und mehr

Beitrag von SPS »

Der PC im Sekretariat die Mini-Stereoanlage sind für mich nach VDE 701-702 zu prüfen.
https://www.komnet.nrw.de/_sitetools/dialog/1336


Gibt im Netz auch andere Meinungen.
Desktopcomputer, fest angebrachte Beamer oder Kaffeevollautomaten können als „ortsfest“ angesehen werden, eine entsprechende Einstufung nimmt die zuständige Elektrofachkraft im Einvernehmen mit dem Unternehmer vor.
http://www.arbeitsschutz-im-ehrenamt.de ... ittel.html


Eine Erstprüfung kann ich nur empfehlen.
da können Vergleichswerte für Später ermittelt werden.
Außerdem können bei Problemen, diese noch in der Garantiezeit beanstandet werden.
Ich hatte einen Toaster der SK1 war. Es waren nicht alle Berührbaren Leitfähigen Teile mit dem PE verbunden.
Low Ohm Messung nicht aussagekräftig. Erste Aussage des Herstellers, da gehört ein PE Angeschlossen.
Da Garantie Abgelaufen hätte ich den entsorgen können. Das wäre schon bei der Erstprüfung aufgefallen und hätte so über die Granite laufen können ...
Erst eine Vergleichsmessung mit einem anderen Toaster vom gleichen Hersteller und nochmaligen Nachhaken ergab, das die Seitenwände SK2 entsprechen ...

Hast du schon die PDF der BG?
Neu 2016 und 2017 Sehr ausführliche Infos
DGUV Information 203-070 Geräteprüfung
http://publikationen.dguv.de/dguv/pdf/10002/203-070.pdf
Ortsveränderliche elektrische Arbeitsmitte, siehe auch unter Begriffsbestimmungen in der PDF


Erstpruefung
https://www.elektrofachkraft.de/pruefun ... z5Km7YsEsN

DGUV Information 203-072 Anlagen Prüfen
http://publikationen.dguv.de/dguv/pdf/10002/203-072.pdf
Mit freundlichem Gruß sps
Elo-Ocho
Null-Leiter
Beiträge: 905
Registriert: Mittwoch 16. Juli 2014, 14:27
Wohnort: Münsterland

Re: Prüfung ortsveränderlicher BM: Fristen und mehr

Beitrag von Elo-Ocho »

Moinsen Bender,

Ich las nicht-Prüfer denke:

Die Prüfintervalle legst Du nach Bedarf fest, erst mal geringer wählen, später größer werden.

Von Schülern geführte Handwerkzeuge, ich kenne das Klientel nicht, sind mit quartalsweiser, vielleicht halbjährlicher Prüfung sicherlich fair bewertet, wenn z.B. 4 x alles gut war, gehst Du im Intervall hoch, nicht auf das Gerät, sondern auf die Gerätegruppe bezogen, wobei ich persönlich Gruppe immer als Gerät und Benutzer zusammenfassen würde, sprich alle (1 x im Halbjahr benutzen)Bohrmaschinen der Abiklasse sind eine andere Gruppe als die im täglichen Wechsel von verschiedenen Berufsschulklassen benutzen Geräte der Maurer.

Für nicht bewegte Bürogeräte kann mal locker mit 1-2 Jahren anfangen, je nach Deinem Anliegen die Geräte mehr oder weniger oft zu prüfen kann man da, mit einiger Erfahrung und von guten Prüfergebnissen untermauert, ruhig die maximale Prüffrist (4 Jahre?) anstreben.

Die Gefährdungsbeurteilung für die Schule schreibt der Rektor, die für Dich Dein Arbeitgeber (in dem Fall Du selbst?). Sollte Dich die Schule mit dem Schreiben von Gefährdungsbeurteilungen beauftragt haben, wirst Du das auch tun müssen, gegen viel Geld, denke ich. Sprich in dem Fall mal mit dem Versicherungsmakler, was der davon hält...

Ja, neu angeschaffte Geräte werden vor der Inbetriebnahme geprüft.

Gruß,

Ocho,
Immer wenn ich Langweile habe, dann melde ich mich in einem Eltern-Forum an und Frage, wie weit man den Schimmel im Pausenbrot der Kinder wegschneiden sollte...
Olaf S-H
Beiträge: 13786
Registriert: Montag 10. Januar 2005, 23:57

Re: Prüfung ortsveränderlicher BM: Fristen und mehr

Beitrag von Olaf S-H »

Moin Bender,

hast Du in

TRBS 1201, Tabelle 2
TRBS 1201, Tabelle 3
DA zur DGUV Vorschrift 4, Tabelle 1A
DA zur DGUV Vorschrift 4, Tabelle 1B

geguckt. Wahrscheinlich findest Du dort Antworten auf die Fragen.

Gruß Olaf
Dies ist keine rechtsverbindliche Auskunft sondern meine Meinung bzw. mein Tipp für den Bereich der Bundesrepublik Deutschland! Die einschlägigen Normen/Vorschriften (z. B. DIN, VDE, TAB, DGUV, TRBS, BekBS, NAV, EN, LBO, LAR, ArbStättV, BetrSichV, ProdSG, ...) sind zu beachten. Ein Rechtsanspruch kann hieraus nicht abgeleitet werden. Die Nennung von Fundstellen in Regelwerken stellt keine Rechtsberatung sondern nur die Sichtweise des Verfassers dar.
vde1
Für elektrotechnische Laien gilt: Dieser Beitrag erläutert die technischen Zusammenhänge. Die Umsetzung obliegt den konzessionierten Fachbetrieben (§13(2)NAV).

"Wer eine Handlung begeht, der übernimmt auch alle daraus folgende Pflichten." §33 I-3 prALR 1794
E-Jens
Null-Leiter
Beiträge: 710
Registriert: Freitag 16. Dezember 2016, 21:37
Wohnort: im Norden

Re: Prüfung ortsveränderlicher BM: Fristen und mehr

Beitrag von E-Jens »

Hallo Bender,

eine meiner Meinung nach sinnvolle, einfache und praktikable Lösung ist nach "mit Stecker" und den "Rest" zu unterscheiden. So kannst du dir ein DIN/VDE 0701/0702 Messgerät schnappen und nacheinander durch alle Räume ziehen. Danach kannst du mit dem DIN/VDE 0100/600 und 0100/105 Messgerät weiter machen. In der Realität wird Dir der geschlossene Vertrag sagen, wann du was zu prüfen hast.
Eine Gefährdungsbeurteilung für den Kunden oder für deine Arbeit?
Für den Kunden währe wohl ein wenig viel, nur um die elektrischen Geräte und die elektrische Anlage zu prüfen.
Eigentlich geht es doch nur um den Prüf-Rhythmus. Das sollte der Betreiber schon als seine Verantwortung betrachten und sich vor Vertragsschluss festlegen. Das ist nämlich alles nicht so einfach. z.B. Dabei ist das Gerät welches ständig bewegt wird, wenn es am Netz ist, anders zu bewerten wie der unter die Decke geschraubte Beamer, der nur mit Leiter zu erreichen ist. Jedoch muss es nicht so sein. Wenn der Beamer alle zwei Tage mit Hilfe des Hausmeisters in den nächsten Raum wandert, ist das für Externe nicht zu sehen. Genau so kann es mit der Bohrmaschine sein, wenn diese nur gelegentlich genutzt wird. Zu alle dem geht es dabei um die zukünftige Intensität der Nutzung. Das alles und viel Mehr kann aber nur der Betreiber wissen.
Gruß Jens
Benutzeravatar
Bender
Beiträge: 96
Registriert: Montag 7. Juli 2014, 17:21
Wohnort: Sachsen

Re: Prüfung ortsveränderlicher BM: Fristen und mehr

Beitrag von Bender »

Besten Dank erstmal für die vielen Anregungen.

Die meisten der Dokumente kenne ich bereits, ebenso die darin empfohlenen Prüfintervalle.

Hauptsächlich geht es mir eben um diese Gefährungsbeurteilung, von der ich hier im Forum immer wieder zu lesen bekomme, in der Praxis jedoch noch keine in der Hand gehalten habe.
Hintergrund ist folgender: ich möchte vermeiden, im Schadensfall ohne ein solches Dokument dazustehen, nur um dann hören zu müssen, dass ich eines hätte erstellen müssen.
Zweiter Grund wäre die Möglichkeit, die Prüfintervalle in den Klassenräumen (1 Jahr) auf die Intervalle der "normalen" Büros (2 Jahre) anheben zu können. Wäre es legitim, wenn bei einer Erst/Komplettprüfung den Betriebsmitteln ein sehr guter Zustand attestiert werden kann, die Intervalle anzugleichen?

Ich lese aber hier heraus, dass eine Gefährdungsbeurteilung nicht der richtige Weg ist, um diese Fristen festzulegen und scheinbar für Überprüfungen ortsfester/ortsveränderlicher BM eh nicht notwendig ist?

Und nochmal: ist der PC, den ich mit angestöpselter Netzleitung, Monitorkabel, Maus, Tastatur und Netzwerkkabel (fast) unmöglich bewegen kann, wirklich ein ortsveränderliches Betriebsmittel? :confused:
E-Jens
Null-Leiter
Beiträge: 710
Registriert: Freitag 16. Dezember 2016, 21:37
Wohnort: im Norden

Re: Prüfung ortsveränderlicher BM: Fristen und mehr

Beitrag von E-Jens »

Hallo Bender,

richtig ortsfest ist der PC aber auch nicht. Irgendwas zwischen ortsfest oder ortsveränderlich.
Meiner Meinung nach ist ein Gerät ortsfest, wenn es mit der Umgebung fest so verbunden ist, dass es keiner zu einem neuen Standort bringen kann. Dabei sind die Kabel entweder in einer Wand, auf einer Kabelpritsche befestigt oder anderweitig geschützt und vorwiegend fest verlegt.
Ortsveränderlich ist es, wenn es bei der Benutzung bewegt wird. Also das Kabel sehr ungeschützt und dadurch stark beansprucht wird.
Der Rest ist irgendwas dazwischen.
Wir achten sehr darauf, dass uns der Kunde den Prüfrythmus vorgibt. Bei der Prüfung der Geräte stellst du den Stand der elektrotechnischen Sicherheit des Gerätes fest. Wenn das der Auftrag ist, passt das.
Gruß Jens
Benutzeravatar
Bender
Beiträge: 96
Registriert: Montag 7. Juli 2014, 17:21
Wohnort: Sachsen

Re: Prüfung ortsveränderlicher BM: Fristen und mehr

Beitrag von Bender »

E-Jens hat geschrieben: Dienstag 10. Juli 2018, 21:42Wir achten sehr darauf, dass uns der Kunde den Prüfrythmus vorgibt.
Da dieser aber i.d.R. ein elektrotechnischer Laie ist, welcher einerseits sein Unternehmen/Einrichtung abgesichert haben will, andererseits aber auch so wenig Aufwand und Kosten wie möglich dadurch verursacht haben möchte, landen wir am Ende dann doch wieder bei den Empfehlungen von DGUV und Konsorten :D

Alles klar!
E-Jens
Null-Leiter
Beiträge: 710
Registriert: Freitag 16. Dezember 2016, 21:37
Wohnort: im Norden

Re: Prüfung ortsveränderlicher BM: Fristen und mehr

Beitrag von E-Jens »

Hallo Bender,

auch der Kunde trägt Verantwortung. Er kann sich nicht damit rausreden, dass er Unternehmerverantwortung nicht kennt. Wenn er Laie ist, muss er sich beraten lassen. Dass sollte aber jemand machen, der Erfahrung mit dem Thema hat. Spätestens nach einem größeren Unfall wird sehr viel in Frage gestellt. Dann muss er sich mit der angefertigten Dokumentation verteidigen können.
Bevor du die Auswertung der Prüfungen und die Gefährdungsbeurteilungen machst, die neuen Prüfrythmen festlegst und das für die Anlage und alle Geräte, frag wieviel er dafür bereit ist zu zahlen.
Gruß Jens
Elo-Ocho
Null-Leiter
Beiträge: 905
Registriert: Mittwoch 16. Juli 2014, 14:27
Wohnort: Münsterland

Re: Prüfung ortsveränderlicher BM: Fristen und mehr

Beitrag von Elo-Ocho »

Hallo Bender,
E-Jens hat geschrieben: Donnerstag 12. Juli 2018, 19:11 ...
frag wieviel er dafür bereit ist zu zahlen.
...
Nur für den zugegebenermaßen unwahrscheinlichen Fall, dass etwas schlimmes passiert, was nicht passiert wäre wenn Du anders beraten hättest, stellt sich die Frage:

Ist Deine Haftpflichtversicherung bereit zu zahlen, wenn Du da Bockmist baust, oder ist Dein Betrieb dafür nicht versichert?
Eventuell wollen für die Absicherung dieses Risikos Kohle sehen, die Du dann mit entsprechendem Aufschlag mit der vom E-Jens angefragten Summe gegenrechnen solltest...

Gruß,

Ocho
(Der Dich echt nicht davon abbringen will, aber halte die Risiken im Auge und kalkuliere Sauber.)
Immer wenn ich Langweile habe, dann melde ich mich in einem Eltern-Forum an und Frage, wie weit man den Schimmel im Pausenbrot der Kinder wegschneiden sollte...
Antworten