Neutralleiter-Abriss und Sternpunktverschiebung

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cesh10ds
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Neutralleiter-Abriss und Sternpunktverschiebung

Beitrag von cesh10ds »

Ich lese mich gerade in die Thematik "Sternpunktverschiebung" ein. Also wenn der Neutralleiter z.B. auf dem Rückweg zum Energieversorger unterbrochen wird. Dazu gibt's auch lehrreiche Videos auf Youtube. Wenn man plötzlich knapp 400 Volt an der Steckdose hat durch einen solchen Fehler.

Nun frage ich mich folgendes: Wenn die gesamte Verkabelung in Ordnung ist, dann gibt es doch trotzdem eine Sternpunktverschiebung "in kleinem Umfang", denn die Neutralleiter der unterschiedlichen Phasen sind ja spätestens im HAK verbunden.

Kleines Beispiel:

Lampe 1, angeschlossen jeweils an Sammelpunkte für Phase L1 und Neutralleiter im Zählerschrank
Lampe 2, angeschlossen jeweils an Sammelpunkte für Phase L2 und Neutralleiter im Zählerschrank

Eigentlich geht der Strom jeder Lampe über den Neutralleiter zurück zum EVU, aber wenn beide Lampen eingeschaltet sind, dann gibt es z.B. für Lampe 1 ja noch einen weiteren Weg, wie der Strom fließen kann: via Neutralleiter an den Neutralleitersammelpunkt im Zählerschrank, von dort über den Neutralleiter an Lampe 2 und dort dann an L2. Und schon hat man genau das, was "im Großen" passieren würde wenn der Neutralleiter nach dem Sammelpunkt im Zählerschrank auf dem Rückweg zum EVU abreißen würde: Eine Sternpunktverschiebung.

Übersehe ich da etwas oder habe ich im Grundsatz her recht? Wenn ich recht habe, dann hat es vermutlich was mit den Widerstandsverhältnissen zu tun, dass wir nicht im großen Stil eine Sternpunktverschiebung haben, oder?
E-Jens
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Re: Neutralleiter-Abriss und Sternpunktverschiebung

Beitrag von E-Jens »

Hallo,

so lange der Neutralleiter angeschlossen ist, gibt es nur eine unwesentliche Sternpunktverschiebung entsprechend der Leiterwiderstände. Dabei fließt ein Teilstrom im N-Leiter Richtung Trafo.
Nun nehmen wir noch eine Lampe an L3 bei deinem Nachbarn und schon hast der NB ein schön ausgeglichenes Drehstromsystem. bier1
Gruß Jens
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Wulff
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Re: Neutralleiter-Abriss und Sternpunktverschiebung

Beitrag von Wulff »

Die Widerstandsverhältnisse sind's, da hast du recht.

Wenn du zwei gleichgroße Widerstände anschließt, ist der "Sternpunkt" zwischen den beiden Widerständen "in der MItte".

Sollte sich ein Widerstand ändern, verschiebt sich der Spannungsfall.

Kann man bei zwei Verbrauchern sehr leicht berechnen.
cesh10ds
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Re: Neutralleiter-Abriss und Sternpunktverschiebung

Beitrag von cesh10ds »

Hallo Jens, alles klar, dann hab ich das verstanden. Dann liegt es also an den deutlichen Widerstandsunterschieden. Danke für die schnelle Antwort.
cesh10ds
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Re: Neutralleiter-Abriss und Sternpunktverschiebung

Beitrag von cesh10ds »

Ich überlege gerade, welche Formel da am besten anwendbar wäre.

Also Wenn ich zwei alte Glühlampen habe. Eine mit 100W also ca 528 Ohm Widerstand. Und die andere mit 50W, also 1056 Ohm.
Und die erste hängt an L1, die zweite an L2. Beide eingeschaltet.

Würde das gerne mal nachrechnen, um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie gering die Verschiebung ist.
Probator
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Re: Neutralleiter-Abriss und Sternpunktverschiebung

Beitrag von Probator »

Erst mal musst du die Widerstände der Lampen berechnen.
Beispiel: R = U²/P = 230²/P

Das machst du für beide Lampen. Diese sind in Reihe geschaltet, also addieren sich die zwei Widerstände.
Mit I = U/R bekommst du den Strom durch beide Lampen. Achtung, hier mit 400V rechnen!

Mit U = R*I erhälst du dann pro Lampe die Spannung, die an jeder einzelnen abfällt.

Auffrischung der Ausbildung:
http://www.sengpielaudio.com/Formelrad- ... echnik.htm

Bei 3 Verbrauchern wird es schwieriger, dann kommt du ins Einrechnen der Phasenverschiebung nicht mehr herum.
E-Jens
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Re: Neutralleiter-Abriss und Sternpunktverschiebung

Beitrag von E-Jens »

Dann fließen im Neutralleiter 0,38 A.
Gruß Jens
cesh10ds
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Re: Neutralleiter-Abriss und Sternpunktverschiebung

Beitrag von cesh10ds »

Danke Euch, ihr seid ja richtig schnell hier!

Ich meinte aber mit der Berechnung: Was würde ich als Spannung messen an der Glühbirne L2, wenn ich *keinen* Neutralleiterabriss habe, sondern nur durch den gemeinsamen Neutralleiter eine "leichte Sternpunktverschiebung". Da geht ja eine Verbindung L1->N->EVU und die andere L1->N->L2

Wenn ich vorher an L1 230V messen konnte und an L2 ebenfalls, wie verändert sich das nur dadurch dass die zwei Glühbirnen (mit unterschiedlichen Widerständen/Leistungswerten) eingeschaltet sind? Reden wir da über +- 1 Volt oder noch weniger? und wie rechne ich das, wo ja irgendwie zwei "Stromkreise" gleichzeitig bestehen (da liegt im Moment meine Denkblockade)
Probator
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Re: Neutralleiter-Abriss und Sternpunktverschiebung

Beitrag von Probator »

cesh10ds hat geschrieben: Montag 13. Dezember 2021, 19:05...wenn ich *keinen* Neutralleiterabriss habe, sondern nur durch den gemeinsamen Neutralleiter eine "leichte Sternpunktverschiebung"...
Du hast keine "leichte Sternpunktverschiebung".
In der Theorie liegt der Neutralleiter hart auf 0V.

In der Praxis kommen natürlich durch den Stromfluss über den Leiterwiderstand X Volt Spannungsabfall dazu.
Dieser wirkt sich aber auf beide Verbraucher aus.
cesh10ds
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Re: Neutralleiter-Abriss und Sternpunktverschiebung

Beitrag von cesh10ds »

Ich habe dieses Video gesehen https://www.youtube.com/watch?v=J2dBCqVWE0I Schöne Darstellung, wie bei Neutralleiterabriss die Spannungen zwischen den Phasen an den Lampen schwanken.

Ich habe angehängtes Bild gemalt, wo ich mir überlege, dass der grüne Stromfluss für die linke Lampe der normale Stromfluss ist, aber der rote Stromfluss ja auch ohne Neutralleiterabriss IMMER stattfindet, wenn die Lampe an L2 eingeschaltet ist.

Ich vermute, dass es wie Wulff schreibt, die riesigen Widerstandsunterschiede (ca. 0 Ohm auf dem Neutralleiter in Richtung vs. 500 Ohm für den Weg über die Lampe auf dem anderen Leitungsweg) machen es, dass es sich kaum auswirkt. Aber ein bisschen vielleicht schon. Vielleicht +- 1 Volt?
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