Dürfen berentete Elektriker nicht mehr an Sicherungskästen arbeiten?

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Strippe-HH
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Dürfen berentete Elektriker nicht mehr an Sicherungskästen arbeiten?

Beitrag von Strippe-HH »

In unserer großen Wohnanlage führe ich als Miteigentümer und als Beiratsmitglied schon seit gut 8 Jahren kleine Reparaturen, Instandsetzungen und auch kleine Installationsarbeiten an den Elektroanlagen in den Allgemeinbereichen der Häuser aus.
Und das mache ich auch nun seitdem ich in Rente bin auch weiter.
Viele die mich bei meinen Tätigkeiten antreffen freut es, das ich das für die Gemeinschaft mache und meine Freizeit dafür opfere.
Aber als ich letztens in einem Nachbarhaus an einem Allgemeinverteiler eine Leitung anschloss, da stand mit einmal ein alter Mann vor mir und Schimpfe folgendes:
" Was haben Sie den noch als langjähriger Rentner an den Sicherungskasten herumzupfuschen, Sie haben doch überhaupt keine gewerbliche Genehmig mehr dafür"

Was soll ich von solchen Aussagen nun halten.
Darf ich nun als Rentner nicht mehr an elektrischen Anlagen arbeiten?
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SPS
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Re: Dürfen berentete Elektriker nicht mehr an Sicherungskästen arbeiten?

Beitrag von SPS »

Hallo,
es gilt wie bei allen anderen Personen auch die NAV
http://www.gesetze-im-internet.de/nav/__13.html
Danach sind Instandhaltungsarbeiten ohne Eintragung erlaubt. Jedoch nichts neues.
Ich glaube da gab es jedoch noch weitere Normen ... die die Tätigkeit einschränken.
Dazu können die Profis mehr schreiben ...
Mit freundlichem Gruß sps
Joachim
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Re: Dürfen berentete Elektriker nicht mehr an Sicherungskästen arbeiten?

Beitrag von Joachim »

Meines begrenzten Wissens nach steht (unabhängig von der Frage der Befähigung oder der NAV) der Vorwurf der Schwarzarbeit im Raum, sobald gefahrengeneigte Handwerkstätigkeiten von Personen ohne Rolleneintrag durchgeführt werden. In jedem Fall, wenn diese Tätigkeit entgeltlich erfolgt, ein Graubereich exisitert wohl bei der unentgeltlichen "Nachbarschaftshilfe"...

Zusätzlich besteht häufig das Problem der mangelnden Absicherung im Haftungsfall, da eine Übernahme möglicher (Folge-)Schäden durch die private Haftpflicht i.d.R. sehr fraglich ist.

Zur Zeit sind die Kammern zumindest hier gefühlt sehr intensiv dabei dies zu verfolgen und rufen teilweise auch in Kursen etc. zur Denunzia... ähhh... zu Meldungen auf.
meisterglücklich
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Re: Dürfen berentete Elektriker nicht mehr an Sicherungskästen arbeiten?

Beitrag von meisterglücklich »

Schwarzarbeit liegt nicht nur vor, wenn an der Steuer vorbei gearbeitet wird (das wäre ja bei ehrenamtlicher Arbeit nicht möglich), sondern wenn einzelne von weiteren Voraussetzungen zutreffen. Das ist insbesondere im Handwerksrecht folgenreich, da heißt es sinngemäß aber, wer gewerblich (also mit Gewinnabsicht) ein Handwerk ausübt braucht die Eintragung in die Handwerksrolle, egal ob Handwerk nach Anlage A oder B bzw. ob gefahrgeneigt oder nicht.
Schwarzarbeit ist dann schon, wenn die Eintragungsvoraussetzungen nicht vorliegen bzw. die Eintragung nicht erfolgt ist.
Allerdings fällt mir in dem Zusammenhang noch ein Sonderfall ein: Eine gGmbH betreibt ja auch ohne Gewinnabsicht ein Gewerbe, oder gilt es als Gewinn, wenn der Überschuß zweckgebunden für die satzungsgemäßen Zwecke verwendet wird?
Dann wäre noch die Eintragung beim Netzbetreiber ein formales Problem, die gibt es aber z.B. auch für sogenannte Eigenwarter, also Orts- bzw. Anlagengebunden.
Das alles würde ich persönlich noch mit "Kirche-im-Dorf-lassen" bei entsprechender Qualifikation des Ausführenden abtun können, soll erstmal einer kommen. Aber die Haftungsfrage ist schon eine Falle. Man haftet für die Sachen, die man gemacht oder auch unterlassen hat, dann gibt es eventuell noch eine Mithaftung für den Auftraggeber, das wäre ja formal die Eigentümergemeinschaft, damit ist jeder wegen gesamtschuldnerischer Haftung einzeln betroffen. Da braucht ja nur die Abdeckung einer Steckdose kaputtgehen, jemand bekommt einen Schlag und der Staatsanwalt stellt blöde Fragen, ich kann mir nicht vorstellen, daß sowas von den üblichen Versicherungspolicen von Eigentümergemeinschaften abgedeckt wird, anders wenn jemand auf der zu feucht gewischten Treppe ausrutscht, die in Eigeninitiative per Putzplan geputzt wird.
Olaf S-H
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Re: Dürfen berentete Elektriker nicht mehr an Sicherungskästen arbeiten?

Beitrag von Olaf S-H »

Moin Strippe,

wenn Du als Privatperson Tätigkeiten ausführst, dann haftest Du dafür. Du wirst dann wie eine Firma behandelt. Nur dort gibt es eine Haftpflichtversicherung. Ob Deine Privathaftpflicht zahlt, solltest Du mal nachfragen.

Wenn Du Handwerksarbeiten ausführst ohne in die Handwerksrolle eingetragen zu sein, dann ist es Schwarzarbeit.
Wenn Du an der elektrischen Anlage arbeitest (ohne Instandhaltungen), dann benötigst Du eine Eintragung ins Installateurverzeichnis.

Dies ist alles unabhängig davon, ob Du Rentner bist oder nicht. Weiterhin benötigst Du, wenn Du eine EFK sein willst, Kenntnisse der aktuellen Normen. Wie willst Du dies ohne Normenzugang bewerkstelligen?

Ich würde als Privatperson grundsätzlich außerhalb der eigenen vier Wände die Finger von elektrischen Anlagen lassen.

Gruß Olaf
Dies ist keine rechtsverbindliche Auskunft sondern meine Meinung bzw. mein Tipp für den Bereich der Bundesrepublik Deutschland! Die einschlägigen Normen/Vorschriften (z. B. DIN, VDE, TAB, DGUV, TRBS, BekBS, NAV, EN, LBO, LAR, ArbStättV, BetrSichV, ProdSG, ...) sind zu beachten. Ein Rechtsanspruch kann hieraus nicht abgeleitet werden. Die Nennung von Fundstellen in Regelwerken stellt keine Rechtsberatung sondern nur die Sichtweise des Verfassers dar.
vde1
Für elektrotechnische Laien gilt: Dieser Beitrag erläutert die technischen Zusammenhänge. Die Umsetzung obliegt den konzessionierten Fachbetrieben (§13(2)NAV).

"Wer eine Handlung begeht, der übernimmt auch alle daraus folgende Pflichten." §33 I-3 prALR 1794
karo1170
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Re: Dürfen berentete Elektriker nicht mehr an Sicherungskästen arbeiten?

Beitrag von karo1170 »

Olaf S-H hat geschrieben: Freitag 26. Oktober 2018, 12:35Weiterhin benötigst Du, wenn Du eine EFK sein willst, Kenntnisse der aktuellen Normen. Wie willst Du dies ohne Normenzugang bewerkstelligen?
Na, ganz einfach. Strippe schreibt sich in der örtlichen Uni ein, Studiengang E-Technik. Damit ist der Zugang zu Unibibliothek-Normenauslegestelle schon mal gesichert. Und wenn er nebenbei noch fertig studiert, ist er zwar immer noch keine EFK, aber Ingenieur. Dann darf er alles.
IH-Elektriker
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Re: Dürfen berentete Elektriker nicht mehr an Sicherungskästen arbeiten?

Beitrag von IH-Elektriker »

Ein (Haftungs-)Problem kann man auch bekommen wenn man ehrenamtlich in einem Verein als Elektriker bzw. EFK tätig wird. Beispielsweise wenn man beim Fußballverein bei der Vereinsheimrenovierung die elektrische Anlage modernisiert....

Ich bin u.a. auch in einem Verein tätig, dort wird viel E-Technik in Form von PCs und ortsveränderlichen Geräten (Scheinwerfer, Netzgeräte, Kabeltrommeln usw.) verwendet, u.a. kommen damit neben den Vereinsmitgliedern auch Nicht-Vereinsmitglieder in Kontakt bzw. werden Ausrüstungsteile auch außerhalb der Vereinsräumlichkeiten und quasi in der Öffentlichkeit genutzt.

Somit kam die Frage auf ob unsere Geräte nicht elektrisch "geprüft" werden müssten, sprich es wäre eine VDE701/702-Prüfung durchaus sinnvoll.

Ich habe zwar privat die nötige Ausrüstung zum Prüfen (Messgerät) und wäre wohl vom Job her auch fachlich befähigt dazu und prüfe mein eigenes „Gerümpel“ auch selbst, trotzdem werde ich nicht im Verein prüfen – rein aus Haftungsgründen.

Mir ist die Sache einfach zu heiß, einen Fehler gemacht und schon stehe ich ggf. in der Haftung. Ebenso bei vereinsinternen Baumaßnahmen an/in den Räumlichkeiten des Vereins. Auch hier werden maximal „ungefährliche“ Arbeiten erledigt, bspw. die Netzwerkverkabelung o.ä. Sachen. Gottseidank ist unser „Hauptsponsor“ der örtliche Energieversorger, somit ist es relativ leicht hier kostengünstig bis umsonst sozusagen eine „elektrische Dienstleistung“ gesponsert zu bekommen ;)

Dabei ist es unerheblich ob man bereits Rentner ist oder noch aktiv "im Dienst" steht, die Haftungsfrage ist im Endeffekt gleich. Dem Rentner kann man allerhöchstens vorwerfen das er nicht mehr über die ausreichende Praxis und Fortbildung verfügt weil er sich nicht mehr aktiv im Berufsleben befindet (auch wenn das eigentlich völliger "Käse" ist, es gibt "Elektrorentner" die besseres und aktuelleres Fachwissen haben wie viele aktive EFKs....).

Aber die Frage welches persönliches Risiko jemand eingehen will muss jeder selbst entscheiden und ganz klar ist es auch Fakt das in genügend Vereinen selbstständig Elektroarbeiten ehrenamtlich durchgeführt werden auch wenn das eigentlich nicht "ohne Risiko" ist ;)
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Re: Dürfen berentete Elektriker nicht mehr an Sicherungskästen arbeiten?

Beitrag von Strippe-HH »

Olaf S-H hat geschrieben: Freitag 26. Oktober 2018, 12:35 Moin Strippe,
ich würde als Privatperson grundsätzlich außerhalb der eigenen vier Wände die Finger von elektrischen Anlagen lassen.
Moin Olaf.
das würde also schon im Klartext bedeuten nur wenn ich in einen Treppenhaus einen defekten Taster austausche ist es schon Schwarzarbeit?.
Na ich weis nicht, denke mal das ganze für etwas überzogen.
Und wie schon in einen vorherigen Beitrag erwähnt wurde, ein berenteter Elektriker arbeitet oft gewissenhafter als so mancher in freier Wildbahn.
Und wo lerne ich mit Normen immer was dazu? natürlich bei euch im Forum und weis ich was nicht dann frage ich euch und setze es um.
Ich hatte hier ein Archivlager neu installiert wo eine Schrottanlage vorher war und alles über RCD zusätzlich abgesichert weil sich dort eine Steckdose befand.
Neue Steckdosen für Handwerksarbeiten im Allgemeinbereich sind grundsätzlich über RCD auch welche hinter verschlossenen Türen von Allgemeinverteilungen und es gibt welche vom einer Elektrofirma vorher eingebaut als diese die Hausverteilungen erneuert hatten und die haben es nicht und müssten es haben da diese nach 2009 erstellt wurden.
Und viele Arbeiten bewegen sich in einen Bereich wo kein Gefährdungspotenzial an dritte entstehen kann.
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Re: Dürfen berentete Elektriker nicht mehr an Sicherungskästen arbeiten?

Beitrag von Strippe-HH »

IH-Elektriker hat geschrieben: Freitag 26. Oktober 2018, 16:48 Dabei ist es unerheblich ob man bereits Rentner ist oder noch aktiv "im Dienst" steht, die Haftungsfrage ist im Endeffekt gleich. Dem Rentner kann man allerhöchstens vorwerfen das er nicht mehr über die ausreichende Praxis und Fortbildung verfügt weil er sich nicht mehr aktiv im Berufsleben befindet (auch wenn das eigentlich völliger "Käse" ist, es gibt "Elektrorentner" die besseres und aktuelleres Fachwissen haben wie viele aktive EFKs...
So sehe ich es allerdings auch.
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Re: Dürfen berentete Elektriker nicht mehr an Sicherungskästen arbeiten?

Beitrag von Apostoli »

Strippe-HH hat geschrieben: Freitag 26. Oktober 2018, 17:47 ... einen defekten Taster austausche ist es schon Schwarzarbeit?.
Das würde ich unter Instandhaltung verbuchen.
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