Moin,
ich hab heute früh mal ein wenig gelesen und gesucht.
Unabhängig der politischen Situation mal zum Thema Farbkennzeichnung kurz vor Kriegsende (Normativer Stand 1.Halbjahr 1945):
VDE 0100/VIII.44 hat geschrieben:
§ 19 Leitungen
a) Isolierte und umhüllte Leitungen sowie Kabel müssen den einschlägigen VDE-Bestimmungen entsprechen ...
Die Einzeladern in Mehrfachleitungen und Mehrleiterkabeln müssen voneinander durch verschiedene Färbung unterscheidbar sein.
...
Wird eine Ader als Nulleiter benutzt, so ist die hellgraue Ader dafür zu verwenden. Wird bei Leitungen für ortsveränderliche Stromverbraucher eine Ader als Schutzleiter benutzt, so ist die rote Ader dafür zu verwenden.
Eine Leitung gilt als den einschlägigen Vorschriften entsprechend, wenn sie nach den damaligen Normen gebaut wurde:
VDE 0250/XI.44 mit VDE 0250K/II.45 isolierte Starkstromleitungen (gültig bis 1951)
VDE 0252/IX.40 umhüllte Leitungen (gültig bis nach 1953)
VDE 0255/IV.43 mit VDE 0255K/I.45 Papierbleikabel (gültig bis 2/51)
VDE 0265/XII.42 Gummibleikabel
VDE 0271Ü/XI.44 Kabel, bleifrei für Verwendung im Außenbereich
VDE 0283/IX.44 Probeweise zugelassene isolierte Leitungen ((N)YM-Leitung)
Es musste ein VDE-Kennfaden (sw-rt) oder ein VDE-Papierstreifen verwendet werden ("VDE"+Norm)
Interessant ist dann die Fußnote 5, die den letzten Absatz meines Zitates vertieft:
VDE 0100/VIII.44 hat geschrieben:
§ 19 Fußnote 5
Wird in isolierten Leitungen der Kabeln, die nach ... zugelassen sind nur und in denen nur eine Ader farbig gekennzeichnet ist, eine Ader als Nulleiter oder Sternpunktleiter benutzt, so ist die gekennzeichnete Ader hierfür zu verwenden. ...
Im weiteren Text gibt es analoge Festlegungen zur Verfahrensweise mit Papierkabeln, wo die "naturfarbene" Ader der Nulleiter sein muss.
Es gab damals noch eine
VDE 0100K/XII.44 und ein "Behelf"
VDE 0100B/IV.46.
In der letzten Kriegsausgabe wurden die Erlässe des
Generalinspekteurs für Wasser und Energie umgesetzt. Es handelte sich um die Thematiken:
- K A2 Nullung in Freileitungsnetzen (EVD (?)0042/X.42)
- K A4 Schutzmaßnahmen bei Steinholzfüßböden (VDE 0042a/VIII.43)
- K A5 Schutzmaßnahmen in behelfsmäßigen Luftschutzkellern (VDE 0042a/VIII.43)
- K A7 Fassungsadern mit Stahlleitern (VDE 0042b/I.44)
Diese Kriegsbedingten Abweichungen (KA) hat der VDE im Einvernehmen mit der Wirtschaftsgruppe Elektrizitätsversorgung weitere Abweichungen von den VDE-Bestimmungen für die Dauer des Krieges für zulässig erklärt (ETZ 1942 Seite 502).
Tatsächlich jedoch wurden die KA und die VDE-K-Bestimmungen per Bekanntmachung in der ETZ (Band 70 Seite 192) Mai 1949 außer Kraft gesetzt.
Die nicht-Kriegsrelevanten Festlegungen wurden in einem Entwurf
VDE 0100Ü/IV.49 zusammengefasst.
Dabei wird im § 19 nur ergänzt, dass "...NYA für feste Verlegung in Rohr oder auf Isolierkörpern in trockenen Räumen zulässig ist." Den Rest zu NGM, NYM (!), NIF und NYIF spare ich mir hier.
Mir ist dabei nicht ganz klar, ob die Nachkriegsgeschichte damals für ganz Deutschland galt oder nur im Bereich der "Verband Deutscher Elektrotechniker Bizonale Arbeitsgemeinschaft e.V." Bizonal war ja Britische und Amerikanische Zone. Was war mit den anderen Teilen?
Seit dem 27. April 1945 hatte Österreich ja auch wieder eine eigene Verfassung und (wie man in Deutschland fast nicht weiß) auch vier Besatzungszonen. Was die Zuständigkeit des ÖVE in dieser Zeit angeht ist in meiner Literatur ein schwarzes Loch. Ich hab nichts dazu. Auch auf der ÖVE-Homepage ist natürlich nichts darüber zu finden.
Leider liegen mir die VDE 0042+a+b nicht im Originaltext vor [S]oder ich hab sie nicht gefunden[/S]. In den ETZ-Ausgaben zu der Zeit (die wurde auch zum 2. Halbjahr 1944 eingestellt) wurden nur Zusammenfassungen von Erlässen und Verordnungen der Reichsregierung abgedruckt. Bei VDE-Bestimmungen hat man nach heutigem Vorbild nur auf die Bezugsquelle verwiesen.
Die Thematik eignet sich bestimmt für einen Elektrohistorischen Fachartikel - nur glaub ich nicht, dass sich irgendwer außerhalb des Forums dafür interessiert?
Edit:
Ergänzungen in
Blau